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Herbstlicher Lesestoff

BB presents: Gedrucktes zwischen zwei Buchdeckeln, einmal von der Tonalität her für, einmal wider die Herbstdepression.

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Mountainbikes und Morde heißt der Erstlingsroman von Alfred Karl Rudolf, erschienen 2015 im Verlag Brüder Hollinek. Darin zeichnet der Wiener ein – ausgesprochen düsteres – Sittenbild seiner Heimatstadt samt Umgebung, in dem es neben den titelgebenden Faktoren auch noch um Menschen- und Drogenhandel, Prostitution und weitere mafiöse Machenschaften geht.
Der Kriminalroman zeichnet den Weg zweier kleiner Ganoven – Mountainbiker und Marathonteilnehmer, die ihre Fahrräder auch als Fluchtfahrzeuge nutzen – in die dunkle Welt des organisierten Verbrechens nach. Wie die Hauptfigur Stefan Horak von einem aus dem Ruder gelaufenen Postamts-Überfall auf Umwegen ins Visier eines albanischen Familien-Clans gerät, hat etwas Tragikomisches und entbehrt nicht einer gewissen Spannung. Allerdings schildert der Autor vor allem dessen Freizeitbeschäftigung, das Mountainbiken, mit einer solchen Detailverliebtheit, dass dieser Teil der Geschichte mitunter langatmig wird.
Die beiden Nebenstränge wiederum – die Lebenswelten des Kriminalbeamten Pichler und der Prostituierten Rosi – bedienen so ziemlich jedes Klischee, das unbescholtene Bürger von Polizeiapparaten und dem horizontalen Gewerbe nur haben können. Überraschen kann insofern maximal Letzterer – mit der plumpen Brutalität, in der orgiastische Gruppen-Morde und -Vergewaltigungen geschildert werden.

Summa summarum also keine leichte und schon gar keine jugendfreie Kost, bei der höchstens die MTB-Ausfahrten ins Wiener Umland, zu einem Marathon oder einem (ebenfalls tragisch endenden) Alpencross eine gelöstere Stimmung erzeugen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es Spaß macht, persönlich bekannte Routen, Trails, Hütten und fürs Mountainbiken typische Empfindungen in einem Roman beschrieben zu finden.
Ein gestrengeres Lektorat hätte dem 424 Seiten starken Werk nicht geschadet, um Wortwiederholungen, fehlende Artikel und etwas holprige Satzkonstruktionen vor Drucklegung zu bereinigen. Aber so bleibt für Verlag wie Autor, sollte auf das Debut ein weiteres Buch folgen, wenigstens noch Luft nach oben ...

Titel: Mountainbikes und Morde
Autor: Alfred Karl Rudolf
Verlag: Brüder Hollinek
ISBN: 978-3-85119-358-9
Preis: € 19,-
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Kurzgeschichten

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Ganz anders der Grundton des zweiten Buches: Im September 2016, also noch fast druckfrisch, ist Die vierzehnte Etappe von Tim Krabbé erschienen. Der Covadonga-Verlag präsentiert darin nicht nur die erste deutsche Übersetzung von 71 Radsportgeschichten des renommierten niederländischen Autors, bekannt vor allem für seinen Klassiker „De Renner“ (dt. „Das Rennen“). Die Sammlung ist auch eine Hommage an den Radsport der vergangenen 35 Jahre – von Hobby- bis Profiklasse, von Trainingsausfahrt bis Tour de France.
Mit subtilem Humor, erfrischender Selbstironie und aus immer wieder erstaunlichen Blickwinkeln vermittelt er in seinen Essays eine unglaubliche Passion für Rennräder und Radrennen, die er im Übrigen als Amateur- und dann wieder Masters-Fahrer auch jahrelang persönlich auslebte.

Wer selbst Wettkämpfe bestreitet, wird sich deshalb mehr als nur einmal wiedererkennen, ja, vielleicht sogar ertappt fühlen, erzählt Krabbé doch auch dann schonungslos ehrlich, wenn es für ihn peinlich wird. Außenstehende wiederum finden in den 71 Kurzgeschichten gewiss ausreichend Lesestoff, um eine vergnügliche Einführung in die Welt des Radsports mit all seinen Sitten, Riten und Wertvorstellugngen zu erhalten.
Was die Sammlung dabei so abwechslungsreich macht: Zum einen Krabbés Beobachtungsgabe plus Stilsicherheit, mit der er die Inhalte mal locker-flockig, mal nachdenklich-ernst vermittelt. Zum anderen die Tatsache, dass er ganz verschiedene Aspekte in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen stellt. Das Weltmeisterporträt steht neben der Selbsterkenntnis, ein Sprinter zu sein, die Angst vor dem Hungerast flankiert die Gebräuche im Peloton. Kurzum: 43 „alte“ (verfasst zumeist in den früheren 1980er-Jahren) und 28 „neue“ (2005 und jünger), durchwegs empfehlenswerte Texte, ob ihrer Kürze trotz 320 Seiten insgesamt auch jeweils ideal als Bettlektüre.

Titel: Die vierzehnte Etappe
Autor: Tim Krabbé
Verlag: Covadonga
ISBN: 978-3-95726-009-3
Preis: € 15,20
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