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Scott 2016 mit fettem Plus

Scott 2016 mit fettem Plus

24.06.15 08:35 27.068Text: Ralf Hauser
Ralf Hauser
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Fotos: Markus Greber, NR22
Darf's ein bisserl mehr sein? Scott ist bekannt dafür, der Bike-Welt eigenentwickelte Innovationen zu präsentieren oder neue Systeme schnell ins Programm aufzunehmen. 2016 wird eine Plus-Linie mit fetten Reifen eingeführt.24.06.15 08:35 27.072

Scott 2016 mit fettem Plus

24.06.15 08:35 27.07210 Kommentare Ralf Hauser
Ralf Hauser
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Markus Greber, NR22
Darf's ein bisserl mehr sein? Scott ist bekannt dafür, der Bike-Welt eigenentwickelte Innovationen zu präsentieren oder neue Systeme schnell ins Programm aufzunehmen. 2016 wird eine Plus-Linie mit fetten Reifen eingeführt.24.06.15 08:35 27.072

Ich kann jeden verstehen, der jetzt die Arme über dem Kopf zusammenschlägt und wie ein Rohrspatz zu schimpfen beginnt. Gerade, als die Diskussion zum Thema Laufradgrößen auf neue, gemeinsame Nenner hinausgelaufen zu sein schien, wächst der nächste Standard aus dem Gebüsch.
Nach einem ersten Seufzer heißt es aber Ohren aufsperren und sich offen dem Thema stellen. Ohne Innovationen wäre die Bike-Industrie nicht das, was sie heute ist. Oder gibt es irgendeinen Biker, der den Zeiten nachweint, in denen mit 60 mm Federweg und 72 Grad Lenkwinkel Downhill-Rennen gefahren wurden? Eben.

Die Location

Die von Scott organisierte Reise führt mich ins Herzen der Maremma (Toskana), genauer gesagt zur Fahradbasis Massa Vecchia. Kein unbekannter Ort für Mountainbiker, hat der Schweizer Ernesto Hutmacher sich dort bereits vor 30 Jahren daran gemacht, seinen Traum vom Leben in einem italienischen Farmhaus zu realisieren. Im Zuge dessen hat er die Grundsteine gelegt, die Gegend in ein Trail-Paradies für Mountainbiker zu verwandeln. Mit 500 Kilometern MTB-Trails, von denen viele speziell für die Gäste der Massa Vecchia angelegt worden sind, wird einem auf zwei Rädern nicht so schnell langweilig.

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Am Fuße der idyllischen Ortschaft Massa Marittima repräsentiert sein Areal mit angrenzenden Weinbergen den ältesten Teil der Umgebung. Der Name verrät es bereits, heißt auf italienisch "vecchia" doch "alt". Beim Betreten des Anwesens inkl. Scott Testcenter wird sofort klar, dass hier Bike-Enthusiasten das Sagen haben: Neben dem typisch italienischen Farmhaus - welches Ernesto aus desolatem Zustand gerettet hat und heute mit seinen beiden Bike-enthusiastischen Töchtern führt - steht ein gigantischer Pumptrack mit 2.000 Quadratmetern Größe, erschaffen von niemand Geringerem als Claudio Caluori. Und wenn der ehemalige Weltcup-Racer und Manager des Gstaad-Scott Downhil-Rennteams mit seinem Velosolutions-Bauteam anrückt, werden Roller zu Kunstwerken transformiert.
Außerdem verbindet Ernesto eine 20-jährige Freundschaft und Partnerschaft mit einer schillernden Persönlichkeit der Bike-Geschichte: Der zweifache Cross Country-Weltmeister Thomas Frischknecht höchstpersönlich war für Trainingslager bereits vor langer Zeit Gast von Ernesto und bezeichnet mittlerweile Massa Vecchia als seine zweite Heimat. Heute besitzt der Schweizer hier ein Haus, nicht weit von Ernestos Location entfernt. Auch als Weinbauer ist "Frischi" hier bekannt, produziert er doch ein feines Tröpfchen Rotwein auf den Weinbergen an den Hängen unseres Standorts. Salute!

 "Seit 20 Jahren ist Frischi ein besonderer Freund und Partner, dank ihm konnte ich sicher Fuß fassen im Mountainbiking. Das wichtigste ist, dass ich weiß, gute Partner und Freunde zu haben, um den Sport zum besten Erlebnis für Besucher werden zu lassen." 

Ernesto Hutmacher, Gründer des Bike-Hotspots Massa Vecchia
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Darf's ein bisserl mehr sein?

Scott war eine der ersten großen Firmen, die vom 26" Laufrad-Standard Abschied nahmen und ihr gesamtes Lineup auf 27,5" umstellten. Von vielen wurde der Schritt zu damaliger Zeit als gewagt angesehen, die jüngste Entwicklung gibt ihrem Gespür aber recht. Überhaupt kennt man Scott als eine der Vorreiter-Firmen, die sich nicht scheut, Innovationen auf den Markt zu bringen.
Wenn Scott also das Thema Plus aufgreift und ihrem Lineup als Option im großen Stil hinzufügt, hat das einen guten Grund. Nach zweijähriger Testphase und enger Zusammenarbeit mit dem Reifenproduzenten Schwalbe sind sie von den Vorteilen überzeugt.

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Good to know: 27+

Für alle, die sich mit der Materie noch nicht auseinandergesetzt haben: 27,5" Plus (oder 27 + bzw. 27,5" +) bezeichnet den neuen Reifenstandard für Pneus mit einer Dimension von 27,5 Zoll und einer Breite von über 2,7 Zoll sowie eigens darauf abgestimmte Komponenten. Letztere sind nötig, um dem breiteren Format den nötigen Platz in der Gesamtkonstruktion des Bikes zu geben und umfasst unter anderem die Federgabel, Vorder- und Hinterradnaben, Felgen, Reifen sowie den Rahmen selbst. So wunderte es nicht, dass beim diesjährigen Produkt-Launch auch Vertreter von Fox Shox und Schwalbe ihre Systemkomponenten vorstellten und ihr Wissen weitergaben.

Kurz gesagt liegt der eigentliche Vorteil oder Sinn des Systems darin, Traktion und Kontrolle auf ein neues Level zu heben, ohne signifikante Kompromisse eingehen zu müssen. Die Zielgruppe soll einerseits den aggressiven Trailbiker ansprechen, der die besseren Überrolleigenschaften und mehr Kurvengrip zu seinem Geschwindigkeitsvorteil ausnutzen kann. Andererseits werden Anfänger und Fortgeschrittene das einfache Handling und das gesteigerte Sicherheitsgefühl zu schätzen wissen.

 "Traktion, Komfort und Kontrolle sind die größten Vorteile des Systems. Das geringe Mehrgewicht ist kein großer Nachteil und wird durch die Vorteile egal. Wenn ich nur ein Rad aus dem Scott-Lineup wählen könnte, würde meine Wahl auf das Genius Plus fallen." 

Rene Krattinger, Produktmanager Scott
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Die Reifen in Zahlen

In enger Zusammenarbeit mit Scott kamen die Entwickler von Schwalbe zu dem Schluss, dass eine Dimension von 2,8" das optimale Maß zwischen Fahrverhalten (dazu zählt auch das Gewicht und die Agilität, die bei 3.0" Breite in Mitleidenschaft gezogen wird) und der Vermeidung des Reifen-Walkens unter harten Schräglagen darstellt.

Die Testdaten aus Schwalbes Labor zeigten dabei überraschende Ergebnisse. Im Vergleich zwischen einem regulären Nobby Nic mit 27,5" x 2,35" bei 1,7 Bar Druck und dem 27,5" x 2,8" Nobby Nic bei 1,0 Bar war der Rollwiderstand des fetten Pneus um nur 1 % höher. Die Kontaktfläche des Reifens hingegen wurde um 21 % erhöht, der Durchschlagschutz um 8 %.

Absolute Werte

Nobby Nic 2,35" /1,7 Bar Luftdruck)
Nobby Nic 2,35" /1,0 Bar Luftdruck)
Rollwiderstand23,8 Watt24,1 Watt
Durchschlagschutz325 mm350 mm
Größe der Kontaktfläche4384 mm25303 mm2
Reifendeflektion bei 100 kg Last16,6 mm18,5 mm

27,5" vs. 27,5" Plus

 Nobby Nic 2,35" /1,7 Bar Luftdruck)
Nobby Nic 2,35" /1,0 Bar Luftdruck)
Rollwiderstand100 %101 %
Durchschlagschutz100 %108 %
Größe der Kontaktfläche100 %121 %
Reifendeflektion bei 100 kg Last100 %111 %
Detailansicht

1 Bar ist auch der Wert, den Schwalbe als Ausgangspunkt für einen 70-75 kg schweren Fahrer empfiehlt, um dann gemäß den Ansprüchen und des Fahrverhaltens Anpassungen vorzunehmen.
Das offizielle Gewicht des Schwalbe Nobby Nic 27,5" x 2,8" beträgt 820 g, wobei das Reifengewicht der ersten Generation beim Camp im Schnitt deutlich unter 800 g betrug.

 "Es dreht sich alles um Traktion. Nicht nur beim Downhill, sondern auch im Uphill." 

Markus Hachmeyer, Senior Product Manager Schwalbe
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Die Felgen in Zahlen

Detailansicht

Würde man die Monster-Reifen auf herkömmlichen Felgenbreiten unter 25 mm montieren, wäre das Fahrgefühl ein schwammiges. Deshalb haben sich auch hier die Ingenieure unterschiedlichste Formate zur Brust genommen, um die Vor- und Nachteile zu eruieren.
Als Sieger hervorgegangen ist ein Modell mit 40 mm Innenbreite und 45 mm Außenbreite. Es soll dem Reifen mehr Stabilität bei niedrigerem Luftdruck verleihen und das Walken vermeiden.

Detailansicht

Zusätzlich wird die Kontaktfläche mit dem Boden durch die Ausweitung des Reifenprofils erhöht. Mit der Syncros TR1.5 27,5" Plus bzw. Syncros X-40 Felge schickt Scott mit Hilfe ihrer Eigenmarke die Wunsch-Dimensionen ins Rennen.
Mit einem Gewicht von 580 g schleppt man mit der TR1.5 nicht allzu viel Ballast herum. Das Systemgewicht eines 27,5" Plus-Laufrades beträgt um ca. 120 g mehr als bei einem vergleichbaren 29" Laufrad mit 2,3" Mänteln.

Mit extra Boost

Detailansicht

Die breiteren Reifen verlangen logischerweise nach mehr Platz im Rahmen, womit sich einige konstruktionsbedingte Probleme ergeben würden, gäbe es nicht den neuen Nabenstandard von Sram, getauft "Boost". Der Hauptvorteil von Boost mit seiner Breite von 148 mm am Hinter- und 110 mm am Vorderrad liegt nicht in der Achsbreite selbst, sondern darin, dass die Nabenflanschen um jeweils 3 mm hinten und 5 mm vorne nach außen wandern.

Detailansicht

Der daraus resultierende flachere Speichenwinkel sorgt für steifere Laufräder. Zusätzlich schafft das System mehr Platz im Bereich zwischen Reifen und Kette. Dies geschieht ebenfalls durch den Versatz der Kassette um 3 mm nach außen, und ein Hinausschieben der Kettenblätter (dank neuer Option von Sram lässt sich ein neues Einfachkettenblatt mit Direktmontage und 3 mm Versatz einfach an eine kompatible Kurbel montieren) um denselben Wert.

Ein wichtiger Vorteil ist, dass sich trotz der Verschiebung der Kettenlinie der Q-Faktor nicht ändert. Gleichzeitig ist dieser Umstand (neben Kompromissen mit dem Streifen der Füße an den Kettenstreben) auch die Erklärung, warum man sich nicht des existierenden Standards von 150 mm Downhill-Naben bemächtigt hat und einen neuen Weg einschlagen musste.

Die Rahmen

Wie bereits angesprochen, müssen auch die Rahmen für die breiten Reifen dementsprechenden Platz bieten. Im Fall des Genius-Lineups war es allerdings nur nötig, den Hinterbau an das neue System zu adaptieren. An der Front befindet sich also im Fall des Genius 700 Plus und Genius LT 700 Plus das hochwertige und leichte Konstrukt aus HMX-Carbon. Mehr dazu aber bei den detaillierten Bike-Vorstellungen weiter unten im Text.

 "Die größte Herausforderung war, Plus mit einer ausgewogenen Geometrie zu vereinbaren. Deshalb ist Boost essenziell, da es den Antrieb um drei Millimeter nach außen versetzt und Platz im Reifenbereich schafft." 

Dan Roberts, Ingenieur bei Scott, auf die Frage, was es brauchte, um Plus zum Laufen zu bringen.
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Auf dem Trail

Unter allen technologischen Änderungen der letzten Jahrzehnte bot vermutlich kaum eine so viel Material für Diskussionen wie die Reifengröße. Eigentlich verständlich, liegt der entscheidende Faktor zwischen einem kontrollierten Drift auf losem Schotter und Tuchfühlung mit dem Boden doch in der Verbindung zwischen Reifen und Untergrund sowie einer Reihe physikalischer Gesetze.
Optisch stechen die Übergrößen zwar sofort ins Auge (obwohl Fans von Fatbikes die Reifenbreite von 2,8" als eher harmlos empfinden werden); praktisch fällt es vorab jedoch schwer, an einen entsprechend gravierenden Unterschied im Fahrgefühl zu glauben. Um es aber gleich vorweg zu nehmen: Nach einigen Testtagen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es sich hinsichtlich Systemkomponenten und Fahrverhalten der breiteren Schlappen tatsächlich um einen weiteren Standard handelt, und nicht nur um eine Adaption.

Um das Fahrverhalten bestmöglich zu beschreiben, muss ich kurz etwas ausholen: Wenn es um Laufradgrößen geht, habe ich generell eine etwas nostalgische Veranlagung. Und ich muss gestehen, dass ich mich mit 29" Laufrädern nie so recht anfreunden konnte. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich mich bei Enduro und Downhill zuhause fühle und mir für meine Art der Fahrweise ein spritzigeres Fahrverhalten wünsche, als es mir 29"-Laufräder bieten können - egal, ob ich mit 29" Laufrädern vielleicht im Endeffekt sogar noch etwas schneller unterwegs sein könnte. Der Schritt von 26" auf 27,5" allerdings war ein einfacher, überwiegen hier - für mich - doch die Vorteile und ist der Unterschied im Fahrverhalten nur für Feinfühlige feststellbar. Nachdem ich meine Zeit nun das gesamte letzte Jahr hauptsächlich auf 27'5"-bereiften Enduro-Bikes verbracht habe, war der Sprung zu 27,5" Plus doch überraschend deutlich spürbar.

Dies war nach kurzem Grübeln eben damit erklärt, dass sich der Außendurchmesser eigentlich eher mit dem eines 29" Reifens mit 2,3" Breite vergleichen lässt, und 27,5" Plus somit auch einige Merkmale desselben übernimmt. Springt man also von regulären 27,5" Bikes auf 27,5" Plus ist der erste Eindruck ähnlich dem, als wenn man auf ein 29"-Bike wechseln würde. Eigentlich müsste man bei der 27,5" Plus Spezifikation also eher von 29" Minus sprechen ...

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Die Beschleunigung und das Lenkverhalten von 27,5" Plus wirken also eine Spur träger als von klassischen 27,5". Ob oder inwieweit das bisschen Mehrgewicht der Laufrad-Kombination zu tragen kommt, lässt sich schwer feststellen. Ist der Reifen erst einmal auf Geschwindigkeit gebracht, fasziniert das Überrollverhalten. Die gewonnene Traktion ist vom ersten Moment an feststellbar. Und wie! Egal auf welchem Untergrund, der Reifen beißt sich auf dem Boden fest wie ein Eichhörnchen beim Erklettern eines Baumes. 

Besonders auf den Anstiegen wurde klar, dass man selbst auf matschigem und rutschigem Untergrund richtig steile Neigungen bezwingen kann. Denn ja, auch in Italien regnet es bisweilen, und wir wurden jeden Tag von ein paar Schauern (samt Unwetter) abgekühlt - wodurch sich uns allerdings auch das gesamte Spektrum an Outdoor-Gegebenheiten inklusive ausgewaschenem Trail mit losen Steinfeldern zum Testen anbot. Es wurde fast schon zum Spiel zu probieren, wie weit oder wo man mit den Plus-Reifen hinaufkommen würde, und selten wurde ich enttäuscht - nur immer wieder aufs Neue positiv überrascht. Einzig auf nassen Wurzeln und Steinen war die im Vergleich zur TrailStar-Bereifung am Vorderrad härtere PaceStar Gummimischung des Hinterreifens der limitierende Faktor auf den Testbikes. Naturgemäß geht der geringere Rollwiderstand von PaceStar (minus zehn bis 15 Prozent im Vergleich zu TrailStar) zu Lasten von Nassgrip. Über das beste persönliche Setup muss jeder selbst entscheiden.

Überraschenderweise ist der Rollwiderstand der 2,8" Reifen wirklich mit denen einer herkömmlichen Dimension vergleichbar, auch wenn der Geräuschpegel auf der Straße etwas anderes vermuten lässt. Erst, wenn der Untergrund etwas weicher wird, erscheint es subjektiv, als würde man mehr Masse durch die Pampa schleppen. Um dieses Gefühl zu belegen, müsste man aber Tests mit Powermeter-Kurbeln auf unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten unternehmen. Nachdem aber selbst eine Cross-Country-Ikone wie Thomas Frischknecht extrem positiv von den Rolleigenschaften überrascht war und Fatbikes generell sehr kritisch betrachtet, wird wohl das Ergebnis einer technologischen Untersuchung nicht so weit vom ersten Eindruck entfernt sein.

 "Ich war ganz hin und weg. Beim Rollwiderstand ist kaum ein Unterschied feststellbar und wenn ich das Gewicht mit dem normalen Genius vergleiche, ist es nicht brutal viel schwerer." 

Thomas Frischknecht, zweifacher Cross Country-Weltmeister, auf die Frage, was sein erster Eindruck von Plus war, an dessen Entwicklung er nicht teilgehabt hat.
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Voraussetzung für eine optimale Performance von 27,5" Plus ist eine präzise Abstimmung des Luftdrucks auf das Fahrergewicht und den Einsatzzweck. Trifft diese Erkenntnis natürlich auch auf herkömmliche Reifen zu, macht man die Vorteile von Plus mit zu hohem Luftdruck einfach zunichte: Bei zu viel des Guten erinnert das Fahrverhalten des Bikes beim Überrollen von Hindernissen an die Reaktion eines Flumis beim Auftreffen auf dem Boden, was in dementsprechend hohem Traktionsverlust resultiert; eine zu softe Abstimmung ist hingegen Garant für ein Monstertruck-artiges Fahrvergnügen.

Überhaupt passt die Analogie zu Bigfoot, Grave Digger & Co. generell ganz gut. Egal, was sich auf dem Trail befindet: Am besten einfach draufhalten und Hindernisse "zermalmen".

Die Abstimmung des korrekten Luftdrucks auf das Fahrergewicht wurde während des gesamten Camps zu einem der heißest diskutierten Themen. Und auch ich kann nach etlichen Stunden im Sattel verschiedener Modelle nicht mit Sicherheit sagen, wo sich der Sweet-Spot zwischen Durchschlagschutz und Traktion befindet.

Beim Herumprobieren mit unterschiedlichen Werten habe ich es zweimal geschafft, mir Snakebites beim Tubeless-Setup einzufangen. Einmal, bei wirklich niedrigem Luftdruck, beim Auftreffen auf eine scharfe Steinkante mit Full-Suspension, einmal mit Hardtail und relativ harter Abstimmung. Natürlich ist es nach einem begrenzten ersten Kontakt mit Plus noch zu früh, einen endgültigen Schluss zu ziehen. Aber nachdem auch andere Fahrer nicht ohne Luftverlust über die Tage kamen, dürfte Plus jedenfalls nicht die Lösung für plattenfreies Fahren sein.

 "Egal, was sich auf dem Trail befindet: Am besten einfach draufhalten und zermalmen."  

Testpilot Ralf Hauser entdeckt den Bigfoot in sich.
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Ungeachtet dessen, wird die Eigendämpfung der Reifen in jeder Lage zu einem wichtigen Element, das nicht außer Acht gelassen werden darf. Das höhere Volumen übernimmt einen Teil der Federungsarbeit. Mehr dazu bei den ersten Fahreindrücken der Bikes.
In seltenen Situationen kommt einem die Reaktion des Reifens auf Unebenheiten als etwas schwammiger als bei schmäleren Vertretern vor, allerdings wird dieses Feedback immer von kontrollierter Traktion übertrumpft und ist weit von dem Gefühl eines Walkens des Reifens entfernt. Hier zeigen die breiten Felgen einmal mehr, dass sie ihren schmalen Konkurrenten weit überlegen sind.

Natürlich ist die Abfahrtsperformance eine wichtige Komponente. Hier spielt das Plus-System all seine Trümpfe aus. Die aus dem Labor ermittelten Werte einer 21-prozentigen Traktionserhöhung glaube ich den Entwicklern ung'schaut. Auf dem Trail wirkt sich das in sämtlichen Belangen positiv aus: Mehr Kontrolle, mehr Sicherheit, mehr Speed. Die Bikes aller Kategorien lassen sich generell unkompliziert an ihren Grenzbereich bewegen.

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 "Am Anfang war ich mir überhaupt nicht sicher, aber nachdem ich Plus zwei Tage lang gefahren bin, können wir die Frage stellen, ob wir die Reifen auch in Rennen einsetzen werden." 

Rémy Absalon, Pro Enduro-Rennfahrer, auf die Frage, ob der Plus-Standard die Zukunft bei Renneinsätzen bedeuten könnte.

Die Bikes im Detail

Scott Genius 700 LT Plus

Die Genius-Reihe ist mit dem neuen Fox Nude DPS-Hinterbauelement ausgestattet. DPS steht für Dual Piston System und beinhaltet Scotts einzigartigen Traction Mode inklusive Federwegs-Adaption on-the-fly. Drei Stellungen mit 160 mm (Descend), 100 mm (Traction Control) und - neu - vollem Lockout stehen bereit. Die Betätigung erfolgt mittels TwinLoc-Hebel, der sich neuerdings auf der Unterseite des Lenkers befindet.

Der leichte und steife HMX-Carbon-Hauptrahmen entspricht dem des herkömmlichen Genius LT, der Hinterbau aus Aluminium wurde zwecks Zusammenspiel mit den neuen Komponenten optimal angepasst.
Der Hinterbau fasst Reifen mit einem Volumen von bis zu 3" Breite und wurde mit einer steiferen Verbindungsbrücke der Sitzstreben versehen. Neben 27,5" Plus-Laufrädern ist das LT Plus auch mit 29" oder 27,5" kompatibel. Wie bereits erwähnt kommt der Boost 148 mm Nabenstandard beim auf 1 x 11-Schaltgruppen optimierten Bike zur Anwendung. Der Rahmen kann allerdings auch mit Zweifach-Kurbeln gefahren werden.

Angepasst wurde auch die Geometrie, und so ist der Lenkwinkel im Vergleich zum regulären LT um 0,5 Grad auf 65,8 Grad für stabileres Handling und aggressivere Kurvenfahren abgeflacht worden. Der Justierungs-Chip an der Sitzstrebe erlaubt ein steileres Setting um 0,5 Grad von Lenk- und Sitzwinkel bzw. hebt das Tretlager leicht an. Die austauschbare Steuersatz-Lagerschale mit 0,7 Grad Winkelverstellung ist nicht Teil der Auslieferung des Genius LT Plus, ist aber für alle, die sich einen noch flacheren Lenkwinkel wünschen, als Nachrüstteil erhältlich.

An der Front werkt eine Fox 36 mit FIT4 Dämpfungssystem und 110 mm Boost-Nabe. Auch sie ist an das TwinLoc-System von Scott gekoppelt und ändert synchron mit dem Hinterbau die Stellungen.
Das Gesamtgewicht des Bikes beläuft sich auf leichte 12,7 kg. Drei Modelle zu verschiedenen Preispunkten sind im Programm (LT 700 und LT 710 aus Carbon mit Alu-Hinterbau, LT 720 aus Aluminium).

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Erste Fahreindrücke

Wie bereits erwähnt, merkt man den unterschiedlichen Charakter eines regulären 27,5" und 27,5" Plus-Laufrades. Gerade bei Sprints - auch mit Aktivierung des genial effizienten Traction Modes - wurde ich anfangs immer wieder daran erinnert, dass die Reifengröße eher jener von 29"-Bikes ähnelt und daher in puncto Beschleunigungswerten etwas hinterherhinkt. Je öfter und länger ich allerdings mit Plus unterwegs war, desto weniger schien mich der Unterschied zu tangieren oder mir überhaupt aufzufallen.

Modelle ab Rahmengröße M werden mit 150 mm RockShox Reverb Stealth Dropper-Sattelstütze ausgestattet (Größe S mit 125 mm), was für Downhill-Eskapaden jeglicher Art gefällt, um den Sattel möglichst weit aus dem Schussfeld zu bekommen. Was etwas weniger gefällt ist, dass der Bedienhebel der Stütze auf der selben Seite wie der TwinLoc-Hebel sitzt. Optisch ergibt sich daraus zwar ein etwas aufgeräumteres Cockpit, aber die einseitige Koordination kostet zumindest anfangs etwas Zeit und ermöglicht kein gleichzeitiges Entsperren der Federung und Absenken der Sattelstütze, was auf einer Strecke, die man nicht kennt, einige wertvolle Sekunden kostet und im brutalen Gelände fast schon nervt.
Die Kettenstrebenlänge von 448 mm des Genius LT Plus zählt eher zur längeren Sorte im Vergleich zu manchem Konkurrenten, das Fahrverhalten wird dadurch in seinem ausgewogenen Charakter aber wenig getrübt.

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Kennt man das Federungs-Setup des regulären Genius LT als eher straff ausgelegt, verleiht das zusätzliche Volumen der Reifen dem Bike eine ungeahnte Sensibilität und lässt insgesamt den Federweg größer als die nominellen 160 mm erscheinen.
Seinen Teil zur ausgewogenen Federungsarbeit tragen sicherlich auch der überarbeitete Fox Nude DPS-Hinterbaudämpfer und die 36er Gabel mit FIT4 Dämpfung bei. Letztere wird standardmäßig mit Token in der Luftkammer ausgeliefert (welche entfernt werden können), wodurch sie mit progressiverer Federkennlinie und hoher Sensibilität auf kleine und mittlere Schläge mit Durchschlagschutz bei Sprüngen oder Drops aufwarten kann. Ein Grundsetup, das sehr gut gefällt. Über die Fox Factory Elemente gibt es sonst nicht viel zu berichten, außer dass sie zu den Besten am Markt gehören und in jeder Situation hervorragende Arbeit verrichten.

Mit diesem Gefühl tauchte man gerne in die gelegentlichen Steinpassagen unseres Testreviers ein. Der Seitenhalt der Reifen lieferte auf alle Fälle das nötige Selbstvertrauen, die Federung steuerte ihren Teil zum Grip bei.
Selbst wenn der Hinterreifen ausbrach, hielt sich der Schreckmoment in Grenzen, da sich der Reifen in jeder Situation - zum Beispiel beim Wegschmieren in einer glitschigen engen Kurve oder bei losem Rollsplit in einer hängenden Forststraßenkurve - in kürzester Zeit wieder fing und dann kontrolliert seine Spur zog.

Überhaupt ist das Kurvenfahren auf Forststraßen mit Plus unterhaltsam wie selten zuvor. Mit zweirädrigen Drifts lassen sich Wegbiegungen kontrollierbar in Angriff nehmen, ohne überhaupt auf die Idee zu kommen, den Innenfuß zur Sicherheit vom Pedal nehmen zu müssen. Der Grinser im Gesicht ist garantiert, und überhaupt beschreibt derselbe den Charakter des Plus-Bikes gut: Der Fahrspaß ist enorm.

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Scott Genius 700 Plus

Mit ähnlichen Eckdaten wie das Genius LT Plus geht auch das mit etwas weniger Federweg bestückte Genius Plus auf den Trail. 130 mm stehen im Descend- und 90 mm im Trail-Modus zur Verfügung.
Auch beim Genius Plus wurde im Vergleich zum regulären Genius der Lenkwinkel etwas abgeflacht: 67,5 Grad sind es bei diesem Modell. Die Kettenstreben konnten mit 445 mm im Vergleich zum Genius LT Plus um ein paar Millimeter verkürzt werden.
Mit Fox 34 Float Factory FIT4 Plus mit 140 mm Federweg an der Front und Sram X01-Ausstattung kommt das Bike auf ein Gesamtgewicht von nur 12,3 kg. Das Lineup besteht aus drei Modellen mit unterschiedlicher Ausstattung (700 und 710 aus Carbon mit Alu-Hinterbau, 720 aus Aluminium).

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Erste Fahreindrücke

Je weniger Federweg, desto mehr scheinen die Vorteile der Plus-Reifen spürbar zu sein. Die 130 mm am Heck erschienen nach mehr und das Bike ließ sich in verspielter Manier über die Trails jagen.
Auch beim Genius Plus wirkten die eigendämpfenden Eigenschaften der Reifen bei kleinen Schlägen positiv unterstützend. Wie beim LT fällt auch dieses Modell in die Handlings-Empfehlung "direkt-auf-die-Hindernisse-zuhalten-und-mit-Schwung-darüber-rollen". Der dadurch entstehende Flow bergab oder auch in der Ebene mit rollendem Terrain durch eng gewachsene Bäume hindurch kann einfach nur Lust auf Mehr machen.
Naturgemäß liefert das Setup noch eine Spur mehr Vortriebsfreude den Berg hinauf, wer also hauptsächlich längere Touren im Visier hat, ist mit dem kleineren Bruder (oder der kleineren Schwester) des LT gut beraten.

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Scott Scale 710 Plus

Ein Hardtail mit Plus? Ein Hardtail mit Plus!
Gefertigt aus Custom Butted Superlight-Aluminium, bringt der Scale Plus-Rahmen 1.580 g auf die Waage. Mit derselben Geometrie wie das Weltcup-erprobte Scale und 67,6-Grad Lenkwinkel, wurde der Hinterbau in seiner Reifenfreiheit für 27,5" Plus-Reifen angepasst.
Die Federungsarbeit wird von einer Fox 32 Float mit FIT4-Dämpfung und 120 mm Federweg übernommen. Edel die Sonderlackierung in mattem Grau, praktisch die Bedienung der Federungsfunktion zwischen Offen, Rebound-Justierung und Lockout mittels RideLoc-Hebel an der Unterseite des Lenkers.
Wie es sich für ein Trail-Bike gehört, ist der Rahmen für die Aufnahme einer höhenverstellbaren Sattelstütze mit Stealth-Kabelführung vorbereitet. Das Angebot umfasst mit dem 710 Plus und 720 Plus zwei Modelle.

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Erste Fahreindrücke

Ich gebe zu, dass ich mich nicht einmal mehr erinnern kann, wann ich zuletzt ein Hardtail gefahren bin. Zu unkomfortabel und limitierend im brutalen Gelände war der Schluss, zu dem ich für mich persönlich vor langer Zeit gekommen bin (ohne dabei anderen Bikern mit ihren Vorlieben auf die Füße treten zu wollen). Aber das Scale Plus hat mein Interesse geweckt.
Und fürwahr, das Plus-System scheint auch, oder gerade hier, seine Vorteile der höheren Traktion und besseren Eigendämpfung auszuspielen (oder macht diese zumindest noch leichter wahrnehmbar).
Kleine und mittlere Unebenheiten werden mit Bravour absorbiert, bzw. werden die Schlagspitzen effizient abgebaut, um ungestörten Vortrieb zu erlauben und den Allerwertesten nicht unnötig zu malträtieren. Die Traktion ist dabei wie bei den gefederten Boliden enorm. So enorm, dass mich nach einer Erkundung des Geländes abseits der markierten Routen das Auffinden der Freeride-Strecke dazu bewegt hat, die Piste in entgegengesetzter Richtung zu erforschen. Und siehe da, bis auf zwei kurze Steilabschnitte kletterte das Plus-Hardtail mit Vehemenz Richtung Start

  • Scott 2016 mit fettem Plus

Auch den darauffolgenden Downhill auf derselben Strecke nahm das Scale Plus mit Gelassenheit. Flinke Richtungswechsel waren angesagt, auch trotz des für ein Hardtail flachen Lenkwinkels, der meiner Meinung nach dem Bike exzellent gestanden ist. Ohne Frage war das stark erhöhte Sicherheitsgefühl, das die breiteren Reifen vermittelten, der ausschlaggebende Faktor für das Vertrauen ins Bike, ist bei mir bei normalen Cross-Country-Pneus doch immer ein bisschen das Gefühl von Unsicherheit im technischen Gelände ein unerwünschter Copilot.
Einzig, dass ich mit dem Hardtail und verhältnismäßig angemessenem Luftdruck einen Durchschlag produzierte, ohne zu wissen, an welcher Stelle genau, und obwohl ich bei Schlüsselstellen etwas vorsichtiger als mit dem Full-Suspension-Bike unterwegs war, machte mich etwas stutzig. Vermutlich ist es speziell in dieser Kategorie nötig, den optimalen Luftdruck weiter auszuloten bzw. habe ich mit meinem eingerosteten Hardtail-Handling nicht die nötige Finesse an den Tag gelegt.

Was bleibt, ist die neu gewonnene Erkenntnis, dass Plus-Hardtails selbst für eingefleischte Full-Suspension-Fahrer wie mich einen Reiz haben können. Ob Rennfahrer vom gutmütigen Charakter des Scale Plus angetan sein werden, sei dahingestellt. Fahrer auf der Suche nach dem größtmöglichen Spaßfaktor am Bike werden aber vermutlich begeistert sein.

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Scott E-Genius 710 Plus

Mit 140 mm Federweg vorne und 130/90 mm hinten (samt Fox Nude DPS-Hinterbauelement mit TwinLoc-Federwegsanpassung), wird das E-Genius von einem Bosch Performance CX 250w-Motor elektrisch unterstützt. Ein 500 Watt-Akku und großes Intuvia Display stehen für Reichweite und Bedienkomfort. Eine eigens konstruierte Motorabdeckung von Scott und interne Kabelzugführungen sorgen für aufgeräumte Optik.
Neben dem 710 Plus und 720 Plus wird auch eine E-Contessa Genius 720 Plus-Variante mit auf die Anatomie von Frauen optimierter Ausstattung angeboten.

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Erste Fahreindrücke

Die wenigen Male, die ich bis dato auf einem E-Mountainbike Platz genommen habe, konnte ich mich nie des Gefühls erwehren, dass motorisierte Mountainbikes generell zu viel Power für die daran verschraubten Komponenten hatten. Die Montage von Plus-Reifen an solche Bikes erscheint wie das fehlende Bindeglied, um alle Vorteile zur Geltung zu bringen.
Klar sind das Extragewicht des Akkus und Motors und das dadurch trägere Lenkverhalten nicht von der Hand zu weisen, allerdings lassen die Plus-Reifen ein bisschen Motocross-artiges Feeling aufkommen, wenn man mit bis zu 25 km/h den Berg hinaufflitzt.

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Natürlich liefert bereits das E-Bike an sich genügend Diskussionsstoff bezüglich Für und Wider. Zum Beispiel ist es nicht unbedingt entspannend, sich mit einem E-Bike zu verirren, vor allem, wenn man davor ungestüm den meisten Teil der Strecke in der Turbo-Stellung abfuhr, da sich die geplante Route auch mit Akku-zehrender Fahrweise leicht hätte ausgehen sollen. Aber einmal einem neuen Wegweiser nachgefahren, und schon stand ich im falschen Tal.

Es sei allerdings dazugesagt, dass sich die Abfahrt, die sich im Dickicht mit engen Kurven hinunterschlängelte, absolut ausgezahlt hat. Schon allein um herauszufinden, dass sich mit genügend Reifengrip auch das Extragewicht gut um Kurven zirkeln lässt. Mit genügend Grundgeschwindigkeit lassen sich kleine und mittelhohe Drops gut bewältigen, und selbst bei Sprüngen liegt das Bike überraschenderweise stabil und ausbalanciert in der Luft.
Gewöhnungsbedürftig bleibt das Anschieben des Eigengewichts bei harten Bremsmanövern. Die 180er-Scheiben verzögern gut, der Einsatz einer 200er Scheibe an der Vorderachse wäre aber vor allem für schwerere Piloten wünschenswert.

Das eigentliche Abenteuer lag ab diesem Punkt aber nicht in der Abfahrt, sondern eher darin, den Akku zumindest so lange zu schonen, bis ich zwecks Orientierung wieder einen mir bekannten Punkt erreichen würde. So wurde mir auch bewusst, dass in der Eco-Stellung die Unterstützung des Motors ungefähr jener Leistung entspricht, die das Extragewicht des Bikes ausgleicht (solange das Gelände nicht allzu steil wird), und die Tretanstrengung beinahe der Fortbewegung mit einem regulären Mountainbike entspricht.

Glücklicherweise stellte sich mein Spürsinn für die gewollte Richtung als korrekt heraus und nach neuerlichem Erklimmen des Berges war auch noch genügend Saft im Akku, um zum Ausgangspunkt des Ausflugs zu gelangen. Herauszufinden wie es ist, mit leerem Akku auf der falschen Seite eines Berges zu landen, ist mir also erspart geblieben; ich kann aber auch gerne auf diese Erfahrung verzichten.

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Erstes Fazit

Irgendwie ist dieser Trip zu mehr als nur einer Produktvorstellung avanciert. Es war - zumindest meinerseits - ein erstes Herantasten an einen weiteren Reifenstandard. Deshalb schließe ich diese Produktvorstellung mit einem ersten Fazit:
Vielleicht ist es nach drei Tagen im Sattel noch zu früh, um definitive Schlüsse zu ziehen. Allerdings kann ich nicht verheimlichen, dass meine erste Skepsis in Bezug auf die voluminöseren Pneus in Interesse und in manchen Belangen sogar zu enthusiastischer Begeisterung umgeschlagen ist.

Zwar wird die schwerfälligere Beschleunigung der Plus-Reifen bei mir vermutlich immer den subjektiven Beigeschmack verursachen, etwas mehr Energie in meinem Vortrieb investieren zu müssen als auf einem herkömmlichen 27,5"-bereiften Bike. Ein Sprung von 27,5" Plus zurück auf reguläre Reifenbreiten machte den größten Vorteil des neuen Standards jedoch extrem deutlich: Verliert man das Plus an Traktion, geht auch eine gehörige Portion an Selbstvertrauen verloren, das Rad einfach laufen zu lassen.
Die Frage, ob das System mehr Sicherheit und Kontrolle vermittelt, ist leicht mit einem ganz klaren Ja zu beantworten. Ob sie auch im Rennbetrieb schneller machen können, wage ich noch nicht zu behaupten, auch wenn mein erster Eindruck mich das vermuten lässt und die Theorie eigentlich keinen anderen Schluss zulässt. Aber ich kann es kaum erwarten, bei Gelegenheit den Unterschied mit Stoppuhr in Sekunden zu eruieren.
Meiner Meinung nach ist Scotts ausgeklügeltes Lineup für 2016 mit dem Plus-Standard auf alle Fälle reicher, und nicht etwa nur komplizierter geworden, wie vielleicht manche Zweifler anfangs angenommen hatten.

 "Ich hatte meine Bedenken, aber nachdem ich die Reifen gefahren bin kann ich sagen, dass man extrem spät bremsen kann, was meinem Stil entgegenkommt. Das Bike klettert wirklich gut und man kommt beinahe überall damit hin. Ich glaube, dass ich still und heimlich zum Fan geworden bin." 

Brendan Fairclough, Pro Downhiller Gstaat-Scott Team, auf die Frage nach seinem Gesamteindruck von Plus.
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27,5 Plus wird genauso eine Marktnische wie die Einfachkurbel. Für Spezialisten OK, aber die breite Masse erleidet mehr Nachteile als Vorteile. Die unsichtbare Hand des Marktes wird's schon richten.

 

Bei E-Bikes, wo die Trägheit bei Motorunterstützung untergeht, könnte es dennoch Sinn machen. Die Frage ist, ob sich E-Bikes abseits vom Donauinselradlpensionisten durchsetzen. Das E-Downhillbike ist anwendungstechnisch eine geniale Lösung für den Uphill. Ich glaube nur, da wird der Gesetzgeber bald einen Riegel vorschieben.

Bearbeitet von Wolfgang Steinbach
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Die unsichtbare Hand des Marktes wird's schon richten.

 

Adam Smith ist ja mittlerweile wohl mehr als widerlegt!

 

Und wenn die Hersteller beschließen das ist die Zukunft, dann ist es das. Schau dir an wie schnell 26" zugunsten von 27,5 verschwunden ist.

 

Egal! Lassen wir uns überraschen was da kommt. - Die bikepresse wirds immer geil finden und die Rennfahrer fahren, was ihnen die Sponsoren unter den A.. schieben.

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@buzz: Was für einen als Marktnische erscheint, ist für andere ein Segen. Es kommt immer auf den Blickwinkel und den gewollten Einsatzzweck an. Ich, und mein gesamter Umkreis vertreten die Meinung, dass die Vorteile die Nachteile bei Einfachkurbeln z.B. bei weitem übertreffen. Bei 27,5" Plus scheint das ähnlich zu sein, auch wenn es noch zu früh ist zu sagen, ob der Markt es euphorisch akzeptieren wird.

 

Das schöne am Mountainbiken ist aber, dass jeder das fahren kann, was er für richtig hält oder woran er am meisten Spaß hat. Sei das 1-fach, 2-fach, oder 3-fach, bzw. welche Laufradgröße auch immer. Das Angebot ist vorhanden, und wird vermutlich auch immer vorhanden sein (meiner Meinung wird es auch noch einige Zeit Produzenten für 26" geben), oder zumindest solange bis wirklich kein Hahn mehr danach kräht.

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@NR22: Meine Kritik an 27,5 Plus bedeutet nicht, dass man darüber keine Artikel publizieren soll. Im Gegenteil, ist gut recherchiert und spannend präsentiert. In den einschlägigen Autozeitschriften wird auch zu 50% über unleistbare und unnötige Autos berichtet.

 

Ich als kritischer Konsument mit gehobenen Ansprüchen stelle jedoch fest, dass die Industrie etwas in den Markt drückt, das der durchschittliche Kunde nicht braucht. Das ist ihr gutes Recht, und keiner ist gezwungen jetzt nach 29 und 650B gleich wieder ein neues Bike zu kaufen. Ich fahre immer noch 26 mit Dreifachkurbel und überraschenderweise ist mir noch kein Bein dabei abgefallen. Wahrscheinlich sind aber 650B und 29 die bessere Lösung und irgendwann werde ich mir schon noch eines zulegen.

 

Bei 27,5 Plus stört mE einfach das rotierende Mehrgewicht. Und mit 2,4" Reifen liegt man doch schon sattest auf dem Trail. Fatbikes werden in paar Jahren auch eher als Kuriositäten gehandelt.

 

Wie bei Einfachkurbeln gibt es aber bestimmt Spezialisten, die genau das brauchen. Sind es genug, setzt sich der Standard durch. Wenn nicht, dann verschwindet er rasch wieder vom Markt.

Bearbeitet von Wolfgang Steinbach
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Erstens ist ein Hardtail von Scott mit relativ flachem Lenkwinkel natürlich erfreulich, vielleicht ahmen das andere Hersteller bald nach.

 

Zweitens bin ich als Enduro/AllMountain- wie auch FatFully-Fahrer momentan in Abwarteposition. Prinzipiell kann ich mir schon vorstellen, dass die Plus-Format-Bikes eine interessante Entwicklung sind, die auch Zukunft hat. Aber ich warte da noch ab, welche Richtung verfolgt wird, wo die Stärken der Halb-Dicken liegen etc.

 

Gestern hat mir eine Runde mit dem Dicken jedenfalls gezeigt, welche Gänge damit noch tretbar sind, wo ich beim MTB schon manchmal das Kettenblatt wechseln musste, insgesamt war das Tempo vergleichbar hoch bei doch sehr gemischtem Profil (Flowtrails, Steilpassagen, Technisches, Straßenzubringer). Ob es sozusagen eine Reifenbreite gibt, wo sich nicht die Vor-, sondern die Nachteile eher vermengen und verstärken, bleibt auch abzuwarten...

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Ich kann jeden verstehen, der jetzt die Arme über dem Kopf zusammenschlägt und wie ein Rohrspatz zu schimpfen beginnt. Gerade, als die Diskussion zum Thema Laufradgrößen auf neue, gemeinsame Nenner hinausgelaufen zu sein schien, wächst der nächste Standard aus dem Gebüsch.

Nach einem ersten Seufzer heißt es aber Ohren aufsperren und sich offen dem Thema stellen. Ohne Innovationen wäre die Bike-Industrie nicht das, was sie heute ist. Oder gibt es irgendeinen Biker, der den Zeiten nachweint, in denen mit 60 mm Federweg und 72 Grad Lenkwinkel Downhill-Rennen gefahren wurden? Eben.

!!!

 

 

Super Bericht!

 

Bin echt gespannt, ob man solche Radln mal bei Enduro-Rennen bei schnellen Fahrern sehen wird...

Bearbeitet von FloImSchnee
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