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Test Merida One-Forty 800

Test Merida One-Forty 800

22.08.18 10:29 7.507Text: NoMan
Lisi Hager

nicht mehr sehr blond, immer noch blauäugig, schokosüchtiger denn je

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Fotos: Erwin Haiden
Mit Meridas neuem All Mountain über alle Berge. Denn was runter freudig flutscht und flitzt, muss in dieser Bike-Kategorie zuvor aus eigener Kraft rauf. Welche Richtung mit dem One-Forty größeren Spaß bereitet und vieles mehr steht im folgenden Test.22.08.18 10:29 7.555

Test Merida One-Forty 800

22.08.18 10:29 7.5551 Kommentare NoMan
Lisi Hager

nicht mehr sehr blond, immer noch blauäugig, schokosüchtiger denn je

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Erwin Haiden
Mit Meridas neuem All Mountain über alle Berge. Denn was runter freudig flutscht und flitzt, muss in dieser Bike-Kategorie zuvor aus eigener Kraft rauf. Welche Richtung mit dem One-Forty größeren Spaß bereitet und vieles mehr steht im folgenden Test.22.08.18 10:29 7.555

Aller guten Dinge sind drei. Deshalb hat Merida nach dem Trailbike One-Twenty und dem Enduro One-Sixty für 2018 auch das All Mountain One-Forty auf eine neue Plattform mit Float Link System gestellt. Zusätzlich wurde der abgestützte Eingelenker mit schwimmend gelagertem Dämpfer in vielerlei Hinsicht modernisiert:
Für Einfach-Antriebe optimiert (will heißen: keine Umwerferaufnahme), mit klapperfreien Zügen und metrischem Dämpfer samt Trunnion Mount ausgestattet, auf 650B-Reifen gestellt, die bis zu 2,6“ breit sein dürfen sowie vorne und hinten auf den Boost-Standard setzend, ist es vor allem die Geometrie, die unter diesen Neuerungen hervorsticht. Inspiriert vom großen Bruder One-Sixty, übernimmt es dessen kurze Kettenstreben, um Agilität und Verspieltheit auf den Trail zu bringen. Gleichzeitig sollen der längere Hauptrahmen und tiefe Schwerpunkt gepaart mit einem kurzen Vorbau und breiten Lenker das Fahrverhalten laufruhig und verlässlich machen.
Merida sieht in alledem das perfekte Missing Link. „Eine preisaggressive All-Mountain Waffe, härter im Nehmen als das One Twenty, dabei agiler als das One-Sixty“, so der taiwanesische Hersteller mit deutscher Entwicklungsabteilung in seiner Produktbeschreibung.

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Am Papier

So weit, so vielversprechend. Doch was sehen wir in dem All Mountain mit 140 mm Federweg am Heck, die sich mit 150 mm an der Front paaren?
Zuallererst ein Mountainbike, das völlig unverändert in die Saison 2019 übernommen wird. Farbe(n), Ausstattung und Positionierung innerhalb des Merida-Lineups bleiben mit Ausnahme des Einsteiger-Modells One-Forty 600 (Farb- und Specs-Änderungen) gleich. Der Preis allerdings, erfreulich für alle potenziellen Kunden, sinkt in Österreich um 200 Euro auf 2.999,-. Vom gerüchteweise fürs nächste Jahr angedachten Carbon-Ableger ist momentan noch nichts zu sehen. Somit bleibt das One-Forty 800 auch 2019 das Topmodell der Linie.

Gefertigt in Hydroforming-Technik aus 6016 Aluminium, übt sich der schwarz-auf-schwarz lackierte Rahmen in Geheimniskrämerei. Wer sein Erfinder und Erzeuger ist, wird erst auf den zweiten oder gar dritten Blick ersichtlich. (Anm. d. Red.: Alternativ gibt’s das 800 auch in auskunftsfreudigerem und fetzigerem Gelb. Somit werden Freunde des Understatements ebenso bedient wie Fans knalliger Auftritte) Dabei gibt es vorerst nichts, wofür sich das Merida schämen müsste. Wunderschön verschweißt und mannigfaltig geformt, gefallen die in Zeiten allgegenwärtiger Carbon-Boliden ungewöhnlich schlanken Rohre und das - trotz tiefgezogenem Ober- und Unterrohr – geradlinige Design.
Die unauffällige Smart Entry-Zugführung samt Down Tube Exit stellt optisch in jedem Fall eine sehr smarte Lösung für intern verlaufende Leitungen dar. Dass das System auch technisch überzeugt, mithin tatsächlich die unter Spannung festgeklemmten Züge nicht klappern und die Wartung leicht fällt, sei an dieser Stelle vorweggenommen.
Weitere Pluspunkte sammelt das One-Forty mit dem dezenten, aber vollwertigen Kettenstrebenschutz und der kompromisslosen „Farb“gebung über alle Rahmen- und Anbauteile hinweg. Als bekennende Anhängerin deutlich bunterer Fahrräder muss ich gestehen: In dieser Radikalität ist black ja fast schon wieder beauty.

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Erst beim Gang zur Waage gibt’s ein erstes, relativ schwerwiegendes Minus. 14,3 Kilo sind ein Wert, bei dem wenig Vorfreude aufs Fahren aufkommen will – Federweg hin, Preispunkt her. Das bekommen andere Hersteller mit vergleichbarem Produkt und ähnlicher Kalkulation leichter hin.
Ein weiteres Naserümpfen erntet das Fully beim Verladen ins Auto (oder, zweiter möglicher Anwendungsfall, der uns dankenswerter Weise erspart geblieben ist: beim Beheben eines Platten). Denn einen Schnellverschluss an der vorderen Steckachse sucht man vergebens. Einen Inbus, um das Laufrad auszuhängen – derlei haben wir schon lange nicht mehr benötigt …
Last but not least geriet die Suche nach einer kleinen Flasche, die im Small-Rahmen Platz findet, beinahe zur Mission Impossible. Und als dann endlich ein Exemplar gefunden war, das oben rein passte, stieß der Dämpfer, sobald er etwas mehr zu tun bekam, unten daran an.

Tech Specs

Rahmen: Alu 6016 mit Smooth Welding; Float Link Suspension; Boost Standard Schalthebel: Sram GX Trigger m. MMX Clamp
Rahmengrößen: S, M, L, XL Kette: Sram GX Eagle
Gabel: RockShox Revelation RC Air; 150 mm Bremsen: Sram Code R, vo/hi 180 mm
Dämpfer: RockShox Deluxe RL Sattelstütze: K-Shock LEV Integra Dropper, 30,9 mm
Steuersatz: Merida M2339 Sattel: Prologo Nago X20
Lenker: Merida Expert TR Alu 6061 db; 20 mm Rise, 760 mm Naben: Joytech FoBearing Boost
Vorbau: Merida Expert TR 3d 6061 Alu Felgen: Merida Expert TR, 29 mm Innenweite, TLR
Schaltwerk: Sram GX Eagle 12-f Reifen: Maxxis DHR II/Rekon 27,5 x 2,6
Kurbel: Sram Descendant 6K Eagle, 32 Z. Gewicht (o.P.): 14,3 kg
Kassette: Sram XG-1275 Eagle; 10-50 Z. Preis: € 3.199,-
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Im Gemüse

Nennt mich empfindlich, aber mit diesen drei Punkten im Hinterkopf hatte das One-Forty einen schweren Einstand, als es dann endlich ab auf die Trails ging. Umso überraschter war ich, als ich schon auf den ersten Metern feststellen musste: Fährt sich eh fein, das Ding!
Vor allem scheint die Geometrie durchaus gelungen. Nicht ganz so ausgereizt hinsichtlich Vorderbau-Länge und Winkelmaßen wie andere, jüngst modernisierte All Mountains, ist das One-Forty allemal lang (Reach 415 mm, Oberrohr 5.724 mm), flach (Lenkwinkel 66,3°) und tief (Schwerpunkt) genug, um Ruhe und Sicherheit ins Geläuf zu bringen. Der breite Lenker, übrigens ergonomisch sehr angenehm, und die dicken Reifen tun hier ein Übriges, was speziell weniger versierte Fahrer freuen wird. Gleichzeitig ist dem Merida eine gewisse Wendigkeit und Agilität eigen, die sowohl das Business as usual am Haustrail als auch Ausflüge ins Verblockte, Hochalpine zum vergnüglichen Spiel mit den eigenen fahrtechnischen Möglichkeiten werden lassen.
Auch erweist sich die Position im Rad als erstaunlich bergtauglich. Von einem relativ steilen 75°-Sitzwinkel ideal überm Tretlager platziert, fällt die Fortbewegung wider die Schwerkraft deutlich leichter, als es das Gewicht vermuten ließe. Wirklich lange Anstiege, kurze Antritte über Steilstücke und Hindernisse oder gar Tragepassagen hängen sich freilich trotzdem spürbar in die Muskulatur.

Geometrie

S M L XL
Oberrohr (mm) 572,4 596 619,7 643,4
Sitzrohr (mm) 410 435 475 515
Kettenstreben (mm) 435 435 435 435
Lenkwinkel (°) 66,3 66,3 66,3 66,3
Sitzwinkel (°) 75 75 75 75
Steuerrohr (mm) 95 110 125 140
Tretlager Drop (mm) 21 21 21 21
Radstand (mm) 1.144 1.170 1.194 1.222
Reach (mm) 415 435 455 475
Stack (mm) 587,4 601,1 614,9 628,6
Überstandshöhe (mm) 708 723 750 778

Dass Gabel und Dämpfer sperrbar sind, erweist sich in Fahrtrichtung bergauf, aber auch geradeaus als gutes, weil notwendiges Feature. Allerdings liegen die Stärken des Fahrwerks ja auch nicht im effizienten Pedalieren. Und – wiewohl dies Merida von seinem Float Link System verspricht – auch nicht unbedingt im sensiblen Ansprechen auf kleine Unebenheiten. Vielmehr sind's ruppige und rumpelige Tiefenmeter, auf denen das One-Forty zur Höchstform aufläuft und wesentlich mehr Federweg zu liefern scheint als technisch möglich.
Speziell in grobem Geläuf wie den steinig-wurzeligen Strecken des Bikepark Wagrain, mit Highspeed auf fiesen Bremsrillen oder über die teils hohen Felsstufen und Grasnarben, die sich bei einer Tauernüberschreitung in den Weg stellen, ist der potent ausgebaute mittlere Federwegsbereich Gold wert: Das Bike liegt satt und sicher am Trail, nie hat man das Gefühl, Gabel oder Dämpfer an die Grenzen ihres Machbaren zu bringen.
Das niedrige Tretlager steuert sein Scherflein zu diesem Eindruck bei, machte sich umgekehrt aber auch zweimal im Flachen durch Aufsitzen (1x Wurzel, 1x Stein) negativ bemerkbar.

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 Wohlfühlgeometrie 

Wie man Handling, Kurvenlage und Ausgewogenheit des One-Forty auch zusammenfassen könnte
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Wie gemacht für den Downhill sind auch die standfesten und gut dosierbaren Code-Bremsen, die außerdem ergonomisch voll überzeugen. Als nicht minder abwärts orientiert entpuppt sich die serienmäßige Bereifung mit dem griffigen Maxxis DHR II an der Front. Sollte der rollfreudige Rekon hinten gewählt worden sein, um die Fuhre im Flachen am Laufen zu halten, so ist der Plan nur bedingt aufgegangen. Die mögliche Reifenbreite nicht ganz auszureizen und dementsprechend auch leichtere als die konzerneigenen Laufräder mit 29 mm Innenweite zu verwenden, hätte in puncto Spritzigkeit sicher mehr gebracht.
Die 32 Zähne der Sram-Kurbel sind hinsichtlich der vorrangigen Ausrichtung des Rades stimmig und richtig. Nimmt man das One-Forty jedoch beim Kategorien-Namen und jagt es über alle Berge, wären zwei Zacken weniger angebracht - und sei es nur, um das Gewicht zu kompensieren ...

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Fazit

Merida One-Forty 800
Modelljahr: 2018
Testdauer: 5 Wochen
Preis: € 3.199,-
+ solider, handwerklich schöner Rahmen
+ viel Sicherheit im Downhill
+ kräftige Bremsen
+ Wohlfühlgeometrie
o kaum Platz für Flasche in Gr. S
- hohes Gesamtgewicht
- träge Laufräder
- kein Schnellverschluss an vorderer Steckachse
BB-Urteil: Schweres Bike für schwere Trails

Was das Merida One-Forty gewichtsbedingt an Pep und Flinkheit vermissen lässt, macht es durch sein ausbalanciertes Fahrverhalten im Downhill wieder wett. Mit seiner echten Wohlfühlgeometrie – nicht zu aggressiv und durchaus auch uphill-tauglich – weiß es ebenso zu punkten wie mit dem schön gearbeiteten Rahmen und seinem auf das Schnupfen von heftig-deftigen Tiefenmetern ausgelegten Fahrwerk.
Gestützt wird dieser Gesamteindruck von mehreren Parts, welche viel Sicherheit vermitteln: Code-Bremsen, potente Reifen, breiter Lenker ...

G'standenen Bikern, die mit dem Merida nicht gleich ein Viertel ihres Körpergewichts bewegen müssen, kann dieses All Mountain ein verlässlicher Begleiter auf (fast) allen Wegen sein. Allen anderen empfiehlt sich das Nachdenken über Tuning-Potenzial – am ehesten wohl zu finden in Laufrädern und Reifen.

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