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WM-Special

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Stell dir vor, es ist WM - und du knackst dir zehn Tage zuvor beim Heimrollen auf der Schotterstraße die Hand an. So passiert einem jungen Herrn namens David Trummer am Schöckl, eine Woche vor Abfahrt nach Champéry, Schweiz. Schock, Gips, Weltuntergang.
Derselbe David Trummer ist jetzt Vize-Weltmeister. Das an sich ist bereits eine kleine Sensation, hat doch der 17-jährige Steirer damit erstmals bei einer Weltmeisterschaft DH-Edelmetall nach Österreich geholt. In Anbetracht seines Handicaps aber ist dieses Ergebnis der Grund, warum es seinem Teamchef Robert Salentinig "nur noch kalt über den Buckel lief".

Zumal, wenn man die Vorgeschichte weiter vertieft: Bis unmittelbar vor Abfahrt herrschte Unklarheit, ob David Trummer überhaupt entsendet werden sollte. Das immer besser werdende Gefühl in der lädierten Hand und das OK seines Arztes gaben schließlich den Ausschlag. "Bestmögliche Schonung", gab ihm der Mediziner mit auf den Weg, und "Physiotherapie". Letztere übernahmen in bemerkenswerter Konsequenz und Professionalität zwei Betreuerinnen des Nationalteams.

Getaped und eher verhalten ging es also ab Mittwoch ans Training auf einem Kurs, der unbestritten zu den schwierigsten der Welt gehört. Oder in Robert Salentinigs Worten: "Wer dort auch nur runter fährt, von vorne mitfahren rede ich da noch gar nicht, ist wirklich zu bewundern."
Ob schwierig oder nicht, war für David eher nebensächlich. "Mir ist der Kurs anfangs nicht gelegen. Ich mag eher flowige Sachen mit Sprüngen. Champéry ist ziemlich verwinkelt." Mit der Zeit und den (wenigen) Trainingsläufen freundete sich der Rookie jedoch mit den Gegebenheiten an.

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Dann kam der Renntag - und mit ihm der Regen. Bis dato trocken und größtenteils sonnig, standen die Fahrer plötzlich vor einem rutschigen, schmierigen, "wirklich grausigen" (O-Ton Salentinig) Kurs. Zeit für David, sein "Regen-Tuning" zu starten: Die billigste, aber bei Nässe gefühlsmäßig beste Bremsscheibe drauf, den Nassreifen zusätzlich um ein paar bestimmte Noppen erleichtert, "damit der Dreck nicht so zu macht" und an seine perfekte Performance bei der letzten Regenschlacht in Leogang (IXS European Cup) erinnert.

David war als 19. an der Reihe. Zuvor hatte schon mehrere Male der Hubschrauber zur Bergung gestürzter Juniorinnen und Junioren ausrücken müssen. "Versuch einfach, sturzfrei zubleiben, dann bist automatisch vorn", gab ihm Start-Betreuer Georg Danner mit auf den Weg.
Sturzfrei blieb der Kraftstoff-Racer, "aber ein bissl andruckt hab ich schon", gestand er im Ziel. Und zwar genug, um im Hotseat Platz zu nehmen. Die Minuten vergingen, noch mehr als die Hälfte der Fahrer war oben. Konkurrent um Konkurrent scheiterte an Davids Zeit. Erstes Grinsen, gelegentliches Winken in die Kamera, schließlich, als die Verweildauer länger und länger wurde, auch der Versuch, mittels Helmplatzierung und Schützer-Reinigung ein paar Sponsoren ins Bild zu bringen.

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Erst der letzte Starter, Titelverteidiger Troy Brosnan, schaffte es, seinen um ein Jahr jüngeren Kollegen vom Thron zu stoßen. Trotzdem: 4:03:691, das ist nicht nur Silber bei den Junioren, das ist auch die beste Zeit eines Österreichers überhaupt. Rang 13 hätte er mit diesem Lauf in der Elite-Klasse belegt, nur eine gute Sekunde hinter Weltcup-Seriensieger Aaron Gwin.
Bei der Siegerehrung regnete es nach wie vor in Strömen, dennoch tanzte das gesamte Nationalteam an, um David Trummer gebührend zu feiern.„Und, hast du dir deine Medaille schon angeschaut?“, wurde der Vize-Weltmeister nach deren Erhalt gefragt. „Ja. Schon schön. Aber es gibt eine Farbe, die noch schöner ist. Die könnte ich mir ja nächstes Jahr in Leogang holen, ich bin ja noch jung.“ Grinst und geht ein letztes Mal zu den freundlichen Physiotherapeutinnen .…

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Text: NoMan
Fotos: Revolution Racing

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