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Siegfried Schalten: Eine menschliche Tragödie


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Liebe Boardies!

 

Hier präsentiere ich Euch ein trauriges Kapitel eines Radrennfahrers,

der meines Erachtens mehr Anerkennung verdient hätte.

 

Heute ist er kaum mehr bekannt.

Vielleicht weil er tot ist.

 

Siegfried Schalten war in der Zwischenkriegszeit ein "Shooting Star".

Er litt, wie so viele andere, unter den kärglichen Gegebenheiten dieser Zeit.

 

Schalten war mit einer Körpergröße von 1.50 Metern und einem Gewicht

von 45 Kg der ideale Bergfahrer.

 

Schon als Kind, so ist es überliefert, erklomm er mit seinem zwielichtig

erworbenen Dreirad alle Ameisenhaufen der Umgebung.

 

Die Dorfbewohner munkelten schon damals von "Doping" , obwohl

dieses böse Wort in Bayern ja noch gar nicht erfunden war!

 

Zu diesem Behufe kratzte er aus dem Kamin, in dem die Fleisch-

vorräte für den Winter geräuchert wurden, den arsenikhaltigen

Russ aus dem düsterem Schlot.

 

Dieser Russ, in kleiner Dosis leistungssteigernd, ist in höherer

Dosis "leicht" gesundheitsschädlich und wird auch in praxi angewandt

mit, natürlich, hehe, (un)gewollten Folgen, wie jeder Pathologe bestätigt.

 

Siehe Wikipedia: "Ahndlsterben is ka Verderben"

 

Auch lesenswert: Floridus-Verlag: "Alte Bräuche soll man ehren".

 

So verkürzte sich schicksalshaft auch das Leben der Eltern

und Großeltern von Siegfried Schalten.

 

Siegfried war, wie schon erwähnt, aufgrund seiner Physis, der

ideale Bergfahrer.

 

Weil er so klein war und auch sein Rad (eine Sonderanfertigung),

fuhr er manchmal unter den Rädern seiner Konkurrenten durch und

sicherte sich so den Sieg.

 

Ich vergaß vielleicht zu erwähnen, dass Siegfrieds Großeltern

auch verwandt waren, sie waren auch sehr klein, aber, und das

erklärt manches, sie waren Geschwister.

 

Siegfried ahnte, dass er aus dieser idyllischen Armut

(die jeden, der sie noch nicht kannte, zu

Begeisterungsstürmen hingerissen hätte),

nur ausbrechen konnte, indem er bewies, wer der

Herr der Berge seie.

 

Er gewann tatsächlich alle Bergrennen: Den Schrumpfkogel,

das Sabberkreuz, das Kuckuckshorn, er war einfach

unschlagbar! (Er war schneller als sein Echo, wenn er

beim Orgasmus jodelte)!

 

Siegfried Schalten war einer der ersten Jungprofis, hatte eine

große Fangemeinde, die sich auch einfand, wenn der "Bergkönig"

wieder zuschlug, diesmal am Pilsnerjoch.

 

Alle, alle waren sie gekommen, Hunderte, wenn nicht Tausende.

Mit Pferden kamen sie, mit Ochsengespannen, manche auch

mit Hund, manche alleine. (Weil der Wauwau auf unerklärliche

Weise abhanden kam). (Der Hunger, es waren harte Zeiten).

 

Alle, aber wirklich alle, hatten aus primitivsten Mitteln Transparente

gefertigt, um ihrem Idol zu huldigen.

 

In jeder Kehre dieses entscheidenden Bergrennens sah man sie.

Hunderte dieser Huldigungen an den Star: Und auf allen war zu lesen:

 

"HOCH SCHALTEN! HOCH SCHALTEN! HOCH SCHALTEN!

 

Siegfried freute sich über die Anteilnahme seiner Fans und: Er

schaltete hoch. Erst 39:17, dann beim nächsten Transparent

39:11, Jubelstürme umtosten ihn, "HOCH SCHALTEN" klang ihm

ins Ohr, 53:11, er wußte, das ist das Limit, das Feld zog geschlossen

an ihm vorbei, die Pulsadern, die bläulich in breiter Front aus seiner Schläfe

hervortraten, gaben manchem am Rande des Geschehens stehenden Arzt

zu denken.

 

Die Busausflüge für ältere Herren sind gut ausgebucht.

Es gibt gratis Kaffee mit (Herz)Schlag.

Kein Mensch kauft mehr Heizdecken.

 

Siegfried Schalten verkauft jetzt Fahrradsättel mit Mittelrille

für den prostatabewussten Pensionisten.

 

Naja, meine Ladybirds, seid froh, dass Euch das erspart bleibt,

aber darüber das nächste Mal.

 

Buona notte,

 

Hans :wink:

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