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Ein Frühlingsgedicht


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Weil im BB Schönheit und Harmonie zu kurz kommen, bzw. das Board von Leuten dominiert wird, die eh nur immer an das Eine denken :rolleyes:, möchte ich an dieser Stelle ein kleines Frühlingsgedichtlein vom Frank Wedekind niederschreib . . . äh . . . reinkopieren.

 

Here it is:

 

Zwiegespräch

 

zwischen Felix, dem Schäfer,

und Galathea, der Schäferin

 

FELIX:

Galathea, wie lange schon

Hab ich dich nun gebeten!

Galathea, nur kalter Hohn

War die Antwort auf all mein Flöten,

Auf mein Trompeten, auf mein Schalmein,

Auf meine entzückenden Weisen!

Oh, Mädchen, du hast ein Herz von Stein

Und eine Tugend von Eisen!

 

GALATHEA:

Mein lieber Felix, was bist du nur

So traurig im schönsten Lenze?

Komm mit mir hinaus auf die Blumenflur,

Da schwellen die üppigsten Kränze.

Sieh, wie die Vögel so zärtlich tun,

Wie die Hunde so selig schlafen.

Sieh, wie so friedlich im Grase ruhn

Die Böcke bei unsern Schafen.

 

 

FELIX:

Oh, Galathea, die Böcke sind satt,

Die Schafe in Rührung zerflossen.

Von meinen Empfindungen aber hat

Sich keine den deinen erschlossen.

Es brodelt in mir wie in einem Vulkan,

Ich muß mich beständig kratzen;

Und wird mir nicht bald Genüge getan,

Dann werde ich nächstens zerplatzen.

 

GALATHEA:

Ach, Felix, wir leben im Monat August,

Da schwitzt man begreiflicherweise;

Und wenn du dich überdies kratzen mußt,

Dann hast du wahrscheinlich Läuse.

Sieh nur, welch reizenden Kranz ich hier

Aus Himmelsschlüsseln gewunden!

Kränz ich damit deine Locken dir,

Dann ist alles Jucken verschwunden.

 

FELIX:

Es handelt sich nicht um das Jucken der Haut;

Das würd ich wohl schwerlich noch spüren! -

Oh, Galathea, sei meine Braut;

Du hast keine Zeit zu verlieren.

An deinem letzten harmlosen Schrei

Möcht ich so gerne mich freuen.

Du findest ja auch deine Rechnung dabei,

Du wirst es gewiß nicht bereuen.

 

GALATHEA:

Oh, Felix, ich habe, solang ich weiß,

Noch nie eine Rechnung gefunden;

Doch wird auch mir jetzt auf einmal so heiß,

Und meine Ruh ist verschwunden.

Auch spür ich ein Jucken, so sonderbar,

Wo, läßt sich genau nicht entscheiden.

Ich glaube, daß welche aus deinem Haar

In meinen Locken schon weiden.

 

FELIX:

Bleib endlich mit deinen Läusen fort!

D willst mich gar nicht verstehen!

Dich freut es, mir jedes gefühlvolle Wort

Im Munde herum zu drehen.

Dir fehlen, scheint mir, am Schädel herum

Die allernötigsten Schrauben.

Oh, Mädchen, bist du denn wirklich so dumm,

Wie deinem Gesicht nach zu glauben?

 

GALATHEA:

Ich bin nicht dümmer, als Gott mich schuf.

Ich danke dem Himmel deswegen.

Es ist nicht so einfach, mit dem Vesuv

Eine Unterhaltung zu pflegen.

Du sprichst so verworren, so unbestimmt;

Ich bin nicht klug draus geworden

Man fürchtet, wenn man es wörtlich nimmt,

Du wolltest einen ermorden.

 

FELIX:

Oh, Galathea, spotte nicht mein,

Und sei mir nicht böse, du Süße,

Denn meine Gefühle sind ebenso rein

Wie deine zwei lieblichen Füße.

Ich suche mein Himmelreich und mein Glück,

Den Wahnfried all meiner Sorgen.

Nur fehlt mir dazu das nöt'ge Geschick;

Ich find es vielleicht erst morgen.

 

GALATHEA:

Oh, Felix, wüßt ich, wohin nur gleich

Sich deine Blicke verkriechen!

Auch wirst du auf einmal so kreidebleich

Und fängst so stark an zu riechen.

Das ist doch ein seltsam entsetzlicher Brauch,

Dein Bild ist gänzlich verschwommen.

Hei-hei-hei-hei-heiratest du mich denn auch,

Wenn ich in die Wochen gekommen?

 

FELIX:

Galathea, jetzt wird mir die Welt zu eng.

Ich hab die Besinnung verloren.

Mir donnert dein Schneng-tege-tege-teng-teng-teng

Wie höllischer Spott in den Ohren.

Du selber trägst die Verantwortlichkeit

Für die Wirkungen deiner Partien.

Der Übelstand, welcher nach Abhilfe schreit,

Ist längst aufs höchste gediehen.

 

GALATHEA:

Oh, Fe-, oh, Felix, oh, Felix, oh, Fe-,

Oh, Felix, ist dir auch behaglich?

Wenn ich deine zornigen Blicke seh,

Scheint mir dein Vergnügen sehr fraglich.

Nicht herrlicher denk ich es mir, wenn ich

Das ewige Leben erwerbe;

Doch deine Grimassen sind fürchterlich,

Du machst mich tot, ich sterbe.

 

 

Zwiegesang

 

zwischen Felix, dem Schäfer,

und Galathea, der Schäferin

 

FELIX:

In dem wundervollen Morgensonnenschein,

Galathea, ach wie bist du hold!

Deine Schwanenbrust erstrahlt wie Elfenbein,

Deine Locken schimmern wie das Gold!

Freudig darf ich deinen Leib umschlungen halten,

Auf den Knien einen strammen Jungen halten!

Und in deinen Marmorarmen selig sein,

Ohne daß uns drob der Himmel grollt.

 

GALATHEA:

In der wundervollen frischen Morgenluft

Hab ich meinen Felix innig lieb.

Aus den Wiesen strömt ein holder Blumenduft.

Und bisweilen macht ein Vogel "piep".

Wolln wir uns nicht unter eine Hecke strecken

Und zur Unterhaltung eine Schnecke necken?

Bis zu neuen Taten uns der Kuckuck ruft,

Wenn zu tun uns noch was übrigblieb.

 

FELIX:

Und der wundervolle Morgensonnenglanz,

Galathea, macht dich doppelt süß.

Dir zu Häupten fliegt ein bunter Schwalbenschwanz,

Und ein Brummer fliegt dir um die Füß.

Und ich darf dir deine goldnen Locken küssen,

Ohne daß wir in der Stube hocken müssen.

Deine Gegenwart genieß ich voll und ganz,

Die Vergangenheit erscheint mir mies.

 

GALATHEA:

In dem wundervollen frischen Morgenhauch

Kommst du, Felix, wie ein junger Gott.

Deine Lippen atmen keinen Tabaksrauch,

Deine Beine hebst du flink und flott.

Willst du nicht noch mal nach deiner Flöte greifen

Und ein hübsches Liebeslied von Goethe pfeifen?

Das bleibt doch in Ewigkeit der schönste Brauch,

Leugnen kann es nur ein Hottentott.

 

FELIX und GALATHEA:

Und so sagen wir denn bis zum nächsten Jahr

Euch, ihr lieben Freunde, gute Nacht,

Hoffend, daß es kein zu großer Blödsinn war;

Uns auf jeden Fall hat's Spaß gemacht.

Deshalb wolln wir auch nur recht viel Leute haben,

Die an Kunstgenüssen sich wie heute laben.

Dann gedeihen alle Künste wunderbar,

Bis der Weltenbau zusammenkracht.

 

 

 

Finale

 

Es streicht durch die Wälder ein kalter Wind,

Die Blätter fallen herab.

Und Galathea, das süße Kind,

Ich legte sie eben ins Grab.

 

Still deckt ich sie zu und weinte nicht;

Sie war noch immer so schön.

Ich küßte ihr holdes Angesicht

Auf baldiges Wiedersehn.

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