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mein Erlebnisbericht Ironman Austria 2006


rswoboda
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Letztes Jahr vom IRONMAN-Virus infiziert, wollte ich es heuer noch einmal wissen. Diesmal stand nicht nur finishen und geniessen (soweit das eben möglich ist ;-) im Vordergrund, sondern ich nahm mir eine Zeit unter 13 Stunden vor. Ein wesentlich höheres Trainingspensum als ein Jahr davor sollte dies möglich machen: 50 km schwimmen, 1200 km laufen, 5600 km radfahren innerhalb 7 Monaten.

 

Vortag: in der Ironman-City ist wieder viel los. Um 10 Uhr beginnt die Vorbesprechung in deutsch. Diesmal eine Film-Präsentation über Regeln etc. anstatt langer Reden. Ich freu mich schon riesig auf den Bewerb; so nervös wie letztes Jahr bin ich aber nicht mehr. Schliesslich weiss ich schon "wie der Hase läuft". Im Anschluss fahr ich mit meiner Freundin die neue Radstrecke ab (2x90 km anstatt 3x60 km). Natürlich machen wir das mit dem Auto. :-) Die beiden "Berge" beim neuen Teil schrecken mich nicht wirklich. Als wir aber zum Rupertiberg kommen, wird mir wieder ganz anders. Bin froh dass man sich da heuer nur 2x raufquälen muss. Um 16:00 Checkin in der Wechselzone. Mein Wechselzonensack für den 1. Wechsel reißt beim Packen oben ein. Hoffe dass sich beim Wechsel am nächsten Tag meine Sachen noch immer drin befinden und nicht verstreut in der Wechselzone rumliegen. Abends noch Kohlenhydrate in Form von Nudeln gefuttert und so um gegen 22:00 Uhr geht’s ins Bett. Schaffe es sogar trotz Aufregung ein paar Stunden zu schlafen. Um 4:50 läutet der Wecker.

 

Wettkampftag: die Aufregung erreicht ihren Höhepunkt. Erstes Erfolgserlebnis im Vergleich zum letzten Jahr: ich kann in der Früh noch ein größeres Geschäft am Klo erledigen. Nach dem Motto "never change a running system" beiss ich zum Frühstück auch heuer nur einmal bei einem Vollkornweckerl ab. Um 5:40 geht’s dann mit dem Auto Richtung Ironman-City. Wieder wird bei der Uni geparkt und dann ins Startgelände marschiert. In der Wechselzone geh ich erst zum Rad um Trinkflaschen und Powergels zu befestigen und die Reifen aufzupumpen. Hab das mit den Luftdruckpatronen (oder wie auch immer das Zeug heißt) noch nie gemacht und stelle mich dementsprechend blöd an. Nach 10 min. hab ich auch das geschafft. Kontrolliere dann noch meine beiden Wechselsäcke. Der eine ist mittlerweile noch mehr aufgerissen und hängt mehr oder weniger nur noch am seidenen Faden. Dann geht’s zum Strandbad zum Start. Mittlerweile bin ich nicht mehr sehr ansprechbar. Konzentration und Nervosität kämpfen in meinem Kopf um die Vorherrschaft. Heuer gibt es einen Wasserstart. Leider nicht so spektakulär für die Zuschauer, jedoch besser für die Athleten, weil es weniger "Schlägereien" im Wasser gibt. Stelle mich wieder sehr weit hinten an. Startschuss! Nach den ersten Metern bereue ich schon meine Entscheidung, welche Schwimmbrille ich nehmen soll. Ständig habe ich Wasser in der Brille. Kann keine Minute durchkraulen ohne das Wasser aus der Brille wieder rauszugeben. Kacke. Warum auch immer, erst bei den letzten 1500 Metern ist sie endlich dicht. Schwimme wie ein Lemming den anderen nach. Immer auf der Suche nach der nächsten Boje, die man passieren soll. Die ersten 1800m raus dürfte ich einen guten Weg genommen haben. Dann die erste Kurve. Ab jetzt dürften viele Athleten (inkl. mir) die Orientierung verloren haben. Dann nach ein paar Minuten höre ich hinter mir schon Wettkampfrichter aus dem Boot schreien ("right side ! right side!"). Aha, wir schwimmen also alle in die falsche Richtung. Na gut. Also kleine Richtungsänderung. Mache ein paar andere Schwimmer darauf aufmerksam, dass wir falsch schwimmen. Sehe dann auch endlich die nächste Boje und alles ist wieder im Lot. Die letzten 800m im Lendkanal sind natürlich wieder ein tolles Erlebnis. Links und rechts feuern die Zuschauer an. Schwimme etwas zu weit rechts und schlag mit der Hand auf einen spitzen Fels auf. Autsch. Schaue absichtlich nicht ob was gröberes passiert ist. Ich schwimme weiter und versuch nur zu fühlen ob die Hand noch in Ordnung ist. Dürfte alles passen. Nach 1:17:42 bin ich fertig. Geplant waren 1:18:00. Das nenne ich Punktlandung. Ärgere mich trotzdem über die undichte Brille. Da wäre einiges mehr drinnen gewesen.

 

Laufe nun zu meinem ersten Wechselsack. Grosse Erleichterung: obwohl er fast komplett oben aufgerissen ist, ist noch alles drin und nichts herum verstreut. Im Wechselzelt ist die Hölle los. Kein freier Platz um sich "gemütlich" umzuziehen. Also gehe ich wieder raus und ziehe mich etwas abseits um. Dann geht es Gatorade trinkend zum Rad. Auch bei diesem ersten Wechsel liege ich voll im Plan: 07:34 stehen geplanten 08:00 gegenüber.

 

180 km Radfahren hab ich nun vor mir. Fühle mich super und die ersten km brausen an mir vorbei. Hab stets nur einen Gedanken im Kopf: "nur kein Raddefekt, nur kein Raddefekt...". Denn dafür bin ich nicht ausgerüstet. Wenn ich einen Reifenplatzer hab, ist es für mich aus und vorbei. Die ersten 30 km gehen sehr flach dahin. Wir haben Rückenwind und dementsprechend flott geht’s. Nach 32 km die erste Steigungen bei Rosegg und Egg. Eigentlich halb so wild. In Egg sind viele Zuschauer, aber bei weitem ist nicht so viel los, wie letztes Jahr am Rupertiberg. Etwas enttäuschend. Weiter geht’s nach St. Egyden zum Rupertiberg. Nachdem hierher heuer keine Shuttlebusse hergefahren sind, ist hier fast nichts los. Größe Enttäuschung macht sich bei mir breit. Dann geht’s zum erstenmal den Ruperti rauf. Mittlerweile hat man hier 65 km in den Beinen und es ist nicht mehr ganz so leicht den Berg raufzukommen (ca. 2,5 km lang, bei bis zu 12 % Steigung). Als ich oben bin, denke ich mir "das schaff ich auch noch locker ein zweitesmal". Bei der Radwende bei der Ironman-City ist endlich mal zuschauermässig was los. Da kommt Freude auf. Über meine Zwischenzeit für die ersten 90 km bin ich etwas erstaunt, denn ich hab nur 2:59 gebraucht. Wow! Ein 30km/h Schnitt und ich fühl mich noch immer super. Doch plötzlich nach ca. 100 km der Dämpfer: Meine linke Kniekehle spinnt wieder und fängt zu schmerzen an. In meinen 5600 Trainingskilometern hatte ich nie ein Problem damit, und jetzt beim Wettkampf fängt der Scheiss wieder an. Genau wie ein Jahr davor. Nur war es da schon nach ca. 20 km. Also durchbeissen. Aber sinngemäß nach Murphy Gesetz "wenn es einem reinscheisst, dann richtig", kommt es noch dicker: mit meiner Gangschaltung muss ich mich ständig ärgern, denn das Schalten vom Grossen Kranz auf den mittleren funktioniert selten direkt. Die Kette springt immer gleich auf den kleinen Kranz und ich muss wieder einen hochschalten. Und schliesslich ist es soweit: die Kette springt bei einer Steigung ganz raus. Superkacke. Das bringt mich natürlich völlig draus. Die Kette hab ich wieder relativ schnell drin (inkl. schwarzer Hände). Gebe wieder Gas und überhole eine Menge Leute ein zweitesmal. Nach ca. weiteren 10 Kilometern wieder das gleiche: bei einer Steigung runtergeschalten und die Kette springt zum zweitenmal raus. Ich flipp fast aus. Also nochmals abgestiegen, Rad umgedreht (Getränkeflaschen und Powergels wieder rausgeflogen und erneut eingesammelt), Kette rein, Rad wieder aufgestellt und weitergehts. Mittlerweile überhole ich einige nun zum drittenmal. Trau mich nun schon fast nicht mehr runter zu schalten. Die beiden Berge im neuen Streckenteil, die ich in der ersten Runde noch als harmlos abgetan habe, sind nun nach ca. 120 km doch schon etwas anstrengend und keine Kleinigkeit mehr. Mit großen Respekt fahr ich zum zweitenmal dem Rupertiberg entgegen. Bei Km 150 ist er nun vor mir. Die Kettendefekte und meine Kniekehle haben mir mittlerweile doch recht zugesetzt und der Rupertiberg wird wieder eine riesen Qual. Aber letztendlich bin ich oben und das schlimmste ist überstanden. Versuche mich auf den letzten Kilometern schon etwas zu erholen. Und wie vor einem Jahr beginnen nun auch wieder meine Zehen und Fusssohlen zu schmerzen. Ich glaub ich hab ein Dejavu! Das gibt’s doch nicht! In der Wechselzone angekommen, ist das erste was ich mache, meine Radschuhe auszuziehen. Die ersten Schritte tun ziemlich weh, aber bis zum Wechselzelt ist der Großteil der Schmerzen weg. Bilanz beim Radfahren: geplant: 6:28:00. Geschafft in 6:09:46. Trotz der Probleme in der zweiten Runde deutlich unter meinem Vorhaben.

 

Beim 2. Wechsel gehe ich es wieder ruhig an. Besuche nun auch zum erstenmal das WC. Lasse ein paar Tropfen ab. Das meiste was ich getrunken hab, hab ich eh rausgeschwitzt. Gegessen hab ich bisher wieder so gut wie nichts: 2 Powergels geschluckt und 1 Powerbar gegessen. Nicht viel, für das dass ich nun fast schon 8 Stunden meinen Körper extremen Bedingungen aussetze. Für den zweiten Wechsel hatte ich wieder 8 Minuten geplant. mit 8:18 bin ich nur knapp drüber.

 

Beim Rauslaufen aus der Wechselzone sehe ich meine Gesamtzeit bisher: 7:43. Rechne kurz nach: Für mein Ziel unter 13 zu finishen kann ich somit für den abschliessenden Marathon 5:16 brauchen. Das heißt die gleiche Marathon-Zeit wie letztes Jahr. Bin sehr zuversichtlich dass ich das schaffe. Die ersten Kilometer sind jedoch sehr zäh. Mein Magen ist über die "Hopserei" beim Laufen nicht sehr erfreut. Wie schon im vergangen Jahr ist wieder viel zu viel Flüssigkeit drin und bei den Labestationen beim Laufen muss ich natürlich weiterhin trinken. Dadurch wird es nicht besser. Somit machen die ersten 12 Kilometer nicht besonders viel Freude. Auch traue ich mich nicht, das Trinken bei einer Labestation einmal auszulassen, denn schliesslich dürfte es so ca. 28 Grad haben und der Körper braucht Flüssigkeit. Nach den ersten 12 Kilometern geht es aber plötzlich recht gut und wundersamerweise fühle ich mich immer besser. Die nächsten 10 Kilometer, der Teil von der Ironman-City in die Stadt Klagenfurt rein und wieder retour, machen richtig Spass. Auch an der Strecke ist viel los und man wird ständig von den Zuschauern angefeuert und motiviert. Für die meisten hab ich auch ein Lächeln parat. Der andere (längere) Teil von der Ironmany-City nach Krumpendorf raus ist wieder sehr träge. Ich hab wieder einen Rückfall und das Laufen wird wieder anstrengender und die Gehpausen öfter. Allerdings hab ich im Hinterkopf immer, dass ich meine Ziel unter 13 Stunden zu finishen erreichen werde, sofern nichts dramatisches passiert. Und das kann plötzlich schnell passieren. Schliesslich mute ich meinen Körper extreme Beanspruchung zu und vernachlässige ihn. Den ganzen Tag hab ich nur Isotonische Getränke und Wasser getrunken, 2 Powergels (beim Radfahren) geschluckt, 1 Powerbar (beim Radfahren) gegessen und beim Laufen mehrere kleine Bananenstücke gegessen (in Summe vielleicht eine Banane). Immer wieder motiviere ich mich selbst wieder zu laufen, indem ich mir vorsage, dass sich das ganze nur im Kopf abspielt. Meinem Körper geht's ja recht gut, ich hab keine Schmerzen, es ist einfach nur anstrengend. Also alles reine Kopfsache. So wird ein Kilometer nach dem anderen runtergespult. Letztendlich hab ich auch den Marathon bewältigt und der Zieleinlauf war wieder einzigartig. Ich hätte noch leicht schneller laufen können, um den einen der vor mir gelaufen ist und mit seiner Tochter durch das Finishergate gerannt ist zu überholen, aber die Zuschauerkulisse auf den letzten 100 Metern wollte ich nur geniessen. Als ich über dem Finishergate meine Zeit sehe, bin ich noch glücklicher: 12:48:39. Also mein Zeitziel von Sub13 erfolgreich geschafft!

 

Im Ziel such ich zuerst die Verpflegungsstation auf und esse nun mal was richtiges. 2 Pizzastücke, 2 Semmeln, 1 Muffin. Alles super lecker und endlich mal wieder was gscheites zwischen den Zähnen. Der Magen jubelt vor Freude. Im Anschluss hab ich mich auf die Tribüne gesetzt und noch vielen anderen Finishern zugesehen. Bei allen ist die Freude riesen gross. Nach einer guten Stunde hab ich mich auf den Weg gemacht, meine Wechselsachen und mein Rad abzuholen. Das Auschecken dauert leider fast 45 Minuten! Eine Zumutung. Währenddessen brechen zwei Athleten in der Nähe von mir zusammen und müssen von der Rettung abgeholt werden. Schon im Verpflegungszelt zuvor sind ständig Sanitäter mit Tragebahren rumgelaufen auf denen zusammengebrochene Athleten draufliegen. Ein langer Tag ist bei einigen nicht ohne Nachwirkung geblieben. Mein Vorhaben, zum Duschen ins Hotel zu fahren und um Mitternacht wieder ins Zielgebiet zu kommen, um der Abschlussfeier beizuwohnen und die letzten Finisher anzufeuern, muss ich leider bleiben lassen. Das lange Auschecken hat letztendlich meine letzte Substanz gekostet. Ich schaffe es noch gerade mich zu duschen und falle ins Bett. An Schlafen ist aber die ganze Nacht nicht zu denken. Mir tut einfach alles weh.

 

Am nächsten Tag geht’s mir wieder recht gut. Ich hole mir in der Ironman-City mein Finisherfoto ab und wir machen uns auf den Heimweg. Auch heuer war es wieder ein tolles Erlebnis. Jedoch war es nicht vergleichbar mit dem Jahr davor. Insbesondere die Stimmung auf der Radstrecke war heuer eine riesen Enttäuschung. Mit dem sportlichen Resultat bin ich höchst zufrieden. Mein Entschluss, dass dies mein letzter Ironman war, bleibt weiterhin aufrecht. Es war toll es zweimal geschafft zu haben, aber man muss sehr viele Opfer bringen um das durchzuziehen. Neben Job und Training bleibt nicht viel Zeit für andere Dinge. Nachmals ein dreiviertel Jahr gezielt trainieren will ich mir und meinem Umfeld nicht nocheinmal antun. Vielen Dank an alle die mich in den letzten beiden Jahren unterstützt haben, damit ich dieses gewaltige sportliche Ziel erreichen kann. Eine Sub13 Zeit ist für mich ein Hammer! Mein Leben lang werd ich es nicht vergessen:

I AM AN IRONMAN !!!!

 

Noch ein paar Fotos:

http://de.pg.photos.yahoo.com/ph/rswoboda/slideshow?.dir=/bcabscd&.src=ph

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