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der jahreswechsel ist vollzogen ...


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.... und auf der welt ist so einiges passiert. aber lest mal am besten selbst ....

 

Silvester in Önkelstieg

 

Freitag, 30. Dezember, 10:43 Uhr.

Gut 37 Stunden vor dem Jahreswechsel lastet eine schier unerträgliche

Spannung über der Siedlung Önkelstieg, deren Bewohner der Stunde

Null entgegenfiebern, um endlich losschlagen zu können.

 

10:46.

Ein an sich unbedeutender Zwischenfall wird sich noch bitter rächen.

Nachdem sie in einem Stallgebäude ihres Kleingartens die Kaninchen

versorgt hat, entreißt ein Windstoß der Rentnerin Erna B. die Schuppentür,

die mit vernehmlichem Knall hinter ihr zufällt. Von nun an überschlagen

sich die Ereignisse.

 

10:48.

Der vermeintliche Erstschlag aus der Nachbarschaft trifft den Familienvater

Fred S. völlig unvorbereitet. In einer viel zu flachen Flugkurve startet sein

hastig gezündeter Raketensatz "Cape Canaveral", dessen Werbeaufdruck

"Eine Zündung - sechsmal Sternenzauber" unterwegs sein Versprechen hält.

Ein Sternenzauber findet mit unglücklicher Präzision den Weg in einen

Lüftungsschacht der Bäckerei Brörmeier. Die anschließende Mehlstaubexplosion

in der Backstube macht die vor Wochen von Bäckermeister Erwin Brörmeier

großspurig angeregte Firmenaktion "Brot statt Böller" mit einem Schlag

unglaubwürdig und zerstreut letzte moralische Bedenken in der Siedlung.

 

11:02.

Der siebzehnjährige Kfz-Lehrling Sven G. verliert als nächster die Nerven.

Seine in mühevoller Kleinarbeit selbst entwickelte Bombenkette aus 12

gegeneinander geschraubten VW-Zylindern belohnt mit fulminanter Wirkung sein

reges Interesse am fachkundlichen Unterricht in der Kreisberufsschule.

 

Gegen 14:00 verhilft der auflebende Südostwind dem großen familienfreundlichen

Silvestersortiment "Feuerball" mit 17 Leuchtraketen und mehr als neunzig bunten

Effekten zu ungeahnter Reichweite.

 

14:02.

Immerhin fünfzehn dieser bunten Effekte erreichen am 3km entfernten Ostufer

des Stenkelfelder Sees den Balkon des 83jährigen Kriegsveteranen und

Militaria-Händlers August R. Vom Feuerschein und alten Erinnerungen geweckt,

beschließt er, sein kostbarstes Sammlerstück zu opfern. Minuten später gleitet ein

acht Meter langer Torpedo der V-Klasse vom seinerzeit vor Danzig havarierten U-435

aus seinem Bootsschuppen und nimmt Kurs auf das gegenüberliegende Seeufer.

Nach vier Minuten und zwölf Sekunden erfolgt der Einschlag in die Uferterrasse

des Gasthofs Knollmeier.

 

14:09.

Ein Gartenstuhl und zwei Sonnenschirmbetonständer durchschlagen das

dünne Holzdach der Wachbaracke an der Martin-Luther-Kaserne im Nachbarort

Heringsmoor und verfehlen den wachhabenden Hauptgefreiten Ronald C. nur um

Haaresbreite. Der durch den hastigen Genuss von anderthalb Flaschen

Küstennebel ungewohnt entschlussfreudige Berufssoldat trifft in dem durch

den Weihnachtsurlaub entvölkerten Militärstützpunkt eine einsame Entscheidung.

Die sechzehn Luftabwehrraketen vom Typ Herkules-3 erheben sich majestätisch

in den Dezemberhimmel.

 

14:15.

Das Hachmannsfelder Gehölz, die Siedlung Önkelstieg, die Straßenzüge

Schmöller Damm/Bölterkamp/Sögelweg/Blömkeallee, weite Teile des

Industriegebiets Sottrop sowie der Rangierbahnhof Höklage sind nicht mehr.

Durch die rauchenden Trümmer einer Mondlandschaft irren Menschen.

Menschen wie du und ich, die mit ihrem Silvesterfeuerwerk einfach nicht

mehr warten konnten.

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grillen in önkelstieg

 

11 Uhr 3:

In der Reihenhaussiedlung Önkelstieg nutzt der Berufs-

schullehrer Hermann S. ein kurzes Zwischenhoch.

Die schmale Rauchsäule aus seinem mit zwei tiefge-

frorenen Thüringern belegten Holzkohlegrill wird zum

verheerenden Signal an die Nachbarschaft.

Der überraschende Startschuß in die Grilsaison bringt

die gesamte Siedlung völlig unerwartet in Zugzwang.

 

11 Uhr 17:

Aufgrund von Rohstoffmangel erfolgen nur vereinzelte

Konter von den Nachbargrundstücken. Halbherzige

Experimente mit Fleischkonserven und gemischtem

Aufschnitt in Alu-Folie schlagen fehl. Der beißende

Geruch einer angebrannten Mortadella erstickt dann

letzte Hemmungen.

 

11 Uhr 30:

Die verzweifeten Rufe der Rentnerin Emilie H. nach ihrem

verschwundenen, mehrfach preisgekrönten Zwergfasan

Hänschen verhallen ungehört. Zur selben Zeit schmückt

der arbeitslose Rohrleger Otto W. liebevoll den Kopf seiner

6jährigen Tochter mit einer langen, gelben Schwanzfeder,

während auf seiner hastig improvisierten Feuerstelle eine

nachlässig gerupfte Vogelleiche schmort.

 

12 Uhr 6:

Neid und Mißgunst der gesamten Anwohnerschaft richten sich auf den üppig belegten Tessiner Rundgrill des Bordellbesitzers Kurt S. Wie üblich kann ihm auch dieses Mal eine Straftat nicht nachgewiesen werden, so daß eine Strafanzeige vom zweiten Vorsitzenden des Kaninchen-

züchtervereins "Die Steher" über den Diebstahl seiner 20

gekörten Riesenrammler der Rasse Varus rusticus gegen

Unbekannt formuliert wird.

 

12 Uhr 21:

In einem benachbarten Waldgrundstück bemerkt der

Direktor des dort campierenden Wanderzirkus Schöller das

Verschwinden des ausgewachsenen Nilpferdbullen Romeo.

 

12 Uhr 40:

Wegen der Größe des von seinen Söhnen erbeuteten

Grillguts erweitert Luftwaffenmajor außer Dienst Ottfried

von F. seinen Bratenrost mit Stahlmatten von einer nahege-

legenen Großbaustelle auf 10qm. Als Zündhilfe für die

durchfeuchteten Birkenstämme kommt erstmals ein bislang

unerprobter Raketentreibstoff aus seiner einstigen

Dienststelle zum Einsatz. Die 150 Liter Hydrometanolnitrat

aus dem Kampfjägerbataillon "Petra Kelly" werden - wie

sich augenblicklich zeigt - dem langjährigen Forschungs-

aufwand gerecht.

 

12 Uhr 47:

Beim ökumenischen Gottesdienst Brot für die Welt in der

16 Kilometer entfernten Sottruper St. Johannis-

Kathedrale ist soeben der Choral Bittet, so wird Euch

gegeben verklungen, als ein 3 Tonnen schweres, gold-

braun gebackenes Nilpferd krachend das schwere

Kupferdach des Hauptschiffs durchschlägt und auf der

mundgemeißelten Elfenbeinorgel aus dem 14. Jahrhundert

landet. Mit bewundernswertem Improvisationstalent

verkündet Bischof Krögel seiner staunenden Gemeinde,

der Herr sei bisweilen auch zu Scherzen aufgelegt.

 

12 Uhr 50:

Die Reihenhaussiedlung ist von zwei Hundertschaften der

Polizei umstellt. Die vom gefesselten Tierpfleger des

Wanderzirkus Schöller abgegebene Täterbeschreibung -

Hawaiihemd, hellgraue Shorts, Tennissocken, dunkel-

braune Herrensandalen der Marke Ötztaler Wanderspaß -

engt den Kreis der Verdächtigen auf ca. 400 ein. Durch

dunkle Rauchschwaden und verkohlte Tierkadaver taumeln

Familienväter zur Vernehmung. Menschen wie du und ich,

die 'mal ganz spontan am Sonntag grillen wollten.

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weihnachten in önkelstieg

 

Sonntag, 1. Advent, 10:00 Uhr

 

In der Reihenhaussiedlung Önkelstieg lässt sich die Rentnerin Erna B. durch ihren Enkel Norbert 3 Elektrokerzen auf der Fensterbank ihres Wohnzimmers installieren. Vorweihnachtliche Stimmung breitet sich aus, die Freude ist groß.

 

10:14 Uhr

 

Beim Entleeren des Mülleimers beobachtet Nachbar Ottfried P. die provokante Weihnachtsoffensive im Nebenhaus und kontert umgehend mit der Aufstellung des 10-armigen dänischen Kerzenset 'Brömmerby' zu je 15 Watt im Küchenfenster. Stunden später erstrahlt die gesamte Siedlung Önkelstieg im besinnlichen Glanz von 134 Fensterdekorationen.

 

19:03 Uhr

 

Im 14 km entfernten Kohlekraftwerk Sottrup-Höcklage registriert der wachhabende Ingenieur irrtümlich einen Defekt der Strommessgeräte für den Bereich Stenkelfeld-Nord, ist aber zunächst arglos.

 

20:17 Uhr

 

Den Eheleuten Horst und Heidi E. gelingt der Anschluss einer Kettenschaltung von 96 Halogen-Filmleuchten, durch sämtliche Bäume ihres Obstgartens, an das Drehstromnetz. Teile der heimischen Vogelwelt beginnen verwirrt mit dem Nestbau.

 

20:56 Uhr

 

Der Discothekenbesitzer Alfons K. sieht sich genötigt, seinerseits einen Teil zur vorweihnachtlichen Stimmung beizutragen und montiert auf dem Flachdach seines Bungalows das Laserensemble 'Metropolis', das zu den leistungsstärksten Europas zählt. Die 40m-Fassade eines angrenzenden Getreidesilos hält dem Dauerfeuer der Nikolausprojektion mehrere Minuten stand, bevor sie mit einem hässlichen Geräusch in sich zusammenfällt.

 

21:30 Uhr

 

Im Trubel einer Jul-Club-Feier im Kohlekraftwerk Sottrup-Höcklage verhallt das Alarmsignal aus der Generatorhalle 5.

 

21:50 Uhr

 

Der 85-jährige Kriegsveteran August R. zaubert mit 190 Flakscheinwerfern des Typs 'Varta Volkssturm' den Stern von Bethlehem an die tiefhängende Wolkendecke.

 

22:12 Uhr

 

Eine Gruppe asiatischer Geschäftsleute, mit leichtem Gepäck und sommerlicher Bekleidung, irrt verängstigt durch die Siedlung Önkelstieg. Zuvor war eine Boing 747 der Singapur Airlines, mit dem Ziel Sydney, versehentlich in der mit 3000 bunten Neonröhren gepflasterten Garagenzufahrt der Bäckerei Bröhrmeyer gelandet.

 

22:37 Uhr

 

Die NASA Raumsonde Voyager 7 funkt vom Rande der Milchstraße Bilder einer angeblichen Supernova auf der nördlichen Erdhalbkugel, die Experten in Houston sind ratlos.

 

22:50 Uhr

 

Ein leichtes Beben erschüttert die Umgebung des Kohlekraftwerks Sottrup-Höcklage, der gesamte Komplex mit seinen 30 Turbinen läuft mit 350 Megawatt brüllend jenseits der Belastungsgrenze.

 

23:06 Uhr

 

In der taghell erleuchteten Siedlung Önkelstieg erwacht Studentin Bettina U. und freut sich irrtümlich über den sonnigen Dezembermorgen. Um genau 23:12 Uhr betätigt sie den Schalter ihrer Kaffeemaschine.

 

23:12:14 Uhr

 

In die plötzliche Dunkelheit des gesamten Landkreises Stenkelfeld bricht die Explosion des Kohlekraftwerks Sottrup-Höcklage wie Donnerhall. Durch die stockfinsteren Ortschaften irren verwirrte Menschen. Menschen wie Du und ich, denen eine Kerze auf dem Adventskranz nicht genug war.

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Karnevalssitzung in Önkelstieg

 

19:02

Zur festlichen Damenprunksitzung der Karnevalsgesellschaft MV Grün-Weiß Teutonia finden sich in der Mehrzweckhalle der Dörfergemeinde Stenkelfeld/Sottrop die ersten Gäste ein.

 

20:11

Der viel zu leise Eröffnungstusch der Vier-Mann-Kapelle 'Das Dingo-Sextett' geht im Saalgemurmel unter. Kurz zuvor hatte Hausmeister Gnötgen der Kombo jeglichen Gebrauch von Verstärkeranlagen sowie das Aufstellen von größeren Lautsprecherboxen, unter Hinweis auf die frisch geleimten Bühnenränder barsch verboten. Ein Fehler, der sich noch rächen sollte.

 

20:13

Sitzungspräsident Carsten Bölter wünscht in seiner Begrüßungsreden den ca. 600 anwesenden Damen zwischen 40 und 65 eine stimmungsvolle Weiberfastnacht ohne, so Bölter wörtlich, "ohne die vielerorts üblichen Anzüglichkeiten und Plattheiten unterhalb der Gürtellinie." Teile der Ansprache werden leider von den 10 Mitgliedern des Damenkegelclubs 'Heh wackelt' übertönt, die nach dem hastigen Genuß von anderthalb Flaschen Eckes Kirschlikör mit rotglühenden Gesichtern "Ausziehn! Ausziehn!" skandieren.

 

20:45

Bürgermeister Ölgemöllers Büttenrede endet im Eklat, als er sich schon nach wenigen Minuten zu einer Tätlichkeit gegen den Schlagzeuger des 'Dingo-Sextetts' hinreißen läßt. Ölgemöller wird der Polizei später zu Protokoll geben, die Kapelle habe ihm in provokanter Weise mehrfach den vorher vereinbarten Pointentusch verweigert. Den Ausschlag gab die völlige Teilnahmslosigkeit der Band, im Anschluß an Ölgemöllers witzigste Manuskriptzeile: Eine Cola nach dem Tanz hebt die Stimmung und den Schw...ung.

 

20:51

Eine genau gezielte und scharf geworfene Untertasse aus Reihe 8 zwingt den Gaststar 'Jodelmax' aus Altötting in gebückter Haltung zurück in die Garderobe. Selbst seine dicke Lederhose konnte die Wucht des Aufpralls ins Zentrum seiner Männlichkeit nicht entscheidend abmildern. Das Männerballett der Freiwilligen Feuerwehr kann darum seine Striptease-Show deutlich früher beginnen.

 

20:55

Das Dingo-Sextett droht mit dem sofortigen Abbruch des Auftritts, nachdem durchgesickert ist, daß der verbotenerweise auf dem Schulhof geparkte Kleintransporter der Band auf Anordnung des Hausmeisters kostenpflichtig abgeschleppt wurde. In der aufbrandenden Empörung verhallen die Rufe nach einem Notarzt für Sitzungspräsident Bölter, der vom Verschlußhaken eines schwarzen Stretch-BHs unglücklich am Auge getroffen wurde. Der Kreis der Verdächtigen verengt sich rasch auf die teilweise entblößten Mitglieder des Damenkegelclubs 'Heh wackelt', die nach drei weiteren Flaschen Eckes Kirschlikör außer Rand und Band geraten sind.

 

21:15

Weite Teile der Festgesellschaft veranstalten eine Treibjagd auf Hausmeister Gnötgen. Dieser hatte zuvor den Auftritt der Tanzgarde des VFR Stenkelfeld unter Hinweis auf das frisch versiegelte Parkett strickt untersagt. Gnötgen ist nunmehr fest entschlossen, der Veranstaltung durch rigoroses Abschalten der Stromversorgung ein Ende zu machen. Die Funkenstrecke des Sicherungskastens im Heizungskeller trifft die Gasleitung an ihrer empfindlichsten Stelle.

 

21:17

Die Dörfergemeinschaftsschule Stenkelfeld/Sottrop ist nicht mehr. Durch die rauchenden Trümmer der Mehrzweckhalle irren verstörte Menschen. Menschen, wie du und ich, die sich nur mal zur Fastnacht vergnügen wollten.

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Weihnachtsmarkt in Önkelstieg

 

So lasset uns vom Weihnachtsfest berichten. Die Feierlichkeiten in Stenkelfeld erschöpften sich bereits im Vorfeld in allerlei Märkten, bei denen sich verfeindete Wohltätergruppen mit unbarmherziger Barmherzigkeit befehdeten. Und so begab es sich aber zu der Zeit, als ein Aufruf vom Oberkreisdirektor ausging, auf dass alle Welt sich auf dem Stenkelfelder Weihnachtsmarkte blicken lasse.

 

Montag, 16. Dezember, 15:00 Uhr

 

Unter dem Motto "Ein Stück weit Frieden spüren" eröffnet Pastoralreferent Reinhard Höllerich-Nöhrenberg den alternativen Stenkelfelder Weihnachtsmarkt rund um die St. Johannis-Kathedrale, versäumt es jedoch, in seiner Begrüßung neben den Anwesenden auch den AnwesendINNEN den Segen der Weihnacht zu wünschen. Dies führt zu ersten Unmutsbezeugungen aus dem "Menstruationskreis lesbischer Künstlerinnen", die den Rest der Ansprache mit Trillerpfeifen und "Sackträger"-Sprechchören übertönen.

 

15:31 Uhr

 

Durch die im Meditationstanz versunkenen Mitglieder der Frauen-Selbsterfahrungsgruppe "Silber-Elster", die mit ausgebreiteten Armen im ökologisch mit Senflauge gebatikten Wickelrock über die Kirchwiese schweben, bahnt sich bölkend und hupend der "MC Schmöllerheide" auf schweren Harleys den Weg zum Rockzelt von Jugendpastor Helge Bösch, der für 16:00 Uhr zum Motorradgottesdienst geladen hat.

 

15:56 Uhr

 

Eine glühendheiße Pappterrine mit herzhafter Gulaschsuppe klatscht gegen das Transparent "Zucker ist Sünde" am Stand des vegetarischen Ernährungskreises "Mutter Erde", von dem das "Sumpfpumpenprojekt Eritrea", durch den Verkaufserlös von mit Nelkenfett gesüßter Vollkornschokolade, unterstützt wird. Die Hauptverdächtige für diesen Anschlag, die Rentnerin Minna B., die am Nachbarstand für den "Klön- und Strickkreis singender Seniorinnen" mit dem Verkauf von kandierten Äpfeln, Rindsbratwurst und Räucherschinken für das Winterlager des Wanderzirkus Schöller sammelt, weist darauf hin, man sei im Vorfeld von besagtem Ernährungskreis lautstark als Tiermörder und Kadaverfresser verunglimpft worden.

 

16:00 Uhr

 

Die Leistungsschau der Bundeswehr auf der Holtmannswiese, hinter dem alten Soldatenfriedhof, wird in bedrohlicher Nähe zum Infostand der "Christlich-autonomen Kriegsdienstverweigerer" eröffnet. So ist es nur eine Frage der Zeit, wann die diametralen Botschaften "Wir schaffen Frieden" auf der einen Seite, mit den Thesen "Soldaten sind Mörder" sowie "Gelöbnis ist Meineid" auf der anderen Seite ins Gehege kommen. Zu tätlichen Übergriffen kommt es jedoch erst gegen 16:07 Uhr, nachdem sich Regimentspfarrer Öftering bei der Einsegnung zweier fabrikneuer BISON-FLAK-Panzer zu der Behauptung verstieg, Jesus sei eine Art Feldwebel Gottes gewesen.

 

16:12 Uhr

 

Erstaunlich lange hält sich das Bläserkorps vom "Jagd- und Hegering 2" mit seinem adventlichen Vortrag unmittelbar neben der Punschbude militanter Tierschützer von der Initiative "Waldfrieden", die mit den Aufklebern "Blutige Weihnachten - Mitessen heißt Mitschlachten" oder auch "Christus war ein Eichelhäher" gegen Wildgerichte am Heiligen Abend zu Felde ziehen. Zum offenen Schlagabtausch führt dann schließlich der weihnachtliche Blechchoral "Jesus war ein Jagdgesell". Revierförster Manfred von Lausitz-Ölpen, dem im Verlaufe der Feindseligkeiten das Mundstück seiner schweren Zugposaune durch die Schneidezähne gedrückt wurde, gibt später zu Protokoll, er habe seinen Hirschfänger gegen diese Anarchisten in begründeter Notwehr einsetzen müssen.

 

17:15 Uhr

 

Am gemeinsamen Stand der Stillgruppe "Rumpelstilzchen" und des "Betkreises schwangerer Hausfrauen" flackert das nächste Scharmützel auf. Das Handgemenge mit dem benachbarten Info-Tisch der "HIV-Selbsthilfegruppe Heringsmoor" beginnt mit dem gegenseitigen niederreißen der Transparente "Gib' Aids keine Chance - Kondome schützen" und auf der Gegenseite "Verhütung ist Mord - Kondome sind Waffen".

 

17:31 Uhr

 

Unter dem kleinen Zeltdach der orthodoxen Bibelgruppe "Prohabilis eterna", die unter dem Motto "Latein ist Gottes Wort" allerlei Informationsmaterial feilhält, in dem frühchristliche Liturgieformen, sowie Latein als Weltsprache gefordert werden, wächst die Nervosität über den zunehmenden Geräuschpegel des benachbarten Motorrad-Gottesdienstes. Nach der Predigt mit dem Thema "Wasser zu Wein - Öl zu Benzin, Jesus war ein Biker" und der Danksagung für das Überleben zahlreicher riskanter Überholmanöver der letzten Saison, besteigt die gefürchtete Speed-Metal-Formation "Rammbock" die Bühne.

 

17:33 Uhr

 

Am Ende seiner christlich-lateinischen Duldsamkeit angekommen, trifft der orthodoxe Religionswissenschaftler Dr. Johannes Görtz mit dem unkontrollierten Wurf einer 15 Kilo schweren, in Schweinsleder gebunden Hetzschrift gegen Martin Luther, die vordere der 24 in Reih' und Glied abgestellten Motorräder, die in einer Kettenreaktion wie Dominosteine aufeinander fallen. 30 Sekunden später beschließt der Harley-Club "Schmöllerheide" eine gründliche Flurbereinigung des gesamten Geländes.

 

17:40 Uhr

 

Rund um die St. Johannis-Kathedrale tobt eine Schlacht, wie sie seit 1109, seit der Erstürmung der Höcklager Senke durch den Hunnenprinzen Bernward der Schlächter, in dieser Gegend nicht mehr erlebt wurde. Mittendrin, Menschen wie du und ich, die in der Weihnachtszeit nur mal "ein Stück weit Frieden spüren" wollten.

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