Langsam wechselt die Himmelsausleuchtung von dämmrig auf dunkel, während ich mit verschmierten Fingern versuche, an der Kette zu retten, was zu retten bleibt. Nicht am Conway eWME hatte mich das Glück verlassen, sondern am aus journalistischen Gründen gesattelten Hardtail. Leichte XC-Feile gegen kräftiges E-Bike im mehrstündigen Toureneinsatz wäre der Plan gewesen. Mein Onkel am Enduro sitzend, ich am Rennhobel schwitzend, auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, ob der künstliche Rückenwind unterschiedliche Leistungsniveaus ausgleichen kann. Zwecks der Abwechslung, so dachten wir, könne man doch bei der Gelegenheit gleich neue Wege zum Hochplateau des Hausbergs auskundschaften… zig Sackgassen und gute 1000 Höhenmeter später beendet jäh ein Steinchen im Antrieb unsere Pläne. Kette tot, Wiederbelebungsversuche ob defektem Nietstift gescheitert, das Tageslicht zum Feind und nach antriebsloser Abfahrt noch einen letzten Gegenanstieg vom rettenden Zuhause entfernt, machen wir uns den Shimano Steps Antrieb des Conway zu Nutze. Auf glatter Oberfläche, mit mittlerer Steigung, „teilen“ wir uns den Motor. In bester Madison-Manier zieht mich mein Onkel über die finalen Höhenmeter - ohne eine einzige Kurbelumdrehung meinerseits. Beeindruckend, die Kraft des eWME.
Ja, kräftig ist er, der Motor des eWME. Wie stark die einzelnen Stufen des Steps E8000 dann tatsächlich sind, sprich um welchen Faktor sie die selbst erbrachte Leistung multiplizieren, kann jeder über die eTube App selbst bestimmen. In der Standardkonfiguration, jene, in der wohl das Gros der Käufer unterwegs sein wird, reicht der Eco-Modus für die meisten Asphalt- und Forstanstiege mehr als aus. Erst wenn es sehr steil wird, lohnt der intuitive Griff zum Trigger, um in den Trail-Modus zu wechseln. Nur in den seltensten Fällen und dort eigentlich immer eher aus Spaß denn aus Bedarf hatten wir den Turbo-Modus aktiviert. Ein Bedürfnis, die Plattform am Dämpfer zuzuschalten, kommt höchstens auf flachen Asphaltpassagen über 25 km/h - sprich ohne Motorunterstützung auf. Im echten Gelände und auch auf welligen Abfahrten ist eindeutig der Trail-Modus die beste Wahl. Nicht (nur) wegen der höheren Unterstützungsleistung, sondern auch, weil er gefühlt schneller auf Trittfrequenzänderungen reagiert und sowohl sitzend als auch im Wiegetritt mehr Gefühl zulässt und dadurch höheren Grip liefert.
Aus dem Keller steigt die Leistung mit zunehmender Trittfrequenz kontinuierlich an. So als wäre man heute einfach mit besseren Beinen aus dem Bett gekrabbelt. Gut wenn es rollt, aber zum Preis leichter Anfahrtsschwächen. Will man berghoch etwa eine Stufe überwinden und nimmt abrupt die Kraft vom Pedal, reagieren die Sensoren nicht ganz so schnell wie etwa bei Yamahas System. Um in diesen Fällen ein an der Kante durchdrehendes Hinterrad und den damit verbundenen Abgang zu vermeiden, bedarf es etwas an Gewöhnungszeit. Zeit, die es auch benötigt, um die Gewichtsverlagerung in wirklich steilem Gelände auf den Punkt zu bringen. Denn die eher aufrechte, sehr entspannte Sitzposition sorgt zwar einerseits für unaufgeregtes Vorankommen, verlangt aber anderseits in sehr technischen, steilen Uphills nach ruhiger Hand und einigem Druck am Lenker, um das Drehmoment des Motors auch tatsächlich in effizienten Vortrieb umzuwandeln. In freier Wildbahn dürften wohl nur wenige regelmäßig in derlei Geläuf berghochstrampeln. Im klassischen Forstautobahn hoch, Zuckertrail hinunter, sind E-Enduros wie das eWME jedenfalls eine Macht. Denn während man früher nur einmal hochkurbelte, fährt man nun eben zweimal. Weniger geschafft ist man danach jedenfalls selten.