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Ghost HTX Lector

Einmal Hölle und zurück. Oder: Wie es sich anfühlt, wenn Lisi Osls Arbeitsgerät mal richtig rangenommen wird.
Text: BigAir Fotos: Erwin Haiden, sportograf.de (8)

Samstag, 4 Uhr früh. Der Wecker läutet. Während andere gerade erst am Weg ins Bett sind oder soeben versuchen, einem potenziellen Lebensabschnittspartner eine gemeinsame Nacht schmackhaft zu machen, versuche ich, drei essentielle Fragen zu beantworten "Wer bin ich? Wo bin ich? Und was mache ich hier?".

Beim Auffinden des am Vortag versteckten Weckers (hat sich bewährt, um nicht sofort wieder in Tiefschlaf zu fallen) schweift der Blick über die gegenüberliegende Zimmerwand. Dort lehnt ein Ghost HTX Lector Pro Team. Reichlich spät provoziert dieses Bild den Geistesblitz, der zur Beantwortung der anfänglichen Fragen führt. Ein Fahrrad im Zimmer, das kann nur eines heißen: Race-Day! Und 4 Uhr früh ist ein untrüglicher Hinweis auf eine ganz besondere Wahnsinnstat: Salzkammergut Trophy, Strecke A.
Noch etwas schläfrig in Radhose und -trikot schlüpfend, kommt mir eine Zeile aus dem Ghost-Katalog in den Sinn. „Hier findest Du Dein Material. Unser HTX Lector hat nur ein Problem: Es fuhr 2008 zu Olympiagold und erlaubt Dir damit keine Ausreden mehr.“
Ob das eine Drohung ist?

Das Topmodell aus der erfolgreichen HTX Lector Serie des nordbayrischen Herstellers hört auf den Namen "Pro Team" und kommt in den Teamfarben des Central Pro Teams, welches durch die erfolgreiche Österreicherin Lisi Osl bekannt sein sollte. Herzstück des Renngeräts ist ein leichter Carbon-Rahmen, der mit allen zeitgemäßen Technologien (z.B. PressFit Innenlager, konisches Steuerrohr) aufwarten kann.
Wie viele andere Hersteller auch, verwendet Ghost radsporttechnische Buzzwords, um technische Merkmale oder radspezifische Eigenschaften wohlklingend an den Mann zu bringen. Über die Website lässt sich, schön übersichtlich gereiht, in Erfahrung bringen, was genau die einzelnen Begriffe in der Praxis bedeuten. Schmunzelnd lernen wir, dass TLC das Akronym für "Tender Love Care" ist und von Ghost wie folgt definiert wird: "Wir sind stolz auf unsere Räder und geben uns erst dann zufrieden, wenn auch du mit deinem Ghost glücklich bist. Das ist unser heimliches Motto, das ist TLC." Die Spannung steigt. Ich packe das Renngerät samt anderer benötigter Utensilien ein und rolle Richtung Startort.

  • Ghost HTX Lector
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Bevor es zur obligatorischen Hektik vor dem Start kommt, die Konfiguration im Schnellcheck: Für Vortrieb sorgen Komponenten der XX Gruppe aus dem Hause Sram; Bremsen und Gabel - beide optisch perfekt auf die Lackierung abgestimmt - kommen von Magura, Anbauteile von Ritchey und Tune; Bodenkontakt wird über Schwalbe Rocket Ron und Racing Ralph hergestellt, die auf einem feinen Laufradsatz bestehend aus NoTubes-Felgen und Tune Princess- und Prince-Naben Position bezogen haben. Ein voll renntaugliches Paket, wie sich im Laufe des Tages noch herausstellen wird.
Summa summarum kommt das Testrad in 20,5 Zoll Rahmenhöhe auf 8,6 kg - ohne Mogelparts wie 300-Gramm-Reifen und dergleichen, wohlgemerkt - und schlägt mit € 5.499,- zu Buche.

Spezifikationen

Tech Specs

RahmenHTX Lector UD-Carbon T2T SCL
 NabenTune Princess & Prince
Größen44/49/53 cm
 FelgenNoTubes ZTR Race
GabelMagura Durin Race Remote RLC 100 mm
 ReifenSchwalbe Rocket Ron/Racing Ralph 2,25
SchaltwerkSram XX
 LenkerRitchey Superlogic Carbon 580 mm
SchalthebelSram XX, Trigger VorbauRitchey WCS Carbon
UmwerferSram XX
 SteuersatzRitchey WCS Tapered
BremshebelMagura Marta SL
 SattelSelle Italia SLR XC
BremsenMagura Marta SL, 180/160 mm
 PedaleCrank Brothers EggBeater
KurbelSram XX, 28/42 Z.
 Gewicht8,6 kg (o.P.)
KassetteSram XX, 11-36 Z.
 Preis€ 5.499,-

Startnummer und Chip sind schnell montiert, Luftdruck *check*, Bremsen *check*. Auf dem HTX Lector rollt es sich edel zur Startlinie, sieht man doch ziemlich schnell damit aus. Das stille "Geldsau!" von links, und das neidige "Materialwixxer" von rechts werden zugunsten der blonden Ghost-Fahrerin gekonnt ignoriert. Noch bevor Rahmenseriennummer und präferiertes Gabel-Setup ausgetauscht sind, fällt der Startschuss.

Gleich am ersten Anstieg wird klar: Der Rahmen ist auf puren Vortrieb ausgelegt, vor allem im Tretlagerbereich kommt die integrierte Innenlager-Bauweise der Steifigkeit sehr zu Gute. Hat man aufgrund der Steilheit der Strecke oder körperlichen Unvermögens bereits die Übersetzung Marke "Rettungsanker" eingelegt, hilft nur noch eines: Gabel sperren und sein Glück im Wiegetritt suchen.

Auch die Front ist aufgrund der steifen Ritchey Cockpit-Kombination und des Tapered Steuerrohrs ausgesprochen verwindungsresistent und lässt keine Kraft im flexenden Carbon verpuffen. Einziger Kritikpunkt an der Kommandozentrale: der Lockout-Hebel, der zwar mit einer eleganten Zugführung aufwarten kann, aber ergonomisch etwas fragwürdig konstruiert ist. Technisch funktioniert das Sperren der 100-mm-Forke einwandfrei. Nach dem Öffnen verharrt der nur mit Umgreifen zu erreichende Hebel oft in der 20-%-Stellung; der Federweg steht trotzdem voll zur Verfügung.
In die erste Abfahrt geht‘s mit etwas Vorsicht, will ich doch das mir anvertraute Gerät nicht gleich auf den ersten Metern in die ewigen Jagdgründe schießen und das hübsche Gefährt in die bereits viel zu lange Liste an geschrotteten Teilen aufnehmen.

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Apropros geschrottete Teile: als die Gravitation leidlich ausnützender Mensch ist mir von Anfang an der Laufradsatz ins Auge gestochen. ZTR Race-Felgen und Sapin CX Ray-Speichen umrunden die sehr schön gefertigten Tune Prince- und Princess-Naben. Gewiss ein leichter Laufradsatz - aber auch ein haltbarer?
Um sämtlichen Spekulationen sogleich entgegenzuwirken: Auch nach knapp 1.000 Testkilometern läuft die Leichtbau-Kombi noch wie am ersten Tag. Einzig beim Bergauffahren unter Hochlast gibt das Hinterrad leichte Spannungsgeräusche von sich, vermutlich von den eng anliegenden Messerspeichen. Eine wahre Wohltat fürs Ohr der Überholten - um zum Renngeschehen zurückzukehren - ist der Tune-typische Klang des Freilaufs.

  • Laufrad-Exkurs: schön verarbeitete NabenLaufrad-Exkurs: schön verarbeitete Naben
    Laufrad-Exkurs: schön verarbeitete Naben
    Laufrad-Exkurs: schön verarbeitete Naben
  • mit etwas fummeligem Schnellspannermit etwas fummeligem Schnellspanner
    mit etwas fummeligem Schnellspanner
    mit etwas fummeligem Schnellspanner
  • der sich mit ein wenig Übungder sich mit ein wenig Übung
    der sich mit ein wenig Übung
    der sich mit ein wenig Übung
  • dann trotzdem schließen lässtdann trotzdem schließen lässt
    dann trotzdem schließen lässt
    dann trotzdem schließen lässt

Bergab fährt sich das Ghost Hardtail-typisch nicht unbedingt bequem, aber sehr beherrscht und vorhersehbar. Dazu trägt auch die renn- und alltagstaugliche Racing Ralph + Rocket Ron-Mischbereifung ihren Teil bei.
Die luftgedämpfte Magura Durin Race RLC 100 Gabel lässt sich mittels einer Luftkammer relativ leicht einstellen und bietet am Luftskala-Aufkleber Platz, um den persönlich präferierten Druck schriftlich festzuhalten. Die beiden Gabelbrücken sind optisch eine nette Abwechslung zu den anderen Federbeinen am Markt und für Putz-Fans ein wahrer Segen, denn sie haben keine Ausfräsungen, die mit Zahnstocher und Watte ausgekratzt werden wollen.

Nach der ruppigen Abfahrt wird wieder auf dem SLR XC Platz genommen, welcher über ein Tune „Starkes Stück" und dem Tune „Würger“ eins mit dem Rahmen wird. Die Kombination von Sattelstütze und Sattel ist mein einziger wirklicher Kritikpunkt: Will man den SLR genau horizontal ausrichten, so bekommen nicht beide Auflageflächen der hinteren U-förmigen Querstrebe Kontakt zum Sattelgestänge – eine diesbezügliche Anfrage an Tune blieb bis dato leider unbeantwortet. Neben der Gefahr einer Quetschung des Gestänges birgt das auch ein akustisches Ärgernis: ab und an kommen lästige Geräusche aus diesem Bereich. Mit anderen Sätteln harmoniert die Stütze wesentlich besser.

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"Wer später bremst, ist länger schnell." Ein Bonmot, das beim Rennfahren durchaus Sinn machen kann. Die Magura Martha SL Magnesium (180/160 mm) arbeitet sehr gut, spricht fein an, hat einen gut definierten Druckpunkt und konnte bei normaler Fahrweise nicht aus der Fassung gebracht werden. Erst nach längerem "Schleifen Lassen" meldet sich die Bremse leicht überhitzt zu Wort.

Geschalten wird mittels Srams Topgruppe XX, vorne kann man sich zwischen 28 und 42 Zähnen entscheiden, hinten in zehn Abstufungen zwischen 11 und 36 Zähnen. Die Schaltvorgänge sind Sram-typisch sehr präzise und knackig, die binäre Auswahl vorne kommt dem angeschossenen Rennfahrer zugute: immer das Große, außer es wird steil - dann das Kleine.
Schmutztechnisch waren beim Zehnfach-System keine Schwächen zu erkennen - ein bisschen Pflege vorausgesetzt. Verschleißtechnisch ist die Kette aufgrund der oftmals schrägen Kettenlinie bereits nach 1.000 km etwas bedient und meldet sich leise für einen Austausch an.

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Ich selbst bin nach 7.000 Höhenmetern und 15,5 Stunden Renndauer ebenfalls bedient. Insofern trifft es sich gut, dass ich just zu diesem Zeitpunkt die Ziellinie überquere. Während ich von der Schinderei bei Hitze und Gewittern ein wenig blass bin um die Nase, wirkt das HTX Lector schön und edel wie um 4 Uhr früh.
Nur von der Ghostfahrerin ist weit und breit nichts zu sehen. Tja, dann also doch zurück nach Wien, um die versäumte Sache mit der potenziellen Lebensabschnittspartnerin nachzuholen …

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Fazit

Ein auffälliges Highend-Racebike mit solider alltagstauglicher Ausstattung, welches weder den Vergleich am Trail noch am Poser-Revier Donauinselrunde scheuen muss.

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ist ein super Bike - kann ich nur selber bestätigen!

Mein Fazit nach 3000km im harten Gelände:

+ sauschnell

+ optisch 1A

+ sehr gute Verarbeitung

+ Lackschutz am Unterrohr (durchsichtiger Gummi, perfekt)

+ XX Gruppe schaltet knackig wie ein Schweizer Uhrwerk

+ Bremse beißt brachial!

 

- LR-Satz für schwere Fahrer nicht empfehlenswert (für mich mit 70kg reichts aber noch)

- Schnellspanner sehr filigran und hat keine Feder

 

Summa-sumarum:

Meine Empfehlung hat das Bike!

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ist ein super Bike - kann ich nur selber bestätigen!

Mein Fazit nach 3000km im harten Gelände:

+ sauschnell

+ optisch 1A

+ sehr gute Verarbeitung

+ Lackschutz am Unterrohr (durchsichtiger Gummi, perfekt)

+ XX Gruppe schaltet knackig wie ein Schweizer Uhrwerk

+ Bremse beißt brachial!

 

- LR-Satz für schwere Fahrer nicht empfehlenswert (für mich mit 70kg reichts aber noch)

- Schnellspanner sehr filigran und hat keine Feder

 

Summa-sumarum:

Meine Empfehlung hat das Bike!

 

das mit dem laufradsatz hab ich mir auch gedacht, aber bis jetzt hatte ich noch keine probleme (84kg und nicht grad für vorsichtiges fahren bekannt :p). ich glaub die sind schon stabil genug, meiner ist auch ziemlich gut eingespeichet, ich glaub das macht auch viel aus.

das mit dem schnellspanner stimmt. mit der zeit gewöhnt man sich zwar dran, aber so richtig gut "usable" sinds nicht

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