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Portrait: Rachel Atherton

Rachel Atherton ist eine Frau ohne Nerven, große Nachspeisenköchin und kleine Schwester. Vor allem aber ist sie die weltschnellste Frau auf einem Mountainbike.
Text: Red Bulletin Fotos: Red Bull Photofiles
Der Transporter fetzt die engen, steilen Bergstraßen an der ligurischen Küste hinauf. Am Steuer, rechts, sitzt Dan Brown, Manager, Pressebetreuer, Kindermädchen und im Zweifelsfall eben auch Chauffeur. Daneben George David Atherton, genannt Gee, Downhill-Weltmeister. In der zweiten Reihe liegt ein Mädchen quer über die Sitzbank, groß, muskulös, hellbraune Haare, und schläft tief und fest. Kein normaler Mensch kann unter diesen Bedingungen schlafen. Kein Mensch außer Rachel Atherton, der Weltmeisterin 2008. „Für den, der im Nirgendwo englischer Hügellandschaften aufgewachsen ist, fühlt sich das wie eine Wiege an. Ich kann sogar im Laderaum schlafen wie ein Baby.“

Oben auf dem Berg erwacht sie aus einer halben Stunde Power-Nap unter erschwerten Bedingungen. Streckt sich wie eine Katze, schlüpft in die Schützer, routinierte Bewegungen, setzt den Helm auf und kurbelt wieder rüber zum Start. Der Varigotti-Downhill bei Finale Ligure ist technisch, kurz und knackig, der Untergrund aus losen Steinen zeigt wenig Nachsicht bei Linienfehlern. Die Athertons sind zum Testen hier.
Auf der Strecke ist das Freelap-System installiert, ein drahtloses System der Zeitnehmung mit insgesamt drei Zwischenzeiten. Das Mädchen, das eben noch am Rücksitz gepennt hat, stellt die Uhr scharf und klinkt sich in ihre Welt ein. Zum sechsten Mal an diesem Tag wirft sie ihr maßgeschneidertes Commençal Supreme DH in die Anlieger, zum sechsten Mal lässt sie es kontrolliert über beide Räder auf den Sprung hin rutschen, zum sechsten Mal beschleunigt sie in der Tretpassage mit der Kraft einer Sprinterin und notiert ihre Beurteilung am Datenblatt.

Für normale Menschen waren in diesen letzten zehn Minuten gleich vier Dinge unerreichbar:
  • Der schiere Speed.
  • Die Gleichmäßigkeit.
  • Das präzise Feedback an die Mechaniker.
  • Das Umschalten von Stand-by auf Attacke.

Wie es begann

  • Daheim in Llangynog. Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    Daheim in Llangynog. Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    Daheim in Llangynog. Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles

Dass Rachel Atherton eine Racerin ist, konnte man früh ahnen, genau genommen ist ihr auch nichts anderes übrig geblieben. Schon mit acht Jahren hat sie ihre ersten BMX-Rennen gewonnen, „ich war ja auch größer als die anderen Mädels“. Im Dorf, in dem die Athertons aufgewachsen sind, gab es nicht viel außer BMX. Selbst Vater Atherton fuhr hie und da Rennen, detto ihre älteren Brüder Dan und George, genannt Gee.
An ihre ersten Downhill-Rennen kann sich Rachel nicht mehr detailliert erinnern, bloß an den brüderlichen Rat von Dan: „Willst du ein guter Racer werden, musst du vorher ein guter Rider sein.“ Bis zu diesem Zeitpunkt war Rachel nämlich vornehmlich überhaupt nur bei Rennen auf dem (von den Brüdern übernommenen) Bike gesessen. Zum Gewinnen reichte das, und ums Gewinnen ging es ja schließlich, oder?
Die frühen Jahre verschwimmen im Rückblick zu einem großen, glücklichen Road Trip, Wohnen im Campingbus, Lagerfeuer, nette Menschen, Siege, verlorene Turnschuhe, Spielen im Dreck und Freundschaften, die, damals geknüpft, noch heute Bestand haben.
Gut Freund sein und auf dem Bike das Messer auspacken, das galt auch für die Brüder Gee und Dan. Ihre gesunde Rivalität pushte das sportliche Niveau, davon profitierte auch die Schwester, die im Windschatten mitgezogen wurde.

Mit siebzehn Jahren wurde Rachel Atherton Welt- und Europameisterin bei den Juniorinnen. Schon im Jahr darauf (2006) gewann sie ihr erstes Worldcuprennen bei den Großen (Brasilien) und beendete das Jahr als Dritte (von sechzig) der Gesamtwertung.
Schließlich das sporthistorische Wochenende rund um den 1. Juni 2008, als die Familie in Andorra den Worldcup dominierte: Rachel gewann den Downhill bei den Damen, Gee bei den Männern, Dan siegte im 4-Cross. Es gibt weltweit keine erfolgreicheren Geschwister im Spitzensport als die Athertons. Später im Jahr setzten sie noch eins drauf, als Rachel und Gee im italienischen Val di Sole die Regenbogen-Jerseys der Downhill-Weltmeister abholten, Erstere mit dem gigantischen Vorsprung von 11,99 Sekunden.

  • Foto: Fraser Britton/Red Bull PhotofilesFoto: Fraser Britton/Red Bull Photofiles
    Foto: Fraser Britton/Red Bull Photofiles
    Foto: Fraser Britton/Red Bull Photofiles
  • Foto: Sven Martin/Red Bull PhotofilesFoto: Sven Martin/Red Bull Photofiles
    Foto: Sven Martin/Red Bull Photofiles
    Foto: Sven Martin/Red Bull Photofiles
  • Foto: Fraser Britton/Red Bull PhotofilesFoto: Fraser Britton/Red Bull Photofiles
    Foto: Fraser Britton/Red Bull Photofiles
    Foto: Fraser Britton/Red Bull Photofiles

In einer Sportart, in der Zehntel- und Hundertstelsekunden entscheiden, ist das mehr als eine Welt, es ist eine Galaxie, unvorstellbar wie ein Fußballer, der im WM-Finale zwölf Tore schießt. Ähnlich überlegen wie Rachel Atherton in Val di Sole 2008 war zuvor nur Anne Caroline Chausson gewesen, mithin die größte Sportlerin, die diesen Planeten je mit zwei Rädern berührt hat. „Anne Caro ist eine absolute Legende. Ich bin stolz, hie und da mit ihr am Podium gestanden zu sein. Ich glaube aber nicht, dass ich je so gut werden kann wie sie.“

Wenn sie sich da nur nicht täuscht. Ihr Weg ähnelt dem von Chausson nämlich auf frappante Weise. Waren es bei Rachel die Brüder, die sie forderten und förderten, versuchte Chausson schon als kleines Mädchen, ihrem Internatskollegen Cédric Gracia zu folgen, der in den Neunzigern zur bestimmenden Figur im Downhill-Zirkus werden sollte. Rachel sieht im Training mit Männern nur Vorteile: „Sie sind von Natur aus schneller, kräftiger und können daher direktere Linien fahren. In der Regel nehmen sie mehr Risiko und verbessern sich schneller als Frauen, außerdem haben sie mehr Biss. Würde ich mit Frauen trainieren, käme ich nicht so schnell ans Limit.“

  • Gee und Rachel an der Pazifischen Küste zwischen LA und Newport.
Foto: carroux.com/Red Bull PhotofilesGee und Rachel an der Pazifischen Küste zwischen LA und Newport.
Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Gee und Rachel an der Pazifischen Küste zwischen LA und Newport.
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Gee und Rachel an der Pazifischen Küste zwischen LA und Newport.
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
  • Das Trio beim Straßentraining in Kalifornien ...
Foto: carroux.com/Red Bull PhotofilesDas Trio beim Straßentraining in Kalifornien ...
Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Das Trio beim Straßentraining in Kalifornien ...
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Das Trio beim Straßentraining in Kalifornien ...
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
  • und auf Streckenbesichtigung beim Weltcup in Andorra 2008.
Foto: Sven Martin/Red Bull Photofilesund auf Streckenbesichtigung beim Weltcup in Andorra 2008.
Foto: Sven Martin/Red Bull Photofiles
    und auf Streckenbesichtigung beim Weltcup in Andorra 2008.
    Foto: Sven Martin/Red Bull Photofiles
    und auf Streckenbesichtigung beim Weltcup in Andorra 2008.
    Foto: Sven Martin/Red Bull Photofiles

Die Welt ist für Rachel dann in Ordnung, wenn sie nicht mehr als zehn Prozent auf Gee und die anderen Jungs verliert. Was sie ihren Brüdern zurückgibt? „Ich koche gerne und gut, vor allem Nachspeisen. Und hie und da schlage ich Gee bei den Sit-ups.“
Einerseits ist die Konstellation von drei Geschwistern im selben Team natürlich ebenso perfekt wie einzigartig, garantiert andererseits aber auch Zoff: Drei Einzelsportler unter einem Dach, das sind drei Meinungen. Im Familienverbund ist der Erstgeborene Dan, genannt Affy, der Feuerlöscher, wenn bei Gee und Rachel die Zündschnur wieder einmal zu kurz war. Was alles nichts daran ändert, dass die Athertons zusammenhalten wie Pech und Schwefel.

  • Gee Atherton am heimischen Playground. Foto: rutgerpauw.com/Red Bull PhotofilesGee Atherton am heimischen Playground. Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    Gee Atherton am heimischen Playground. Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    Gee Atherton am heimischen Playground. Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
  • und auf der wirklich großen Spielwiese - Red Bull Rampage 2008.
Foto: John Gibson/Red Bull Photofilesund auf der wirklich großen Spielwiese - Red Bull Rampage 2008.
Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
    und auf der wirklich großen Spielwiese - Red Bull Rampage 2008.
    Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
    und auf der wirklich großen Spielwiese - Red Bull Rampage 2008.
    Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
  • Dan Atherton beim Red Bull Desafia no Morro 2009. Foto: Fabio Piva/Red Bull PhotofilesDan Atherton beim Red Bull Desafia no Morro 2009. Foto: Fabio Piva/Red Bull Photofiles
    Dan Atherton beim Red Bull Desafia no Morro 2009. Foto: Fabio Piva/Red Bull Photofiles
    Dan Atherton beim Red Bull Desafia no Morro 2009. Foto: Fabio Piva/Red Bull Photofiles
  • Geschwisterliche Sandkasten-Spiele.
Foto: John Gibson/Red Bull PhotofilesGeschwisterliche Sandkasten-Spiele.
Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
    Geschwisterliche Sandkasten-Spiele.
    Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
    Geschwisterliche Sandkasten-Spiele.
    Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
  • Was das Brüderlein kann ...
Foto: John Gibson/Red Bull PhotofilesWas das Brüderlein kann ...
Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
    Was das Brüderlein kann ...
    Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
    Was das Brüderlein kann ...
    Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
  • kann auch bald das Schwesterlein. Foto: John Gibson/Red Bull Photofileskann auch bald das Schwesterlein. Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
    kann auch bald das Schwesterlein. Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
    kann auch bald das Schwesterlein. Foto: John Gibson/Red Bull Photofiles
  • Im heimischen Cottage in Wales ... 
Foto: rutgerpauw.com/Red Bull PhotofilesIm heimischen Cottage in Wales ... 
Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    Im heimischen Cottage in Wales ...
    Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    Im heimischen Cottage in Wales ...
    Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
  • ... hat jeder seinen eigenen Lieblingsplatz.
Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles... hat jeder seinen eigenen Lieblingsplatz.
Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    ... hat jeder seinen eigenen Lieblingsplatz.
    Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    ... hat jeder seinen eigenen Lieblingsplatz.
    Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles

Januar 2009

Nach dem tollen Vorjahr geht Rachel als große Favoritin in die neue Saison. Die Athertons haben ihr verregnetes Wales für zwei Monate gegen Kalifornien getauscht. Bei trockenen und warmen Bedingungen soll der Körper auf die neue Saison vorbereitet werden. An diesem Tag steht ein Einzelzeitfahren mit dem Rennrad auf dem Programm. Auf einer gesperrten Straße geht Rachel als Erste auf die Piste, hinter ihr kommen Gee und Dan. Rachel duckt sich tief, will dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche bieten. Sie fühlt sich stark, hat gut trainiert. Nach ein paar Meilen schießt ein Pick-up ums Eck. Beide verreißen auf dieselbe Seite. Rachel Atherton fliegt über die meterhohe Motorhaube und schlägt in der Windschutzscheibe ein. Blut, da ist überall Blut.

Gee biegt als Nächster ums Eck, Passanten haben die Unfallstelle gesichert, er sieht Rachel in ihrem völlig zerfetzten Skinsuit am Boden liegen, „ich habe geglaubt, meine kleine Schwester ist tot“. Ist sie aber nicht. Sie gibt präzise Anweisungen: „Meine Schulter ist ausgekugelt, ihr müsst sie mir einrenken.“ Das geht ohne Narkose nur direkt nach der Verletzung, danach schwillt das Gewebe zu sehr an. Auch Dan ist inzwischen angekommen; zu zweit reißen sie am Arm ihrer Schwester, es gibt blaue Flecken, Rachel, damals 21, brüllt vor Schmerz, aber tatsächlich bringen die Brüder ihre Schulter wieder an Ort und Stelle.

Alles gut?

So eine kleine Schulterverletzung sollte doch in spätestens zwei Monaten ausgeheilt sein? Mitnichten. Rachel hatte schon geahnt, dass sie schwerer bedient war als bloß mit einer Schulterluxation, gibt sie heute zu. Die taube Stelle am linken Oberarm entpuppte sich nach Tagen der Ungewissheit und imposanter US-Arztrechnungen als abgerissener Nerv. Ohne Nerv keine Muskelkraft. Ohne Muskelkraft kein Downhill. Ohne Downhill keine Karriere. So einfach ist das.

  • Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles

Schließlich Hoffnung: Spezialisten könnten das eventuell tatsächlich wieder hinkriegen, allerdings nicht in ein paar Wochen. Nerven brauchen viel Zeit zum Heilen. Ein Neurochirurg entfernte Rachel im Frühsommer in einer achtstündigen Operation einen Nervenstrang aus dem Fuß und setzte ihn an der Schulter ein. Am Fuß spürt Rachel seither nichts mehr, aber Gefühl und mit ihm die Muskeln im Bereich der linken Schulter und des linken Oberarms kommen langsam wieder zurück, "ob es jemals wieder zu hundert Prozent wird, weiß ich nicht, aber zum Fahren reicht's allemal".

Ende März 2010, ewige vierzehn Monate nach ihrer Verletzung, ist Rachel ihr erstes Downhill-Rennen gefahren, einen kleinen Maxxis-Cup in Portugal, es hatte geregnet, die Strecke war kaum fahrbar vor Schlamm, Rachel hat mit großem Vorsprung gewonnen.
Mitte Mai 2010, erster DH-Weltcup in Maribor, gleiche Bedingungen. Rachel gewinnt mit einem Vorsprung von zehn Sekunden auf Sabrina Jonnier. Das perfekte Comeback, von dem zu sprechen sie sich bis dahin geweigert hatte: Racing und Riding sind nämlich zwei Paar Schuhe. Spazieren fahren wird jemanden vom Kaliber der Athertons nie glücklich machen. "Es dauerte eine Weile, bis ich es begriffen hatte. Ich fuhr hin in der Hoffnung auf eine Top-fünf-Platzierung. Dass ich das Rennen gewinnen könnte, daran hätte ich nie gedacht."

  • Foto: James McPhail/Red Bull PhotofilesFoto: James McPhail/Red Bull Photofiles
    Foto: James McPhail/Red Bull Photofiles
    Foto: James McPhail/Red Bull Photofiles
  • Foto: Predrag Vuckovic/Red Bull PhotofilesFoto: Predrag Vuckovic/Red Bull Photofiles
    Foto: Predrag Vuckovic/Red Bull Photofiles
    Foto: Predrag Vuckovic/Red Bull Photofiles
  • Foto: carroux.com/Red Bull PhotofilesFoto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
  • Foto: carroux.com/Red Bull PhotofilesFoto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
    Foto: carroux.com/Red Bull Photofiles
  • Weltcup Maribor, allerdings 2008. Foto: Predrag Vuckovic/Red Bull Photofiles
    Weltcup Maribor, allerdings 2008. Foto: Predrag Vuckovic/Red Bull Photofiles
    Weltcup Maribor, allerdings 2008. Foto: Predrag Vuckovic/Red Bull Photofiles

Wieder da

Was also nimmt sie aus der Zeit seit dem Unfall mit? "Heute bin ich geduldiger. Egal, wie sehr du etwas willst, du hast mehr Zeit, als du glaubst. Vor dem Unfall war ich ein professioneller Mountainbiker und Racer, heute bin ich hoffentlich ein kompletterer Mensch."
In den ganz dunklen Momenten nahm sie das Regenbogentrikot aus dem Kasten, zog es an und sagte sich leise vor: Rachel Atherton, World Champion. Dann ging es ihr wieder besser.

Ihre Gegnerinnen respektiert Rachel Atherton, "dennoch sind wir professionelle Athleten, und unser Job ist es, schneller zu sein als die anderen. Je näher man einem Menschen steht, umso schwieriger ist es, ihn zu schlagen. Darum lege ich Wert auf Distanz."
Hier spricht die andere Rachel Atherton, der Vollprofi. Die eine Rachel hasst es, früh aufzustehen. Die andere Rachel weiß, dass sie am Renntag möglichst lang vor ihrem Lauf wach sein muss. Es ist keine Frage, ob sie früh aufsteht. "Profi sein heißt Opfer bringen. Du musst alles deinem Ziel unterordnen. Wenn du es nicht machst, wird es nämlich eine andere tun." 200 Tage im Jahr nicht im eigenen Bett schlafen, ständig Wehwehchen rumschleppen, permanent unter öffentlicher Aufsicht stehen: Man muss das alles schon sehr wollen, vor allem, weil es im Downhill keine Unsummen zu verdienen gibt. "Klingt wie ein Klischee, ist aber wahr: Wir sind im Downhill, weil wir den Sport lieben. Wäre unser Ziel, viel Geld zu verdienen, hätten wir uns was anderes gesucht: Formel 1, Golf."

  • Foto: rutgerpauw.com/Red Bull PhotofilesFoto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
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  • Foto: rutgerpauw.com/Red Bull PhotofilesFoto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
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Rachel Atherton hat das Zeug zum Vorbild für eine neue Generation. Sie wird Downhill auf eine breitere Basis stellen und vor allem für Frauen attraktiver machen. Zeit genug hat sie mit ihren erst 22 Jahren allemal. Rachels nächstes sportliches Ziel ist, die Regenbogenstreifen der Weltmeisterin zurückzuholen, die sie im Vorjahr wegen der Verletzung kampflos abtreten musste.
"Ich sehe kein Problem darin", kokettiert sie und lacht dabei ihr herzliches Kleine-Schwester-Lachen.

  • Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles
    Foto: rutgerpauw.com/Red Bull Photofiles

Red Bull hat dem außergewöhnlichen Geschwister-Trio eine Dokusoap gewidmet, die unlängst auf Servus-TV lief. Die gesamte Saison 2009 lang begleitet „The Atherton Project“ die walisische Familie und schildert, angefangen von Rachels schwerem Sturz (ja, auch das Blut ist zu sehen) über den verpatzten Saisonauftakt und unzähligen Leider-Neins ihrer Brüder bis zum erlösenden Red Bull Desafia no Morro (Stadtdownhill durch eine Favela in Rio), wie sehr der gesamte Familienverbund unter dem Ausfall der kleinen Schwester litt.
Daneben gibt’s Einblicke ins Training und den Alltag im selbstgewählten Exil des 250-Einwohner-Kaffs Llangynog, Sidesteps zu MX-Ausfahrten und Brust-OPs, vor allem aber Backstage-Material und Rennatmosphäre, wie sie kein offizieller Weltcup-Rückblick liefern kann. Zu finden in der Mediathek von Servus-TV, Rubrik Leben & Bewegung.

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The Atherton Project

Eine Dokusoap über das wohl außergewöhnlichste, mit Sicherheit aber schnellste Geschwister-Trio der Welt.

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