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Kellys Innuendo

Anfangs belächelt, etablieren sich die Bikes aus der Slowakei mehr und mehr. Kein Wunder bei Rädern wie dem neuen Carbon-Fully, sagt der BB-Testbericht.
Text: NoMan Fotos: Erwin Haiden

Dass Kellys nicht zwangsläufig etwas mit figurvernichtendem Knabbergebäck zu tun haben muss, hat sich in den letzten Jahren schon herumgesprochen - zumindest unter Bikern. Dass der slowakische Hersteller aber auch vollgefedertes Plastik in seiner Produkt-Palette hat, ist relativ neu. Genau genommen, durchleben die Carbon-Fullys made by Kellys Bicycles soeben ihre erste Saison. Grund genug, dem Flaggschiff Innuendo ein wenig auf den Zahn zu fühlen.

Knallig-selbstbewusstes Auftreten, astreine Eckdaten, unkonventionelle Bestückung. An ein Bike dieser Klasse lässt man nicht jedermann ran. Das ist ein Fall für Profis,

  • ... die sich mit der Materie bis ins letzte Detail auskennen... die sich mit der Materie bis ins letzte Detail auskennen
    ... die sich mit der Materie bis ins letzte Detail auskennen
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  • Zugang zu spektakulären Testgebieten habenZugang zu spektakulären Testgebieten haben
    Zugang zu spektakulären Testgebieten haben
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  • unparteiisch und objektiv an die Sache herangehenunparteiisch und objektiv an die Sache herangehen
    unparteiisch und objektiv an die Sache herangehen
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  • und am Trail jede Situation fest im Griff haben.und am Trail jede Situation fest im Griff haben.
    und am Trail jede Situation fest im Griff haben.
    und am Trail jede Situation fest im Griff haben.

Der Schmerzlose selbst sattelte also das Bike, dass er bei seiner Ankunft noch milde lächelnd mit der Biene Maja assoziiert hatte. Es dauerte jedoch nicht lange, bis NoPain sein Urteil verfeinerte und das passendere Pendant aus dem Tierreich hervorkramte: die vespula vulgaris, besser bekannt als gemeine Wespe.
Dies aber nicht etwa, weil ihn das Innuendo abgeworfen hatte [das Adjektiv „gemein“ dient nicht der Zuschreibung einer bestimmten Charaktereigenschaft sondern lediglich als Unterscheidungsmerkmal zur vespula germanica, der deutschen Wespe, Anmk. d. Red.]. Vielmehr sprachen eine Reihe von Eigenschaften und inneren wie äußeren Werten dafür, den Konnex zur putzigen Zeichentrick-Figur zu überdenken.

Ang'schaut

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Da wäre zum einen das Design des Innuendo (welches das Shimano-Bike übrigens spiegelverkehrt mit seinem Sram-Zwilling Spyke teilt): freches Knallgelb, kontrastierendes Schwarz, aggressive Race-Zeichnung, perfekt abgestimmte Griffe und Sitzgelegenheit. Optisch setzt das Bike fast durchgängig auf den Wespen-Look, nur die goldenen Naben platzen ein wenig unpassend ins Farbenspiel.

Unter der gelb-schwarzen Lackschicht verbirgt sich ein High Modulus Carbon Monocoque-Rahmen mit vorne 100 mm und hinten 110 mm Federweg.
Wem dieser prinzipiell bekannt vorkommt, der hat schon recht: Scott und Merida waren mit ihren auf abgestützten Eingelenkern basierenden Leichtbau-Fullys natürlich deutlich früher dran, und das 2008 auf den Markt gekommene Canyon Lux nimmt sich überhaupt wie das Role Model des Kellys aus. Zusätzlich weist das Chassis aber einen markanten Knick im Unterrohr auf, der den Schwerpunkt nach unten verlagert (auch das keine Novität und von anderen Herstellern wie Specialized oder Giant bereits vorgemacht) und dem Bike in puncto Linienführung eleganten Schwung verleiht.

Spezifikationen

Tech Specs

RahmenKellys SXC HM-Carbon Monocoque
 DämpferManitou S-Type SRL, Lo.
Größen17,5/19,5/21"
 LaufräderCrank Brothers Cobalt
GabelManitou R7 MRD Absolute, Lo., 100 mm
 ReifenMaxxis Maxxlite 2,0
SchaltwerkShimano XTR
 LenkerRitchey WCS
SchalthebelShimano XTR VorbauRitchey WCS 4-Axis
UmwerferShimano XT SteuersatzRitchey WCS
BremshebelShimano XTR SattelFizik Gobi XM
BremsenShimano XTR, 180/160 mm
 PedaleCrank Brothers EggBeater Ti
KurbelShimano XTR
 Gewicht9,95 kg (m.P.)
KassetteShimano XTR, 11-32 Z.
 Preis€ 5.999,-
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Das Kürzel SXC steht für "Suspension Cross Country". Das Wörtchen "Race" gibt zusätzlich die Richtung vor. Von Geometrie und Sitzposition her wird diese eindeutig mitgetragen: langes Oberrohr, steiler Sitzwinkel, gestreckte Haltung. Lediglich der Lenkwinkel fällt mit 69° für einen Racer ungewöhnlich flach aus, was - soviel sei zum Thema Fahreigenschaften vorweggenommen - in Kombination mit dem großen Radstand zu unbeirrbarer Laufruhe führt. Steile Kletterpassagen meistert das Kellys interessanterweise aber ebenfalls - und trotz zweier Spacer - problemlos.

Wenn die Attacke an derlei Schlüsselstellen verreckt, dann liegt dies sicher weder an seiner Tendenz, den Bodenkontakt zu verlieren (denn die hat es schlicht nicht), noch am Gewicht des Innuendo (das mit 9,95 kg inkl. Pedalen für ein Fully äußerst konkurrenzfähig ist). Vielmehr geht das auf die Kappe der Reifen.
Ein Maxxis Maxxlite hat an einem XC-Fully für hiesige Breiten einfach nichts zu suchen. Auf den Slick Rock Trails Utahs oder in den Sandkisten Australiens mag man mit diesem profillosen Gummihäutchen glücklich werden, in den (heuer besonders) morastigen Tiefen und Höhen Mitteleuropas braucht's - übrigens auch bzw. vor allem bergab - mehr Grip.

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Ausstattungsmäßig sind die Reifen aber auch schon der einzige Griff in den A****. Der Rest ist in der 6.000-Euro-Liga Standard (Ritchey WCS, Shimano XTR – warum’s allerdings beim vorderen Werfer nicht zum Klassenerhalt gereicht hat, verstehen wir nicht) und race-approved (Manitou Federung) mit einigen Ausreißern ins Erwähnenswerte: Schraubgriffe sind sinnvoll, aber leider viel zu selten anzutreffen; 180er- und 160er-Bremsscheiben sind eine Kombi, mit der man sich neben kurzen XC-Schlüsselpassagen auch gerne in berüchtigte Marathon-Abfahrten wagt; und statt Einheitsbrei wird bei den Laufrädern mit Crank Brothers Cobalt echte Hingucker-Ware serviert.
Ihre außergewöhnliche Optik begleitet die leichten Roller seit ihrer Markteinführung 2008. Das zugehörige Spiel am Hinterrad scheinen sie hingegen mittlerweile abgelegt zu haben. Zumindest blieb an unserem Testmodell alles ruhig, und auch die gelegentlich durch NoPain provozierten, aus ungewöhnlicher Richtung auftretenden Seitenkräfte schadeten dem Laufradsatz nicht.

Ang'fahrn

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Aber lassen wir diese kleinen, unnötigen Seitenhiebe auf die Fahrkünste des Chefs (und überhaupt, haben wir schon erwähnt? die Reifen …) und wenden wir uns dem Abschneiden des Innuendo im Fahrbetrieb zu.

Bereits angeführt wurde der merkliche Hang zu Laufruhe und Bodenkontakt. Infolge dessen lässt es sich mit dem Fully ganz wunderbar durchs Unterholz pflügen und, sozusagen ganz Wespen-typisch, pfeilschnell durch die Gegend bolzen.

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Neben dem Fahrwerk selbst trägt die Manitou-Federung ihr Teil dazu bei.
Der bei Bedarf auch sperrbare SLR-Dämpfer gefällt mit ausgewogener Dynamik und Großzügigkeit, was die Freigabe seiner 110 mm Federweg betrifft.
Weniger angenehm ist die Tatsache, dass aufgrund der Zugverlegung übers Oberrohr die Bowde der hinteren Bremse an der Wade schleift, wenn der Dämpfer einfedert. Zusätzlich verursacht der Schaltzug hässliche Schabstellen am Sitzrohr. Die alternative Route über das Unterrohr (wie z.B. am Scott Spark oder KTM Score) würde hier Abhilfe schaffen.

  • Die Zugverlegung am Oberrohr ist sauber im doppelten Wortsinn ...Die Zugverlegung am Oberrohr ist sauber im doppelten Wortsinn ...
    Die Zugverlegung am Oberrohr ist sauber im doppelten Wortsinn ...
    Die Zugverlegung am Oberrohr ist sauber im doppelten Wortsinn ...
  • führt aber zwischen Sitzrohr und -streben zu hässlichen Kratzernführt aber zwischen Sitzrohr und -streben zu hässlichen Kratzern
    führt aber zwischen Sitzrohr und -streben zu hässlichen Kratzern
    führt aber zwischen Sitzrohr und -streben zu hässlichen Kratzern
  • und lässt beim Einfedern eine störende Kabelbeule wachsen.und lässt beim Einfedern eine störende Kabelbeule wachsen.
    und lässt beim Einfedern eine störende Kabelbeule wachsen.
    und lässt beim Einfedern eine störende Kabelbeule wachsen.

Die R7-Gabel hat für 2010 ein wenig Gewicht zugelegt, zählt mit 1.271 g aber noch immer zu den Flöhen unter den 100-mm-Forken. Relativ sensibel, wird sie echten Racern vielleicht zu früh aktiv. Nachdem sie im Gegenzug aber gröbere Stufen ohne Verschlucken meistert, gefällt uns ihr Hang zum Komfortablen, der zudem gut mit der hinteren Federung harmoniert.

Bergab sorgt diese Performance gemeinsam mit dem tiefen Schwerpunkt und dem flachen Lenkwinkel für jede Menge Sicherheit - daran ändert auch der neuerdings gern kritisierte "schmale" Lenker nichts. Bergauf-Passagen sind dank des geringen Gewichts und vor allem relativ wenig rotierender Masse in allen Steigungsvarianten eine recht machbare Herausforderung.
"Für verblockte, enge, kurvige Wege fehlt dem Innuendo ein letztes Quäntchen Wendigkeit und Agilität", vermerkte NoPain auf unserem standardisierten Test-Protokoll. Aber das ist, zugegeben, Suderei auf sehr hohem Niveau, mit welcher der Schmerzlose sicher ablenken will von ... ach so, wir wollten die Sticheleien (übrigens Deutsch für "innuendo") ja lassen ...

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Z'ammeng'fasst

Fetziges Auftreten, erprobte bis unkonventionelle Bestückung, ausgewogene Fahreigenschaften, feines Gewicht. Die Zeiten, als sich ein Kellys unwidersprochen als "Ostblockware" diskreditieren ließ, sind ohnehin schon lange vorbei, mit dem Innuendo aber endgültig Geschichte. Leider umfasst dieser gelungene Image-Wandel aber auch die Preispolitik ...

  • Kellys Innuendo

kann mich dem Urteil NoPains nur anschließen. Fahr seit etwa einem Monat das SRAM Gegenstück, passende Reifen drauf (Schwalbe Nobby, oder Rocket Ron) und schon gehts ab wie Rakete. Ich hab mir lediglich die vordere Bremsscheibe zwecks Laufradkompatibilität gegen 160 getauscht, das tut der Performance im XC aber nichts ab.

 

Das schöne Bike hat mir auch schon den MTBO Staatsmeistertitel beschert. Gerade im wurzelig-steilem Terrain einfach fantastisch zu fahren, egal ob bergauf oder bergab. Und die Cobalt LR surren wie a angriffslustiger Wespenschwarm - herrlich.

 

Kleiner Tip zu den SRAM Kurbeln, anknallen was das Zeug hält (50Nm) vermeidet ärgerliches Knarzen.

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