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Trek Superfly 100 Elite

26+3=29. Ausgeklügelte Technik von Trek, Erfindergeist von Gary Fisher und die Eigenschaften eines 29ers sind die drei Pluspunkte, die das Superfly 100 Elite auszeichnen.
Text: BigAir Fotos: Erwin Haiden

Kaum eine andere technische Neuerung hat den Bikemarkt und die Internetforen in den letzten Jahren derart aufgemischt wie die 29er. Neunundzwanzig: eine magische Zahl, die den Mountainbike-Sport revolutioniert; eine Zahl, die das Fahrverhalten auf ein neue Ebene hebt; eine Laufradgröße, die bald Standard wird – so diejenigen, die von den 29ern überzeugt sind und selbst schon auf einem derartigem Gerät fahren. Die anderen prangern die schwereren Komponenten und die im Moment noch deutlich schlechtere Ersatzteil-Verfügbarkeit an.

Nach einige Seiten im 29er Thread war klar: eine eigene Meinung muss her. Auf der Suche nach einem geeigneten Testgerät bin ich beim Trek Superfly hängengeblieben, dem Top Fully der Gary Fisher Collection. "Fisher dreamed. Trek unleashed", heißt es auf der Website; Gary Fisher, Bike Guru seit Anbeginn, und Trek, der zweitgrößte Radhersteller der Welt, zeichnen für die Synthese aus Entwicklungsgeist und technischem Know-how verantwortlich. Das Ergebnis: ein 29er Fully mit G2-Geometrie, gefertigt in Trek OCLV Carbon-Technologie.

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Trek hat zum Glück die lange Liste meiner bereits zur Strecke gebrachten Bikeparts verlegt und nach einem beherztem Griff ins Materiallager das Topmodell Superfly 100 Elite Richtung Wien geschickt. Vom Mountainbiker perfekt assembliert, durfte ich das Prachtstück zwischen zwei Uni-Prüfungen etwas gestresst in Empfang nehmen. Gürtelstau- und Parkplatznot-bedingt, rauschte ich (das Hupkonzert ob meiner kreativen Stellplatz-Wahl gekonnt ignorierend) immerhin zwei Minuten vor Geschäftsschluss in die heiligen Hallen. Schnell hinein in den Store und mit dem Superfly wieder hinaus, schließlich will man sich ja dann doch keine allzu großen Feinde im Abendverkehr machen. Die Rückbank des Kombis waren schon umgelegt, also (wie gewohnt) das ganze Rad gleich rein in den Kofferraum - oder auch nicht. Hier machten sich zum ersten Mal die größeren Laufräder bemerkbar, und zwangen zur Demontage des vorderen Laufrads. Daheim angekommen, ein erster Größenvergleich mit einem 26er-Bike; der Unterschied ist größer als man anfangs annehmen mag, die drei Zoll machen sich beim direkten Check doch deutlich bemerkbar.

  • 29er: Trek Superfly 100

Das Grundprinzip eines 29er ist schnell erklärt: Größere Laufräder verhelfen zu mehr Laufruhe aufgrund der höheren Kreiselkräft, schaffen mehr Grip wegen der größeren Auflagefläche der Reifen am Untergrund und erleichtern kraft des kleineren Aufprallwinkels, der aus den größeren Laufrädern resultiert, die Überwindung von Hindernissen. Auf der andere Seite der Waage steht das Mehr an Gewicht und die im Moment noch geringe Auswahl an gewünschten Komponenten, bzw. die noch nicht optimale Ersatzteil-Versorgung durch die Rad-Shops. Wer allerdings denkt, ein 29er sei ein standardmäßiges 26er-Mountainbike mit größeren Laufrädern, der irrt.

  • 29er: Trek Superfly 10029er: Trek Superfly 100
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Im Superfly sind viele technische Detaillösungen und geometrische Raffinessen verbaut, allesamt mit dem Ziel, das 29er einerseits agil wie ein 26er zu halten und andererseits den Vorteil der größeren Laufräder optimal auszunutzen. Das – im geometrischen Sinne – Hauptproblem eines 29ers sind die mit den größeren Laufrädern verbundenen längeren Kettenstreben und der längere Radstand; somit ein trägeres Fahrverhalten, welches zum Um-die-Ecke-Tragen anregen würde.
Betrachtet man nun den Tretlagerbereiche des Superflys, kann man erkennen, dass das Sitzrohr vor dem Tretlager, und das Gelenk für die Kettenstreben hinter dem Tretlager liegt. Dadurch ergeben sich eine größere Reifenfreiheit (auch unterstützt durch den Direkt Mount Umwerfer) sowie kürzere Kettenstreben. Am anderen Ende, dem Steuerkopfbereich, kompensiert ein kurzes Steuerrohr die größere Einbaulänge der Gabel.

Das Testgerät ist optisch sehr edel und homogen. Außer den Schaltungskomponenten von Sram, den Federelementen von Fox und dem Steuersatz stammen alle Teile von Trek bzw. von der Konzerntochter Bontrager. Das Herzstück, der Rahmen, ein abgestützer Eingelenker mit Active Braking Pivot, wird von Trek in Waterloo handgefertigt: 110 Millimeter Federweg hinten, tapered Steuerrohr vorne, und dazwischen jede Menge Carbon. Das wuchtige BB95 Pressfit-Tretlager und der groß dimensionierte Steuerrohrbereich kommen der Steifigkeit zugute.

Ausstattungstechnisch werden nur kleine Wünsche offen gelassen: Die 10-fache Sram X.0-Gruppe in edlem Schwarz arbeitet auffällig unauffällig und überzeugt durch knackiges Schaltverhalten sowie standfeste Bremsen. An der Front hätte man dem Bike allerdings eine 180-mm-Scheibe spendieren können.
Ein weiteres kleines Manko stellt für mich die Bereifung dar: Vorne wurde ein Bontrager 29-3er in 2.25 Breite aufgezogen, am Heck das Pendant mit 2.00 Volumen. Neben dem doch deutlichen Unterschied in der Bauhöhe der beiden Gummis können Vorder- sowie Hinterreifen nicht vollends überzeugen – das können andere Reifenhersteller besser.

Spezifikationen

RahmenOCLV Carbon, G2, 110 mm
 NabenBontrager Race X Lite FCC 29
DämpferFox Float RP-23 FelgenBontrager Race X Lite FCC 29
Größen15.5, 17.5, 19, 21" ReifenBontrager 29-2, 29x2.1"
GabelFox F100 RLC 29 (G2)
 LenkerBontrager Race X Lite Carbon Big Sweep
SchaltwerkSram X.0
 VorbauBontrager Race X Lite
SchalthebelSram X.0, Trigger SteuersatzCane Creek Frustrum
UmwerferSram X.0
 SattelBontrager Evoke 3
BremshebelAvid X.0
 Sattelstütze
Bontrager Race XXX Lite ACC
BremsenAvid X.0 160/160 mm
 PedaleCrank Brothers EggBeater
KurbelSram XX, 26/39 Z.
 Gewicht10,3 kg (o.P.)
KassetteSram XX, 11-36 Z.
 Preis€ 5.999,-

Die ersten Kilometer am Superfly überzeugen – man sitzt sehr zentral am Bike, die Sitzposition ist neutral und ausgeglichen. Im Vergleich zu vielen anderen Drahteseln fühlt man sich sehr gut in das Rad integriert. Die großen Laufräder verleihen dem Bike ungeahnte Laufruhe und Stabilität in schnellen Abfahrten. Aufgrund der neutralen Sitzposition und der bereits erwähnten Vorteile des 29ers wird das Klettern auf technischen Trails zum Vergnügen.

Wie es der Zufall will, liegt eine Reise nach Fuerteventura an, Grundlagentraining und ein 150-km-MTB-Rennen stehen am Programm - zehn Tage, in denen sich das Superfly beweisen kann. Im Evoc Bike Travelbag verpackt, geht‘s auf die 3.500 km entfernte Kanareninsel, wo gerade herrliche 25-30 Grad herrschen.
Zwei Tage vor dem Marathon besichtigten wir den südlichen Teil der Rennstrecke. Von Playitas ging‘s zuerst östlich der Straße entlang, und dann südlich auf der Rennstrecke bis Costa Calma. Auf dem welligem Terrain und den losen Schotterböden fühlte sich das Superfly wohl, nie fehlte es an Grip oder Kontrolle über das Rad. Der Rückweg über die endlos langen Straßen war nicht unbedingt die Idealumgebung für das Superfly (oder seinen Fahrer, denn die Trainingswoche zehrte schon an meinen Kräften). Playitas tauchte mehrmals am Horizont auf, eine grüne Oase eingebettet in einer Bucht inmitten der kargen, von Sand und Stein geprägten Landschaft. Wie sich herausstellte, waren die Erscheinungen Fata Morganas, hervorgerufen durch die Hitze, die harte Streckenführung und den durch groben Unterzucker angeschlagenen Geist. Theoretisch hätten mich NoPain und NoSane auch zig Mal direkt am Hotel vorbeiführen können, und ich hätte es nicht mehr gemerkt. Nur nicht abreißen. Dranbleiben. Nicht speiben. Nach diesem netten 6-Stünder fühlte ich mich perfekt für das Rennen vorbereitet.

  • 29er: Trek Superfly 10029er: Trek Superfly 100
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Die Marathon-Strecke führte vom Norden der Insel 150 Kilometer bis in den Süden nach Morro Jable. Die ruppigen Pisten mit den „corrugations“ waren wie gemacht für das 29er. Auf den holprigen Wegen und mit Geröll übersäten Anstiegen war das Superfly eindeutig im Vorteil und ließ so manches 26er-Bike im Staub stehen. In stetem Wechsel folgten einander lange ebene Feldwege, kurze Wüstenabschnitte und felsige Up- und Downhills.
Sowohl die Gabel als auch der Dämpfer verfügen über ein Lockout, welches aber nicht vom Lenker aus bedienbar ist. Gestört hat dies in der Hitze des Gefechts wenig, da sich das Wippen auch bei offenem Dämpfer in sehr engen Grenzen hielt. Einzig die Position des Lockout-Hebels am Dämpfer war beim Herausfummeln der Trinkflasche manchmal im Weg und wurde dann unabsichtlich umgelegt. Nach knapp sieben Stunden war die Tortur zu Ende. Noch vier weitere Trainingstage im sonnigen Süden, und dann würde ich das Superfly auch noch über die heimatlichen Trails jagen.
Kleines Detail am Rande: Hans Peter Obwaller wurde mit einem KTM 29er Hardtail zweiter, und bestätigte uns die Überlegenheit des 29ers auf den ruppigen Pisten des spanischen Inselstaats.

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Wieder im kalten Österreich angekommen, durchkreuzte ein sich sträflich benachteiligt fühlender Kollege meinen Plan, das Superfly auf die Hometrails zu führen. Mit einer keinen Widerspruch duldenden Argumentation riss sich Armin das redaktionsintern äußerst begehrte Testbike unter den Nagel: „Du hast es als erster bekommen und damit noch dazu in die Sonne fliegen dürfen, jetzt gehört’s mir.“ Dass dieser Satz irgendwelche seinem Inhalt Nachdruck verleihende Kraftausdrücke beinhaltet haben könnte, weist sein Urheber übrigens empört von sich und beantragte vorsorglich deren Streichung, sollte es sich in meiner Erinnerung so darstellen.
Anyhow, das Resümée des bereits erfahrenen 29er-Piloten:

Es ist irgendwie heimelig im Superfly. Die großen Laufräder erinnern an die ersten Räder in den Kindertagen. Insgesamt ist das Trek GFC ein großartiger 29er mit einer guten Geometrie, der sich ums scharfe Eck nicht schwer tut und in langen Kurven die Vorteile der großen Laufräder ausspielen kann. Die Sitzposition und der gebotene Ausblick geben sehr viel Sicherheit, wenn es bergab etwas ruppiger zur Sache geht. Da kann man getrost auch einen blutigen Anfänger drauf setzen, und er wird knifflige Passagen mit Wurzelwerk und Stufenkaskaden ohne zu murren hinter sich bringen!
Die Federelemente passen gut zueinander und in das ausgewogene Bild. Ebenso ausgewogen sollte der Fahrer des Superflys sein, nachdem die 2x10-Garnitur die Entfaltungsränder zu eines Bikers Ungunsten beschneidet. Ein dicker Oberschenkel für knackige Anstiege muss deshalb genauso an Bord sein wie verdammt schnelle Beine fürs Heizen bergab.
Ebenfalls die Specs betreffen die zwei augenscheinlichsten Mankos: Die Griffe sind eigentlich Dreh-Griffe und bieten so viel Halt wie ein beim Duschen fallen gelassenes Stück Kernseife. Und die Wahl der hinteren Bereifung legt die ausschließliche Verwendung des Superflys als Forststraßen-Express nahe. Mutet man ihm gröberes Geläuf zu, wird man wohl zwangsläufig mit inkontinenten Schläuchen bestraft.

Zurück zu mir: Gut 1.000 Testkilometer reichen, um ein persönliches Fazit zu den 29er und, im Speziellen, zum Superfly ziehen zu können. Für mich überwiegen die Vorteile bei weitem die anfangs erwähnten, kleinen Nachteile. Somit gibt’s von meiner Seite eine deutliche Empfehlung pro 29er. Bergauf begeistert die Kletterfreudigkeit auf technischen Trails, bergab die Laufruhe und das Quäntchen mehr an Reserve in unsauber genommenen Passagen. Und wenn das Bike dann auch noch so fesch anzusehen und perfekt abgestimmt ist wie das Trek GFC Superfly Elite 100, gehen mir überhaupt die Gegenargumente aus …


Super Bericht und tolle Fotos! Danke. :)

Aus der gleichen Reifenfamilie kann ich den Bonetrage 29.3er empfehlen. Größe 2.25. Sollte doch mehr Grip bieten als der 29.2er. Wobei Grip beim 29er eh selten ein Problem ist. :)

Der Lenker schaut übrigens arg schmal aus. :D

Bei der Übersetzung brauchst wirklich dicke Haxen. :D Hattet ihr auch lange, steile Anstiege auf Fuerte?

 

Bist du schon mal mit Niki´s WFO gefahren? Tät mich interessieren wo du den Vergleich 29er Racebike&Enduro siehst. :)

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Sehr schöner Bericht, ich bin guter Dinge das man endlich auch in der "alten Welt" die mit den großen Laufräder" mehr auf den Trails sieht!

Ich selber Fahre seit 2 Jahren 29ger. Momentan ein Felt nine elite und bin sowas von zufrieden, man kann es nur selber erfahren.

zu Testen hier: http://twentynineraustria.blog.at/

 

2011 kommen Bikes von Corratec als 29ger!

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Na siehst.

Wie so oft bei dir Dominik, zuerst Skepsis, Ungläubigkeit, Verachtung, keine/wenig Ahnung etc., aber sich mit ein bischen Materie beschäftigen, dann geht auch dir, immer wieder mal ein Licht :ylsurprisauf :D.

 

Junger Tscheddei hat gelernt, well done.

 

Eine Frage bleibt aber noch, weil es im Text verschwiegen wurde:

Ist endlich einmal ein Rad oder Teile davon die du bewegt hast, ganz geblieben :devil: ?

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Super Bericht und tolle Fotos! Danke. :)

Aus der gleichen Reifenfamilie kann ich den Bonetrage 29.3er empfehlen. Größe 2.25. Sollte doch mehr Grip bieten als der 29.2er. Wobei Grip beim 29er eh selten ein Problem ist. :)

Der Lenker schaut übrigens arg schmal aus. :D

Bei der Übersetzung brauchst wirklich dicke Haxen. :D Hattet ihr auch lange, steile Anstiege auf Fuerte?

 

Bist du schon mal mit Niki´s WFO gefahren? Tät mich interessieren wo du den Vergleich 29er Racebike&Enduro siehst. :)

 

Reifen war eh der 29-3er verbaut. (entgegen der Spezifikation, aber vermutlich weils ein Testgerät war). War trotzdem nicht sonderlich begeistert davon. Bin dann auf den Conti SpeedKing umgestiegen, der geht subjektiv um einiges besser. Lenker find ich grad richtig von der breite, find so extrem breite Lenker bei Race-Bikes eher deplaziert, bei mehr Abwärts-Orientierten Geräten ja, aber bei einem MTB für Rennen störts mMn eher wenn man so ein fettes 70cm Teil drauf hat.

 

Hab mir die Übersetzung jetzt nicht durchgerechnet, aber rein gfühlsmässig ists ziemlich ident mit einem 26er mit 11-36 und 38/42. Lange Anstiege gibts dort nicht wirklich...so 300-400hm maximal. (Aber im Vergleich zur dreifach Kurbel fehlen im Prinzip zwei Gänge, einer oben und einer unten).

 

Mit Nikis Teil bin ich noch nie gefahren, aber vielleicht ergibt sich ja mal ein Ritt auf dem Teil.

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