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"Welt der Wunder"

"Welt der Wunder"

21.03.12 00:01 16.298Text: NoPain
Martin Ganglberger

Größe: 175 cm
Schrittlänge: 84 cm
Gewicht: 70 kg
Fahrstil/-können: Rennrad & Gravel, gute Ausdauer, wenig Power, volles Risiko bergab - wird allerdings selten belohnt

Klicke für alle Berichte von NoPain
Fotos: Armin Küstenbrück, Daniel Geiger
Ein "behind the scenes"-Special von NoPain's letzter Pressereise.21.03.12 00:01 16.310

"Welt der Wunder"

21.03.12 00:01 16.3105 Kommentare NoPain
Martin Ganglberger

Größe: 175 cm
Schrittlänge: 84 cm
Gewicht: 70 kg
Fahrstil/-können: Rennrad & Gravel, gute Ausdauer, wenig Power, volles Risiko bergab - wird allerdings selten belohnt

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Armin Küstenbrück, Daniel Geiger
Ein "behind the scenes"-Special von NoPain's letzter Pressereise.21.03.12 00:01 16.310

Wer unter dem verlängerten Pressewochenende mit Journalisten, Entwicklern und Profis einen kostenlosen Wellness-Urlaub mit zahlreichen Produkt-Weltpremieren im sonnig-warmen Mallorca vermutet, täuscht sich gewaltig. Die Recherche und Erstellung eines derartigen Artikels für Bikeboard.at ist mit harter Arbeit, immenser Aufopferung und dem Meistern zahlreicher Gefahren verbunden. Auch das diesjährige Presscamp ließ nicht lange auf eine neue Episode „persönlichen Scheiterns“ warten, und diese möchte ich euch selbstverständlich nicht vorenthalten.

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Gleich am zweiten Tag, im Anschluss an die nervenzerreißende Teampräsentation, stellte ich mit einer 4-stündigen Ausfahrt im Schneeregen und bei garstigem Wind, die Weichen für einen programmierten Absturz. Völlig durchnässt und halb erfroren im Hotel angekommen, schaffte ich es gerade noch unter die Dusche, bevor sich die vier bestellten Reisebusse mit 300 hungrigen Journalisten pünktlich zum Spanier aufmachten. Ich saß im letzten Bus gemeinsam mit den Freunden von Merida-Österreich, nuckelte an meinem Recovery-Shake und schrieb eifrig SMS an die daheimgebliebene Holde.

Im Restaurant wechselte ich von "High5 Schoko" zu "Vino Tinto Reserva" und einer Flasche folgte die nächste. Kombiniert mit einigen Schnäpsen und leckerem Bacardi-Cola nahm ich die wichtigen Kalorien wie ein auf der Intensiv Liegender in flüssiger Form zu mir. Das spanische Essen war an diesem Tag ohnehin nicht so mein Fall. Cut.

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Kurze Zeit später saß ich wieder in einem der Reisebusse und irgendwann stieg ich irgendwo aus. "Foahrst no mit in an Club?", fragte mich einer meiner Merida-Freunde. "Der Chef hot a Mietauto und der Nüchterne foahrt.". Klingt gut, dachte ich mir. Aber: "Verdammt! Wo ist mein riesiges iPhone?" Ich durchsuchte sämtliche Taschen, aber das fucking Handy war nicht zu finden. Ich glaubte es im Lokal zurückgelassen und schrieb es verzweifelt ab. "Na, na, na... du host jo neben mir im Bus a SMS an dei Oide g'schrieben.", meinte der Melker, "Das Handy is garantiert no im Reisebus." Wie recht er hatte, nur leider setzte sich der leere Bus just in diesem Moment in Bewegung und ignorierte die Schreie meines Entsetzens. Das erforderte eine blitzschnelle Reaktion des Nüchternen, der den Mietwagen anwarf und Chef, Melker und mich mit auf Verfolgungsjagd nahm. Nachdem mehrmaliges Hupen und wilde Lichtsignale nicht den gewünschten Effekt brachten, konnte der Bus in einem engen Kreisverkehr durch ein riskantes Manöver gegen die Fahrtrichtung zum abrupten Stillstand gebracht werden. Der Chauffeur öffnete die vordere Türe, ich drang in das Fahrzeug ein, lokalisierte mein Handy auf der Sitzbank, sprach ein holpriges "Gracias" und erklärte den Tag zum Feiertag. Voller Elan setzten wir die Reise in Richtung Club fort.

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Unser Glück währte allerdings nur kurz. Wir kamen keine 50 Meter, da zwang uns ein eigenartiges Geräusch und in weiterer Folge ein platter Reifen zum Anhalten. Der Nüchterne, der Chef, der Melker und ein Betrunkener versuchten nun mit acht linken Händen samt spartanischem Werkzeug das Rad zu wechseln - es spielten sich Dramen ab. Aber auch diese Hürde konnte erfolgreich genommen werden und wir schafften es sogar noch in die angepeilte Lokalität. Im fortwährenden Freudentaumel schmiss ich fast eine ganze Runde Bacardi-Cola und stürzte mich dank geschmalzener Getränkepreise und der im Hotelzimmer vergessenen Geldbörse in den Bankrott. Ab diesem Zeitpunkt überschritt ich sämtliche Grenzen, ließ mich von den Österreichern "aushalten" und verlor meine Würde auf der Tanzfläche und unter der Bar. Cut.

Der eisige Wind blies mir ins Gesicht, als ich mich hilflos wie ein Neugeborenes vor dem Lokal wiederfand. Drinnen war die Party nach wie vor heftig im Gange, aber ich durfte nicht mehr hinein. Oder wollte ich gar nicht? Wusste ich zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch, dass ich jemals mit dabei war? Und wohin waren meine Freunde verschwunden? Und liegt das Hotel in Alcudia oder in Port d´ Alcudia - oder doch in Can Picafort? Ich hatte ja schon nach meiner Rennrad-Ausfahrt mit 0.00 Promille Probleme gehabt, meine Bleibe wiederzufinden. Cut.

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Fragt mich bitte nicht, wie mir dieses Kunststück gelang, aber in meinem nächsten hellen Moment saß ich am Rücksitz eines Taxis (OK, vermutlich bin ich eingestiegen) und dirigierte es zu dem vermeintlichen Hotel. Wir blieben sogar vor einem stehen, nur sah es meinem weder besonders ähnlich, noch trug es den richtigen Namen. Natürlich hätte ich mich auch täuschen können, da ich ja erst den zweiten Tag zu Gast war. Noch schlimmer als mein völliges Blackout traf mich allerdings die heftige Reaktion des Taxifahrers. Er fuchtelte wild mit den Armen, schrie mir unverständlichen Kauderwelsch ins Gesicht und vermittelte irgendwie das Gefühl, dass er mit mir oder mit meinen navigatorischen Fähigkeiten ein Problem hätte. Schlussendlich offenbarte er sein wahres Gesicht: Er wollte meine Kohle! "Alles dreht sich immer nur ums Geld.", jammerte ich. Damit hatte er leider meinen zweiten noch wunderen Punkt getroffen, hatte ich doch vorher alles ausgegeben. Ich versuchte mit einem gebrochenen "No Moneta!" und den letzen 30 Cents aus meiner Hosentasche den Taxifahrer von meiner Notlage zu überzeugen und er schien sie, nachdem er einen kurzen Moment innehielt und rot anlief, sogar zu begreifen. Zumindest setzten wir die Fahrt fort und ich durfte noch einige Minuten auf ein Happy End im richtigen Hotel hoffen. Beim nächsten Bankomaten war dann allerdings Schluss mit lustig. Der Taxifahrer bremste derart stark, dass ich Schwierigkeiten hatte das Bacardi-Cola in mir zu behalten, schleuderte die Autotüre auf und zerrte mich aus dem Fahrzeug. "Cajero", plärrte er, "Cajero, automático, rápido, cajero, cajero". An sich eine vernünftige Idee um außerhalb der Bank-Öffnungszeiten schnell an Geld zu kommen und um diesem Drama ein Ende zu setzen, hätte ich nur meine Geldbörse dabei. Cut.

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Als mich pünktlich um 9 Uhr Früh die schrillen Klänge meines iPhone-Weckers aus dem Schönheitsschlaf rissen, lag ich nahezu vollständig angezogen im Bett meines Hotelzimmers unter die Decke gekuschelt. Der Schädel brummte, die Sinne waren vernebelt, mein Polster von oben bis unten angetrenzt und ich hatte einen riesigen Brand. Der erste Versuch aufzustehen wurde von dem rechten Cowboy-Stiefel vereitelt, den ich noch immer am Fuß trug. Ich hatte es wohl zu später Stunde nicht mehr alleine geschafft, mich der klobigen Fußbekleidung zu entledigen und deshalb vorgezogen, sie anzubehalten.

Völlig ahnungslos, wie mir geschah, brauchte ich nur mehr den linken Stiefel anzuziehen, schlurfte zum Frühstück und nahm pünktlich um 9.30 Uhr meinen Platz bei der Merida-Produktpräsentation 2013 ein.

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