×
How to Backflip Part III

How to Backflip Part III

22.10.12 20:01 16.358Text: designtist
Armin Reautschnig
Klicke für alle Berichte von designtist
Fotos: NR22, designtist, Niki, Martin
Die Zeit drängt, der Winter kommt, die Tage vergehen. Echte ebenso wie Leitner'sche. Kurz vor Saisonschluss steht der Rückwärtssalto-Selbstversuch bei Tag 7 - und somit bei "kopfüber ins Foam Pit".22.10.12 20:01 16.407

How to Backflip Part III

22.10.12 20:01 16.4074 Kommentare designtist
Armin Reautschnig
Klicke für alle Berichte von designtist
NR22, designtist, Niki, Martin
Die Zeit drängt, der Winter kommt, die Tage vergehen. Echte ebenso wie Leitner'sche. Kurz vor Saisonschluss steht der Rückwärtssalto-Selbstversuch bei Tag 7 - und somit bei "kopfüber ins Foam Pit".22.10.12 20:01 16.407

"Mein lieber Herr Gesangsverein."
Ein Satz, dessen Herkunft mir schleierhaft ist, der aber ziemlich genau ausdrückt, was mir durch den Kopf ging, als ich am Roll-In zum Foam Pit stand. Aber immer schön der Reihe nach.

Tag 5

Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass ich mich mittlerweile sehr wohl am YT First Love fühlte. Die Zuneigung ging so weit, dass auch die Anfahrt ins Dirt Jump-Boot Camp aka Dirt Garden mit dem kleinen Spielzeug absolviert wurde. Kein ungefährliches Unterfangen, wenn sich das Radwegenetz vor einem versteckt und der Nachmittagsverkehr den Pacemaker raushängen lässt. Sollte ich mir bei einer der kommenden Spinning-Einheiten wieder die Sinnfrage stellen, habe ich sie mir mit den Ritten zum Dirt Garden schon selbst beantwortet. In der betriebswirtschaftlichen Welt würde man das wohl Umwegrentabilität nennen.
Das gute Verhältnis zu meinem Arbeitsgerät machte sich auch auf den Tables bemerkbar. Auf der kleinen Line, die mir zu Beginn dieses Abenteuers noch ziemlich respekteinflößend gegenüber gestanden war, konnte ich mittlerweile schon ein wenig spielen und hatte die Zusammenhänge zwischen Tempo, "aktivem Absprung” und Pushen intus. Mit Style hatte das alles zwar noch nichts zu tun, doch das war schon fast eine bewusste Haltung zu diesem Sport. Ich bevorzugte quasi einen puristischen Zugang ohne viel Firlefanz.

Der fünfte Tag im Trainingsplan von Niki war besonders hervorgehoben. An diesem Tag sollte ich meine "Gesellenprüfung” ablegen und so die Eintrittskarte in die Welt der wahren Luftakrobatik erhalten - eine Welt ohne Netz und doppelten Boden, dafür mit einer Grube voller Schaumstoffwürfel.
Das nächste Level im Spiel mit den Naturgesetzen war zum Greifen nah und die Aufgabenstellung klar: "rock the lines und stell dich nicht allzu blöd an!” Das Gefühl für das Bike und die Airtime stimmten mich zuversichtlich. Zu Recht, wie sich herausstellen sollte. Eingespannt zwischen Gabi und Niki fuhr der "Dirt Train” Runde um Runde und zauberte nicht nur mir den einen oder anderen Grinser aufs Gesicht.
Die Sessions vor Tag 5 hatten sich bezahlt gemacht. Vor allem das Videostudium auf der großen Line zeigte jetzt Wirkung. Für jemanden wie mich, der zwar gute Augen und ein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen besitzt, aber auf dem Gebiet des Körpergefühls nur zwischen liegen und stehen unterscheiden kann, sind verbale Korrekturhinweise zu einem Bewegungsablauf besser umsetzbar, wenn der Ist-Zustand visuell greifbar ist. Anweisungen wie "Komm beim nächsten Absprung mehr über den Lenker” sind für mich leichter verständlich, wenn ich meine weder günstige noch elegante Körperposition beim letzten Sprung von "außen” sehe und ich mich nicht ausschließlich auf meine verzerrte Selbstwahrnehmung verlassen muss.
Am Ende des Tages gab es dann grünes Licht für Phase 3. Auf zum Foam Pit!

Ab 1:30 kommt der Flow!

Tag 6 - Teil 1

Detailansicht
Patrick Leitner

Der Schauplatz für meinen ersten Satz in eine Schnitzelgrube war der 22. Wiener Gemeindebezirk. Patrick Leitner, Nikis Cousin und auch kein Unbekannter in der internationalen Dirt Jump-Szene, hat sich hier seinen eigenen "Dirt Garden” hingestellt.
Haushohe Roll-Ins, Anfahrten gespickt mit Drops und eben ein Foam Pit umfasst dieser Spielplatz. Anfängerfreundlichkeit sieht anders aus. Gut, dass ich kein Anfänger mehr bin. Haha.

Die erste Aufgabe an diesem trüben Tag war ein Sprung in das Pit ohne Bike. Nicht nur, um mich mit der Landung vertraut zu machen, sondern vor allem, um drin zu sein und die würfelige Schaumstofffüllung aufzulockern. Der Käfig war bei meiner Ankunft halb gefüllt, doch nach einer halben Stunde Umrühren mit Händen und Füßen war die Füllung aufgegangen wie ein Germteig und ich war ziemlich gut aufgewärmt. Anschließend zeigte sich, dass der Sprung in das Foam Pit die leichtere Übung sein würde als das Rauskommen.

Nachdem mich das Pit wieder ausgespuckt hatte, versuchte mir Niki die Grundlagen beim Springen in ein Foam Pit näher zu bringen.
Die goldene Regel lautet: "Verfehle das Pit nicht.” Einleuchtend.
Die zweite Regel: "Lass das Bike nicht aus.” Aha.
Und drittens: "Solltest du das Bike doch auslassen, wirf es soweit weg von dir wie möglich.” Klingt ebenfalls vernünftig.

Detailansicht
*schluck*

Dann ging es los. Um ein wenig Gefühl für Roll-In und Absprung zu bekommen, sollte ich ein paar mal ganz easy anfahren und ins Pit springen. Ich schob das Bike hoch zum Roll-In und begutachtete die Szenerie von einer wahrlich erhöhten Position aus. "Mein lieber Herr Gesangsverein.” flackerte durch meinen Kopf. Dicht gefolgt von den zuvor gehörten Grundregeln des Pit-Springens.
"Wie kann ich auf einem Kicker, der so schmal ist, so viel Richtung machen, dass ich das Pit verfehlen könnte?” Ich sah eher das Problem, es gar nicht erst bis zum Absprung zu schaffen, da die Anfahrt von dort oben sehr einem Log-Ride glich. Nun denn.

Unter den gespannten Blicken der NYX'schen Chefredaktion, des Trainers und des Fotografen warf ich mich die Anfahrt hinunter. Ich traf den Kicker und segelte durch die herbstlich feuchte Luft. Die Landung wäre für einen Dirt Table perfekt gewesen, doch die Kopflastigkeit ist im Foam Pit fehl am Platz. Also, raus aus der Grube und sofort noch Mal rauf.
Der zweite Sprung war schon bedeutend besser und schön langsam verlor mein Puls die ängstlichen Spitzen.

Nach und nach gewöhnte ich mich an Roll-In, Kicker und die staubige Schaumstofflandung. Bei jedem der Sprünge ging es höher und weiter. Es fühlte sich gut an, den Fokus auf Absprung und Flugphase richten zu können, ohne die Landung ernsthaft im Auge behalten zu müssen.
Das Selbstvertrauen wurde größer, doch bevor die ersten Tricks probiert werden konnten, begann die vollständig mit Wasser gesättigte Luft auszuperlen. Eine nasse Holzanfahrt und ein nasser Kicker zusammen mit nassen Schaumstoffwürfeln erforderten einen jähen Abbruch des Trainingstages. Nicht vollständig zufrieden, aber doch froh über die ersten Sprünge in die Schnitzelgrube, verbuchte ich diesen Tag als Erfolg.

  • How to Backflip Part IIIHow to Backflip Part III
  • How to Backflip Part IIIHow to Backflip Part III
  • How to Backflip Part IIIHow to Backflip Part III
  • How to Backflip Part IIIHow to Backflip Part III
  • How to Backflip Part III

Tag 6 - Teil 2

Im Trainingsplan stand für Tag 6 der erste Flipversuch. Nach dem wetterbedingten Abbruch schob ich einige Tage später eine weitere Session ein. Strahlendes Wetter sollte meinen strahlenden ersten Backflip umrahmen. Nach der obligatorischen Aufwärmübung "Foam Pit auflockern” sprang ich mich ein. Dann wurde es ernst.
Niki nahm mich zur Seite und erklärte mir äußerst anschaulich den Bewegungsablauf beim Backflip. Activity-Pantomime in Reinkultur. Was ich davon verstand, war Folgendes: "Fahr' den Radius der Rampe mit und leg den Kopf in den Nacken. Den Rest erledigt der Drehimpuls.”

How hard can it be? Zuversichtlich, um nicht zu sagen siegessicher, begab ich mich auf den Roll-In und machte mich bereit. Niki platzierte sich in bester Position neben dem Absprung und machte die Kamera scharf. Die guten Erfahrungen mit dem Videostudium wollten wir uns hier wieder zu Nutze machen.
Ich fuhr an, bremste nicht, brauste den Kicker hoch, fuhr den Radius tatsächlich aus - doch den Kopf brachte ich nicht in den Nacken. Tief in mir sträubte sich etwas äußerst erfolgreich gegen meinen Versuch, den Backflip einzuleiten. Das Video dieses kläglichen Versuchs machte es deutlich.

Das Grinsen in Nikis Gesicht wusste ich nicht recht zu deuten, bis er mir mitteilte, dass sein erster Flip-Versuch sehr große Ähnlichkeit mit meinem gehabt hatte. Auch wenn er sehr wahrscheinlich ein wenig geflunkert hat in dem Moment: Pädagogisch war das wertvoll. Während der nächsten Versuche steigerte sich mein Drehwinkel kontinuierlich bis ich zum ersten mal kopfüber ins Foam Pit einschlug. Keine unwichtige Erfahrung, denn es entspannt ein wenig wenn man bemerkt, dass das Real-Life Horrorszenario in der Schnitzelgrube als eher unproblematisch eingestuft werden kann.

Die Videoanalyse zeigte deutlich, warum ich nicht ganz herumkam bei den Flip-Versuchen. Zum einen blieb der Kopf nicht lange genug im Nacken und zum anderen streckte ich meine Beine nach dem Verlassen der Rampe. Beides zusammen führte zu einer Verlangsamung der Körperrotation und damit zu den Kopf-voran-Landungen.
Der korrekte Bewegungsablauf ist an und für sich gar nicht so komplex, doch mit dem Bike zwischen den Beinen alles andere als einfach. Während der Flugphase kam ich immer an den Punkt, an dem der Körper automatisch auf das Notprogramm umstellte. Ich dachte “jetzt bist du aber schon ganz schön lang in der Luft und eine saubere Landung wird sich kaum mehr ausgehen!” und damit war das Spiel verloren. Der Kopf begab sich in eine geschütztere Position und die gesamte Muskulatur bereitete sich auf den Aufprall vor. Auch wenn die Videos zeigten, dass nicht mehr viel zu einer kompletten Rotation fehlte und es sich zeitlich sicher ausgehen würde, schaffte ich keinen “Manual Override” für dieses Notprogramm.
Bei mir machte sich ein wenig Ernüchterung breit, doch Niki zeigte sich zufrieden und zuversichtlich. Der Pro muss es wissen …

Hauptsache, der Coach ist zufrieden!

Tag 7

Am siebenten Tag standen wieder Flip-Versuche ins Foam Pit auf dem Programm. Fast schon routiniert wühlte ich zum Aufwärmen durch die Schaumstoffwürfel und bereitete die Landezone vor. Mit voller Montur sprang ich mich ein und tastete mich wieder an die Rotation heran. Im Kopf schwirrten alle Anweisungen durcheinander und verdichteten sich zu einem Gedankenknödel, der wie der Ballastkiel eines Segelbootes meine Bewegungen auszugleichen versuchte. Richtig rund lief es an diesem Tag noch nicht.
Dann eine glorreichte Idee: “Wenn ich mich schneller drehe, bin ich schneller herum und damit schneller fertig”. Gedacht, getan. Im Hinterkopf hörte ich Niki wie aus weiter Entfernung sagen, dass ein gezupfter Backflip kein g’scheiter, sondern ein unkontrollierter Backflip sei, doch ich ließ mich nicht beirren. Oben auf der Plattform des Roll-Ins ging ich den Plan nochmals im Detail durch: “Sobald das Vorderrad die Rampe verlässt, zupfe ich ein bisschen am Lenker und erhöhe damit den Drehimpuls. Der Rest ergibt sich dann von selbst”. Und wie es sich ergeben hat!
Ich fegte die Anfahrt hinunter, fixierte schon auf halber Strecke die Kante des Kickers und traf den Absprung wie ein Klon von Schlieri und Morgi. Danach ging es schnell. Sehr schnell. Fast schon zu schnell.
Ich wirbelte durch die Luft und verlor an einem mir nicht mehr erkennbaren Punkt den Kontakt zu meinem Fluggerät. Ein Umstand, der sich bei der darauffolgenden Landung rächen sollte. Das Video enthüllte die wunderbare Landeposition des Bikes und die eher wundersame Landehaltung von mir. Wie ein U-Hakerl hing ich über dem Lenker, als das Bike ins Pit einschlug. Danach verlor ich auch noch den Lenker aus den Händen und riss mit der rechten Hand beim Eintauchen in die Schaumstoffwürfel den Bremshebel aus. Gut, dass die zweite Bremse wohlweislich bereits vorher abmontiert wurde. So lagen die Ersatzteile schon im Keller bereit.
Die weiteren Sprünge an diesem Tag verdienen keine Erwähnung an dieser Stelle, denn einen wirklichen Fortschritt brachte keiner und Fortschritt durch Stillstand ist kein sehr überzeugender Slogan.

Ausblick

Auch wenn die Outdoor-Saison langsam, aber sicher dem Ende zu geht, bedeutet das für mich noch lange nicht das Ende von How To Backflip. Es gibt einige Indoor-Möglichkeiten, um die sprunghafte Form über den Winter zu bekommen und weiter an den Rotationsparametern zu verzweifeln. Ich werde sehen, was der Winter bringt und wann sich Frau Holle zu Wort melden wird. Vielleicht gibt es ja einen Backflip im Schnee, juhee!


der dreht sich ja wirklich .... schon fast ganz :eek:

respect! vor allem, seit ich einmal mit zuschauen war und den blick vom roll-in ins foam pit genossen habe. mein leben würd ich mich da nicht runter trauen bzw. drüben wieder rauf, geschweige denn danach den boden unter den rädern verlieren wollen ...

:klatsch:

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 2 Monate später...
  • 9 Monate später...
Zur Desktop-Version