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Am Ribislnock

Am Ribislnock

03.02.16 10:28 9.851Text: Daniel OberaunerFotos: Daniel OberaunerSchapp, schapp, frisch und gsund! Die wunderbare Kehrseite von Schneemangel: Biken am 28.12. bis in die höchsten Höhen Kärntens ...03.02.16 10:28 9.879

Am Ribislnock

03.02.16 10:28 9.8795 Kommentare Daniel Oberauner Daniel OberaunerSchapp, schapp, frisch und gsund! Die wunderbare Kehrseite von Schneemangel: Biken am 28.12. bis in die höchsten Höhen Kärntens ...03.02.16 10:28 9.879

"Im Dezember geht man Skifahren, aber nicht Biken!" Mit diesen Worten hat Evi schon mehrere meiner Tourenvorschläge in den letzten Wochen abgeschmettert. Dabei war es außerhalb des Klagenfurter Beckens, also sogar auf den Haushügeln, strahlend sonnig und verdammt warm. Der Schnee lässt auf sich warten. Totales Unverständnis also bei mir. Was muss dieses Weib auch so an kalendarischen Stereotypen festhalten, anstatt einfach spontan zu sein? Immerhin haben wir Weihnachten, Ferien, einfach frei!

Ich weiß nicht, ob es meine Hartnäckigkeit, der frustrierende Schneemangel, einfach nur Mitleid oder eine Kombination aus alledem war, die Evi schließlich doch zustimmen ließen, am 28.12. die Bikes ins Auto zu wuchten und in die Nockberge aufzubrechen.
Ich muss zugeben: Aus motivationstechnischen Gründen bin ich ja ein Verfechter des Bike-im-Winter-ein-paar-Monate-ins-Eck-Stellens. Zu oft fehlte sonst nach täglichem programmierten Training schon im Mai die Motivation, sich in den Sattel zu schwingen. Aber dieses Jahr ist anders: unglaublich warm, unglaublich sonnig, staubtrockene Trails. Alles hat seine Zeit - und die sollte das Wetter bestimmen, nicht das Datum.

 „Schapp Schapp frisch und gsund,
lång lebn, gsund bleibn,
und a glücklichs neigs joa,
nit klunzn nit klågn,
bis i wieda kum schlågn!“ 

Am 28.12., dem Tag der unschuldigen Kinder, ziehen in Kärnten und der Steiermark Kinder von Haus zu Haus, sagen Sprüche auf und wünschen den Erwachsenen, von denen sie kleine Gaben erhalten, mittels Rutenschlägen Glück und Gesundheit. Historisch-religiöser Hintergrund ist König Herodes Kindermord in Bethlehem.

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Der Berg, den ich mir für unsere Jahresabschlusstour herausgesucht habe, ist ein Klassiker, über dessen Gipfel ich bereits Anfang der 2000er geradelt bin. Als Tourenziel habe ich den Ribislnock aber noch nie auserkoren. Schon gar nicht von dieser Seite. Eine Ausfahrt in den Nockbergen starte ich normalerweise im Gegendtal oder Kleinkirchheim, nicht aber im Drautal. Im Dezember ist man aber doch froh, wenn man die Auffahrt bei Sonne und Temperaturen um die zehn Grad genießen kann, also stellen wir unser Auto auf der Sonnenseite ab.
Die Hälfte des Trails, der uns oben erwartet, habe ich mir bereits ein Monat vorher zu Fuß angesehen, die Auffahrt auf Asphalt und Schotter ist mir ebenfalls bekannt. Entsprechend entspannt und ohne große Orientierungsschwierigkeiten geht es also dem ersten Jausenstopp entgegen.

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Eine Kollegin hat mir noch geraten, ich solle die Eislaufschuhe mitnehmen, da man oben prima dahingleiten könne. Meine Belustigung vergeht, als wir am Schwarzsee tatsächlich einen Eisläufer treffen.
Im Laufe der Auffahrt merke ich, dass mein Biken sich in den letzten Jahren doch stark vom geplanten Training zu Genusswandern entwickelt hat. Keine allzu langen Umfänge mehr, Höhenmeter nur in Tourentempo, und dieses Jahr keine Mehrtagestouren. Ähnlich geht es Evi, die nach drei Wochen Surfen im Oktober überhaupt erst das zweite Mal am Bike sitzt. Dementsprechend gut tut uns beiden die Pause und wir tanken ausgiebig Sonne und Energie für die letzten Höhenmeter.

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Dieser Nock ist eindeutig ein Aussichtsberg: Gerlitzen, Dobratsch, Julische Alpen, Millstätter See, ja sogar die Hochalmspitze und den Großglockner sieht man. Atemberaubend, und das bei diesem Wetter. Allerdings habe ich bis jetzt auch selten Windstille in den Nockbergen erlebt. Die Tourengeher wissen, wovon ich spreche.

Und dann mit Schwung in den Trail, der ein Feuerwerk aus Vielseitigkeit bietet. Mir allgemein ein wenig zu steil, um Flow zu bringen, bietet er doch alles was man braucht: Prärie-mäßige Wiesenkurven, Wurzelteppiche, steile, bremsfingerverkrampfende Passagen auf Lärchennadeln, grobe Hohlwege und die eine oder andere Spitzkehre. Suuuuperfein! Zwischendurch ergibt sich sogar die Möglichkeit, auf ein Bier oder einen Kaffee samt Reindling einzukehren. Was will man mehr?

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Und noch etwas soll nicht unerwähnt bleiben: die vielen unglaublich netten Gespräche mit Wanderern und Grundstücksbesitzern. Einer weist uns sogar den Weg mitten durch seinen Hof und wünscht uns, freundlich lächelnd, viel Spaß. Vielleicht ist es die Entspanntheit der Nebensaison; ich glaube, das ist einfach normal. Konflikte? Pah!

Als wir unten ankommen, geht gerade die Sonne unter, und wir merken, dass es doch Ende Dezember ist. Selten war ich so schnell umgezogen und in die wohlige Daunenjacke gehüllt! Beim finalen High Five wissen wir beide, dass es ein Traumtag war und dieser etwas andere Jahresabschluss einer Skitour im tiefsten Powder um nichts nachsteht.

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Den aufmerksamen Geographen (oder Locals) wird aufgefallen sein, dass es in den Nockbergen keinen einzigen Berg gibt, der auf den Namen Ribislnock hört. Richtig, der Name ist auch ein kleiner Spaß, den wir uns als Gegenpol zum derzeitigen Trend der "Erstbefahrung" und damit verbundenen Namensgebung erlaubt haben.
Bikebergsteiger (wie furchtbar deutsch. Müssen wir eigentlich alle Ausdrücke aus der nachbarlichen Bikeszene importieren?) tendieren nämlich dazu, einen Berg oder Trail, den sie als vermeintlich erste bezwungen haben, zu benennen, beziehungsweise seine Erstbesteigung feierlich auf Facebook und Co. zu verlautbaren. Als wir das über diesen Berg, der im wirklichen Leben Palnock heißt, lasen, mussten wir erst mal herzhaft lachen. Denn wenn einer diesem Berg seinen Stempel aufdrücken darf dann ist das Martin aka "Ribisl", der den Berg in den letzten Jahren gefühlte hundert Mal von allen Seiten befahren hat und ihn als kleine "Feierabendrunde" bezeichnet.
Gesagt getan, radelte Bikekollegin Astrid schnell mal rauf um, als Überraschung für Martin, eine provisorische Namenstafel anzubringen ...

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Trailproof

Der Autor Daniel Oberauner ist gemeinsam mit Christoph Sagmeister Mastermind von Trailproof, einer Plattform, auf der selbständige Guides ihr Angebot präsentieren. Weder klassische Fahrtechnikschule noch reiner Tourenanbieter, sind im Portfolio u.a. Kurse für Universitätssportinstitute bzw. Sportdachverbände und MTB Übungsleiter-Ausbildungen, Technikkurse für Kids, Girls und Jedermann, professionell betreute Tages- und Mehrtagestouren, oder auch individuelle Trainingsplanung. Parallel wurde dem selben Namen 2014 ein Verein gegründet, der zusätzlich Ausfahrten, Tagestouren und weitere Aktivitäten für alle Interessierten anbietet.
Nähere Infos zu Team und Angeboten unter www.trailproof.com.

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