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Überlastungssymptome bei extremem Ausdauersport

Überlastungssymptome bei extremem Ausdauersport

30.12.23 08:38 1.468Text: PM, NoMan
Lisi Hager

nicht mehr sehr blond, immer noch blauäugig, schokosüchtiger denn je

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Fotos: MedUniIBK/Bullock
Pilotstudie zu den Auswirkungen von Ultracycling auf den Flüssigkeitshaushalt zeigt: mehrtägige Belastung kann zu Überwässerung führen.30.12.23 08:38 1.636

Überlastungssymptome bei extremem Ausdauersport

30.12.23 08:38 1.6362 Kommentare PM, NoMan
Lisi Hager

nicht mehr sehr blond, immer noch blauäugig, schokosüchtiger denn je

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MedUniIBK/Bullock
Pilotstudie zu den Auswirkungen von Ultracycling auf den Flüssigkeitshaushalt zeigt: mehrtägige Belastung kann zu Überwässerung führen.30.12.23 08:38 1.636

Dass extremer Ausdauersport wie Ultraradfahren zu körperlichen Überlastungssymptomen führen kann, scheint naheliegend. Für den boomenden Rad- und Ultraradsport sind evidenzbasierte Daten bislang jedoch spärlich.
In einer Pilotstudie an der Medizinischen Universität Innsbruck wurden erstmals die Auswirkungen von Ultracycling auf den Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt und das von Ultra-RadfahrerInnen berichtete Auftreten von Schwellungen an Augenlidern und Extremitäten untersucht.

Eine mehrtägige Ultradistanz-Radfahrt ist assoziiert mit deutlichen Zeichen der Überwässerung (Hyperhydratation) und damit verbundener Belastung des Herzens sowie sichtbaren Wassereinlagerungen (Ödemen).
Das ist die zentrale Erkenntnis einer im Fachjournal Kidney International Reports erschienenen und vom Land Tirol mit einer Technologieförderung von 130.000 Euro unterstützten Radstudie.

Untersuchung "auf Herz und Nieren"

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Studienleiter Philipp Gauckler

Ausschlaggebend für den Start der Innsbrucker Pilotstudie waren die persönlichen Erfahrungsberichte zweier Ultra-Radsportlerinnen und Wissenschafterinnen - Jana Kesenheimer, Psychologin an der Universität Innsbruck und Fiona Kolbinger, Chirurgin an der Universitätsklinik Carl Gustav Carus in Dresden.
Studienleiter Philipp Gauckler und Andreas Kronbichler - beide Nierenfachärzte forschen an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Nephrologie und Hypertensiologie der Medizinischen Universität Innsbruck und sind selbst Hobby-Radfahrer - luden dafür gemeinsam mit Jana Kesenheimer und Fiona Kolbinger 13 UltraradfahrerInnen aus ganz Europa nach Innsbruck ein. Die SportlerInnen wurden während einer mehrtägigen Rennrad-Tour mit selbstgewählter Streckenlänge von durchschnittlich 1.205 Kilometern und knapp 20.000 Höhenmetern im Zeitraum von 4. bis 11. September 2021 "auf Herz und Nieren" untersucht.

Die fünf Frauen und acht Männer wurden nach einer umfangreichen Basisdiagnostik vor dem Start an Tag 4 einer Zwischenanalyse unterzogen und in der Erholungsphase sowie zum Abschluss zwölf bis 24 Stunden nach ihrer Ankunft untersucht.
Laboranalysen von Blut und Urin, bioelektrische Messung der Körperzusammensetzung und Echokardiographie (EKG) sowie kontinuierlich aufgezeichnete Protokolle der SportlerInnen zur Flüssigkeitsaufnahme und zum Umfang ihrer Extremitäten dienten der Datenerhebung. "Dafür kooperierten wir mit dem Tiroler Start-up Ionsent Technologies, das den Teilnehmern mobile Geräte zur Verfügung stellte, mit denen der Elektrolythaushalt durch eine einfache Urinprobe selbst analysiert werden konnte. Mittels der eigens für die Studie zugeschnittenen Mobil-App des Innsbrucker IT-Unternehmens web-crossing wurden die Messwerte direkt synchronisiert", beschreibt Studienleiter Gauckler den innovativen Ansatz der Studie.

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Im Verlauf der Radtour zeigten die TeilnehmerInnen Anzeichen einer Erweiterung des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens ohne relevante Körpergewichtsverluste. Mit steigendem Gesamtkörperwasser und Plasmavolumen veränderte sich jedoch die Körperzusammensetzung, also das Verhältnis von Wasser, Fett- und Muskelmasse.
Ein signifikanter Anstieg des Herzinsuffizienzmarkers NT-proBNP sowie eine Volumenzunahme des rechten Vorhofs und der rechten Herzkammer wiesen auf eine gleichzeitige Herzvolumenüberlastung hin. Zudem zeigten sich periphere Ödeme im Gesicht und an den Augenlidern sowie Volumenzunahmen an Knöcheln, Handgelenken, Zeigefingern und Oberschenkel.

Ursachenforschung tbd

Erste Vermutungen, was die zugrundeliegenden Mechanismen für die beobachtete Überwässerung betrifft, wurden ebenfalls schon angestellt. Dass die Niere kontinuierlich Natrium und Flüssigkeit in den Kreislauf rückaufnimmt, scheint zumindest eine Rolle zu spielen.
"Diese Beobachtungen sind sehr interessant, insbesondere in Anbetracht der unter Sportlerinnen und Sportlern verbreiteten Annahme, dass Flüssigkeitsmangel und unzureichende Flüssigkeitsaufnahme beim Ausdauersport das führende Problem seien. Angesichts der geringen Kohortengröße der Pilotstudie sind definitive pathomechanistische Aussagen und Handlungsempfehlungen für den Sport nicht möglich. Weiterführende Studien mit höherer Teilnehmerzahl, insbesondere im echten Rennsetting, sind deshalb in Planung", schließt Gauckler.

Wer sich die Forschungsarbeit im Detail durchlesen will:
Exercise-Induced Fluid Retention, Cardiac Volume Overload, and Peripheral Edema in Ultra-Distance Cyclists. Philipp Gauckler et al.


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