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Liteville 601

Tief, flach, breit. Straighte Optik, überlegte Detaillösungen - die neuste Errungenschaft aus dem Hause Liteville im Praxistest.
Text: BigAir Fotos: Andrej Dosek, BigAir

Tief, flach, breit. Weder eine Anzeige für einen Golf GTI noch den Claim einer Tuningzeitschrift habt ihr hier vor euch. Es geht - wie sollte es auch anders sein - um ein Zweirad. Ein Zweirad, das polarisiert, das vielen gefällt, das bei einer nicht geringen Anzahl der Bike-Gemeinde den gewohnten und aus finanzieller Sicht oft ungeliebten Habenwollen-Reflex auslöst und andererseits bei manchen Verwunderung ob des potenziellen Hypes hervorruft. Müsste ich es beschreiben, wäre es für mich das mit deutscher Gründlichkeit hergestellte Rad. Es weckt den Anschein als ob kein Feature, keine Schweißnaht und kein Gimmick ohne eine Vielzahl an Überlegungen und Tests integriert worden wäre. Unterstrichen wird das ganze durch das geradlinige Rohrdesign, welches aufgrund der Schlichtheit und straighten Optik im Hydroforming-Wirrwarr aus der Masse der Kategoriegenossen geradezu heraussticht.

Bezüglich der kategorischen Einteilung von Bikes zwischen 140 und 180 mm Federweg könnte man vermutlich mehrere Bücher publizieren um die Entwicklung der letzten Jahre abzuhandeln; Enduro, Light-Freerider, All-Mountain mit Reserven oder doch Superenduro? Kurzum: wo Leichtbau und tretbare Geometrie Einzug gehalten haben, fällt eine eindeutige Unterteilung nicht leicht. All-Mountain ist all das, wo das Treten noch Spaß macht, habe ich einmal wo gelesen. Spaß macht das Bergauftreten mit unseren 190 mm definitiv, aber auch im Bikepark stehen mit dem 601er Tür und Tor zum Fahrspaß offen.

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Wie vielleicht schon deutlich geworden ist, wird das hier eher eine subjektivierte Angelegenheit. Einerseits fällt es schwer, in diesem Preissegment Bikes mit negativen Eigenschaften - seien sie fahr- oder konstruktionsbedingt - ausfindig zu machen um den ultimativen Vergleichstest zu starten; andererseits sind die Aufbaumöglichkeiten nahezu unbegrenzt, was es schwer macht, ein allgemeines Fazit zu treffen. Voriges Jahr war ich beim Downhillrennen am Semmering mit einem 901er am Start, welches mich im Bikepark überzeugte. Das 601er schien mir auf den ersten - und jetzt im Nachhinein auch auf den zweiten - Blick etwas universeller, und deshalb lag zu Weihnachten ein 601er im Raw-Finish unter dem Montageständer.

Die Komponenten sind bis auf den Laufradsatz allesamt mitgewandert und so steht das 601er jetzt in einem eher massiven Aufbau da. Marzocchi 66, Hammerschmidt, Crossmax SX (vormals Deemax) Laufräder - eine unzerstörbare Mixtur aus Alu, Gummi und Titan. Rein optischen wurde er 601er Rahmen etwas "entradikalisiert". Als erster Unterschied sticht das Steuerrohr ins Auge. Der durchgehende 1,5 Zoll Gabelschaftstandard ist wieder von der Bildfläche verschwunden, bevor er sich so richtig durchsetzen konnte, deshalb vertraut man beim 601er auf einen Kompromiss aus 1,5 und 1 1/8 Zoll und verbaut ein tapered Steuerrohr. Reduzierte Rohrdurchmesser verleihen dem 601er eine etwas unschuldigere Optik. Das soll aber nicht heißen, dass das 601 da stehe wie eine 14-Jährige in Schuluniform - alleine der extrem flache Lenkwinkel spricht eine deutliche Sprache.

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Ein weiterer Unterschied betrifft die Rahmenwahl. Obwohl sich die Geometriedaten nur minimal unterscheiden, ist besonders im Grenzbereich zwischen zwei Rahmengrößen eine Beratung beziehungsweise eine Probefahrt absolut notwendig. Während mir (188 cm, 90 cm Schrittlänge) mein 901er in XL eher eine Spur zu groß als zu klein war, passt das 601er in XL wie angegossen. Die Sitzposition ist etwas kompakter, der Sitzwinkel ist steil genug, um trotz der für diese Bike-Kategorie üblichen, eher rücklastigen Sitzposition, vernünftig bergauf treten zu können, der Lenkwinkel ist gewohnt flach. Zu den Winkeln ist anzumerken, dass aufgrund des Verstellbereichs jeder seine passende Position finden kann. Im Praxistest hat sich die Sitzposition erst nach mehrmaligem Verstellen eingependelt und das Setting ist jetzt eher auf einen flachen Lenkwinkel ausgelegt. Am Beginn habe ich die steilste Position bevorzugt, um mich an das Rad zu gewöhnen. Nach und nach habe ich auf eine flachere Position gewechselt. Der einzige negative Beigeschmack ist das leicht kippelige Gefühl bei langsamen Kurven bergauf. Die Laufruhe ist dafür bei hoher Geschwindigkeit unerreicht. Aber zum Glück muss man aus der Einstellung keine Wissenschaft machen, ein 5er Inbus und zwei Minuten Zeit reichen, um das Setting zu ändern.

Im Gegensatz zum 901er ist bei seinem kleineren Bruder eine Postmount-Bremsaufnahme verbaut, viele Merkmale wurden übernommen. So kommt die bewährte X12 Achse ebenso zum Einsatz wie die praktischen, schraubbaren Leitungshalter. An Löcher beziehungsweise geeignete Befestigungsschrauben für eine versenkbare Sattelstütze wurde genauso gedacht wie an (optinal erhältliche) Klemmen für einen weiteren Zug am Unterrohr (beispielsweise für die Hammerschmidt Montage).

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Verfügbar ist der Rahmen ab Werk in Raceblack anodisiert oder im edlen Works Finish Look. Weiters bietet Liteville eine Pulverbeschichtung an, wo aus 160 RAL Tönen gewählt werden kann. Ein Schmankerl sind die farbig eloxierten Sondermodelle, die in Österreich bei den Liteville Händlern in Zusammenarbeit mit tf-bikes.at verfügbar sind. Vorteil dieser Variante: kein Mehrgewicht und die robuste Eloxaloberfläche. Neben der Hardware erkauft man sich bei Liteville auch ein besonderes Service. Alle Rahmen, die nach September 2007 ausgeliefert wurden haben eine zehnjährige Garantie (fünf Jahre kostenlos, dann 50% des aktuelle Preises) die auch ausdrücklich den Renneinsatz miteinschließt. Zusätzlich dazu ist die Garantie nicht auf den Erstzbesitz beschränkt. Somit fallen auch die meisten am Gebrauchtmarkt erhältlichen Rahmen noch unter Garantie.

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Liteville 601 Frame

RahmenmaterialAluminium
GrößeXS/S/M/L/XL/XXL
Federweg165/190mm
HinterachseX12 Steckachse
DämpferFox DHX Air 5.0
ScheibenbremsaufnahmePostmount
SteuerrohrTapered Full Integrated
FarbenWorks Finish, Raceblack anodisiert, ca. 160 RAL Töne
BesonderheitenMontagemöglichkeit für ISCG Kettenführung/Hammerschmidt, Syntace SCS Kettenführung, Rockguard; variable Geometrie, Zugführung für Variostütze, Zugführung durch den Drehpunkt
Preis€ 2.230,-

Die erste Ausfahrt ist im Idealfall länger als geplant und mit einem fetten Grinser zu beenden. Beides stellte sich ein, als ich das 601er das erste mal in Richtung meiner Hausstrecke navigierte. Der DHX Air Dämpfer erfordert ein bisschen Spielerei um das optimale Setting zu finden, die verbaute Coil-Forke ist da etwas bequemer einzustellen. Nach dem vierten Mal Auf- und Abspringen, um den Dämpfer zu adjustieren, stimmt das Fahrwerk und der Rahmen konnte seine Stärken voll ausspielen. Für 190 mm am Heck klettert das 601er außergewöhnlich gut. Wippen ist im Sitzen ein Fremdwort, nur im Wiegetritt beginnt der Hinterbau leicht zu arbeiten. Der Lenkwinkel ist - wie schon angesprochen - etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man sonst vermehrt auf XC/MA Bikes sitzt, aber nach einer gewissen Zeit unauffällig. Bergab beweist das 601er, was es kann. Satt und mit reichlich Laufruhe geht es den flowigen Teil "der Nase" hinab. Bei den technischen, steileren Passagen verleiht die Geometrie viel Sicherheit und lässt nie das Gefühl eines baldigen Überschlags aufkommen.

Obwohl sich 901 und 601 optischen sehr ähnlich sehen, ist das Fahrgefühl ein vollkommen anderes. Hier wird einem wieder vor Augen geführt, wie viel Auswirkungen ein paar kleine Änderungen an der Geometrie hervorrufen. Das blank glänzende Alugeschoss lässt sich um einiges leichter umlegen und wirkt in allen Lebenslagen etwas spritziger und quirliger. Aufgrund des etwas verminderten Gewichts und des verhältnismäßig gut laufenden "Hans Dampf"-Hinterreifens wird die An- und Auffahrt zur Abfahrt erleichtert. Wer noch dazu gern im Bikepark unterwegs ist, kann mit einem zweitem Laufradsatz mit dem Liteville 601 sehr viele Einsatzbereich abdecken - ein gutes Argument bei der Budgetverhandlung mit dem Finanzminister beziehungsweise der Finanzministerin - besser ein etwas teureres Rad mit breiterem Einsatzbereich als zwei billigere. Spätestens, wenn das Platzargument dazukommt, sollte der Anschaffung nichts mehr im Wege stehen. Außerdem an dieser Stelle erwähnenswert: die angebotenen Testevents von tf-bikes zur praxisnahen Findung des idealen Modells, Set-ups, etc.!

Fazit

Liteville 601
Modelljahr:2012/mk1
Testdauer:40 h
+durchdachtes Rahmendesign
+großer Einsatzbereich
0Preis
BB-Urteil:oida, ur leiwand

Anfangs fragt man sich natürlich, ob ein Rahmenset um mehr als 2000 Euro nicht einpreislich völlig überzogenes Luxusprodukt ist? Länger betrachtet, stellt sich die Frage eigentlich nicht, denn einerseits bekommt man mit dem 601er ein tolles Produkt mit einem vielfältigen Einsatzbereich, und andererseits ist aufgrund der Garantiebestimmungen und des Services eine gewisse Wertbeständigkeit garantiert.

Wo Licht, da auch Schatten, heißt es ja immer, aber bei einem Produkt wie diesem Negativpunkte zu finden ist kein Leichtes. Wer im Jahr sieben Mal die hintere Bremse wechselt, der wird eventuell die Zugführung nicht optimal finden, weil die Wippe immer ausgebaut werden muss. Wer auf klassisches Hydroformig steht, wird vielleicht mangelnde Rundungen kritisieren. Allen anderen sei ein Testevent nahegelegt, um sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen.


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Ich fahr seit September selber mit dem 601,

und ich muss leider sagen in dem Bericht fehlt mir subjektiv betrachtet a bisserl die Emotion.

Das bedeutet das Bike ist einfach viel-viel-viel geiler als hier berichtet wird.

Ausserdem kommt net wirklich raus, wie universell des Radl wirklich is.

Hier waere z.b. fuer die erwähnenswert, das kompromisslose Aufbauten mit 13kg problemlos möglich sind, und das bei 18/19cm Federweg.

Bergab hat das Bike aber einen "Nachteil", der nicht verheimlicht werden soll:

Bisher hatte man so ein fehlerverzeihendes Fahrverhalten nur bei wirklich schwerem Gerät, und war somit auch adequat adjustiert.

Die "Wohlfühl-Geschwindigkeit" im groben Geläuf liegt nämlich schon deutlich im Fullface-Bereich, aber damit kann ich sehr gut leben ;-)

lg

snowmaniac

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Kompromißlose Aufbauten mit 13kg sind problemlos möglich - ja kompromißlos teuer.

 

Wobei ich den Reiz eines individuell gestalteten Bikes mit großem Einsatzbereich absolut nachvollziehen kann. Es ist ein Ding, das man auch entsprechend im Einsatz haben sollte, also kein VW Tuareg fürs Boulevardprominieren, sondern die Dakar-Version - und das meinst du wohl mit den Möglichkeiten, die du damit auch nutzt.

 

Für mich persönlich reicht sozusagen die Rechnung: Der Rahmen wiegt mehr als der meines Remedy, daher brauche ich entsprechend leichtere Teile, um es auf dasselbe Gewicht zu bringen, und das kostet mir zu viel. Bin gespannt, wie lange ich so denke - ich weiß, warum ich bisher nicht aufsteigen wollte... :U:

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Der Rahmen fült sich allerdingst sehr sehr anders an wie ein Remedy. Ich hab jetzt ein 601, htte vorher ein 301 und bin auch oft ne Remedy gefahren (von meinem Frau) => Das sind 2 unterschiedliche Rädern, wobei das wohlgeful mir entscheiden lassen hat um zusteigen von ein 301 nach ein 601, und meine! - Das Remedy war wircklich nich mein Rad

Der umstieg von ein 301 (L) nach ein 601 (XL) ist wegens die traumhaftlich abfahrt gefuhl met de 601. Doch es kostet ein menge Geld, und das muss mann vor sich selbs entscheiden ob es es wert ist. Allerdingst, macht mann ein Probefahrt - dann bin ich mir nicht genau sicher wiel lang mann noch uber das Geld denkst ;)

 

Wie mann lesen kann, ich bin auchs seht zu frieden mit meinem 601

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also individuell ist man mit einem Liteville schon lange nciht mehr unterwegs.

 

Technisch sind die Dinger perfekt (wenn es auch andere Hinterbauten gibt, die sicher ebenbürtig sind) aber individuell ist eher ein Devinci, Mondraker, Banshee, Transition...

Ein Remedy ist einfach ein ganz anderes Bike als das 601, eher mit dem 301 vergleichbar... da müsste man wenn, das Trek Slash damit vergleichen, oder hald andere Bikes wie das Transition Blindside...

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