
Polar Vantage V im Kurztest
29.04.19 06:42 19.7322019-04-29T06:42:00+00:00Text: Erwin Haiden, Luke BiketalkerFotos: Erwin HaidenDas neue Flaggschiff von Polar mit optischem HF-Sensor und Touch-Bildschirm im Kurztest.29.04.19 06:42 19.9302019-04-29T06:42:00+00:00Polar Vantage V im Kurztest
29.04.19 06:42 19.9302019-04-29T06:42:00+00:0010 Kommentare Erwin Haiden, Luke Biketalker Erwin HaidenDas neue Flaggschiff von Polar mit optischem HF-Sensor und Touch-Bildschirm im Kurztest.29.04.19 06:42 19.9302019-04-29T06:42:00+00:00Nach rund fünf Jahren löst die Polar Vantage V die V800 ab und übernimmt die Führungsrolle im Sortiment der Finnen. Rund anstatt wie bisher kantig, mit optischer Herzfrequenzmessung und farbigem Touchscreen, scheint die Vantage V am Puls der Zeit. Wir haben uns die Mulitsport-Uhr mal etwas genauer angesehen ...
Vom Hersteller als "fortschrittlichste Highend Profi-Multisportuhr, die Polar je entwickelt hat" angepriesen, liegt die Messlatte hoch. Wobei, mit fünf Jahren Entwicklungszeit ab der V800 darf man sich den Fortschritt ja dann doch auch irgendwie erwarten. Doch sei's wie's sei - Eckdaten und Funktionsumfang der gefälligen Uhr im Zusammenspiel mit der Polar Flow-App klingen vielversprechend.
Optischer HF-Sensor
Beginnen wir beim Kernelement, der optischen Pulsmessung. Die Polar Precision Prime Sensor-Fusions-Technologie (schwirrt dabei noch jemandem der Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän durch den Hinterkopf?) soll die Messpräzision auf ein neues Level heben. Die innovative Technologie kombiniert optische Pulsmessung mit Hautkontaktmessung sowie einem Beschleunigungssensor. Ganze neun LEDs in unterschiedlichen Farben, sprich: Wellenlängen, messen in unterschiedlich tiefen Schichten. Die Vantage V macht daraus ein großes Ganzes, das weniger anfällig auf Störfaktoren wie Bewegungsartefakte, starke Körperbehaarung oder dunkler Hauttyp reagieren soll.
Running Power
Völlig neu ist auch die Funktion der Running Power. Die Idee dahinter ist, dass die Herzfrequenz als Messgröße in kurzen Intervallen oder Bergsprints ob ihres verzögerten Anstiegs schlichtweg nichts taugt. Die Laufleistung soll, ähnlich zum Powermeter am Rad, die Messung (oder vielmehr Schätzung) der externen Belastung beim Laufen ermöglichen und somit in kurzen Belastungsspitzen als verlässlicherer Richtwert dienen. Sie kann aber auch dazu dienen, um über lange Läufe eine gleichmäßige Belastungsintensität aufrechtzuerhalten. Denn auch hier ist die Herzfrequenzmessung von einem gewissen Drift beeinträchtigt.
Bei Polar erfolgt die Berechnung auf Basis von GPS- und Barometerdaten. Die Finnen sind keinesfalls First-Mover auf dem Gebiet der Laufleistung, doch während andere Anbieter auf externe Sensoren am Fuß oder am Brustgurt angewiesen sind, ist die Vantage V die erste Uhr, welche die Metrik direkt am Handgelenk integriert. Was von dem errechneten Wert tatsächlich zu halten ist, möge aktuell noch bei allen Herstellern mit Vorsicht zu genießen sein. Denn darüber, wie genau diese gemessen werden soll und wie sie definiert ist, scheint man sich noch nicht ganz einig. Als relative Kenngröße herangezogen, dürften die Werte allerdings zur Orientierung nützlich sein.
Hard-Facts
Größe: | 46 x 46 x 13 mm | Konnektivität: | Bluetooth Low Energy. Eigenes USB-Kabel zum Laden und zum Synchronisieren der Daten. |
Gewicht: | 65 g | Uhr: | Uhrzeit und Datum. Alarm mit Schlummerfunktion. |
Display: | Dauerhaft eingeschaltetes Farb-Touch-Display mit Gorilla-Glas. Größe 1,2 Zoll, Auflösung 240 x 240. | Sensoren: | Kompatibel mit Polar BLE Herzfrequenzsensoren. |
Akku: | LiPo-Akku mit 320 mAh. Akkulaufzeit bis zu 40 Stunden im Trainingsmodus (GPS und Pulsmessung am Handgelenk). | Wasserdicht: | Bis 30 Meter Tiefe |
GPS & Barometer: | Integriertes GPS und GLONASS. GPS-Unterstützung für schnelle Reaktionen. Barometrische Höhe, Steigung, Aufstieg und Abstieg. | Preis: | € 499,95 |
Trainingsbelastung Pro
Die Vantage V hilft auch dabei, Belastung einzuschätzen. Sie erstellt beim Training Belastungsstufen für das kardiovaskuläre sowie das Muskel-Skelett-System und berücksichtigt zusätzlich die wahrgenommene Belastung. Somit kann die Uhr dabei helfen, den richtigen Trainingsreiz zur richtigen Zeit zu setzen. Über die Flow-App gibt es hierzu einen Zahlenwert, Sprachfeedback sowie eine optische Punkteskala für jede Trainingsbelastung.
Der Wert der Kardiobelastung informiert darüber, wie sehr das kardiovaskuläre System während der Trainingseinheit belastet wurde. Dieser Wert wird nach jeder Einheit anhand der Pulsdaten berechnet und als TRIMP-Score ausgegeben.
Die Muskelbelastung bezieht sich darauf, wie sehr die Muskulatur während des Trainings belastet wurde. Ähnlich der Running Power ein nützlicher Wert, wenn hohe Intensitäten wie bei Intervallen, Sprints usw. eingeschätzt werden sollen. Die Herzfrequenz ist hier, wie bereits erwähnt, nicht reliabel.
Der Wert gibt die Menge an mechanischer Energie (kJ) wieder, welche während einer Trainingseinheit produziert wird - er reflektiert also den erbrachten Leistungs-Output und nicht den Energieaufwand. Beim Laufen errechnet die Uhr den Wert selbst, für Radtrainings funktioniert die Metrik nur in Kombination mit einem Powermeter. (Achtung: die Vantage V unterstützt aktuell nur BLE, kein ANT+!)
Zusätzlich kann nach jeder Einheit in der Flow-App die wahrgenommene Belastung anhand eines RPE Scores eingetragen werden. Dieser unterstützt dabei, den eigenen Körper besser kennenzulernen und auf seine Signale zu hören. Der RPE – Rate of Perceived Exertion - ist eine anerkannte Methode zur Berechnung der Trainingsbelastung und ist in mehrere Stufen unterteilt, denen man sein Empfinden zuordnet. Über die Zeit erhält man so einen guten Überblick.
Recovery Pro
Standardmäßig wird die Vantage V ohne Brustgurt ausgeliefert. Am Aftermarket oder im Package ist allerdings der Brustgurt Polar H10 erhältlich, welcher ein weiteres Feature erst möglich macht: Recovery Pro. Damit unterstützt die Uhr sodann dabei, Übertraining und Verletzungen zu vermeiden, indem sie die körperliche Erholung überwacht. Die App stellt schließlich Feedack und Tipps bereit.
Mittels orthostatischer Tests (wie gesagt, nur mit zusätzlichem Brustgurt H10 möglich) kann der Grad der täglichen Erholung geschätzt werden. Dieser basiert auf Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität und berücksichtigt Stressfaktoren wie Training, schlechten Schlaf oder Arbeitsdruck. Recovery Pro kombiniert dabei Erholungs- und Trainingsdaten, um das Gleichgewicht im Auge zu behalten. Außerdem gibt die Uhr Feedback zum aktuellen Grad der Kardioerholung sowie täglich individuelle Trainingsempfehlungen.
Noch mehr Features
Rund 40 Stunden Akkulaufzeit gibt Polar für die Vantage V an. Genug, um Funktionen wie 24/7 Aktivitäts-Tracking und Schlafüberwachung zu gewährleisten. Sleep Plus nennt sich das Feature, das anhand der Bewegungen des Handgelenks Zeit, Dauer und Qualität des Schlafes bewertet und über die Flow-App eine Langzeitübersicht zum Schlafrhythmus gibt.
Läufern stehen individuell vorgefertigte Trainingspläne für 5 Kilometer bis hin zum Marathon zur Verfügung. Ein Bewegungssensor erfasst die Schrittfrequenz, eigene Metriken fürs Schwimmen sind ebenso an Bord. Insgesamt unterstützt die Multisportuhr 130 Sportarten.
GPS und Glonass ergänzen einander zu zuverlässigen Positionsdaten; Geschwindigkeit und zurückgelegte Distanz werden darauf basierend angezeigt. Vorgefertigte Routen können im GPX- oder TCX-Format ebenfalls in die Vantage V eingespielt werden. Was der Uhr im Radsporteinsatz fehlt, ist die Konnektivität mit ANT+ Sensoren. Hier unterstützt Polar (noch - beim OH1+ Sensor wurde diesbezüglich erstmals nachgebessert) ausschließlich BLE.
NoSane's Eindrücke
Mit der Vantage V hatte ich nach langer Zeit wieder ein Polar-Gerät in der Hand und war überrascht, wie einfach die Erstinstallation von der Hand geht. Ganz ohne Handbuch ist die Uhr schnell konfiguriert und einsatzbereit. Auf den ersten Blick möchte man meinen, das läge an den wenigen Konfigurationsmöglichkeiten - tatsächlich ist die Vantage V aber via Flow-App bzw. Homepage gut und einfach individualisierbar.
Das Display ist hervorragend abzulesen und besitzt sogar Touch-Funktion. Die Menüführung ist simpel und eigentlich selbsterklärend. Auf der Uhr selbst ist die Konfigurierbarkeit auf das Mötigste reduziert, was in den meisten Fällen kein Nachteil ist.
Konfigurierbarkeit
Dafür lässt sich die Uhr wahlweise via Flow-App oder Flow-Homepage einfach und schnell konfigurieren. Das Anlegen von Profilen, Ändern und Hinzufügen von Trainingsseiten oder das Ein- und Ausschalten diverser Funktionen ist so ein Kinderspiel. Hier können sich so manche Hersteller eine Scheibe abschneiden. Die Seiten selbst sind übersichtlich, einfach zu wechseln und bieten aktuell folgende Funktionen:
Ob die Möglichkeiten ausreichend sind, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wo dem Profianwender vielleicht der eine oder ander Wert fehlt, ist der Amateur froh, ob der Möglichkeiten nicht überfordert zu werden. Am Berg würde ich persönlich z.B. die aktuelle Geschwindigkeit in Höhenmeter/Stunde missen. Ob Polars Jüngster auch irgendwann ANT+ unterstützen wird, um Dritt-Hardware anzubinden, steht in den Sternen, scheint angesichts des unlängst präsentierten OH1+ Pulssensors, dessen ANT+-Kompatibilität via Software-Update auch für den H10 verfügbar ist, aber wahrscheinlich; zudem kann ich mir gut vorstellen, dass zumindest die Darstellungsmöglichkeiten laufend erweitert werden. Das Polar Flow-System bietet dafür jedenfalls beste Voraussetzungen.
Am Trail
Ein wichtiges Kriterium für mich ist, dass sich die Vantage V sehr angenehm und unauffällig am Handgelenk trägt - auch wenn dieses etwas zarter ausfällt. Die Uhr ist für den Trainingseinsatz konzipiert und entsprechend optimiert, Navigationsfunktionen bietet die Vantage V eine grafisch gut dargestellte "Back-to-start” Funktion und seit dem Software-Update im Jänner auch eine Navigation entlang vorgefertigter (gpx oder txc) Routen. Bei der Uhranzeige gibt es die Wahl zwischen analog und digital. Diese Reduziertheit führt dazu, dass die Vantage V unkompliziert und übersichtlich bleibt, wo man bei diversen anderen Geräten schnell mal vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht.
Die Knöpfe lassen sich selbst mit dicken Handschuhen gut bedienen und geben definiertes Feedback. Die gute Ablesbarkeit des Displays bleibt auch am Berg erhalten. An der Aufzeichnung gibt es (abgesehen von der Handgelenkspulsmessung) nichts auszusetzen. Sowohl GPS-Daten als auch die barometrisch unterstützte Höhenmessung liefern akkurate Werte. Dass das GPS-Signal rasch gefunden wird und die Uhr damit schnell "Ready to Go" ist, darf Polar ebenso hoch angerechnet werden.
Kritik
Der Touchscreen ist zwar praktisch, aber irgendwie fehlt das Killer-Argument, welches diese Funktion wirklich zu einem Muss macht. Hilft's nix, schadt's nix, würde man bei uns sagen. Ähnlich verhält es sich - zumindest für mich - mit der optischen Pulsmessung. Die Werte in Ruhe sind durchwegs valide und stimmen mit Brustgurtmessungen überein. Doch je nach Exponiertheit der Uhr gegenüber Schlägen (Radsport) oder Verrutschen (unterm Ärmel bei Schitouren) fahren die Werte Achterbahn und weichen deutlich von den Brustgurtmessungen ab. Dies betrifft in meinem Fall allerdings durch die Bank alle Hersteller und Systeme mit Messung am Handgelenk. In Zukunft würde ich mir noch den einen oder anderen Trainingswert wie Pace in Höhenmeter/Stunde wünschen und zu guter Letzt natürlich eine ANT+ Unterstützung.
Polar Vantage V Titan
Vollgepackt mit dem Technologie-Paket der Vantage V präsentiert sich die Polar Vantage V Titan ob ihres Titangehäuses noch leichter und zeigt sich mit ihrem zweifarbigen Strukturarmband in zeitlos schönem Design.
Die Polar Vantage V Titan HR im Bundle mit H10 Herzfrequenz Sensor ist ab sofort gegen € 649,95 erhältlich. Ohne Gurt wird es mit € 599,95 zwar etwas günstiger, für den leistungsorientierten Einsatz legen wir allerdings jedem das Upgrade zum HR Bundle nahe.
Fazit
Polar Vantage V | |
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Modelljahr: | 2019 |
Testdauer: | 3 Monate |
Preis: | € 499,95 |
+ | Tragekomfort |
+ | Unauffällige Optik |
+ | Auch für schmale Hangelenke |
+ | Top Display |
+ | Einfach zu konfigurieren und bedienen |
+ | Trainingsfunktionen |
o | Puls am Handgelenk funktioniert nicht bei jedem |
- | kein ANT+ |
BB-Urteil: | Solide, schnörkellose Multifunktionsuhr mit starkem Trainingsfokus |
Die Polar Vantage V ist eine schnörkellose Uhr, die zahlreiche Trainingsfunktionen bietet, ohne dabei überladen oder unübersichtlich zu wirken. Dafür sorgen einerseits die flachen Menü-Hierarchien, andererseits die einfache Konfigurierbarkeit via Flow-App bzw. Homepage. Die Hardware unterstreicht den Gesamtauftritt mit relativ eleganter und kompakter Optik und voll gepacktem Innenleben. Neben GPS plus Glonass gibt’s einen barometrischen Höhenmesser, optischen Pulsmesser und Bluetooth-Anbindung für Smartphone und Pulsgurt.
Manchem Anwender wird die ANT+ Unterstützung fehlen und die Pulsmessung am Handgelenk funktioniert in Bewegung nicht immer bzw. hängt sie, wie bei all diesen Systemen, stark von der Beschaffenheit der Arme ab. Während eine Garmin Fenix scheinbar unendliche Konfigurationsmöglichkeiten bietet, folgt Polar mit der Vantage V einem anderen Konzept und setzt auf Schlichtheit.
So könnten die darstellbaren Werte und Funktionen zwar noch ein wenig umfangreicher sein, dafür ist die Uhr als Trainingsinstrument intuitiv zu bedienen und in Sekundenschnelle konfiguriert. Keine zig Untermenüs, keine Abstürze, keine Fummelei - und das macht auf Anhieb Spaß.
Nähere Details und Infos unter www.polar.com.