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Dreiecks-Beziehung

Dreiecks-Beziehung

21.01.13 07:39 15.394Text: NOS, NoMan
Lisi Hager

nicht mehr sehr blond, immer noch blauäugig, schokosüchtiger denn je

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Fotos: NOS, Sebastian Runschke (7), Martin Lugger (3)
Drei Länder und drei Kulturen prägen das Gebiet um Nauders und den Reschenpass. Wo Vinschgau, Engadin und Tirol zusammentreffen, wird Mountainbiken zum grenzenlosen Genuss ...21.01.13 07:39 15.396

Dreiecks-Beziehung

21.01.13 07:39 15.3964 Kommentare NOS, NoMan
Lisi Hager

nicht mehr sehr blond, immer noch blauäugig, schokosüchtiger denn je

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NOS, Sebastian Runschke (7), Martin Lugger (3)
Drei Länder und drei Kulturen prägen das Gebiet um Nauders und den Reschenpass. Wo Vinschgau, Engadin und Tirol zusammentreffen, wird Mountainbiken zum grenzenlosen Genuss ...21.01.13 07:39 15.396

Ein fester Händedruck, und wir sind im Paradies. Der, der uns hereinbittet, heißt Harry Ploner, Hotelchef und Bikeguide, beides aus Passion. Dort, wo es liegt, ist Österreich, ist Italien, ist Schweiz, ist das Dreiländereck am Reschenpass.
Das Schöne an diesem Paradies: Es plustert sich nicht auf und überrollt uns nicht. Tritt für Tritt sickert es in uns ein, steckt uns da einen Reiz in die Trikottasche, dort ein Gustostück in den Mund, und am Ende liegen wir ausgepowert am Sofa unserer Suite, das Panoramafenster zur großzügigen Terrasse weit geöffnet, die Berge im Blick, und wissen nicht, was unsere Urlaubsstimmung nun am nachhaltigsten stützt. Das Törtchen am Dorfplatz von Glorenza? Der warme Aufwind am Aussichtsfelsen Plamort? Der fröhlich-bunte Sonnenschirm auf der Reschener Alm? Der verspielte Trail bei der Sesvenna Hütte? Der blitzblaue See mit seinem geheimnisvollen Turm? Oder König Ortler, wenn er sich direkt dahinter aufbaut, mächtig und weiß?

In Harry Ploners Alpen-Comfort-Hotel Central**** (bei einer Woche Urlaub im Jahr scheut man keine Kosten, aber immerhin kommt man so auf seine Kosten) verschlagen hat es mich und den ambitionierten Mountainbiker an meiner Seite, weil wir uns anfangs nicht entscheiden konnten: Rennrad oder Mountainbike? Aus- oder Inland? Kurzerhand wählten wir „einmal alles“ und damit Nauders in Tirol. Denn die 1.500 Seelengemeinde liegt auf 1.394 m Seehöhe in der traumhaft schönen Landschaft des Dreiländerecks Österreich-Italien-Schweiz, und hat sich in den letzten Jahren sowohl als MTB- wie auch Rennrad-Region einen Namen gemacht.
In Nauders gab es bereits ausgeschilderte Touren, als selbst die kühnsten Denker im Tourismus kaum einen Gedanken an Mountainbiker als gewinnbringende Gästeschicht verschwendeten. 1996 rammte Harry Ploner, damals Nauderer Tourismusobmann, die ersten Hinweistafeln in die Erde, und manch einer erinnert sich gewiss auch noch der legendären Tage und Nächte des dortigen Snowdownhills.

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Spiel mit den Kulturen

Heute ist das Dreiländereck eine klassische Tourenregion plus Gondel-Unterstützung (Bergkastel, Mutzkopf, Schöneben und Haideralm) mit Spezialgebiet Grenzenlosigkeit. Zwar sollte, wer den benachbarten Engadin erkundet, immer einen Pass einstecken haben, prinzipiell wird unterwegs aber dermaßen häufig und mühelos über die Grenzen von Österreich, Italien und der Schweiz gewechselt, dass man fast den Überblick verlieren könnte – wenn da nicht die Eigenheiten jeden Landes wären.
Bereits im grenznahen Graun kann der deutschsprachige Kauf eines Ersatzschlauches zum lustigen Kauderwelsch mit typisch italienischem Palaver werden, spätestens im wie dem vorigen Jahrhundert entsprungenen Schleins verstehen Besucher kein Wort mehr. Zwischen plätschernden Dorfbrunnen, gepflasterten Straßen und geschichtsträchtigen Fassaden sprechen alteingesessene wie junge Schweizer rätoromanisch und scheren sich einen Dreck um zeitgeistige Phänomene wie Hektik und Stress.
Freilich gibt es aber auch genügend Orte, die sozusagen gelebte Dreieinigkeit sind: Auf der Anlegestelle der MS Hubertus Interregio (das Schiff startet in Graun am Turm mehrmals täglich zu Rundfahrten) flattern unübersehbar drei Landesflaggen im Wind; auf der urigen Alp Tea kann man getrost bestellen, wonach dem hungrigen Magen der Sinn steht. Österreichischer Kaiserschmarrn oder italienische Spaghetti – nur ein Tal und ein paar Höhenmeter vom Dreiländer-Grenzstein unterm Piz Lad getrennt, beherrschen die Schweizer Wirte jedes Nationalgericht.

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Touren für alle

Die Knüller der Region heißen Transalp und Dreiländertour. Dicht dahinter reihen sich die Eintages-Klassiker, allen voran die Fahrt durch die Uina-Schlucht. Wie eine Gebrauchsanleitung für Lebensmüde zieht sich dort ein schmales Band in schwindelerregender Höhe durch die Felswand. Nicht immer ist der in den Stein gehauene Weg durch ein Geländer gesichert, und zu keinem Moment empfiehlt sich das Fahren (obgleich YouTube natürlich den Gegenbeweis archiviert). Jeder Ausrutscher, jedes Verbremsen – angesichts der Massen anderer Biker und Wanderer vorprogrammiert – hätte hier fatale Folgen, tost doch unter der Abbruchkante ein Wildbach Richtung Tal.
Insgesamt ist das Wegenetz mit 2.200 Kilometern und 80.000 Höhenmetern erstaunlich vielseitig, sogar Einsteiger und Familien kommen hier auf dem Radweg um den Reschensee und der Via Claudia Augusta, der alten Handelsstraße der Römer, auf ihre Kosten. Abgesehen von den ausgeschilderten Routen gibt es noch jede Menge kniffliger Extraschleifen, genau genommen kann man tagelang Singletrail-Touren fahren, ohne auch nur einen Menschen zu treffen.
Sehr empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang die „Mehr runter als rauf“-Tour, geführt durch einen ortsansässigen Guide. Die Höhenmeter per Seilbahnen wettgemacht, geht es hierbei auf Trails talwärts, die wohl nicht einmal ein GPS kennt. Das Tempo hoch, der Enthusiasmus des Guides grenzenlos, blieb selbst während eines herannahenden Gewitters noch Zeit für Technik-Tipps. Nach stolzen 34 Trail-Kilometern plumpsten wir völlig erschöpft in die Federn.
Nicht minder lohnenswert: Gnadenlose Kilometer- und Höhenmeter-Jagden per Rennrad, vorzugsweise hinauf zum legendären Stilfser Joch. Zwar hatten wir diesbezüglich einerseits Glück, weil wir den autofreien Tag erwischten und die Passstraße mit ihren berühmten 48 Kehren ausschließlich Radfahrern vorbehalten war. Andererseits regnete es Pech in Form von dicken Wassertropfen, die ab 1.800 m in Schneeflocken übergingen. Völlig durchnässt, mussten wir bereits am Fuße des Berges w.o. geben.

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Kultur und mehr

Auch für „Geschichtsreisen“ eignen sich die Pfade und Straßen zwischen der ehrwürdigen Klausenanlage Altfinstermünz, den in den Zwischenkriegsjahren errichteten Panzersperren und Bunkern auf der Hochebene Plamort und den Resten (sprich: dem Kirchturm) der 1950 gefluteten Dörfer Reschen und Graun.
Überhaupt, der Turm. Von hoch überm Ostufer ebenso gut zu erkennen wie von der gegenüberliegenden Seite, ist der Alt-Grauner Glockenturm (damals aus Gründen des Denkmalschutzes als einziges Gebäude von der Sprengung verschont) inmitten des 600 ha großen Stausees heute das Wahrzeichen der Region und meistfotografiertes Motiv des Vinschgau. Der zugehörige Pass bildet eine Wasser-, Wind- und Wetterscheide.
Darum gehört ein beständiges Lüfterl in die eine oder andere Richtung zu einem Aufenthalt im Dreiländereck wie schneebedeckte Berge oder urige Hütten, mächtige Kloster oder liebliche Kapellen. Und wegen dieser Mischung wiederum gehören mittlerweile auch die Biker zur Region wie gurgelnde Bäche oder flowige Trails, malerische Moorseen oder wiederkäuendes Vieh.
Sie haben Gefallen gefunden am blau blitzenden See und seinem fast 4.000 Meter hohen weißen Wächter, am schwarz verwitterten Holz der Erbhöfe und der Mischung aus „Grias eich“, „Ciao“ und „Grüzi wohl“. Und auch wir werden wiederkommen. Wegen der idyllischen Landschaft und der großartigen Touren. Wegen des herzlichen Empfangs und der perfekten Tipps. Wegen der 20 Müslisorten und des unglaublichen Hirschragouts. Und wegen der Zollfreizone Samnaun …

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Tourenvorschläge

Plamort-Runde
Zum Aufwärmen begannen wir mit der Plamort-Runde, und um den ersten Anstieg bequem zu absolvieren, nutzten wir die Bergkastelbahn. Man will es ja nicht gleich am ersten Tag mit den Höhenmetern übertreiben ... Über schöne Almen und die berühmten Plamorter Panzersperren zwischen Österreich und Italien, vorbei am Fotofelsen mit Reschensee und Ortler im Hintergrund, hat man hier gleich die Möglichkeit, einen S2/S3 Singletrail nach Reschen zu bestreiten. Von Reschen am Fuße des Piz Lads über gut ausgebaute Schotterwege führen die ersten Höhenmeter zur Reschenhütte und weiter über Wurzeltrails zum Grün- und Schwarzensee. Nach rund 25 km und 1.000 Hm hat man sich das Abendessen wohl verdient.

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Val d'Uina
Ein absolutes Muss und gleichzeitig eine der härtesten Eintagestouren der Region (72 km/2.000 Hm). So man die Uina-Schlucht plus Sesvenna-Hütte nicht als Teil einer Mehrtagestour von Nord nach Süd plant, sollte man diese Runde unbedingt im Uhrzeigersinn bestreiten. Von Nauders rollt man die ersten Kilometer gemütlich nach Burgeis, von wo es dann über Schlinig, ein verschlafenes Dorf auf 1.725 m Seehöhe, hinauf zur Sesvenna-Hütte (2.256 m) geht. Auch wenn die letzten Höhenmeter geschoben werden müssen, ist Fluchen unangebracht. Die traumhaft schöne Landschaft, der Wasserfall, der Blick hinunter über die bereits absolvierten Höhenmeter lassen einen einfach nur staunen.
Vom Einkehr-Schwung gestärkt, geht es über einen felsigen Trail hinab zum Einstieg in das berühmt-berüchtigte und namensgebende Val d'Uina. Die ersten Kehren noch frohen Mutes, wird es Tritt um Schritt besorgniserregender. Nur ein schmaler Weg trennt einem vom metertiefen Fall. Das Bike in der einen Hand, ein dünnes Drahtseil in der anderen, wandert man mit zittrigen Knien in am nassen Felsen klackernden MTB-Schuhen talwärts. Hier zu fahren ist - nicht zuletzt wegen der zahlreichen Wanderer - nicht empfehlenswert, auch, wenn YouTube-Videos gegenteiliges verklickern.
Nach der Schiebepassage wird man mit einem flowigen Trail belohnt. Am Ufer des Inns geht es dann nach weiteren 800 Hm am Piz Lads wieder nach Nauders.

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Infos zur Region

Nächtigung:
Von 4**** Hotels (besonders empfehlenswert: das Alpen-Comfort-Hotel Central****) über Pensionen und Ferienwohnungen bis hin zu gemütliche Privatquartieren - die im Häuserkatalog der Tourismusverbände als "bikefreundlich" ausgewiesenen Unterkünfte verfügen über die für Biker notwendige Infrastruktur.
Infos: www.nauders.info, www.reschenpass.it

Bike-Verleih und Service:
Bikesport Hutter, Nauders, www.bikesport-hutter.at
Sport Tenne, St. Valentin, www.sport-tenne.com

Bike-Transport
Nauders: Seilbahn Bergkastel und Sessellift Mutzkopf; Reschen: Seilbahn Schöneben; St. Valentin: Seilbahn Haideralm; Langtaufers: Sessellift Maseben; www.reschenpass.net
Alle öffentlichen Busse in der Dreiländereck-Region transportieren Bikes, teilweise gegen Gebühr; 
Vinschgerbahn: Bike je nach verfügbarem Platz im gleichen Abteil wie Fahrgast, www.sad.it

Events
Dreiländergiro, www.dreilaendergiro.com
Race across the Alps, www.raceacrossthealps.com
Kaunertaler Gletscherkaiser, www.gletscherkaiser.at
Bergkastel Uphillrace Bike&Run, www.radsportwochen.at

Touren-Package:
Dreiländertour - 3 Kulturen, 3 Sprachen. MTB- oder RR-Etappenfahrt mit Gepäcktransport und frei wählbarem Startort (Nauders, Scoul, Sta. Maria, Livigno) in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen; als Viertages-Package um ca. 440 Euro, Zusatzübernachtungen möglich. www.dreilaendertour.com

Allg. Info und Kartenmaterial:
TVB Tiroler Oberland Tourismusbüro Nauders, 05473/87220, www.nauders.info
Ferienregion Reschenpass, I-39027 Reschen, +39/0473/633101, www.reschenpass.it
MTB-Guide 3 Länder Rad & Bike Arena Nauders Reschenpass, Verlag Esterbauer, Maßstab 1:35.000, € 16,90
Panoramakarte 3-Länder Mountain- & Roadbiketouren 

Tourdaten, GPS-Download:
www.hotel-central.at
www.nauders.com


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