
Friaul - Julisch Venetien
19.11.17 07:29 23.3122017-11-19T07:29:00+00:00Text: Daniel OberaunerFotos: Daniel OberaunerDa ein Häppchen, dort ein Teaser, und in Summe eine Story für DIY-Abenteurer auf der Suche nach Inspiration; Camp-Tipp für weniger verwegene Naturen inklusive. Trailproof-Mitbegründer Daniel Oberauner präsentiert das Kanaltal als bis dato unterschätztes MTB-Paradies und verrät - nicht ohne Bauchweh - seine liebsten Spots.19.11.17 07:29 23.4932017-11-19T07:29:00+00:00Friaul - Julisch Venetien
19.11.17 07:29 23.4932017-11-19T07:29:00+00:0036 Kommentare Daniel Oberauner Daniel OberaunerDa ein Häppchen, dort ein Teaser, und in Summe eine Story für DIY-Abenteurer auf der Suche nach Inspiration; Camp-Tipp für weniger verwegene Naturen inklusive. Trailproof-Mitbegründer Daniel Oberauner präsentiert das Kanaltal als bis dato unterschätztes MTB-Paradies und verrät - nicht ohne Bauchweh - seine liebsten Spots.19.11.17 07:29 23.4932017-11-19T07:29:00+00:00„Im Kanaltal regnet's immer!“ Motorradfahrer, die sich wieder einmal unter einer Autobahnbrücke in ihre Regenpanier zwängen, verzweifeln regelmäßig an den angeblich so schlechten klimatischen Bedingungen in dieser Region. Das schroffe, enge Tal südlich der Grenze bei Arnoldstein soll angeblich ein wahrer Wolkenmagnet sein, aus dessen unwirtlich aussehenden Berggipfeln sich wahre Sturzbäche in den Tagliamento (der zum Großteil eigentlich die Fella/Bela ist) ergießen. Und zugegeben: Auch ich habe hier schon das eine oder andere Unwetter samt Überschwemmungen miterlebt. Aber Dauerregen? Nein.
Kann es sein, dass der schlechte Ruf dieses Tals einfach daher rührt, dass man nach einer Woche des faulen Sonnentoastens in des Kärntners liebster Urlaubsdestination „Litschn“ (Lignano) oder „Tschesolo“ (Jesolo) einfach hyperempfindlich auf ein paar Regentropfen reagiert? Ist nicht vielmehr der näher rückende Wochenbeginn mit der Aussicht auf das wenig geliebte Büro der Grund für die miesepetrige Stimmung? Irgendeinen Schuldigen muss es schließlich geben, und warum soll das diesmal nicht einfach dieses Tal sein?
Mir selbst sind die Bergketten, die sich ab dem Ort Gemona immer näher an unser Auto oder Motorrad schoben, lieb gewonnene Kindheitserinnerungen. Waren sie doch ein klarer Indikator dafür, dass man bald zu Hause ist. Und noch ein Grund treibt mich die letzten Jahre immer wieder in die Region gleich südlich der Grenze: Mountainbiken!
Mountainbiken? War nicht gerade von schroffen, steilen, eng stehenden Bergen die Rede? Und tatsächlich, fährt man auf der Autostrada 'gen Süden, scheint diese Gegend, wenn überhaupt, nur zu Fuß Spaß zu machen. Sieht man aber etwas genauer hin, erkennt man, dass gleich in der zweiten Reihe wahre Trailperlen einsam und verlassen darauf warten, erkundet zu werden. Voraussetzung ist natürlich etwas Entdeckergeist und der Wille, auch mal ein wenig Plackerei und den einen oder anderen Misserfolg auf sich zu nehmen. Übrigens eine Herangehensweise, die mir deutlich lieber ist als trendige, baggergepflegte, niedergebremste, man-made Flowtrails in den hippen Regionen der Alpen zu shredden, oder ein sogenanntes "Abenteuer" mit gebuchtem Guide und Begleitfahrzeug irgendwo auf der Welt zu erleben. Von derlei Unternehmungen wird ohnehin zuhauf berichtet ...
Where to go
Das Friaul jedenfalls ist eine wahre Schatzkammer für Radsportler aller Couleur und keinesfalls auf die im folgenden Überblick genannten Regionen zu beschränken. Früh schneefrei, auch ausgezeichnet rennradgeeignet, grenzüberschreitend, kulinarisch attraktiv. Attribute, die es einem leicht machen, wieder mal ins Auto zu steigen und eine etwas weitere Anfahrt in Kauf zu nehmen. Und mit etwas Rück- und Vorsicht (vgl. den letzten Teil der Regionsübersicht) ist es möglich, das Gebiet auch für uns Mountainbiker so zu erhalten, wie es schon seit langem ist. Die Regenjacke würde ich vorsichtshalber aber doch einpacken ...
„Fahr ma nåch Gemona!“
Nur wenige Biker in der Region Villach oder Klagenfurt konnten sich in letzter Zeit dieser Aufforderung entziehen. Bietet das Gebiet um den idyllischen kleinen Ort doch seit Jahren ein feines, teilweise gebautes Trailnetzwerk. Slowenischen, und noch früher italienischen Enduro-Rennserien sei Dank, haben die Locals alte Wege auf Vordermann gebracht und teilweise neue hinzugefügt - halboffizielles Shuttleservice inklusive.
Wenn die Leute also von Gemona sprechen, meinen sie zu geschätzten 90% die Wege an den Flanken von Gemonas Hausberg. Dabei gibt es viel mehr zu entdecken, selbst die Endurorennen führten teilweise in etwas abgelegenere Gebiete. Einige Straßen sind sogar bis knapp unter die Gipfel asphaltiert, was schon vor Jahrzehnten von der Paragleitfraktion entdeckt wurde. Doch Obacht, Shutteln sollte die Ausnahme bleiben. Zu filigran ist die Situation zwischen den Nutzergruppen mittlerweile auch in Italien geworden.
Carnia
Klingt ähnlich wie Kärnten, ist es auch. Etwas abseits der Hauptverkehrsroute, knapp vor dem Plöckenpass, liegen ein paar kleine Ortschaften, die man radtechnisch eigentlich nur mit dem Giro d'Italia in Verbindung bringt, die allerdings genussvolle MTB-Touren en masse bieten.
Als zweite Linie im Gebirgskrieg sind die Berge rund um Paluzza mit Militärstraßen nur so gespickt; der Vorteil: von ihrer Topographie ähneln die Gipfel viel mehr den Nockbergen als ihren nur einen Steinwurf weiter nördlich gelegenen Brüdern. Gipfelbiken ist also angesagt – auf den Begriff „Bikebergsteigen“ wurde willentlich verzichtet ;-).
Früh schneefrei, auch rennradgeeignet, grenzüberschreitend, kulinarisch attraktiv
Was die Bike-Region Friaul auszeichnetMoggio - mehr als verlassene Dörfer
Etwas weiter flußaufwärts findet sich ein weiterer Ort, der bei Tag fast wie ausgestorben wirkt, aber ebenfalls wahre Schätze im Hinterland verborgen hält: Moggio Udinese.
Wir befinden uns hier eigentlich nicht mehr im Kanaltal, sondern im Fellatal (Canale del Ferro), die Bezeichnung Kanaltal hat sich aber vor allem in Kärnten eingebürgert. Das interessante an diesem Landstrich ist, dass es offizielle Biketouren gibt, die sich nach Lust und Laune kombinieren, abkürzen und verändern lassen. Die Locals betreiben auch gleich mehrere Websites mit Tipps und Infos und sind unglaublich freundlich und hilfsbereit. Keine Spur von feindlichem Localismus.
Eine Tour zu den verlassenen Dörfern Moggesa di La und di Qua hält zusätzlich etwas Geschichtsunterricht bereit. Eine gelegentliche Erfrischung in einem der vielen Gebirgsbäche ist die optimale Draufgabe.
Tarvisio, Pontebba, etc.
Tarvis war vor Österreichs EU-Beitritt eigentlich nur für zwei Dinge bekannt: billigen Kaffee und seinen Fetzenmarkt. Wer also in den 1980ern eine coole Lederjacke oder ein Ray Ban Wayfarer Imitat ergattern wollte, fuhr in die Grenzstadt. Mittlerweile hat sich Tarvis gemausert und ist auf dem besten Weg, einige sogenannte Sportstädte nördlich der Grenze zu überholen.
Pontebba ist den meisten als die Südseite des Nassfeldpasses bekannt. Biketechnisch sind vor allem die grenzüberschreitenden Touren seit Jahrzehnten bekannt und beliebt, im Laufe der Zeit gesellten sich aber immer mehr Trailvarianten dazu, die sich ja auch gut mit einem günstigen Cappuccino kombinieren lassen. Wenn man schon mal da ist, sollte man auch gleich eine Pizza probieren.
Und dann gibt's da noch die andere Seite ...
... Das ist jene, wo ich mir selbst die Frage stelle: Ist es richtig, obige Tipps zu veröffentlichen? Nicht aus übertriebenem Localism oder Geheimhaltung. Da gibt es etliche, die länger und öfter in der Region unterwegs sind. Überhaupt finde ich es vermessen und auch etwas arrogant anzunehmen, man sei irgendwo mit dem Bike der erste, nur, weil es das Internet so viel einfacher gemacht hat, sich öffentlich mitzuteilen.
Nein, der Grund ist, dass man immer mehr besorgte Meldungen hört - teilweise eben auch von Leuten, die die Region seit Jahrzehnten mit dem Mountainbike oder zu Fuß erkunden. Besorgnis, ob die Region Friaul ein ähnliches Schicksal ereilen wird wie andere in Italien und Mitteleuropa. Besorgnis, dass die großen deutschen MTB-Reiseanbieter die Gegend entdecken. Besorgnis auch von Einheimischen, die darauf hinweisen, dass ein Entwurf für Sperrungen schon im Parlament liege. Die Bedenken gehen sogar so weit, dass man gebeten wird, keine Fotos aus der Region zu veröffentlichen (GPS Daten sind für mich ohnehin ein No-go).
Andererseits sind die einheimischen Biker sehr offen, preisen ihre Touren auf Webseiten und youtube an, bieten Shuttleservices und markierte Routen. Roberto von Carniabike sucht sogar regelmäßig den Kontakt und bittet darum, das nächste Mal noch mehr Freunde mitzubringen. Alles in allem glaube ich also, dass wir willkommen sind, solange wir verantwortungsvoll handeln, defensiv fahren und die Berge des Friauls als das sehen, was sie sind: Natur, die man erhalten muss - und kein Spielplatz für Adrenalinjunkies. Amen.
DIY- und Camp-Infos
Brauchbare WebsitesEmpfehlenswerte Unterkünfte
- Albergo Cristofoli - top renovierte Unterkunft in Carnia, geführt von drei Damen
- Albergo Diffuso Sutrio - wunderschönes Wohnen im Dorf, ebenfalls in Carnia
- Casali Scjs - einfaches, aber neu renoviertes, italienisch-russisches Agritourismo in Venzone
- Pizzaria Alpino - der Klassiker in Tarvisio
- Michele - in Venzone; sieht nach Touristenfalle aus, bietet aber ausgezeichnete Nudelgerichte
10. - 13. Mai, Moggio Udinese
Die Wege in und um Moggio sind vielfältig und reichen von waldig bis alpin. Sie werden von den Locals liebevoll gepflegt und Biker sind herzlich willkommen. 4 Tagestouren mit 900 bis maximal 1.300 Höhenmetern und wunderbare Abfahrten der Schwierigkeit S2 bis maximal S3 (singletrail-skala.de) erwarten die Teilnehmer. Natürlich ist auch für das leibliche Wohl gesorgt, man is(s)t ja in Italien!
05. - 07. Oktober, Venzone
Nur für Trailproof-Vereinsmitglieder! Ähnlich wie beim Camp I bewegen sich die Touren auf S2 Trails, selten gibt es ein paar S3 Stellen. Der Untergrund ist insgesamt steiniger, dafür ist das Klima schon etwas moderater und die Luft riecht noch im Oktober nach Sommer.
www.trailproof.com
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