
Welcome to Georgia
16.12.19 08:00 13.7322019-12-16T08:00:00+00:00Text: Daniel OberaunerFotos: Daniel OberaunerKleines Land ganz groß: Von der Stadt in den Nationalpak, von Meereshöhe auf 3.000 - und das alles auf gar wunderbaren Trails. Die ehemalige Sowjetrepublik am Kaukasus und Schwarzen Meer hat Bikern einiges zu bieten.16.12.19 08:00 13.7992019-12-16T08:00:00+00:00Welcome to Georgia
16.12.19 08:00 13.7992019-12-16T08:00:00+00:0016 Kommentare Daniel Oberauner Daniel OberaunerKleines Land ganz groß: Von der Stadt in den Nationalpak, von Meereshöhe auf 3.000 - und das alles auf gar wunderbaren Trails. Die ehemalige Sowjetrepublik am Kaukasus und Schwarzen Meer hat Bikern einiges zu bieten.16.12.19 08:00 13.7992019-12-16T08:00:00+00:00Es sind drei. Und sie sehen sehr ungemütlich aus. Sie fletschen die Zähne, bellen und ihr Anführer schnappt immer wieder in Richtung meines Beins. Warum musste ich auch unbedingt alleine vorausfahren, um Fotos zu schießen? In der Gruppe wäre es sicherer und Guide Sandro wüsste, wie man diese Hirtenhunde vertreibt. Also brülle ich die drei an, trete ab und zu nach ihnen und irgendwann lassen sie von mir ab.
Der Trail ist zum Glück flach und sehr leicht zu fahren; ein Sturz wäre wahrscheinlich von einer richtigen Attacke der Hunde begleitet worden. Wir sollten aber im Laufe der Woche noch lernen, wie man mit den für Georgien so typischen, tierischen Schafhirten umgeht.
Nur: Wie um alles in der Welt kommt man überhaupt nach Georgien, ans südliche Ende der früheren Sowjetunion, zum Radfahren? In meinem Fall war es ein glücklicher Zufall. Rene, seines Zeichens Chef des MTB Reiseveranstalters Bikefex, hatte mich gefragt, ob ich kurzfristig für einen verletzten Guide einspringen wolle. Und da sowieso gerade Ferien waren und ich einer Auszeit ganz und gar nicht abgeneigt war, sagte ich kurzerhand zu. Ein paar Tage später saß ich als „Reisebegleiter“ im 36 Grad heißen Tiflis und wir warteten auf das Shuttle zu unserer ersten Tour. Das Abenteuer Georgien konnte beginnen.
Mediterraner Auftakt
Die Bike-Community in Tiflis hat mit den Hügeln rund um die Stadt einen kleinen Schatz an Möglichkeiten, obwohl mir Sandro erzählt, dass der Bedarf nach Trails aufgrund der wenigen Biker überschaubar sei. Zwei dieser "City Trails" wollen wir uns heute mit unserer fünfköpfigen Gruppe ansehen. Eine gute Möglichkeit auch für uns Guides, das Können und die Ausdauer der Teilnehmer abzuschätzen - die nächsten Tage sollen anstrengend werden.
Und so rollen wir uns locker auf Jeep Tracks ein, halten zum Lunch an einem kleinen See und pedalieren hoch zum nächsten Trail, der uns auf schmalen Serpentinen wieder hinunter in die Stadt führt. Zum Abschluss gibt's noch ein paar enge Gassen und Stiegenabfahrten als i-Tüpfelchen. Unten warten schon unsere zwei Begleitfahrzeuge, und ein großer Vorrat an Wasser und Snacks - ein Service, der uns auch in den kommenden Tagen den Trailalltag versüßen wird.
Im kaukasischen Hinterland
Nun aber endlich in die Berge! Nach einem Transfer und einer Nacht in Telawi geht es am nächsten Morgen über den Abano Pass, eine der gefährlichsten Passstraßen der Welt, rein in den Nationalpark Tuschetien. Und dann heißt es endlich biken – oder so ähnlich. Wir sollten nämlich noch lernen, dass (ähnlich wie in anderen Ländern, die ich mit dem Bike bereist habe) die Forstwirtschaft und somit angenehm zu tretende Forststraßen im Bergland eine untergeordnete Rolle spielen. Zwar führt zu fast jedem Dorf eine 4×4-taugliche Straße und es gibt im hintersten Winkel WLAN; um unsere Abfahrten zu erreichen, kommen wir aber den Großteil der Woche nicht ums Schieben oder Tragen herum. Ein Umstand, mit dem die Teilnehmer wirklich gut klar kommen. Man merkt, dass alle schon einige Jahre an Bike-Erfahrung auf dem Buckel haben.
Der erste Trail im Tuscheti Nationalpark ist ein Musterbeispiel an Vielseitigkeit. Oben flowig, entspannt – bis auf die Hunde – über Wiesen, biegt er nach der Hälfte in eine waldige Sektion ein, die jedem Endurorennen Ehre machen würde.
Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, endet dieser Tag direkt an einem Fluß, der zum Baden geradezu einlädt. Wir beschließen den Tag in einer der urigsten Unterkünfte, die ich jemals gesehen habe.
Auch die nächsten Tage sollen persönliche Highlights an alpinem Mountainbiking werden: schweißtreibende Aufstiege, meist zu Fuß. Weitblicke bis an die 4000er der russischen Grenze und Abfahrten, die sich anfühlen, als wären sie anstatt für Packpferde für Mountainbikes gebaut worden. Hinzu kommen abgelegene Dörfer mit gemütlichen Gasthäusern, mehr als reichhaltiges Essen und Gastgeber, die uns jeden Wunsch von den Augen ablesen. Man muss sich nur auf das Radfahren konzentrieren, sonst nichts.
Überhaupt bin ich begeistert von der Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Georgier. Die nette Gruppe, mit der ich unterwegs bin, tut ein Übriges zum Wohlfühl-Charakter dieser „Arbeitswoche“, und so fühle ich mich viel mehr wie ein Teil der Gruppe als ein außenstehender „Reisebegleiter“ und genieße meinen spontanen Einsatz in vollen Zügen.
Im Flieger, der mich nach acht Tagen von Eurasien wieder in die Heimat bringt, blicke ich zurück auf eine Woche voller wunderbarer Eindrücke. Noch nie habe ich mehr Vielfalt auf kleinerem Raum erlebt: staubige, steinige Singletrails mit City-Blick, eine quirlige Altstadt und mediterranes Flair; und nur 80 Kilometer und 2.500 Höhenmeter weiter nördlich im kaukasischen Hinterland einsame, hochalpine Wanderwege, ursprüngliche Bergdörfer und schier unendliche Weitblicke. Dazu die üppige Küche (Schaffleischeintopf!) und unglaubliche Gastfreundschaft der Bevölkerung, sowie abenteuerliche Geländewagenfahrten und Bikebergsteigen vom Feinsten. Und last, but not least, die Begegnungen mit den vierbeinigen Schafhirten. Nicht, dass ich mit den Hütehunden Freundschaft geschlossen hätte. Aber sollte ich wieder einmal eine Gruppe Mountainbiker in Georgien fotografieren wollen, wäre ich vorgewarnt ...
Informationen
Der Reiseveranstalter Bikefex hat den achttägigen Georgien-Trip auch 2020 wieder im Programm. Zwischen 2. und 23. August warten insgesamt drei Möglichkeiten zu je 1.550 Euro pro Person. Inkludiert sind dabei die Übernachtungen samt Verpflegung (ausgenommen 2x Abendessen in Tiflis sowie Getränke am Abend), alle Shuttle-Dienste sowie sechs Tage Guiding durch zertifizierte MTB-Führer. Nicht inbegriffen ist die individuelle An- und Abreise, bikefex ist bei der Flugbuchung aber gerne behilflich.
Die technischen Anforderungen der Reise sind mit großteils S2-Niveau überschaubar. Konditionell sollten allerdings täglich bis zu 1.500 Hm, die mehrheitlich geschoben/getragen werden müssen, drin sein - und das bei über 3.000 m Seehöhe ... Empfohlen wird ein Fully mit mind. 140 mm Federweg und ausreichend Ersatzmaterial (Leihbike optional erhältlich). Helm, Handschuhe und Knieptrotektoren sind Pflicht.
Infos und Anmeldung: www.bikefex.at
Autor des Artikel ist Daniel Oberauner, Mitbegründer und Guide von trailproof und als Sportwissenschafter, staatlich geprüfter Trainer, MTB-Instruktor uvm. als Ausbildner und Lehrbeauftragter in so ziemlich alles involviert, was in Kärnten mit der Hinführung zu Bewegung und Sport zu tun hat. Alle Trailproof Touren-, Camp- und Fahrtechniktermine gibt's unter www.trailproof.com