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Merida One-Twenty First Ride

Merida One-Twenty First Ride

29.09.23 09:08 1.739Text: Ralf Hauser
Ralf Hauser
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Fotos: Paul Box, Merida, NR22
Alles neu beim One-Twenty: mit 130 mm Federweg, neuem Rahmendesign und moderner Geometrie soll das Trailbike aus Aluminium noch bessere Allround-Eigenschaften an den Tag legen. Wir durften es unter epischen Bedingungen schon ausprobieren ...29.09.23 09:08 3.327

Merida One-Twenty First Ride

29.09.23 09:08 3.3271 Kommentare Ralf Hauser
Ralf Hauser
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Paul Box, Merida, NR22
Alles neu beim One-Twenty: mit 130 mm Federweg, neuem Rahmendesign und moderner Geometrie soll das Trailbike aus Aluminium noch bessere Allround-Eigenschaften an den Tag legen. Wir durften es unter epischen Bedingungen schon ausprobieren ...29.09.23 09:08 3.327

Verwirrend: Waren Meridas Modellbezeichnungen, welche deren Federwege aufgriffen, lange Zeit durchaus treffend, weichen mittlerweile immer mehr Räder in ihrem Lineup davon ab. Auch das neue One-Twenty.
120 mm Federweg hat dieses nämlich nicht mehr; das neue 29er rollt nun vorne und hinten mit 130 mm über die Waldwege. Bleiben also nur markenrechtliche und historische Begründungen für die Namensgebung, daran aufhängen wollen wir uns aber nicht.

Den Aufgabenkatalog zu erfüllen, war für die Entwickler des neuen One-Twenty kein leichtes Unterfangen.
Ein guter Kletterer mit kompetenten Abfahrtseigenschaften sollte es sein, darüber hinaus erschwinglich. Ein Trailbike mit geringem Federweg, für durchaus raues Gelände mit beeindruckenden Allround-Eigenschaften also. Ein smartes Komponentenpaket musste sich somit genauso in das Gesamtbild einfügen, wie moderne Geometrie und ein robuster Rahmen.
Angesiedelt zwischen dem Ninety-Six und dem One-Forty, bietet das One-Twenty mit 130 mm Federweg für viele Fahrer trotz aller boomenden Trends immer noch den für sie optimalen Wert zwischen Federungskomfort und -effizienz. Und das bereits ab einem empfohlenen Verkaufspreis von € 1.999,-.

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Der Rahmen

Das neue Federungsdesign des One-Twenty LITE V-Rahmens basiert auf einer Eingelenks-Bauweise mit Hebelanlenkung des horizontal montierten Dämpfers.
Das sogenannte P-FLEX Flexstay eliminiert ein zusätzliches Lager in der Nähe des Ausfallendes an Sitz- oder Kettenstrebe, zugunsten von höherer Steifigkeit, Gewichtsreduktion und Wartungsfreundlichkeit. Der natürliche Flex des Aluminium-Rahmenmaterials und die spezielle Form der Rohre nimmt die leichte Positionsveränderung der Elemente des Hinterbaus während des Federungsvorgangs auf.

Um die Dauerhaltbarkeit des Rahmens unter Beweis zu stellen, durchlief dieser exzessive Testzyklen auf den Testbänken des Zedler Instituts.
Als Endresultat wird die ASTM-Zertifizierung im Vergleich zum Vorgängermodell sogar eine Stufe angehoben und erfüllt nun Kategorie 4-Standards der Enduro-Klasse. Der Erstbesitzer darf sich sogar über eine lebenslange Garantie freuen.

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Das Rahmengewicht bei Größe M beträgt laut Hersteller 3.100 g ohne Federelement, Sattelklemme, Schaltauge und Achse, plus/minus 5%.

Die Kabelführung verläuft durch den Steuersatz ins Innere des Rahmens. Dort sind Kabelkanäle untergebracht, demensprechend geräuschfrei sollen sich die Kabel während der Fahrt darin verhalten. Ein Service Port am unteren Teil des Unterrohrs hilft dabei, die Kabel innerhalb des Rahmens korrekt und ohne großen Aufwand zu verlegen.
Eine optionale ISCG-Befestigung erlaubt die Montage von Kettenführungen. Am Hinterbau beträgt die maximal empfohlene Reifenbreite 2,5". Als Schaltauge fungiert Srams UDH-Standard. Ein Unterrohrschutz wird fast über die gesamte Länge des Unterrohrs gezogen.

Das Unterrohr selbst weist mehrere Befestigungspunkte für einen Flaschenhalter auf, dieser kann also wahlweise höher oder niedriger montiert werden. Wer die höhere Position wählt, kann auf dem Sattelrohr eine zweite Flasche befestigen. Je nach Rahmengröße und Flaschenform können die maximal passenden Größen variieren (500 ml-Flaschen haben jedenfalls Platz).

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Auf der Verstärkungsbrücke der Sitzstreben lässt sich ein langer Fender montieren.
Der Schnellspannhebel der Boost 12 x 148 mm Hinterachse fungiert gleichzeitig als 4 mm und 6 mm Inbus-Werzeug, womit sich bis auf das Hauptlager alle Schrauben am Rahmen festziehen lassen. Im oberen Teil des Rahmendreiecks lässt sich auf der Unterseite des Oberrohrs ein Werkzeughalter oder ähnliches montieren.
Der auf der Innenseite am Hinterbau montierte Bremsadapter folgt dem 180 Direkt Mount Standard.

Geometrie

Größe XShort Short Mid Long XLong
Sitzrohrlänge (mm) 400 410 425 445 470
Steuerrohrlänge (mm) 95 100 105 110 115
Oberrohrlänge (mm) 548 569 590 611 632
Kettenstrebenlänge (mm) 435 435 435 435 435
Lenkwinkel 66° 66° 66° 66° 66°
Sitzwinkel 78,5° 78,5° 78,5° 78,5° 78,5°
Stack (mm) 604 609 613 618 622
Reach (mm) 425 445 465 485 505

Das neue One-Twenty fügt sich in Meridas sogenanntes Agilometer-Rahmenkonzept ein, welches mit den neuesten Generationen ihrer Bikes eingeführt wurde.
Um Fahrern mehr Auswahl hinsichtlich Rahmengrößen zu ermöglichen, fungiert hierbei als maßgeblicher Faktor, welcher die Größe definiert, eher die Länge, also der Reach, denn die Länge des Sattelrohrs. Letzteres ist möglichst kurz gestaltet, um auch kleineren Fahrern, welche die Fahrstabilität von längeren Rahmen bevorzugen, zu erlauben, solche zu fahren, ohne auf die Vorteile von Teleskopstützen mit viel Hub verzichten zu müssen. Gleichzeitig haben größere Personen bessere Chancen, ihr Bike mit einer Variostütze mit längstmöglichem Hub auszustatten.
Eine Rahmengröße wurde dem Lineup des One-Twenty außerdem hinzugefügt. Somit lässt sich aus XShort, Short, Mid, Long und XLong wählen - von 425 mm bis 505 mm Reach. Im Vergleich zum Vorgängermodell ist der Reach üppig gewachsen, im Vergleich zum aktuellen One-Sixty eine Spur kürzer.
Bei den Rahmengrößen XShort und Short kann eine Teleskopstütze bis zu 150 mm Länge komplett im Rahmen versenkt werden, bei Mid 170 mm, bei Long und XLong 200 mm.

Im Vergleich zum Vorgängermodell ist der Sitzwinkel für eine effizientere Tretposition um ein gutes Stück von 75,5 auf steile 78,5 Grad angestiegen. Obwohl der Reach jetzt länger als beim alten One-Twenty ist, wird die Oberrohrlänge dadurch sogar kürzer. Man muss also keine Angst haben, zu überstreckt auf dem Bike Platz nehmen zu müssen.
Der Lenkwinkel wurde für höhere Laufruhe um 1,3 Grad auf 66 Grad abgeflacht. Mit 435 mm Länge sind die Kettenstreben sehr kurz, besonders für ein 29" Hinterrad.

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Kinematik

Mit dem Ziel, eine aggressive Fahrweise sowie bei Bedarf Luftdämpfer mit höherem Luftvolumen besser zu unterstützen, wurde das Hebelverhältnis des One-Twenty progressiver gestaltet.
Dabei verläuft die Kennlinie bis zum empfohlenen Sag-Wert von 30 % degressiv, um dann für Durchschlagschutz zum Ende hin progressiv zuzulaufen.
Interessant: Die Gesamt-Progression ist sogar etwas höher als beim One-Forty, um trotz des geringeren Federwegs auch in fordernden Situationen Paroli bieten zu können.

Das Dämpfermaß beträgt 190 x 45 mm. Dadurch ergibt sich ein durchschnittliches Hebelverhältnis von 2,89 : 1.

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Der Anti-Squat-Wert beim Sag-Punkt liegt knapp über 100 % und bewegt sich auch im mittleren Federungsbereich in einem Bereich zwischen 95 und 100 %, um hohe Treteffizienz bei wenig Wippen aufrecht zu erhalten. Danach taucht die Kurve etwas stärker ab, um bei stärkeren Schlägen aktiver reagieren zu können.

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Eine ähnliche Kurve präsentiert der Anti-Rise. Liegt er knapp unter 100 % beim Sag-Punkt für eine neutrale Brems-Balance, taucht die Kurve kontinuierlich mit wachsendem Federweg ab, um für ein aktiveres Federungsverhalten zu sorgen.

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Wer Probleme damit hat, diese Charts zu identifizieren, kann gerne unser Ferderungs 1 x 1 für zusätzliche Infos zurate ziehen. 

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Ausstattung & Modelle

Drei Ausstattungsvarianten des One-Twenty wird es auf dem Markt geben. Beginnend mit dem One-Twenty 700, dem Bike, welches für unseren First Ride zur Vertfügung stand, wird das Fahrwerk von RockShox in Form einer Pike Select und einem Deluxe Select+ mit Lockout-Funktion gestellt. Die Schaltarbeit übernimmt eine Mischung aus Srams NX Eagle und SX Eagle 1 x 12. Aus selbem Haus kommen die DB8-Bremsen mit 4-Kolben-Technologie.
Die Merida Expert TR II-Teleskopstütze kommt am Größe XShort und Short mit 150 mm Hub, 170 mm bei Mid und 200 mm bei Long und XLong.

Das Cockpit wird ganzheitlich von Merida gestellt. Der Expert TR II-Lenker misst 780 mm in der Breite und 18 mm in der Höhe. Der Expert eTR II-Vorbau verwendet auf allen Rahmengrößen 40 mm Länge und passt genau zu den oval geformten Spacern darunter. Diese wiederum spielen mit dem Acros ICR Merida External Neck-Steuersatz mit interner Kabelführung zusammen.
Die Laufräder setzen sich aus Novatec-Naben und Merida Expert TR-Felgen zusammen, darauf laufen Maxxis Forekaster 29 x 2,4"-Reifen mit 3X MaxxTerra Gummimischung und EXO Seitenwand.
Unter dem Proxim W400 STN-Sattel ist ein kleines Merida-Multitool versteckt.
Der empfohlene VK liegt bei € 3.299,-.

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Weiter geht es mit dem One-Twenty 600, welches über denselben Dämpfer wie das 700 verfügt, aber and er Front mit einer Marzocchi Z2 ausgestattet ist. Geschalten wird mit Shimanos Deore 1 x 12 mit 10-51er Abstufung, auch die Bremsarbeit übernimmt Deore  - mit 4-Kolben-Sattel an der Front und 2-Kolben-Sattel am Heck.
Auf Merida Comp TR-Felgen sind einmal mehr Maxxis Forekaster aufgezogen, in diesem Fall allerdings nur mit Dual Gummimischung.
Der empfohlene VK beträgt € 2.699,-.

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Auch das preisgünstigste Modell, das One-Twenty 500, braucht sich nicht zu verstecken. Eine SR Suntour XCR34 2CR Federgabel und SR Suntour Edge Plus 2CR-Dämpfer mit Lockout eliminieren Bodenunebenheiten.
Shimanos CUES U6000 mit 1 x 10 Gängen und 11-48 Gangbreite sollte über die Jahre extrem viele Schaltvorgänge locker wegstecken können, 2-Kolben Shimano MT200-Bremsen das Bike verlässlich zum Stillstand bringen.
Der Preis: € 1.999,-. 

Grundsätzlich werden jedem Modell des One-Twenty jeweils zwei Farbvarianten spendiert. In Österreich wird das One-Twenty 700 allerdings nur in der türkisfarbigen Silk Metallic Teal-Version geführt werden.

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First Ride(s)

Insgesamt drei Tage habe ich auf dem One-Twenty 700 verbracht, zwei davon beim Merida EX-Enduro-Rennen in Exmoor, Großbritannien. Der längste Tag davon schrieb mit ca. 1.600 Höhenmetern an, insgesamt wurden also durchaus aussagekräftige Höhen- und Tiefenmeter gesammelt.

Um es gleich einmal vorweg zu nehmen: Eigentlich bin ich kein ausgemachter Freund von Bikes mit geringerem Federweg und habe auch schon seit längerem keine Kilometer auf solchen zurückgelegt. Dementsprechende Überzeugungsarbeit hatte das One-Twenty in meinem Fall zu leisten.
Merida beschreibt die Ausrichtung des One-Twenty mit 40 % Bergauffahr- und 60 % Bergabfahrgewichtung.
Mit einem angegebenen Gewicht von 15 kg ohne Pedale für das One-Twenty 700 zählt die Serie vielleicht nicht gerade zu den Leichtgewichten, das 29er war aber weit davon entfernt, sich wie ein Schlachtschiff anzufühlen. Mit den Maxxis Forekaster-Reifen beschleunigte es zügig und legte vortriebswillig Höhenmeter zurück.
Die Sitzposition mit extrasteilem Sitzwinkel brachte effizient Druck auf die Pedale und es war erfreulich zu sehen, dass Merida solche Winkel auch auf einem Trailbike in Serie umsetzt. Beobachtet man die Mitglieder von Meridas R&D Team beim Fahren, ist dieser Umstand übrigens gar nicht mehr besonders überraschend ... 

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Sogar wenn es richtig steil wird, klebt das Vorderrad des One-Twenty trotz seiner kurzen Kettenstreben – aber nicht zuletzt dank des steilen Sitzwinkels – stets gut kontrollierbar am Boden. Geplagt hat mich in solchen Situationen allerdings das Gefühl, dass der leichteste Gang noch ein oder zwei Zähne mehr auf der Kassette vertragen hätte können.
Das Kettenblatt ist mit 32 Zähnen schön klein, die SX Eagle-Kassette mit 11-50er Übersetzung in Kombination mit dem 29"-Hinterrad kann allerdings nicht ganz mit anderen Gruppen mithalten. Selbst das One-Twenty 600 erscheint in dieser Hinsicht mit 10-51er Gangbreite überlegen. Wer, wie ich, auch in steilen Sektionen lieber im Schneckentempo klettert als zu gehen, wird vermutlich nicht ganz glücklich werden.
Ein Wechsel zu einem kleineren 30er Kettenblatt ist in dem Fall natürlich eine Option, dann wird aber in Kombination mit dem 11er-Ritzel am anderen Ende des Spektrums schnell die Trittfrequenz bei schnellen Abfahrten in die Höhe schnellen.

Mit Lockout-Funktion am Dämpfer ausgestattet, hatte ich kein einziges Mal das Gefühl, den Hebel betätigen zu wollen, auch nicht auf Straßen-Transfers oder langen Forststraßen-Stücken.
Aufgrund der Federkennlinie, die zuerst degressiv verläuft, ist es wichtig, den empfohlenen Sag von 30 % einzuhalten, sonst würde man die Federung zu unnötigem Wippen animieren. Mit dem korrekten Setup allerdings verhält sich das Fahrwerk sehr neutral und ist ein Wippen auch im offenen Zustand eigentlich nicht wahrzunehmen.
Selbst wenn man im Sprint aus dem Sattel geht und das One-Twenty beschleunigt, setzt das Bike den Input willig in Vortrieb um - auch, wenn aufgrund des Gewichts nicht ganz die Spritzigkeit leichterer Bikes gegeben ist.

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Zeigt des Vorderrad Richtung Tal, ist man auf dem One-Twenty durchaus gut aufgehoben. Natürlich sitzt man auf einem Bike mit 130 mm Federweg nicht auf einem Downhiller, der auch größere Hindernisse, ohne sie wirklich wahrzunehmen, wegbügeln kann. Von den Nehmerqualitäten der Federung war ich dennoch positiv überrascht.
In Wirklichkeit wird das Haupteinsatzgebiet des One-Twenty wohl eher Trails mit moderatem Schwierigkeitsgrad beinhalten, die das Bike vorzüglich beherrscht. Aber selbst bei technisch schwierigen Stellen gerät das Fahrwerk kaum außer Kontrolle und lässt sich gezielt die gewünschte Spur verfolgen.

Bei höheren Geschwindigkeiten vermittelte mir der 66-Grad Lenkwinkel in Kombination mit dem Radstand allerdings – sicherlich auch gestärkt durch meine jahrelange Gewöhnung an flachere Winkel – nicht ganz das nötige Selbstvertrauen, um das Bike richtig laufen zu lassen. Um meinem persönlichen Wohlfühlfaktor zu entsprechen, wechselte ich im Laufe der Tage von einem Größe Mid auf einen Größe Long Rahmen.
Dank Meridas Rahmenkonzept mit kurzen Sitzrohrlängen, war mir dies selbst mit 168 cm Körpergröße möglich. Einzig auf eine 170er Teleskopstütze statt der verbauten mit 200 mm Hub musste zusätzlich gewechselt werden. Dass ich mit dieser Vorliebe auch aus den empfohlenen Werten von Meridas Agilometer-Chart hinausfiel, sei, wie auch unlängst schon beim First Ride des One Sixty FR, dazugesagt. Allerdings illustriert die Tatsache, dass es trotzdem klappte, meiner Meinung nach umso eindrücklicher, dass Meridas moderner Geometrie-Ansatz, bei der ein Fahrer aus unterschiedlichen Rahmengrößen wählen kann, der Weg ist, den die gesamte Bike-Industrie verfolgen sollte. Manche Firmen lernen eben schneller als andere.

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Die RockShox Pike Select muss sich, um dem Preispunkt gerecht zu werden, im Vergleich zu den Topmodellen logischerweise mit dem simpleren Charger RC Dämpfungs-System begnügen. Dafür verrichtet sie allerdings durchaus leistungsfähige Dienste.
Bei sehr schnell aufeinanderfolgenden Schlägen kann sie zwar nicht mit den Klassenbesten mithalten, aber sie behält stets gute Kontrolle, auch, wenn der Trail mit gröberen Hindernissen gespickt ist. Im Normalfall war ich sogar extrem überrascht, wie gut sie bei höheren Geschwindigkeiten damit zurechtkam, das Vorderrad auf Spur zu halten.
Ähnlich kompetent arbeitete der RockShox Deluxe Select+ Dämpfer. Vom Gefühl her erscheinen das Hinterbaukonzept und die Funktionsweise des Dämpfers vielleicht nicht als extrem aktiv und etwas gedämpft, aber genau dieser Umstand passt eigentlich hervorragend zum Charakter des Bikes. Überrollt man zum Beispiel größere Wurzeln, nimmt man diese durch das Fahrwerk durchaus wahr, außer Kontrolle gerät das große 29"-Hinterrad in den meisten Fällen dennoch nicht.
In jenen Fällen, wo das Bike auf entweder losem Schotter oder äußerst schlammigem Boden ausgebrochen ist, ließ es sich gutmütig einfangen, sowie die Reifen auf griffigeren Stellen wieder Halt gefunden haben. In diesem Zusammenhang wird mir ein spaßiger, langer Drift im Gatsch über beide Räder wohl noch länger in Erinnerung bleiben.

Einen großen Unterschied macht ein Wechsel auf abfahrtsorientiertere Reifen. Mit einem Maxxis Assegai 2,5" mit weicher Gummimischung und 2,4" breitem DHR II am Hinterrad wurde nicht nur das Absorptionsverhalten der Federung positiv unterstützt, sondern ließ sich das Bike mit einer gehörigen Extraportion an Vertrauen durch die Kurven jagen.
Das ideale Enduro-Rennbike wird das One-Twenty deshalb meiner Meinung trotzdem nicht – und will es auch nicht sein. Aber dass das One-Twenty eine Kategorie 4-Wertung erhalten hat, untermauert Meridas Vertrauen in das Bike und eröffnet ein sehr breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten, wenn man diese Schiene einmal ausprobieren möchte.

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Der Hinterbau kam also mit verschiedensten Szenarien gut zurecht, ohne das Gefühl zu vermitteln, der Federweg würde ausgereizt. Erst mittelhohe Drops bei hoher Geschwindigkeit ins Flat hatten einen relativ harten Durchschlag zur Folge hatten. Das Gefühl, dass dabei die Fußgelenke abknicken würden, blieb dennoch aus, was für die progressive Abstimmung der Federung spricht.

Je länger der Rahmen, desto mehr will die Front des Bikes geladen werden, da aufgrund der sehr kurzen Kettenstreben mehr Gewicht über dem Hinterrad lastet. Unbalanciert fühlt sich das One-Twenty deswegen dennoch nicht an.
Wer gerne schlängelnde Trails mit flinken Last- und Richtungswechsel hinunterzirkelt, wird mit dem Kurvenjäger seinen Spaß haben. Musste man das Hinterrad einmal hart in eine Kurve hineinjagen, um eine Spitzkehre bei höherer Geschwindigkeit zu erwischen, reichte ein leichtes Lupfen der Hinterradbremse, um das größere Hinterrad dazu zu animieren.

Hat man sich einmal stundenlang durch strömenden Regen, fließende Bäche und durch schlammige Kurven über die Trails bewegt, entwickelt man ein besonderes Verhältnis – gut oder schlecht – zu dem Rad, das einen auf solchen Erlebnissen begleitet.
Im Fall des One-Twenty muss ich gestehen, dass es mir – trotz seines limitierten Federwegs – über den kurzen Zeitraum durchaus ans Herz gewachsen ist. Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen!

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