Race Face Era Carbon-Kurbel

Vor kurzem stellte Race Face seine neueste High-End Carbon-Kurbel vor. Die ERA gilt als Nachfolgerin der früheren Next-R-Kurbeln. Nachdem ich von Beginn an vorhatte, die initial verbaute Shimano SLX Kurbel an meinem Mondraker Foxy zu ersetzen, kam mir die Gelegenheit gerade recht.
War's zu Beginn einfach die Neugier und mein Nerd-Mindset (Carbon-Rahmen braucht auch Carbon-Kurbel), war ich dann doch auch überrascht über so manch feines Detail wie die Edelstahlplatten, das Cinch-System oder die ergonomische Form der Kurbelarme. Aber mehr dazu später; erst noch ein kurzer Abstecher zu den technischen Details.

Alleine die harten Fakten sprechen schon eine eindeutige Sprache: 485 g Komplettgewicht (in unserem Setup), die Pedalgewinde sind direkt ins verstärkte Carbon-Layoup laminiert, 30 mm Achsdurchmesser, 176 mm Q-Faktor und ein Produktdesign, das nicht nur auf Optik sondern vor allem auch auf Langlebigkeit und Härte im Nehmen getrimmt ist: Die integrierte Edelstahlplatte sorgt nicht nur für unverkennbare Optik, sondern dient vor allem als Scheuerschutz gegen aggressive Schuhe.

Tatsächlich ist Race Face dermaßen von der Robustheit der neuen Kurbel überzeugt, dass die ERA inklusive einer “sorgen- und stressfreien 10-Jahres-Garantie” ausgeliefert wird, die selbst Sturzschäden abdeckt.
Es gibt den Newcomer in sieben verschiedenen Farben (Black, Orange, Green, Blue, Red, Kashmoney, Stealth) und drei Längen (165, 170 und 175 mm).

Tech Specs

Die Montage der neuen Kurbel samt Tausch des Tretlagers ist eine Sache, die dank BSA-Lager in wenigen Minuten erledigt ist. Wo mir bei Pressfit-Lagern schon vor Beginn kalter Angstschweiß auf der Stirn stand, ist der Tausch von geschraubten Lagern mit dem richtigen Werkzeug tatsächlich keine große Sache.
Auch für die Montage des Kettenblattes auf dem Kurbelarm benötigt man dank CINCH System lediglich ein Kassetten-Werkzeug, das im Regelfall sowieso in keiner gut sortierten Werkstatt fehlen darf. Das Blatt von hinten verschraubt, die Kurbel durchs Lager gesteckt, den zweiten Kurbelarm aufgesteckt, Abstände und ggf. das Spiel korrigiert und fertig ist die Umrüstung.

Kettenblätter gibt es von Race Face als SHI 12 (Shimano 12-fach kompatibel) in Alu und Stahl von 30 bis 34 Zähnen in klassischer oder ovaler Form. Als Narrow-Wide reicht die Bandbreite sogar von 24 bis 38 Zähnen, eloxiert in bis zu sechs verschiedenen Farben.
Ich bin zuerst mit einem 32er Standard-Blatt gefahren und habe dann zwischenzeitlich auf ein ovales 28er Blatt gewechselt.
Die Kettenblätter sind asymmetrisch und lassen sich zum präzisen Einstellen der Kettenlinie "standard” oder "flipped” montieren.
Selten war der Wechsel eines Kurbelsatzes samt Lagertausch einfacher! Am Ende ist die neue Kurbel im Komplettpaket um exakt 60 Gramm leichter als die bis dahin verbaute SLX-Alu-Kurbel.

Bevor’s mit dem Enduro ins grobe Gelände geht, montiere ich noch die “Crank Boots”-Endkappen, checke alle Drehmomente, die Kettenlinie und Schaltperformance. Mit dem Einstellring (und notfalls auch Spacer-Scheiben) lässt sich das axiale Spiel soweit minimieren, dass sich die Kurbel leichtgängig dreht, aber eben kein seitliches Spiel mehr hat.

Für einen ersten Aha-Moment beim Wegfahren vom Büro sorgt das ovale Kettenblatt. Ich habe wieder ganz vergessen, wie sich so ein Blatt anfühlt. Jedenfalls sind die ersten Meter damit zumindest für mich ungewohnt, als würde der gesamte Antrieb eiern.
In kürzester Zeit ist das Gefühl aber verschwunden, und man kann die Vorteile des ovalen Kettenblatts (Hebel, Totpunkt, etc.) genießen. Die Theorie dazu bietet jedenfalls jede Menge Nerd-Potenzial.

Die Kurbel selbst ist steif, robust und hart im Nehmen. Schon auf den ersten Trails im Dreiländereck (siehe Reschen/Nauders Report) sind ein paar felsige Schmankerl mit dabei, und natürlich habe ich’s wieder geschafft, im Pedalieren den einen oder anderen Felsen mit Pedal oder Kurbel mitzunehmen. Doch das lässt die ERA ebenso unbeeindruckt wie meine Knick-Senkfüße, die gelegentlich an der Kurbel streifen.
Von der brutalen Behandlung des Fotografen-Bikes ganz zu Schweigen. So landet mein Enduro naturgemäß alle paar hundert Meter zum Fotostopp abseits des Trails, auf Wurzeln, Steinen, im Moos, auf Wiesen und Feldern. Auch nach weiteren zehntausend Tiefenmetern auf Heimtrails und auf der Sellaronda, teilweise bei ärgstem Gatsch und Regen, sieht die Kurbel beinahe aus wie neu.

Vom ovalen Kettenblatt werde ich mich allerdings wieder trennen und es durch ein rundes ersetzen. Irgendwie taugt mir das leichte “Eiern” beim Treten nicht, außerdem ist durch das ovale Blatt ständig Bewegung im Schaltkäfig und sorgt so für (wenn auch nur minimale) zusätzliche Abnutzung.