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Empfohlene BeitrÀge

Geschrieben

Manches braucht mehr Zeit.

Ich habe mehr fĂŒr mich als fĂŒr euch die Tage in Worte gefasst, keine kĂŒnstlerische Hochleistung. Aber ich dachte mir ich teile das mit Euch 

Viel Spaß beim Lesen, vielleicht fĂ€hrt einer mal auch das Trans Pyrenees von TransIbericaClub.

In den nÀchsten Tagen folgen tageweise die Berichte.

Geschrieben

TransPyrenees 2024,

30.Juni.2024

1038 km 27.000 HM

San Sebastian nach Llançà quer durch die PyrenĂ€en. 38 ausgewiesen PĂ€sse. Der Col du Tourmalet ist mit 2115 Metern ĂŒber dem Meeresspiegel der höchste asphaltierte Straßenpass der französischen PyrenĂ€en.

Ich habe mich doch recht intensiv mit der Strecke und den vorhergehenden Ausgaben beschÀftigt.

Meine Rechnungen ergaben das ich, wenn alles gut geht, hoffentlich am Mittwoch nach 84 Stunden zu Sonnenuntergang am Abend im Ziel ankomme. 64h Fahrzeit und 20h Pausenzeit.

Der Plan ist die erste Nacht bis auf 2-4 h durchzufahren und die folgenden 2 NĂ€chte mir ein Hotel zu suchen.

Was das PlatzierungsmĂ€ĂŸig heißen wĂŒrde war wir zu diesem Zeitpunkt nicht ganz klar.
GrundsÀtzlich war meine herangehensweise: entspannt mein Tempo zu fahren und einfach schauen was kommt.

Es ist noch ein weiterer Österreicher gemeldet, meine Frau wird mich im Ziel erwarten.

 

Ich fliege schon am Donnerstag nach San SebastiĂĄn, da der Flug viel gĂŒnstiger ist als der Freitagsflug. Im Nachhinein hĂ€tte ich den Freitagsflug nehmen sollen. Zwei volle Tage sind mir zu viel, vor allem wenn ich allein bin. Meine Unterkunft ist direkt in der Stadt, eine gĂŒnstige Pension.

 

Am Freitag mache ich meine Warm-up-Runde, da fĂŒr Samstag Regen vorhergesagt ist. Die Wolken hĂ€ngen tief ĂŒber dem Golf von Biskaya, die Straßen sind teilweise feucht, aber es ist warm und unglaublich grĂŒn. Es ist nur eine 50km Runde nach Osten raus aus San Sebastian.

 

Am Samstag regnet es wie vorhergesagt. Ich spaziere ein wenig durch die Stadt, mache mich zu Mittag langsam fertig und packe alle meine Sachen. Um 16 Uhr ist die Registrierung und Abgabe der Bikebox, und um 18 Uhr ist das Briefing. Ich habe einen Bike-Transfer zum Ziel gebucht. Einen kleinen Rucksack kann man am Sonntagmorgen vor dem Start abgeben.

 

Die Registrierung ist 10 km außerhalb von San SebastiĂĄn in Pasai Donibane. Um 14 Uhr erhalte ich eine E-Mail vom Veranstalter, die ich nicht richtig interpretieren kann. Ich mache mich mit dem Bus und der Bikebox auf den Weg zur Registrierung. Dort angekommen, wird ein Foto von mir gemacht. Bei der Abgabe der Bikebox frage ich nochmals bezĂŒglich des Rucksacks nach. Nein, auch den muss ich heute bis spĂ€testens 19:30 Uhr abgeben.

 

Es kommt Panik auf. Ich bin normal gekleidet und habe noch andere Sachen in meinem Zimmer. Alls zusammen sicher mehrere hunderte € Wert.
Zum GlĂŒck fahren die Busse im 15-Minuten-Takt. Ich fahre zurĂŒck in die Stadt, renne zu meiner Pension, packe alles zusammen, ziehe mich um und bin um 17:50 Uhr wieder bei der Registrierung.

 

WĂ€hrend wir im Saal auf das Briefing warten, dĂ€mmert es mir, dass ich die Laufradtaschen meines Evoc BikeBag Pro, den ich von einer Freundin ausgeliehen habe, im Zimmer vergessen habe. Eine kurze Internetrecherche zeigt, dass mich das 150 € kosten wird. Dann kommt mir die Idee, die Rezeption meiner Pension zu bitten, mir diese ins Ziel zu schicken. Der Rezeptionist, mit dem ich mich bestens verstanden habe, ist immer bis 20:30 Uhr vor Ort, wie er mir gesagt hat.

 

Das Briefing verzögert sich und verzögert sich. Langsam werde ich wieder nervös, ob sich das ausgeht. Um 19:15 Uhr geht es los und dauert dann nur 30 Minuten im Schnelldurchlauf. Aber alles Wichtige wird gesagt, und ich mache mich in Radkleidugn und mit Radschuhen auf den Weg zur Pension. Um 20:15 Uhr bin ich dort, aber die Rezeption ist nicht mehr besetzt. Ich habe nicht mal einen Kugelschreiber oder Papier, um eine Nachricht zu schreiben. In einem Hotel nebenan hilft man mir aus. Ich schreibe eine kurze Nachricht auf Papier und eine lange E-Mail mit meinem Anliegen an die E-Mail-Adresse der Pension. In der FrĂŒh werde ich die Laufradtaschen vor die Rezeption legen und hoffen, dass man mir diese nachschickt.

 

 

Ich gehe noch eine Pizza essen und lege mich dann schlafen. Erstaunlicherweise schlafe ich schnell ein und gut durch, bis mich der Wecker um 6:15 Uhr weckt.

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Geschrieben

Sonntag:

Der Wetterbericht ist bescheiden fĂŒr die nĂ€chsten Tage. Es wird wahrscheinlich immer wieder regnen und wenig Sonne geben. Erst wenn ich Richtung Mittelmeer kommen werde, sollte das Wetter besser werden. Es ist wie es ist.

Ich frĂŒhstĂŒcke im Zimmer ein wenig, packe meine Sachen und mache mich um 7:00 Uhr auf den Weg zum Start. Dieser befindet sich ebenfalls in Pasai Donibane. Ich fahre ohne Navigation (Strom sparen) zur kleinen FĂ€hre, die uns auf die andere Seite der FlussmĂŒndung bringt. Ich bin einer der Ersten, und die FĂ€hre nimmt gerade erst den Betrieb auf. Am Hauptplatz ist noch nichts los. Um 8:00 Uhr ist der Start, und in den 30 Minuten Wartezeit gehe ich wahrscheinlich fĂŒnfmal auf die Toilette. Ich unterhalte mich mit anderen Teilnehmern und bin ziemlich nervös.

Das Wetter ist wie die Tage zuvor: warm, trocken und die Wolken hĂ€ngen tief. PĂŒnktlich um 8:00 Uhr geht es los. Nach etwa 1,5 Kilometern durch das Dorf steht schon der Jaizkibel auf dem Programm. Mein Wahoo zeigt mir Summit 1/118 an. Ich schalte runter und fahre gemĂŒtlich los. Ich werde konstant ĂŒberholt, manche haben ein Tempo drauf, als wĂŒrden sie ein 100-Kilometer-Rennen fahren. Ich lasse mich jedoch nicht beirren und fahre mein Tempo. Bald kommen wir in den Nebel und es wird feucht. Auf der Abfahrt stĂŒrzen bereits die Ersten, ich sehe jemanden aus dem Straßengraben klettern.

Nach der Abfahrt geht ĂŒber die Grenze nach Frankreich, nun stehen etwa 70 Kilometer flach an, und es findet sich schnell eine Gruppe, die recht zĂŒgig unterwegs ist. In der WhatsApp-Gruppe des Rennens hĂ€ufen sich bereits in den ersten Stunden die Aufgaben aufgrund von StĂŒrzen.

 

Gegen Mittag kommen wir in einem kleinen Dorf an einem CafĂ© vorbei, einige bleiben stehen. Ich entscheide mich spontan auch stehen zu bleiben und gönne mir im CafĂ© ein StĂŒck Tortilla und einen Marzipankuchen. Der Energiegehalt kann sich sehen lassen, das war ein GlĂŒckstreffer. Ich fahre dann allein los, da alle anderen noch sitzen bleiben. Es geht in Richtung des ersten steilen Anstiegs, der Artaburu der gleich mit sehr hohen Prozentzahlen auf sich warten lĂ€sst. Sehr schnell komme ich wieder in die Wolken und es wird feucht.

Kurz bevor ich oben ankomme, beginnt es zu regnen. Hier mache ich den Fehler, dass ich mir die leichte, nicht wirklich wasserdichte Windjacke anziehe. Ich bin innerhalb von Minuten komplett nass. Vor der Abfahrt ziehe ich dann noch die Regenjacke an. Es regnet in Strömen und wir fahren durch BĂ€che auf den kleinen Straßen. Diese sind aufgrund der ganzen Kuh- und Schafscheiße, die wegen des feuchten Wetters nie wirklich trocknet, braun.

Mir wird recht kalt in der Abfahrt, aber gleich auch wieder warm am nĂ€chsten Anstieg. Von nun an geht es nur noch rauf oder runter. In den Abfahrten hole ich immer wieder Leute ein, mit denen ich dann bis zum nĂ€chsten Anstieg zusammenfahre. Dann zerfallen die kleinen Gruppen wieder. Langsam denke ich an die Nacht. Ein Spanier, den ich von der Registrierung kenne, sagt mir, dass sie gerade zu dritt ein Zimmer fĂŒr heute Nacht gebucht haben. Wie ich hier erfahre, ist es in diesem Teil von Frankreich ĂŒblich vor 20 Uhr einzuchecken. Nachher funktioniert das meistens nur wenn man vorher anruft. Rezeptionen sind fast nie nach 20 Uhr besetzt.
Ein anderer sagt, er hat in ArgelĂšs-Gazost ein Zimmer reserviert, das ich gerne mit ihm teilen kann. Das ist 333 Kilometer von der Startlinie entfernt und auch ein Spot, den ich mir gemerkt habe.

Die andere Möglichkeit fĂŒr Hotels ist in Laruns, bereits nach 266 Kilometern. Dazwischen liegen der Aubisque und Spandelles. Kaum eine Möglichkeit zu schlafen. Mit einem Litauer rede ich darĂŒber, dass wir zusammenbleiben und dann einfach mal schauen. Aber schon in der nĂ€chsten Abfahrt, die irgendwie kieselig, aber doch asphaltiert ist, fahre ich allen davon und sehe keinen von ihnen wieder. Ich komme dann so um 22 Uhr in Laruns an, es wird gerade dunkel. Am Hauptplatz stehen das Media Car und zwei Teilnehmer. Einer geht in das Gasthaus am Platz, der Organisator fragt mich, was ich vorhabe. Ich frage zurĂŒck, wo es hier ein Hotel gibt. Er meint nur, das hĂ€tte ich mir vorher ĂŒberlegen mĂŒssen.

 

Der andere Teilnehmer ist gerade losgefahren, ich sehe noch das blinkende RĂŒcklicht. Kurzentschlossen fahre ich einfach los und denke nicht zu viel nach. Es dauert ein bisschen, dann habe ich ihn eingeholt. Auf der Auffahrt zum Aubisque verliere ich ihn wieder. Auf halbem Weg auf den Pass liegt Gourette in 1300 Meter Seehöhe (eine Skistation). Es ist taghell auf der Straße und ein Rennrad lehnt am Rand bei einem Restaurant, „Le Schuss“. Es ist 24 Uhr, ich gehe ins Restaurant. Es ist bis auf einen Tisch gefĂŒllt, Sonntagabend wohlgemerkt. Der Kollege steht am Tresen und bestellt. Ich stelle mich dazu und bestelle einfach dasselbe wie er: eine heiße Schokolade und ein Sandwich. Das Sandwich stellt sich als 50 cm langes gefĂŒlltes Baguette heraus, an dem ich 20 Minuten zu kauen habe. Wir können uns kaum unterhalten, da er nur Spanisch spricht. Aber es stellt sich heraus das er einer der drei ist die sich ein Zimmer reserviert haben. Es gibt als doch was in der Gegend. Der Besitzer kann mir kein Zimmer anbieten, da er selbst nur ein 20 mÂČ Zimmer hat. Ich mache mich also wohl oder ĂŒbel wieder allein auf den Weg. Die Nacht wird nass, es regnet stark. Es ist bis auf den Lichtkegel meiner Lampe Stockdunkel, kein HĂ€user, keine Strassenlaternen nichts. Vom Col de Aubisque und vom Col de Spandelles sehe ich eigentlich außer einer nassen Straße gar nichts. In der Abfahrt von Spandelles nach ArgelĂšs-Gazost wird mir kalt. Im Dorf angekommen, fĂŒlle ich meine Wasserflaschen an einem schon zu Hause aus ausgespĂ€hten Trinkbrunnen auf. Dann schlage ich meinen Schlafplatz an einem auch schon vorher per Google Streetview ausgekundschafteten Reihenhauseingang auf. Es ist 4 Uhr in der FrĂŒh.

Ich setze mich auf den Boden, wickle meine Beine mit einer Rettungsdecke ein, habe eine Daunenjacke mit Kapuze, Beinlinge und Handschuhe an, setze die Augenmaske auf und versuche zu schlafen. Schon kurze Zeit spÀter beginnen meine Beine zu zittern, die nassen Socken verschlimmern das ganze nur noch. Mehrfach muss auf die Toilette, es ist grausam isch auszurickeln un din die KÀlte zu gehen. Irgendwie schlafe ich doch zwei Stunden, mehr schlecht als recht.

Learning: Eine Rettungsdecke rettet dir vielleicht das Leben, aber wirklich wÀrmen tut sie dich nicht. Vor allem, wenn du am Boden sitzt.

Das Tracking verrĂ€t mir das ich Top10 bin. Wahnsinn, aber ich denke mir das ist nur so weil ich abseits von den SieganwĂ€rtern wahrscheinlich einer der wenigen waren die bei diesen scheiß Bedingungen die Nacht durchgefahren sind.
Ich putze mir die ZĂ€hne, sammle wieder alles ein und fahre los. Ich habe 333 Kilometer in 20+2 Stunden hinter mir. Es wartet der Col du Tourmalet.

 
 

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Geschrieben

Bei solchen Events ist es eigentlich schade, dass man die NĂ€chte durchfahren muß/will - die schönsten Landschaften bleiben einem oft verborgen.

 

Bin schon auf den nÀchsten Part gespannt.

Geschrieben

Montag:

 

Die Anfahrt in das Tal hinein zieht sich, aber es ist kein Verkehr und auch nicht kalt. Die Straße ist trocken, die Temperatur angenehm, aber die Wolken hĂ€ngen tief. Sehr schnell in der Auffahrt komme ich wieder in den Nebel. Auf halbem Weg in Bargeres setze ich mich in eine BĂ€ckerei und gönne mir einen Kakao, einen French Toast und ein Croissant.
Kakao deshalb, weil ich noch kein Koffein zu mir nehmen will. Ich habe 2 Monate kein Koffein zu mir genommen vor dem Rennen.

Ich bin der einzige Gast um etwa 8:15 Uhr. Danach fahre ich weiter, die Straße ist nass und ich sehe vielleicht 100 Meter weit. Von der schönen Landschaft, die man aus den TV-Bildern der TDF kennt, ist wenig zu sehen. Oben angekommen sieht man eigentlich gar nichts. Es ist 9:30, das obligatorische Foto des GĂ©ant du Tourmalet muss sein, anziehen kurz einen Riegel und los geht’s in die Abfahrt.

Es wird kalt, sehr kalt und feucht. Die Abfahrt ist 17 Kilometer lang. In Sainte-Marie de Campan angekommen, sehe ich, wie ein Teilnehmer gerade sein Fahrrad ins Auto packt. Im Chat steht, er ist unterkĂŒhlt. Mir geht es Ă€hnlich, ich zittere, kaufe mir im Dorfladen Chips und Snickers und frage, ob ich mich zum AufwĂ€rmen ins angeschlossene CafĂ© setzen darf. Nach 20 Minuten breche ich wieder auf. Es geht zum GlĂŒck gleich wieder aufwĂ€rts, Col de Aspin, es dauert aber mindestens 30 Minuten, bis mir endlich wieder halbwegs warm ist.

Es geht weiter ĂŒber Azet nach Loudenville von dort ĂŒber Peyresourde und Portet de Luchon nach BagnĂšres-de-Luchon. Wirklich viel sehe ich von der Landschaft den ganzen Tag nicht. Im Tal ist es immer trocken und angenehm warm, sobald ich ĂŒber 800-900 Seehöhe komme fĂ€hrt man im Nebel, aus dem es leicht regnet. BagnĂšres-de-Luchon erinnert mich an Bad Gastein, hat die besten Jahre hinter sich, aber traumhafte alte HĂ€user, an denen der Zahn der Zeit nagt. Es steht noch der Col du Portillon auf dem Programm, bevor ich fĂŒr ein kurzes StĂŒck nach Spanien komme. Dort habe ich mir schon zuhause aus ein paar Hotels angeschaut, weil danach wieder lange gĂ€hnende Leere auf Booking herrscht.

Es ist 17 Uhr und ich checke in Bossost in ein Hotel ein, 46 € die Nacht Zahlen per Karte ist nur um 20 Uhr möglich, wenn der Chef da ist. OK. Ich gehe in den Supermarkt, Dusche und wasche meine gesamte Kleidund aus. Unglaublich, was da fĂŒr ein Dreck nach 33 Stunden mit viel Regen rauskommt. Ich rufe meine Frau an und lege mich dann kurz hin. Um 20 Uhr gehe ich runter zur Rezeption, um zu zahlen.

Wieder im Bett muss ich um 20:40 Uhr auf einmal höchst dringend aufs WC


Ich habe starken Durchfall, nĂ€mlich richtig flĂŒssig, wĂ€ssrig. Bis 1:00 Uhr gehe ich wahrscheinlich 7–8-mal aufs WC. Ansonsten geht es mir interessanterweise recht gut, keine KrĂ€mpfe, Kopfweh oder sonstiges.

Um 1 Uhr denke ich mir dann, dass ich mich langsam wieder auf den Weg machen sollte. Irgendwann muss ich ja leer sein und 8 Stunden bin ich nun auch schon hier. Ich packe meine Sachen und gehe zum Lift, ups
 Doch nochmal zurĂŒck aufs WC. Es sollte das letzte Mal fĂŒr die nĂ€chsten 12 Stunden gewesen sein.

Um 2 Uhr nach 42 Stunden seit dem Start stehe ich bei KM 490 und verlasse das Hotel.

Fotos:
Auffahrt auf den Tourmalet (das mit dem Schild)
Tourmalet
Zwischen Col de Aspin und Col de Azet

Col de Azet

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Geschrieben

Danke fĂŒr eure Kommentare.

Freut mich, wenn einer oder mehrere im Kopf mitfahren 😊

So schlimm wie es sich vielleicht liest war es nicht. Oder ich hab’s einfach nichts so wahrgenommen. 🙃

Es spielt sich viel im Kopf ab. Und ich kann ganz gut mein Ding durchziehen.


Ja leider, ich habe mich so auf die PyrenÀen gefreut und dann so ein Wetter. Schade.

Geschrieben

Kann ich alles gut nachvollziehen  - auch das mit den Magenproblemen. WÀhrend eines Rennens muss man die wirklich nicht haben

 Bin schon auf die Fortsetzung gespannt. 

Geschrieben
vor 41 Minuten schrieb dantheman:

Danke fĂŒr eure Kommentare.

Freut mich, wenn einer oder mehrere im Kopf mitfahren 😊

So schlimm wie es sich vielleicht liest war es nicht. Oder ich hab’s einfach nichts so wahrgenommen. 🙃

Es spielt sich viel im Kopf ab. Und ich kann ganz gut mein Ding durchziehen.


Ja leider, ich habe mich so auf die PyrenÀen gefreut und dann so ein Wetter. Schade.

Es ist echt bitter, wenn man den Lohn fĂŒr die MĂŒhen nicht erhĂ€lt in Form von tollen Aussichten!

Geschrieben

danke fĂŒr den bericht, ich fiebere mit! ich hoffe, dass sich keine sitzprobleme dazu schleichen im laufe der geschichte, das war bei meinem regen-tag beim veneto trail im nachgang der unangenehmste part.

und ich denk mir immer wenn ich eine schöne gegend in der nacht oder bei schlechter sicht fahren "muss" - naja, guter grund um nochmal zu kommen. (hilft ja nix).

Geschrieben (bearbeitet)

Dienstag:

 

Es ist 2 Uhr in der FrĂŒh ich starte in die Dunkelheit, meine Kleidung ist natĂŒrlich noch feucht. Kalt wird mir trotzdem nicht. Die Bundesstraße ist komplett leer bis auf das einmal einen Sattelzug hinter mir ist, der gefĂŒhlt 10 Minuten hinter mir herfĂ€hrt, um dann zu 100 % auf der Gegenfahrbahn zu ĂŒberholen. Sehr fair.

Ich komme wieder nach Frankreich und der Col de MentĂ© steht vor mir. Ich habe kaum Kraft, esse abwechselnd einen Bissen Baguette und einen Bissen Banane, mehr bekomme ich nicht runter. GefĂŒhlt falle ich fast vom Rad so langsam bin ich untergwes, es ist stockdunkel, kein Auto, keine Menschenseele. Nur manchmal Hundegell von irgendwo her. Ob es geregnet hat oder trocken war, daran kann ich mich nicht erinnern. Dann kommt der Portet-d'Aspet, viel besser geht es auch dort nicht.
WĂ€hrend der Auffahrt höre ich auf einmal lautes Hundegebell, ich fahre direkt darauf zu. Es klingt jedensfalls groß, aber da es stockdunkel ist, sehe ich nichts. In einer Kurve sehe ich dann auf einmal einen Riesenhund mit ganz hellem Fell am Ă€ußeren Rand der Kurve sitzen der mich genau beobachtet. Er bellt, bleibt aber still sitzen. Nachdem ich um die Kurve bin und von ihm wegfahre, hört das Bellen auf. Ein bisschen mulmig war mir aber schon. In der Abfahrt wird es dann endlich langsam hell. Ich genehmige mir innerhalb von 1 Stunde jeweils zwei Koffeintabletten. Die kicken ordentlich und langsam kommt auch die Kraft wieder,  ich kann auch wieder essen.

Es geht ĂŒber Col de la Core, La Trape und dann der Col d'Agnes. Das Wetter ist eigentlich den ganzen Morgen gut, immer noch neblig in der Höhe, aber trocken. Auf der „Zwischenhöhe“ zwischen Agnes und Port de Lers hole ich Manuel aus Madrid ein. Er erzĂ€hlt mir bestens gelaunt, dass er gerade auf dem Topf war und nun 3 kg leichter ist und wieder gut unterwegs ist. Ich muss immer noch grinsen wenn ich daran denke. Wir unterhalten uns bestens, lachen und scherzen, verlieren uns dann abervor der Abfahrt wieder. Ich bleibe stehen ummich anzuziehen, er fĂ€hrt weiter. Die Abfahrt ist ein Traum, es wird sonnig und ich habe RĂŒckenwind, muss kaum treten. Es geht insgesamt fast 20 km abfallend nach Tarascon.

Ich gehe in ein Bistro, setze mich in die Sonne, es ist gerade Mittag, ziehe die Schuhe aus und frage den Kellner, ob ich meinen Wahoo einstecken darf. Bestell mir wieder ein Bagutte und was zu trinken. Am WC mache ich mich frisch. Ich telefoniere mit meiner Frau und mache mich dann aber schon nach 30 Minuten wieder auf den Weg. Zu meiner Überraschung hat der Wahoo nicht geladen, ich habe nur noch 14 %. OK, dann stecke ich halt die Powerbank an. Es passiert nichts, das Ding lĂ€dt nicht, ich wechsle mehrfach das Kabel, stecke hundertmal neu an und warte jeweils Minuten, ob das Ding lĂ€dt. Alles im Fahren, nichts, langsam kommt Panik auf, ich bin erst bei km 670. Wie soll ich da ins Ziel kommen ohne Wahoo? Ich fahre einfach mal weiter. Mein Darm meldet sich dann doch, ich muss mal ins GebĂŒsch. Mein Ziel ist Ax-les-Thermes, wieder ein Punkt, an dem man schlafen kann, danach gibt’s lange nichts. Auf dem Weg hole ich Manuel und einen anderen Teilnehmer ein. Ich komme um 15 Uhr mit 3 % Akku am Hauptplatz an, checke einfach in das nĂ€chstbeste Hotel am Platz ein, 86 € fĂŒr eine Nacht. Und stecke als erstes den Wahoo an die Steckdose, er lĂ€dt ohne Probleme. YESSS!

Ich lass das Ding mal 20 Minuten laden, gehe einkaufen. Als ich ĂŒber den Platz spaziere, ruft auf einmal jemand „Daniel“, es sind die offiziellen Event Fotografen. Ich werde im Sapr Markt fotografiert. Man sollte sich ja vorher ĂŒberlegen, was man kaufen will, im Anhang das Bild von mir: 😊


Ich lasse alles Schwere im Hotel zurĂŒck und fahre noch zum Checkpoint nach Ax-3 Domaines hoch und dann wieder ins Hotel zurĂŒck (das ist so erlaubt und wurde beim Briefing auch ausdrĂŒcklich gesagt). Nach einer Dusche lege ich mich dann fĂŒr zwei Stunden ins Bett, ich kann nicht wirklich schlafen. Also kann ich genauso gut wieder fahren. Um 20 Uhr mache ich mich wieder auf den Weg. Der Blick der Rezeptionistin ist Gold wert, als ich auschecke. Sie fragt ob ich wieder komme. Es geht gleich wieder aufwĂ€rts zum Col de Cioula, dann Col de Pradel. Um 22 Uhr wird es wieder dunkel und sehr bald beginnt es wieder zu regnen. Der Col de Pradel ist grausam nass in der Auffahrt, dichter Nebel in der Abfahrt, in der ich fast nichts sehe, ich fahre gegen eine weiße Wand. Es stehen auf einmal Pferde mitten auf der kleinen Straße, FĂŒchse laufen hunderte Meter vor mir her. Es ist sehr anstrengend.

Als nĂ€chstes dann ein 2000er, der Col de PailhĂšres. In der Auffahrt gönne ich mir das Red Bull, das ich seit dem Einkauf dabeihabe. Es geht sehr starker Wind, je nach Serpentine von vorne oder hinten. Oben angekommen habe ich fast Angst, dass es mir die Kleidung, die ich anziehen will, aus den HĂ€nden weht, so stark geht der Wind. Es ist kalt, wahrscheinlich so um die 5 Grad. Der Wind tut sein Übriges.

An die Abfahrt erinnere ich mich kaum, dann geht es auf einer Hochebene dahin. Der Himmel ist auf einmal fast wolkenlos, ich bin ganz allein. In Les Angles setzte ich mich auf eine Bank am Straßenrand. Ich schaue das zweite Mal auf das Tracking. Es ist 3 Uhr nachts, ich sehe, dass Manuel nur 3 km vor mir ist. Wievielter ich war habe ich glaube ich gar nicht realisiert. Da ĂŒberkommt mich die Motivation, dich hole ich mir. Ich fahre sofort los.

Es geht noch ein bisschen dahin und ein paar Höhenmeter rauf bis dann die Abfahrt vom La Lose ansteht. Die ist ein Traum, auch in der Nacht. Eine kleine Straße, die von einer Steinmauer begrenzt ist, schlĂ€ngelt sich den Berg hinunter. Wie schön muss das bei Tag sein. Aber irgendwann merke ich, dass mir die Augen wehtun und es mich unglaublich anstrengt nach vorne zu schauen. Ich bleibe fĂŒr ein paar Minuten stehen und schließe meine Augen, um sie zu beruhigen. Dann geht’s wieder weiter auf den Col de Fillos, dann im Morgengrauen so um 5 Uhr ĂŒberhole ich tatsĂ€chlich Manuel, der am Straßenrand steht und sich gerade umzieht. Wir grĂŒĂŸen uns, aber ich fahre direkt weiter.
Ich bin 69 Stunden unterwegs und habe 851 km in den Beinen.

Fotos:

Auffahrt zum Col de Agnes
Auffahrt zum Port de Lers, neben mir ist Manuel

Im Spar Markt von Ax les Termes (Photo von Jacob Kopecky)

Auf dem Weg nach Ax les Termes

 

 

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Bearbeitet von dantheman
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Geschrieben

Mittwoch:

 

Nach dem ich Manuel ĂŒberholt habe komme ich nicht weit, die MĂŒdigkeit ĂŒberfĂ€llt mich. Ich fahre gerade in einem kleinen Dorf an einer Kirche vorbei und entdecke eine gemauerte Bank, die von einem Lieferwagen verdeckt ist. Ich setze mich hin und schlafe sofort ein. Keine fĂŒnf Minuten spĂ€ter weckt mich das Gebimmel der Kirchenglocken. Es ist 7 Uhr, 4 SchlĂ€ge zur vollen Stunde und 7 SchlĂ€ge fĂŒr die Uhrzeit. Ich schlafe aber sofort wieder ein, um 7:15 Uhr bimmelt es schon wieder. Ich stehe auf und los geht’s, genug geschlafen.


Ich stecke mir erst zum zweiten Mal die Kopfhörer ins Ohr. Es kommt mir vor, als fliege ich nur so dahin. Es geht auf den Col de PalomĂšre, leicht ansteigend in ein Tal hinein. Die Vegetation ist deutlich trockener als in den Zentral-PyrenĂ€en, der Asphalt ist das erste Mal schlecht. Es schĂŒttelt mich ordentlich durch, der Hintern tut langsam weh.

In der Abfahrt bleibe ich an einem Aussichtspunkt stehen, esse etwas und rufe kurz meine Frau an. Es geht weiter bis nach CĂ©ret, ich habe nichts mehr zu trinken. Zum GlĂŒck gibt es direkt in Ceret einen Spar. Es ist 10 Uhr vormittags. Es ist schon recht warm, die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel. Es geht ĂŒber den Col de la Brousse und dann schließlich ĂŒber den Manrella mit einer  ca. 300 m langen Gravel-Strecke zurĂŒck nach Spanien.

Es wird flach und immer wĂ€rmer. Der Wind weht auch recht stark, teilweise von der Seite teilweise von vorne. Irgendwo zwischen 2 Dörfen auf einer Landstraße unter einem Baum ziehe ich mir mein Unterleibchen aus, schmiere mich mit Sonnencreme ein und verziehe mich doch nochmal ins GebĂŒsch.

Schon sehr von der Hitze gezeichnet, komme ich in ein kleines Dorf. Vor mir ein kleiner Laden, ich gehe rein, kaufe mir ein Schweps Tonic und noch mehr GetrĂ€nke, um die Flaschen aufzufĂŒllen. Draußen setze ich mich im Schatten auf eine Bank. Kaum hingesetzt, kommt der Ladenbesitzer raus und zieht den Rollladen runter. 14 Uhr, Siesta

GlĂŒck gehabt.

Ich stehe bei 1009 km. Fast geschafft. Es geht nur noch nach St. Pere de Rodes rauf, wo das virtuelle Ziel ist. In der 30-minĂŒtigen Auffahrt trinke ich meine beiden vollen Flaschen leer. Die Sonne brennt herunter und die Zikaden schreien mich förmlich an. Ich bin echt fertig, es sind die letzten km.


Ich finishe offiziell um 14:54 Uhr. Platz 8 mit einer Zeit von 78:54.

 

Ich rufe meine Frau an dass ich bald im Ziel ankommen werde. Die Abfahrt ist ein Traum, vor mir liegt das blaue Meer. Ich habe es geschafft, kurz kommen mir sogar die TrĂ€nen. Die letzten 7 km der KĂŒste entlang im Gegenwind werden zur mentalen Herausforderung. Ich fahre mit vielleicht 15 km/h flach dahin und habe das GefĂŒhl, dass ich wahrscheinlich nie ankommen werde.


Im Ziel steht nur meine Frau. Ihre Freude fĂŒr mich ĂŒberfordert mich fast ein wenig. Wie so oft bei Ultras ist man selber einfach nur im Ziel und das wars. Die Emotionen kommen spĂ€ter. Ich lasse mich auf die Plastikbank fallen und ziehe mir die Schuhe aus. Irgendwann kommt auch das Orga-Team und ĂŒberreicht mir meine Finisher-Plakette. Ich wĂ€re wahrscheinlich nicht mehr so schnell aufgestanden, wenn mich meine Frau nicht ins Hotel geschleppt hĂ€tte.

Nach der Dusche bringt mir meine Frau eine Pizza ins Zimmer. Ein Traum so ein support.
Dann gehen wir noch auf ein Finisher-Bier. Das haut mich fast um, ich muss ins Bett. Eigentlich wollen wir um 9 Uhr wieder raus, um nochmal etwas zu essen. Meine Frau kann mich aber kaum wecken, sie bringt mir noch eine Take away Pasta die ich um 22 Uhr esse, dann schlafe ich bis 9 Uhr durch.


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2x Sonnenaufgang um 6 Uhr
Col de Palomere um 8:45
Ich sehe zum ersten Mal das Mittelmeer
Wind und gerade Strassen
Finish
Summit 118/118
Einen umfaller hatte ich in der ersten Nacht auch.
Ergebnisliste
Finisher Plakette

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Geschrieben

Gratuliere. Topplatzierung, dafĂŒr das die Berichterstattung recht unaufgeregt rĂŒberkam.😜

Zu spĂ€teren Zeitpunkt wĂŒrde mich eventuell noch ein Bericht bezĂŒglich An.-Abreise interessieren.

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