
Swiss Side Hadron Classic 485
08.04.19 07:58 16.1732019-04-08T07:58:00+00:00Text: Luke Biketalker/PMFotos: Erwin Haiden, Swiss SideTest der günstigen Aero-Laufrad-Allrounder mit der Extraportion Formel 1 Know How für Wettkampf und Training.08.04.19 07:58 16.1762019-04-08T07:58:00+00:00Swiss Side Hadron Classic 485
08.04.19 07:58 16.1762019-04-08T07:58:00+00:0014 Kommentare Luke Biketalker/PM Erwin Haiden, Swiss SideTest der günstigen Aero-Laufrad-Allrounder mit der Extraportion Formel 1 Know How für Wettkampf und Training.08.04.19 07:58 16.1762019-04-08T07:58:00+00:00Was haben eine Flusssenke, ein Imbissstuhl und eine Spassstadt mit einem Schweizer Laufradhersteller gemein? Richtig, drei aufeinander folgende Konsonanten im Namen. Swissside stellt mit den Hadron 485 Classic einen Allround-Aero-Laufradsatz vor, der neben hocheffizienter Aerodynamik, tollem Bremsverhalten und leistbarem Preis noch vieles mehr verspricht. Aber wird er diesen Ansprüchen auch wirklich gerecht? Als altgedienter Laufradtester nahm ich mir diese Wunderdinger aus Thalwil mal so richtig zur Brust.
Prolog
Laufräder sind so etwas wie eine "Go-to" Option geworden, wenn man die Performance, das Handling oder einfach nur den Style seines Renners aufpolieren möchte. Hierbei gibt es - in meinen Augen - drei Zielgruppen:
I. Die Leichten
Kohlefaser hat viele interessante Eigenschaften, aber eines der Hauptmerkmale ist die spezifische Steifigkeit: sie gibt den Widerstand des Werkstoffes gegen Verformung im elastischen Bereich an. Diese Besonderheit ermöglicht seit dem Anfangsstadium der Carbon-Ära Leichtbaukonstruktionen. Und wer eins und eins zusammenzählen kann, der versteht natürlich, dass Carbonlaufräder bezüglich ihrer geringen Masse durchaus Sinn machen.
II. Die Schnellen
Campagnolo war einer der ersten Hersteller, der bereits 1993 aerodynamisch optimierte Felgenprofile von Zeitfahrrädern auf Straßenräder gebracht hat. In vielerlei Hinsicht sind die Shamal die Ur-Urgroßväter der modernen Aero-Laufräder, und diesen Ruf haben sie nicht nur ihrer optischen Verwandtschaft zu verdanken. Das italienische Gewiss Team fuhr 1994 viele Siege dank (unter anderem) der Shamals ein. Am besten in Erinnerung blieben wohl die Plätze 1, 2 und 3 bei der Flèche Wallonne - wie im Nachhinein allerdings bekannt wurde, könnte allerdings auch das eine oder andere Jaukerl dazu beigetragen haben.
III. Die Styler
Lauter Freilauf kombiniert mit hoher Felge garantiert einen stilsicheren Auftritt bei jeder Ausfahrt, auch wenn es sich nur um einen schnellen Kaffee ums Eck handelt. Die Styler legen weder gesonderten Wert auf das Gewicht, noch auf die Windschlüpfrigkeit - Hauptsache, man fällt auf, sei es durch bunte Farben, schrille Decals oder sonstwie.
In diesem “Bermuda Dreieck” gilt es sich als Kunde nicht zu verirren - alle drei Geschmäcker haben ihre Daseinsberechtigung, doch es gilt, den richtigen Kandidaten für seine eigenen Vorlieben zu finden.
Hadron 485 Classic
Vorderrad | 20x DT Swiss Aero Comp, Radial, Schnellspanner |
Hinterrad | 24x DT Swiss Aero Comp, 2-fach gekreuzt (2:1), Schnellspanner |
Naben | DT Swiss 370 Classic, custom for Swiss Side |
Lager | Hochwertige Kugellager aus Edelstahl, einseitig gedichtet |
Felgen | Carbon Clincher, 48,5 mm Profilhöhe, 17 mm Maulweite, 25 mm Außenbreite, 23 mm an den Bremsflanken, Tubeless Ready (TLR) |
Nippel | DT Pro Lock hidden aluminum |
Gewicht | 772 g Vorderrad (777 gewogen mit Felgenband) 919 g Hinterrad (917 gewogen mit Felgenband) 1.691 g Laufradsatz (1.694 gewogen mit Felgenband) |
Max. Systemgewicht | 105 kg |
Lieferumfang | Tubeless-kompatibles Felgenband (vormontiert), Ventilverlängerungen, Ventil für Tubeless-Reifen, Schnellspanner, Bremsbeläge (SwissStop Black Prince Flash Pro) |
Preis | € 1.652,- |
Swiss Side: "Nr. 1 in Aerodynamik"
Begibt man sich auf die Website von Swiss Side, stellt man schnell fest, dass dort mit Superlativen nicht gegeizt wird. Da ist von den "schnellsten Laufrädern der Welt” die Rede, "gänzlich neue Methoden” werden angepriesen und "maximal” und "minimal” drücken sich die Klinke in die Hand. OK. Ultimate. OK. An Selbstbewusstein dürfte es dem Team um Jean Paul Ballard, einem Ingenieur aus der Formel 1 nicht fehlen:
"Wir durchbrechen die Grenzen von Design, Konstruktion, Materialien und Aerodynamik, um Laufräder in eine neue Ära zu führen."
Eine interessante Aussage, wenn man bedenkt, dass die Hadron 485 im Grunde genommen sehr stark an die DT Swiss ARC DICUT in 48 erinnern. Das rührt allerdings daher, dass die beiden Firmen eine enge Kooperation verbindet - DT Swiss profitiert von Swiss Sides aerodynamischem Know How und im Gegenzug hat Swiss Side einen bekannten und zuverlässigen Partner, der die Laufräder produziert und mit bewährten Komponenten ausgestattet. Das garantiert höchste Qualität und eine lange Haltbarkeit der Laufräder. Zudem können alle Swiss Side-Kunden in über 50 Ländern auf das weltweite Service-Netzwerk von DT Swiss zurückgreifen.
Der Aufbau der Hadron 485 Classic ist praktisch derselbe wie jener der DT Swiss ARC DICUT: 20 Speichen im Vorderrad, 24 im Hinterrad. DT Swiss Naben hier wie dort, bei den DICUT bekommt man 240er, Swiss Side setzt auf eine eigens für sie entwickelte 370er. Das schlägt sich sowohl im Preis als auch im Gewicht nieder. Um 1.652 Euro Liste bekommt man die 1.691 Gramm leichten/schweren Carbon Clincher für Felgenbremse; die DT Swiss bringen in vergleichbarer Ausführung 1.511 Gramm auf die Waage, liegen aber mit 2.388 Euro wesentlich schwerer auf der Tasche. Rein gewichtstechnisch spart man 4 Euro pro Gramm, das bei den Swiss Side Laufrädern mehr herumchauffiert wird.
Aber das Gewicht soll gar nicht zu sehr in den Vordergrund gestellt werden - in erster Linie zählen bei Aero-Laufrädern ja die eingesparten Watt und nicht zwingend die Gramm. So wird man auf der Herstellerwebsite mit Grafiken zur Performance in den verschiedensten Yaw Angles, mit Hochrechnungen zur Zeiteinsparung und vielen anderen Fakten darauf hingewiesen, wie schnell und geil die Laufräder nicht wären. OK.
Der Luftwiderstand ist der wichtigste Leistungsparameter im Radsport.
Zitat Swiss SideWindtunneltest adé
Offenbar werden Rennen heutzutage im Windtunnel gewonnen. Oder auf Zwift. Oder im Zwift Windtunnel. Da ich aber weder über das eine noch das andere verfüge, muss ich mich als Tester mit der schnöden Realität zufrieden geben, sprich: mich ganz analog aufs Rad setzen und dann in den Wienerwald oder ins Weinviertel oder wohin auch immer fahren. Oasch, weil hierfür gibt es leider keine Testwerte bezüglich Aero-Performance.
Meine beiden Vergleichslaufräder waren die Campagnolo Bora 50 tubular - meine persönlichen Favoriten - und die zuletzt getesteten Pancho Rush 38. Bezüglich Profiltiefe spielen die Hadron in der selben Liga wie die Campagnolo, in Punkto Profilquerschnitt ähneln sie eher den modernen U-förmigen Rush.
Für die einen der unverzichtbare Vorteil schlechthin, für mich eher ein Manko: die Rede ist von den innenliegenden Nippeln, wodurch die Speichen zart im Inneren der Felge verschwinden, ohne dass herausstehende Speichennippel für unschöne Luftverwirbelungen sorgen können. Das sieht zwar hochwertig und aufgeräumt aus und soll messbare aerodynamische Vorteile bringen, jedoch würde ich persönlich nicht auf die Möglichkeit verzichten wollen, die Laufräder jederzeit und mit geringstem Aufwand nachzentrieren zu können - ohne den Mantel, den Schlauch und das Felgenband entfernen zu müssen. Vor allem, da die Hadron auch Tubeless gefahren werden können, und somit das ganze zu einem noch klebrigeren Unterfangen ausarten würde.
Egal, denke ich mir - ich werde die Laufräder ohnehin nicht nachzentrieren - und montiere die neuen Continental GP 5000 in 25 Millimetern vorne und hinten. Mit Schlauch. Man lernt einem alten Hund keine neuen Tricks, und hinsichtlich der TLR-Euphorie im Rennradbereich bin ich ein solcher.
Der Fairness halber sei erwähnt, dass Swiss Side für beste Aerodynamik und geringste Seitenwindanfälligkeit 23 mm breite Reifen empfiehlt. Für mehr Komfort kann hinten auch ein 25-mm-Reifen aufgezogen werden. Von breiteren Reifen wird definitiv abgeraten. Außerdem sollten die Hadron Felgen laut Hersteller mit den SwissStop Black Prince gefahren werden. Da ich diese wie auch den GP5000 in 23 und die Schnellspanner nicht zum Testen erhalten habe und auch nicht vorrätig hatte, griff ich auf meine bewährten Campagnolo Carbonbeläge sowie Schnellspanner zurück.
In der Praxis
Meine erste Ausfahrt führte mich über die Donauinsel gen Norden und bereits nach wenigen hundert Metern lag ich auch schon das erste Mal fast auf der Goschen. Während ich meinen Helm nachjustieren wollte, fuhr mir eine Böe ins Vorderrad und verriss mir den Lenker derart... geh leck! Das fing ja gut an. Von der Nummer 1 in Aerodynamik hätte ich mir ehrlich gesagt - trotz 25 mm Reifen vorne - eine bessere Seitenwindstabilität erwartet, aber Wunder vollbringen können sie wohl auch nicht.
Ansonsten fuhren sich die Laufräder gut und unauffällig. Sie rollten fein, ließen sich präzise steuern und waren im Wiegetritt sowie bergauf ausreichend steif. Zwar schliff gelegentlich die Felge leicht an den Bremsbelägen, aber ich bin ja dafür bekannt, dass ich fast keinen Leerweg an den Bremsen bevorzuge und daher kaum Platz zwischen Felge und Belag war.
Zudem möchte ich die gute Bremsperformance hier nicht unerwähnt lassen. Für Carbonfelgen bremst man im Trockenen sehr gut, allerdings auch nicht besser als mit meinen vier Jahre alten Campa oder den Pancho Rush. Möglicherweise funktionieren die Black Prince von SwissStop noch besser, aber es gab, wie gesagt, nichts zu beanstanden. Selbst mit zunehmender Nässe und Feuchtigkeit auf der Felge könnte ich nichts Schlechtes über meine Kombi berichten. Klar ließ die Bremsleistung im Vergleich zum Trockenen etwas nach, aber die Bremsmanöver funktionierten ohne Verzögerung und waren stets sauber kontrollierbar.
Zwischenfazit
Selbst nach knapp drei Monaten Testdauer war ich mir noch immer nicht sicher, was die Hadron besser können sollen (Stichwort: Nr. 1 in Aerodynamik) als andere Laufräder dieser Kategorie bzw. für welchen Fahrertyp ich eine Kaufempfehlung aussprechen würde. Es waren keine kompromisslosen Aero-Geschosse wie die Syntace W23 RS, die ich vor einiger Zeit gefahren bin, definitiv auch keine Berggarnitur wie etwa die Dura Ace C24 (ganz andere Baustelle) aber auch nicht wirklich ein ausgewogener Kompromiss aus beidem, wie beispielsweise meine Pancho Rush 38.
Da traf es mich wie der Blitz und plötzlich verstand ich, wieso es mir so schwer fiel, diese Laufräder richtig einzuordnen: ich war kein Teil der angestrebten Zielgruppe! Die gesamte Marketingstrategie und Entwicklung bei Swiss Side zielt in Wahrheit auf Triathleten ab. Die Simulationswerte beziehen sich auf Ironman-Distanzen bei 35 Stundenkilometer und 180 Watt Durchschnitt. In diesem Kontext stimmt die Behauptung dann tatsächlich, dass der Luftwiderstand die entscheidende Komponente darstellt. Weil 180 Watt treten kann man bald einmal und 180 Kilometer-Distanzen können sich bei einem solchen Leistungshorizont derart in die Länge ziehen, das die tatsächliche Zeitersparnis umso bedeutsamer wird.
Also muss ich meine eingangs erwähnte Theorie der Dreifaltigkeit revidieren und um einen Punkt erweitern:
IV. Die Triathleten
Wodurch sich Triathlon-Laufräder genau auszeichnen, habe ich noch nicht zur Gänze verstanden, aber es geht wohl darum, im Training und im Rennen immer die gleichen Laufräder zu fahren, ein umfangreiches Crash-Replacement zu haben - sei es wegen der Schäden durch unsachgemäßes Verladen ins Auto oder aufgrund der zahllosen Trainingsstürze - und definitiv um high-sophisticated Testdaten aus dem Windtunnel. Bingo! Die Hadron 485 Classic bieten das alles und noch viel mehr.
Fazit
Swiss Side Hadron 485 Classic | |
---|---|
Modelljahr: | 2018 |
Testdauer: | 3 Monate |
Preis: | € 1.652,- |
+ | Aerodynamisch top, sehr breit, sehr schnell |
+ | Hochwertige Felgen, Speichen, Lager, Freilauf |
+ | Bremsverhalten |
+ | Tubless Ready |
o | Listenpreis |
o | Relativ schwer |
- | Seitenwindanfälligkeit |
BB-Urteil: | Zuverlässige Aero-Allrounder für Training und Wettkampf. |
Die Swiss Side Hadron 485 Classic Laufräder sind meiner Meinung nach eine günstigere Version der DT Swiss Dicut mit guter Performance, etwas höherem Gewicht und niedrigerem Haben-Will-Faktor. Ihr Listenpreis ist weder ausgesprochen hoch, noch extrem niedrig, dafür sind die Laufrädern prompt vorrätig und zur Zeit mit 15% Rabatt im Web-Shop der Schweizer erhältlich. Triathleten, die im Wettkampf Watt sparen und bei fast jedem Wetter damit trainieren möchten, sind mit den Hadron 485 Classic bestens bedient. Doch Vorsicht bei starkem Seitenwind: da wäre es - je nach Fahrtechnik - vielleicht doch besser, das Training wieder nach drinnen auf die Rolle zu verlagern.
Good to know: Hinter den schnellen Laufrädern von Swiss Side steht ein Team von erfahrenen Entwicklern, deren Wurzeln bis in die Formel-1 zurückreichen. Produktions- und Servicepartner DT Swiss bürgt zusätzlich für höchste Qualität. Wer auf der Suche nach einem neuen Aero-Laufrad ist, sollte Swiss Side bald einen Besuch abstatten. Die aktuellen Rabatte der "Auslauflaufräder" gelten nur, solange der Vorrat reicht. First come, first served!
Nähere Details zu den Laufrädern, alle Preise sowie Bestellung unter www.swissside.com.