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Masern und Mumps? - Ja, bitte!


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Mark Twain: "...eigentümliche Länge der deutschen Wörter. Einige sind so lang, daß sie sogar Perspektive haben. ...

Bei einiger Phantasie sieht man auch die Fahnen und hört die Musikkapellen. Sie geben dem friedlichsten Gegenstand einen Ruck ins Kriegerische."

 

 

 

Und dabei ist Deutsch eine flektierende Sprache, schauts euch mal die agglutinierenden Sprachen an, wie Ungarisch oder Finnisch, da kommen erst so die richtigen Wortmonster heran!:D

 

Da fragt man sich, was Mark Twain erst im Hinblick auf das

Finnische und Ungarische gesehen hätte. Es ist ein bissl lächerlich,

etwas Kriegerisches darin zu sehen, nur weil etwas angeblich

typisch deutsch ist. Auch wenn man Mark Twain heißt.

 

 

Dem Buchdrucker seine Gschichten sind wie immer 1A! Ich bin aber

trotzdem froh, dass ich solche Sachen wie Strebersdorf nicht erlebt

habe. Das ist halt die Gnade der späten Geburt.

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Da fragt man sich, was Mark Twain erst im Hinblick auf das

Finnische und Ungarische gesehen hätte. Es ist ein bissl lächerlich,

etwas Kriegerisches darin zu sehen, nur weil etwas angeblich

typisch deutsch ist. Auch wenn man Mark Twain heißt.

 

 

Dem Buchdrucker seine Gschichten sind wie immer 1A! Ich bin aber

trotzdem froh, dass ich solche Sachen wie Strebersdorf nicht erlebt

habe. Das ist halt die Gnade der späten Geburt.

 

nana, das hat ja nix mit typischem deutschtum zu tun, sondern der für andersprachige besonders hart wirkenden aussprache, dazu die assoziation fahnen und blasmusik (marschmusik), ich find den gedankengang sehr plausibel sogar...

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nana, das hat ja nix mit typischem deutschtum zu tun, sondern der für andersprachige besonders hart wirkenden aussprache, dazu die assoziation fahnen und blasmusik (marschmusik), ich find den gedankengang sehr plausibel sogar...

 

 

Und Mark Twain hatte halt auch noch das Wilhelminische Deutschland vor Augen: Pickelhauben, Marschmusik und Preussentum, war halt die Zeit damals!:D

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nana, das hat ja nix mit typischem deutschtum zu tun, sondern der für andersprachige besonders hart wirkenden aussprache, dazu die assoziation fahnen und blasmusik (marschmusik), ich find den gedankengang sehr plausibel sogar...

 

Nageh, ich net, ich glaub der Mark Twain hat ein bissl zu viele Militärparaden über die Medien reingekriegt.

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Liebe Boardies,

 

es freut mich, dass Euch meine Geschichtlein gefallen,

das Langzeitgedächtnis funktioniert noch einigermaßen,

was, und ob ich vorgestern etwas gegessen habe, entzieht

sich meiner Kenntnis. (Oder wisst Ihr noch auf den Tag genau,

wann Ihr das letzte Mal euer Rad geputzt habt!?).

 

Rio de Janeiro: Ein Hafen, der ob seiner Schönheit gerühmt wird.

Es war zwar schon das Gefühl, mitten in eine

Bildpostkarte einzulaufen (Zuckerhut), aber das sind vorgeprägte

Klischees. Dieses Gefühl hatte ich auch, als ich ein Jahr später

in den Hafen von New York einlief und das erste Mal die

Freiheitsstatue sah.

 

Die Lokale an der Copa Cabana konnte ich mir sowieso nicht

leisten und ein Besuch in den nahegelegenen Favellas war

für einen Gringo auch nicht gerade gesundheitsförderlich.

 

Die Mädels am Strand haben wirklich eine gute Figur, vorausge-

setzt, man mag fette Ärsche.

 

Der Steward der Unteroffiziersmesse, der schon in Hamburg

ein abweisendes Verhalten an den Tag legte, als er die

Planken des Schiffes betrat, segelte in Rio achteraus.

(Das heißt, er brach den Heuervertrag, in dem er sich

verpflichtete, erst in dem Hafen abzuheuern, in dem er

angeheuert hatte). Ich fand in seiner Kabine einen Koffer

vollgestopft mit alten Zeitungen, ein Beweis, dass er schon

in Hamburg die Absicht hatte, in Übersee zu verschwinden.

 

Es ist am Seeweg nicht allzuweit von Rio nach Santos.

Kaum hatten wir festgemacht, sah ich schon zwei

Polizisten, die, den abtrünnigen Steward in der Mitte,

versuchten, ihn an Bord zu bringen.

Der Käptn weigerte sich, ihn wieder an Bord zu nehmen, was ihm aber nichts nützte.

Er war verpflichtet (welch garstig Wort), laut

Heuervertrag den Flüchtling wieder nach Deutschland zu befördern!

Er hatte alsbald eine eigene Kabine, die eher nach Einzelhaft

aussah, bekam drei Mal täglich etwas zu "speisen", war aber,

so seltsam sich das anhören mag: "Zahlender Passagier".

Das bedeutete, dass, wo auch immer in Europa er sich

aufhielt, der`ausstehende Betrag (per Interpol) eingefordert werden konnte.

 

Santos:

 

Damals der größte Kaffeehafen der Welt.

Möglich,-aber sicher der Irrste.

Diese Stadt erinnerte mich an Klondike, wo Dagobert Duck

seinen ersten Goldtaler fand.

(Berichtigungen werden ohne Widerspruch akzeptiert).

Mindestens fünfzig Lokale in einer Straße, die parallel zum

Hafen verlief, in jedem dieser Lokale Livemusik, dazu

15-17jährige Chicas, die, angesichts eines Europäers,

jegliche etwaige noch vorhandene moralische Schranken

fallen ließen. Miniröcke, die eigentlich nur aus einem

Gürtel bestanden, und darunter KEIN Slip, welcher Umstand

auch noch exzessiv demonstriert wurde.

 

Wenn dann, wie ich und hunderte andere Seeleute, das zu Gesicht

bekamen, brannten alle Sicherungen durch.

Hatte man aber unter den Schönheiten eine auserwählt, blieb

diese auch tatsächlich treu.

Zumindest für die Schiffsliegezeit.

 

Zwischenbemerkung: ALLES kostete damals 5000 Cruzeiros,

dh fünf DM, umgerechnet damals 30 Schilling.

ZB eine Flasche Bacardi mit einer großen Flasche Cocacola, ein Taxi, ein Kino- oder Restaurantbesuch oder ein Mädchen.

 

Diese Chicas gaben dir aber, nicht so wie in Europa (Portugal

ausgenommen), nicht das Gefühl, mit einer Hure unterwegs

zu sein, nein, sie waren Freundinnen, zeigten dir in ihrer

bescheidenen 20 qm kleinen Behausung Fotos ihrer Eltern

oder ihres Bruders, der in Sao Paolo studierte und dem sie

auch Geld überwiesen und luden dich auf Bacardi ein.

 

Natürlich hatte ich auch in Europa oder in Wien Frauen.

Als Alt-68er (wer zweimal mit der selben pennt, gehört schon

zum Establishment), kann ich aber leider den europäischen

Frauen nur ein Armutszeugnis ausstellen, was ungehemmte

Sexualität betrifft. (Ich weiß, sie können nichts dafür, es

war die puritanische Erziehung, die ihren Geschlechtsgenossinen

in Brasilien erspart blieb).

Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel.

 

Santos:

 

Mein Nachfolger in der Mannschaftsmesse, wurde, wie wir

alle, vom "Ersten Offizier" gewarnt, beim Landgang keine

feinen Klamotten zu tragen. Schon beim ersten Landgang

bekam er einen Sandsack über den Kopf und er musste

froh sein, dass sie ihm seine Unterhose und sein Leben

ließen.

Was lernen wir daraus? Zieh nur eine Unterhose an, dann

kann man dir nichts mehr wegnehmen.

 

Die Zollbeamten waren niedliche Menschen.

(In Brasilien waren (oder sind noch) alle Beamten gezwungen,

sich die eigene Dienstwaffe zu kaufen).

Das führte dazu, dass sie der Mannschaft die Pistole

zum Verkauf anboten. Um wohlfeile 100 Deutschmark konnte

man so ein schrottreifes Ding erwerben.

Ein Ingenieursassistent machte von diesem günstigen Anbot

Gebrauch. Oje, eine Stunde später kam ein Kollege des

Beamten in die Kabine, durchsuchte diese, fand die Waffe,

beschlagnahmte sie und verhängte eine Verwaltungsstrafe,

von der man sich aber durch das Überreichen einer oder

mehrerer Flaschen Whiskies oder 100 Deutschmark

retten konnte.

 

Ein extrem hübsches Mädchen begrüßte mich bei Eintritt

eines Lokals, herzte und küsste mich.

Wenige Minuten später musste ich feststellen, dass meine

Brieftasche gleichzeitig mit ihr verschwunden war.

Darin befand sich: Zu MEINEM Leidwesen mein Reisepass

und ein Foto: Ich als Säugling nackt auf einem Eisbärenfell.

Zu IHREM Leidwesen befand sich darin: Kein Geld.

Das hatte ich nämlich gewitzterweise woanders versteckt.

 

Ich brauchte eine polizeiliche Diebstahlsbestätigung.

Es dauerte lange, bis sich ein Offizier fand, der der englischen

Sprache einigermaßen mächtig, sich bereit machte, mir diese

auszustellen. Mit diesem "Dokument" , das auch der Kapitän

unterschreiben musste, sollte ich noch heitere Stunden in der

österreichischen Botschaft

in Hamburg erleben. Der Portier nuschelte wie Hans Moser,

die Sekretärin war abwesend, der Botschafter himself

stellte mir handschriftlich den neuen Pass aus, mit dem ich

Jahre später an den damals noch Ostblockgrenzen

Schwierigkeiten bekommen sollte.

 

Die nächste Destination war Rio Grande do Sul.

Dieser Hafen liegt, wenn ich mich richtig erinnere,

kurz vor der Grenze zu Uruguay und unser Pott

kämpfte sich einen Fluss hoch, bis wir zu diesem

obskuren Hafen gelangten, der Gott sei Dank, keine

Kräne oder ähnliche Entladevorrichtungen hatte.

Er lag tatsächlich mitten im Dschungel.

In der Bretterbude, die sich Wirtshaus nannte,

durchleuchtete eine 25-Watt Birne die Schwärze

des Lokals. Eine extrem dicke Mestizin servierte

lauwarmes Bier, während hinter unseren Rücken

handtellergroße Spinnen ihr Begattungsritual

vollführten.

Sehr froh war ich wenige Tage später, dass es, wie ich hörte,

nach Buenos Aires gehen sollte.

Wir hatten schon alle den Fragebogen für die Einreise

ausgefüllt, in dem so seltsame Fragen vorkamen, wie:

"Sabe leer?" Kann falsch sein, OK, aber es bedeutet:

"Können sie lesen?" Welch sinnlose Frage!

Kann jemand nicht lesen, kann er ja diese Frage auch

nicht lesen!

 

Die Rettung war ein Funkspruch der Reederei in Hamburg.

Wir fuhren dieselbe Strecke der Ostküste Brasiliens

wieder zurück und des Trippers war kein Ende, lehnten

doch alle diese entzückenden Chicas die Kondome, die

wir von der Reederei gratis zur Verfügung (oder zur

Verfickung) beigestellt bekamen ab, mit der plausiblen

Begründung: "Da spür ich ja nichts mehr".

 

Meine Wenigkeit litt unter dieser, wie man um die

vorletzte Jahrhundertwende zu sagen pflegte,

"Kavalierskrankheit" 13 Mal, musste mich aber nicht, wie

der Rest der Mannschaft bei dem "Dritten Offizier" in

einer langen Schlange anstellen, um eine Spritze abzubekommen,

sondern erhielt das Penicillin in Tablettenform.

Wahrscheinlich wollte der Sani meinen Arsch nicht sehen?

 

 

Wenn Euch diese Story gefallen hat, so schreibt mir

bitte!

Es folgt alsdann ein Geschichtlein über das verrückteste

Schiff, auf dem ich je gefahren bin.

Es hieß "MS Porto", und stellt alles in den Schatten.

Die Reederei hieß "OPDR", das Schiff war ein wahrer

Seelenverkäufer und erst auf meinen nächsten Dampfern

sollte ich, weil man über mich lachte, erkennen, dass

"OPDR" nichts anderes bedeutet, als: Ohne Proviant

Durch Russland".

 

Es grüßen Euch,

 

Hans und Pepi

 

:wink: :wink:

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Wenn Euch diese Story gefallen hat, so schreibt mir

bitte!

Es folgt alsdann ein Geschichtlein über das verrückteste

Schiff, auf dem ich je gefahren bin.

Es hieß "MS Porto", und stellt alles in den Schatten.

Die Reederei hieß "OPDR", das Schiff war ein wahrer

Seelenverkäufer und erst auf meinen nächsten Dampfern

sollte ich, weil man über mich lachte, erkennen, dass

"OPDR" nichts anderes bedeutet, als: Ohne Proviant

Durch Russland".

 

Es grüßen Euch,

 

Hans und Pepi

 

:wink: :wink:

 

Bin schon ganz gespannt.

Hast du es schon mal mit "Bloggen" versucht??

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Diese Stadt erinnerte mich an Klondike, wo Dagobert Duck

seinen ersten Goldtaler fand.

(Berichtigungen werden ohne Widerspruch akzeptiert).

 

Dann muss ich wohl:

er verdiente seinen ersten eigenen Kreuzer!

 

Tolle geschichte, meine hochachtung!

sehr kurzweilig.

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Hallo liebe Boardies, hier folgt eine

 

Fortsetzung und Nachtrag

 

 

Als ich heute in der schon etwas wurmstichigen Kiste, die sich

"mein Gedächtnis" nennt, herumkramte, fiel mir auf, dass ich

einige Details unterschlagen hatte, zB das Thema:

 

"Weckmatrosen".

 

Selbige haben die undankbare Aufgabe, im Turnusdienst sowohl

Offiziere als auch Mannschaft zu Dienstbeginn zu wecken.

Es handelte sich dabei um ganz abgefeimte Burschen, denen

nichts heilig ist und denen es auch gelingt, einen Elefantenbullen

mit vier Promille im Blut noch zu einem Bauchtanz zu animieren.

 

In der Praxis sieht das dann so aus: Der Weckmatrose zupft

am Ohrläppchen. Stufe zwei: Er sagt: "He, Du hast ja ganz

schwarze Füße!" Guckt man dann hin, hat er schon gesiegt.

Nützt dies auch nichts, (Stufe drei), leert er etwaige noch

am Tisch herumstehende Getränkereste ins Ohrsloch.

Stufe vier: Er lüpft die Decke und greift brutal ins Gemächt.

Wer sich dann noch immer weigert aufzustehen, hat gewonnen,

allerdings wird dann dieser Tag von der Heuer abgezogen.

 

Noch ein Detail:

 

"Kreislaufschwäche"

 

Man säuft im Hafen, weil es da so lustig hergeht.

Man säuft auf See, weil es da so langweilig ist.

Man säuft, weil alle Getränke, da zollfrei, so billig sind.

 

Bei 95% Luftfeuchtigkeit und 38 Grad im Schatten ist das

aber nicht empfehlenswert, besonders dann, wenn man

pro Tag nur eine bis zwei Stunden schläft. Hundemüde wird

man unsanft geweckt, trinkt zwei oder drei Stück Alsterbrause,

(bei uns Radler genannt) und schwört sofort einen (Mein)eid,

dass man selbigen Tages gleich nach Dienstschluss in die Heia

geht. Abends (im Hafen) sieht das dann gedanklich so aus:

"Ich geh`doch noch auf zwei Bier und dann sofort nachhause".

Es geht schief. Man lebt ja nur ein Mal, wat solls!?

 

Dasselbe denkt man morgens auf See, will man aber dann zu seiner

Kabine, hören alle deine Schritte, werden neugierig und lugen

bei der Türe raus, wer denn da kömmet. Ah! Es ist der Hans,

"Hans, komm rein, nur auf ein Getränkelein"!

(Meist Whisky oder Bacardi fifty-fifty gemischt mit Cola).

Leider muss ich Euch mitteilen, dass, wenn kein Bacardi mehr

dagewesen, ich auch schon Maschinenspiritus trank.

Durchaus trinkbar, weil zollfrei und dadurch nicht mit

Galläpfeln vergällt.

 

Am dritten Tag kollabierte ich in der Pantry (Anrichte).

Als ich wenig später wieder das Bewusstsein erlangte,

war mein erster Gedanke, dass ich jetzt tot sei und in der Hölle.

Allein der Anblick eines blauen Plastikeimers und das

Geräusch des Schiffsdiesels überzeugte mich vom Gegenteil,

weil mir mein Schutzengel ins Ohr flüsterte, dass es in der

Hölle gar keine blauen Plastikeimer gäbe.

 

Mühsam schleppte ich mich auf die Brücke und klagte dem

Ersten Offizier mein Leid. Er hatte vollstes Verständnis, meinte

ich solle mich ein wenig auf`s Ohr legen, aber am Abend

wieder voll da sein. Ich dankte ihm.

 

Letztes Detail:

 

"DDR"

 

Völlig vergaß ich, dass die "Neuharlingersiel", bevor sie nach

Südamerika aufbrach, eine kurze Zwischenreise nach Rostock

unternahm. Der Koch musste vorher von Bord gehen, da er

aus dem "Werktätigen- und Bauernstaat" geflüchtet war.

Wir wurden penibelst kontrolliert, außer unserer Schwanzlänge

wurde alles vermessen und registriert.

 

Die gefürchtete "Schwarze Gäng" war an Bord.

 

Während wir aufgereiht wie Zinnsoldaten am Feueralarmdeck

herumstanden, durchsuchten sie alle Kabinen, montierten

sogar den Plafond ab, um mit Spiegel und Taschenlampe

hineinzuleuchten um eines Flüchtlings aus dem Paradies

der Zwergtätigen, nein, Werktätigen habhaft zu werden.

(Bei der Ausreise). Ich selbst machte mich noch am selben

Abend per Autostop auf, um das Landesinnere zu erkunden.

Wie erschrocken war der mitleidige Fahrer des Trabbis, als

er erfuhr, dass ich ein Westler sei. Er bat mich, einen

Kilometer vor der nächstgelegenen Ortschaft auszusteigen,

auf dass nicht der Schatten der STASI auf ihn falle!

 

Zwischen einer Leichenhalle und einer DDR-Disco ist gar nicht

soviel Unterschied, nur dass sich in der Disco die Leichen noch

ein wenig bewegen. Es war eine Zeitreise: Die Mädels alle

mit überknielangem dunkelblauem Rock und weißem Rüschenkragen,

die Jungs mit lichtblaugrauem Sakko, man tanzte schweigend,

auch bei Tisch fielen wenige Worte und die Zombie-Kapelle

spielte die parteigenehmigten Ostblockhits, aber falsch.

 

Leider Gottes hatte ich mir auf der dort befindliche Toilette

die Hände in einem Handtuch abgetrocknet, das nicht so

ganz dem entsprach, was man im Westen "frisch" nannte.

Und so kam es, dass ich wenige Tage später einen mir

unerklärlichen Juckreiz empfand, der so stark war, dass ich

in Rotterdam die "Kliniken vor de Geslachtssieken" aufsuchte.

 

(Für diejenigen, die des Niederländischen nicht so mächtig

sind, "Geslachtssieken" bedeutet "Geschlechtskranken").

 

Der diensthabende Arzt, ich weiß noch heute seinen Namen,

er hieß Doktor Kennedy, war sehr sympathisch und auch

neugierig, hatte er doch diese Krankheit in seiner bakteriophoben

sauberen Heimat, wo man Samstags mit Lauge die Gehsteige

schrubbt, nicht gesehen. Mit einer Lanzette zupfte er mir

einen dieser Parasiten, die sich mittlerweile auch schon in meiner

Gürtelgegend angesiedelt hatten, unter der Haut hervor, legte

ihn unter das Mikroskop (wohin sonst?), rief sodann noch

drei Kollegen plus zehn Krankenschwestern hinzu, auf dass sie

alle dieses Phänomens teilhaftig werden konnten.

Außerdem begleiteten mich noch zwei Beamte der Gesundheits-

politie an Bord, um sich mit eigenen Augen zu überzeugen, dass

dieses Schiff nicht ein schwimmender Seuchenherd sei.

Unverrichteter Dinge zogen sie wenig später von dannen.

 

Das Resultat: Eine Woche Schiffsquarantäne.

 

Ich brauchte bis Lissabon nichts arbeiten und die Speisen wurden

mir, die ich in der stürmischen, aber sonnigen Biskaya im

Liegestuhl verbrachte, auf einem eigenen Teller von einem Matrosen serviert.

Duschen durfte ich auch nicht, sondern musste mich täglich

mit einer milchigen Tinktur ganzkörperlich eincremen.

 

Die versprochene Fortsetzung folgt auf dem Fuße

(auf welchem, weiß ich noch nicht).

 

Hans (und Pepi)

 

:wink: :wink:

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Hallo liebe Boardies, hier folgt eine

 

Fortsetzung und Nachtrag

 

 

Als ich heute in der schon etwas wurmstichigen Kiste, die sich

"mein Gedächtnis" nennt, herumkramte, fiel mir auf, dass ich

einige Details unterschlagen hatte, zB das Thema:

 

"Weckmatrosen".

 

Selbige haben die undankbare Aufgabe, im Turnusdienst sowohl

Offiziere als auch Mannschaft zu Dienstbeginn zu wecken.

Es handelte sich dabei um ganz abgefeimte Burschen, denen

nichts heilig ist und denen es auch gelingt, einen Elefantenbullen

mit vier Promille im Blut noch zu einem Bauchtanz zu animieren.

 

In der Praxis sieht das dann so aus: Der Weckmatrose zupft

am Ohrläppchen. Stufe zwei: Er sagt: "He, Du hast ja ganz

schwarze Füße!" Guckt man dann hin, hat er schon gesiegt.

Nützt dies auch nichts, (Stufe drei), leert er etwaige noch

am Tisch herumstehende Getränkereste ins Ohrsloch.

Stufe vier: Er lüpft die Decke und greift brutal ins Gemächt.

Wer sich dann noch immer weigert aufzustehen, hat gewonnen,

allerdings wird dann dieser Tag von der Heuer abgezogen.

 

Noch ein Detail:

 

"Kreislaufschwäche"

 

Man säuft im Hafen, weil es da so lustig hergeht.

Man säuft auf See, weil es da so langweilig ist.

Man säuft, weil alle Getränke, da zollfrei, so billig sind.

 

Bei 95% Luftfeuchtigkeit und 38 Grad im Schatten ist das

aber nicht empfehlenswert, besonders dann, wenn man

pro Tag nur eine bis zwei Stunden schläft. Hundemüde wird

man unsanft geweckt, trinkt zwei oder drei Stück Alsterbrause,

(bei uns Radler genannt) und schwört sofort einen (Mein)eid,

dass man selbigen Tages gleich nach Dienstschluss in die Heia

geht. Abends (im Hafen) sieht das dann gedanklich so aus:

"Ich geh`doch noch auf zwei Bier und dann sofort nachhause".

Es geht schief. Man lebt ja nur ein Mal, wat solls!?

 

Dasselbe denkt man morgens auf See, will man aber dann zu seiner

Kabine, hören alle deine Schritte, werden neugierig und lugen

bei der Türe raus, wer denn da kömmet. Ah! Es ist der Hans,

"Hans, komm rein, nur auf ein Getränkelein"!

(Meist Whisky oder Bacardi fifty-fifty gemischt mit Cola).

Leider muss ich Euch mitteilen, dass, wenn kein Bacardi mehr

dagewesen, ich auch schon Maschinenspiritus trank.

Durchaus trinkbar, weil zollfrei und dadurch nicht mit

Galläpfeln vergällt.

 

Am dritten Tag kollabierte ich in der Pantry (Anrichte).

Als ich wenig später wieder das Bewusstsein erlangte,

war mein erster Gedanke, dass ich jetzt tot sei und in der Hölle.

Allein der Anblick eines blauen Plastikeimers und das

Geräusch des Schiffsdiesels überzeugte mich vom Gegenteil,

weil mir mein Schutzengel ins Ohr flüsterte, dass es in der

Hölle gar keine blauen Plastikeimer gäbe.

 

Mühsam schleppte ich mich auf die Brücke und klagte dem

Ersten Offizier mein Leid. Er hatte vollstes Verständnis, meinte

ich solle mich ein wenig auf`s Ohr legen, aber am Abend

wieder voll da sein. Ich dankte ihm.

 

Letztes Detail:

 

"DDR"

 

Völlig vergaß ich, dass die "Neuharlingersiel", bevor sie nach

Südamerika aufbrach, eine kurze Zwischenreise nach Rostock

unternahm. Der Koch musste vorher von Bord gehen, da er

aus dem "Werktätigen- und Bauernstaat" geflüchtet war.

Wir wurden penibelst kontrolliert, außer unserer Schwanzlänge

wurde alles vermessen und registriert.

 

Die gefürchtete "Schwarze Gäng" war an Bord.

 

Während wir aufgereiht wie Zinnsoldaten am Feueralarmdeck

herumstanden, durchsuchten sie alle Kabinen, montierten

sogar den Plafond ab, um mit Spiegel und Taschenlampe

hineinzuleuchten um eines Flüchtlings aus dem Paradies

der Zwergtätigen, nein, Werktätigen habhaft zu werden.

(Bei der Ausreise). Ich selbst machte mich noch am selben

Abend per Autostop auf, um das Landesinnere zu erkunden.

Wie erschrocken war der mitleidige Fahrer des Trabbis, als

er erfuhr, dass ich ein Westler sei. Er bat mich, einen

Kilometer vor der nächstgelegenen Ortschaft auszusteigen,

auf dass nicht der Schatten der STASI auf ihn falle!

 

Zwischen einer Leichenhalle und einer DDR-Disco ist gar nicht

soviel Unterschied, nur dass sich in der Disco die Leichen noch

ein wenig bewegen. Es war eine Zeitreise: Die Mädels alle

mit überknielangem dunkelblauem Rock und weißem Rüschenkragen,

die Jungs mit lichtblaugrauem Sakko, man tanzte schweigend,

auch bei Tisch fielen wenige Worte und die Zombie-Kapelle

spielte die parteigenehmigten Ostblockhits, aber falsch.

 

Leider Gottes hatte ich mir auf der dort befindliche Toilette

die Hände in einem Handtuch abgetrocknet, das nicht so

ganz dem entsprach, was man im Westen "frisch" nannte.

Und so kam es, dass ich wenige Tage später einen mir

unerklärlichen Juckreiz empfand, der so stark war, dass ich

in Rotterdam die "Kliniken vor de Geslachtssieken" aufsuchte.

 

(Für diejenigen, die des Niederländischen nicht so mächtig

sind, "Geslachtssieken" bedeutet "Geschlechtskranken").

 

Der diensthabende Arzt, ich weiß noch heute seinen Namen,

er hieß Doktor Kennedy, war sehr sympathisch und auch

neugierig, hatte er doch diese Krankheit in seiner bakteriophoben

sauberen Heimat, wo man Samstags mit Lauge die Gehsteige

schrubbt, nicht gesehen. Mit einer Lanzette zupfte er mir

einen dieser Parasiten, die sich mittlerweile auch schon in meiner

Gürtelgegend angesiedelt hatten, unter der Haut hervor, legte

ihn unter das Mikroskop (wohin sonst?), rief sodann noch

drei Kollegen plus zehn Krankenschwestern hinzu, auf dass sie

alle dieses Phänomens teilhaftig werden konnten.

Außerdem begleiteten mich noch zwei Beamte der Gesundheits-

politie an Bord, um sich mit eigenen Augen zu überzeugen, dass

dieses Schiff nicht ein schwimmender Seuchenherd sei.

Unverrichteter Dinge zogen sie wenig später von dannen.

 

Das Resultat: Eine Woche Schiffsquarantäne.

 

Ich brauchte bis Lissabon nichts arbeiten und die Speisen wurden

mir, die ich in der stürmischen, aber sonnigen Biskaya im

Liegestuhl verbrachte, auf einem eigenen Teller von einem Matrosen serviert.

Duschen durfte ich auch nicht, sondern musste mich täglich

mit einer milchigen Tinktur ganzkörperlich eincremen.

 

Die versprochene Fortsetzung folgt auf dem Fuße

(auf welchem, weiß ich noch nicht).

 

Hans (und Pepi)

 

:wink: :wink:

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Hallo liebe Boardies, hier folgt eine

 

Fortsetzung und Nachtrag

 

 

Als ich heute in der schon etwas wurmstichigen Kiste, die sich

"mein Gedächtnis" nennt, herumkramte, fiel mir auf, dass ich

einige Details unterschlagen hatte, zB das Thema:

 

"Weckmatrosen".

 

Selbige haben die undankbare Aufgabe, im Turnusdienst sowohl

Offiziere als auch Mannschaft zu Dienstbeginn zu wecken.

Es handelte sich dabei um ganz abgefeimte Burschen, denen

nichts heilig ist und denen es auch gelingt, einen Elefantenbullen

mit vier Promille im Blut noch zu einem Bauchtanz zu animieren.

 

In der Praxis sieht das dann so aus: Der Weckmatrose zupft

am Ohrläppchen. Stufe zwei: Er sagt: "He, Du hast ja ganz

schwarze Füße!" Guckt man dann hin, hat er schon gesiegt.

Nützt dies auch nichts, (Stufe drei), leert er etwaige noch

am Tisch herumstehende Getränkereste ins Ohrsloch.

Stufe vier: Er lüpft die Decke und greift brutal ins Gemächt.

Wer sich dann noch immer weigert aufzustehen, hat gewonnen,

allerdings wird dann dieser Tag von der Heuer abgezogen.

 

Noch ein Detail:

 

"Kreislaufschwäche"

 

Man säuft im Hafen, weil es da so lustig hergeht.

Man säuft auf See, weil es da so langweilig ist.

Man säuft, weil alle Getränke, da zollfrei, so billig sind.

 

Bei 95% Luftfeuchtigkeit und 38 Grad im Schatten ist das

aber nicht empfehlenswert, besonders dann, wenn man

pro Tag nur eine bis zwei Stunden schläft. Hundemüde wird

man unsanft geweckt, trinkt zwei oder drei Stück Alsterbrause,

(bei uns Radler genannt) und schwört sofort einen (Mein)eid,

dass man selbigen Tages gleich nach Dienstschluss in die Heia

geht. Abends (im Hafen) sieht das dann gedanklich so aus:

"Ich geh`doch noch auf zwei Bier und dann sofort nachhause".

Es geht schief. Man lebt ja nur ein Mal, wat solls!?

 

Dasselbe denkt man morgens auf See, will man aber dann zu seiner

Kabine, hören alle deine Schritte, werden neugierig und lugen

bei der Türe raus, wer denn da kömmet. Ah! Es ist der Hans,

"Hans, komm rein, nur auf ein Getränkelein"!

(Meist Whisky oder Bacardi fifty-fifty gemischt mit Cola).

Leider muss ich Euch mitteilen, dass, wenn kein Bacardi mehr

dagewesen, ich auch schon Maschinenspiritus trank.

Durchaus trinkbar, weil zollfrei und dadurch nicht mit

Galläpfeln vergällt.

 

Am dritten Tag kollabierte ich in der Pantry (Anrichte).

Als ich wenig später wieder das Bewusstsein erlangte,

war mein erster Gedanke, dass ich jetzt tot sei und in der Hölle.

Allein der Anblick eines blauen Plastikeimers und das

Geräusch des Schiffsdiesels überzeugte mich vom Gegenteil,

weil mir mein Schutzengel ins Ohr flüsterte, dass es in der

Hölle gar keine blauen Plastikeimer gäbe.

 

Mühsam schleppte ich mich auf die Brücke und klagte dem

Ersten Offizier mein Leid. Er hatte vollstes Verständnis, meinte

ich solle mich ein wenig auf`s Ohr legen, aber am Abend

wieder voll da sein. Ich dankte ihm.

 

Letztes Detail:

 

"DDR"

 

Völlig vergaß ich, dass die "Neuharlingersiel", bevor sie nach

Südamerika aufbrach, eine kurze Zwischenreise nach Rostock

unternahm. Der Koch musste vorher von Bord gehen, da er

aus dem "Werktätigen- und Bauernstaat" geflüchtet war.

Wir wurden penibelst kontrolliert, außer unserer Schwanzlänge

wurde alles vermessen und registriert.

 

Die gefürchtete "Schwarze Gäng" war an Bord.

 

Während wir aufgereiht wie Zinnsoldaten am Feueralarmdeck

herumstanden, durchsuchten sie alle Kabinen, montierten

sogar den Plafond ab, um mit Spiegel und Taschenlampe

hineinzuleuchten um eines Flüchtlings aus dem Paradies

der Zwergtätigen, nein, Werktätigen habhaft zu werden.

(Bei der Ausreise). Ich selbst machte mich noch am selben

Abend per Autostop auf, um das Landesinnere zu erkunden.

Wie erschrocken war der mitleidige Fahrer des Trabbis, als

er erfuhr, dass ich ein Westler sei. Er bat mich, einen

Kilometer vor der nächstgelegenen Ortschaft auszusteigen,

auf dass nicht der Schatten der STASI auf ihn falle!

 

Zwischen einer Leichenhalle und einer DDR-Disco ist gar nicht

soviel Unterschied, nur dass sich in der Disco die Leichen noch

ein wenig bewegen. Es war eine Zeitreise: Die Mädels alle

mit überknielangem dunkelblauem Rock und weißem Rüschenkragen,

die Jungs mit lichtblaugrauem Sakko, man tanzte schweigend,

auch bei Tisch fielen wenige Worte und die Zombie-Kapelle

spielte die parteigenehmigten Ostblockhits, aber falsch.

 

Leider Gottes hatte ich mir auf der dort befindliche Toilette

die Hände in einem Handtuch abgetrocknet, das nicht so

ganz dem entsprach, was man im Westen "frisch" nannte.

Und so kam es, dass ich wenige Tage später einen mir

unerklärlichen Juckreiz empfand, der so stark war, dass ich

in Rotterdam die "Kliniken vor de Geslachtssieken" aufsuchte.

 

(Für diejenigen, die des Niederländischen nicht so mächtig

sind, "Geslachtssieken" bedeutet "Geschlechtskranken").

 

Der diensthabende Arzt, ich weiß noch heute seinen Namen,

er hieß Doktor Kennedy, war sehr sympathisch und auch

neugierig, hatte er doch diese Krankheit in seiner bakteriophoben

sauberen Heimat, wo man Samstags mit Lauge die Gehsteige

schrubbt, nicht gesehen. Mit einer Lanzette zupfte er mir

einen dieser Parasiten, die sich mittlerweile auch schon in meiner

Gürtelgegend angesiedelt hatten, unter der Haut hervor, legte

ihn unter das Mikroskop (wohin sonst?), rief sodann noch

drei Kollegen plus zehn Krankenschwestern hinzu, auf dass sie

alle dieses Phänomens teilhaftig werden konnten.

Außerdem begleiteten mich noch zwei Beamte der Gesundheits-

politie an Bord, um sich mit eigenen Augen zu überzeugen, dass

dieses Schiff nicht ein schwimmender Seuchenherd sei.

Unverrichteter Dinge zogen sie wenig später von dannen.

 

Das Resultat: Eine Woche Schiffsquarantäne.

 

Ich brauchte bis Lissabon nichts arbeiten und die Speisen wurden

mir, die ich in der stürmischen, aber sonnigen Biskaya im

Liegestuhl verbrachte, auf einem eigenen Teller von einem Matrosen serviert.

Duschen durfte ich auch nicht, sondern musste mich täglich

mit einer milchigen Tinktur ganzkörperlich eincremen.

 

Die versprochene Fortsetzung folgt auf dem Fuße

(auf welchem, weiß ich noch nicht).

 

Hans (und Pepi)

 

:wink: :wink:

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Guten Morgen, liebe Boardies!

 

Eine Fortsetzung harret Eurer.

 

Die Rückreise von Rio Grande do Sul via Santos, Rio und

San Salvador do Bahia nach Lissabon, Rotterdam und

Hamburg verlief eigentlich "ereignislos", in den Häfen

traf ich die selben Mägdelein, man glaubt`s ja nicht,

wie die anhänglich Brasilianerinnen sein können, wenn sie

jemanden ins Herz geschlossen haben. Schluchz!

 

Der Erste Offizier namens Rindfleisch, (wie poetisch),

versicherte mir, dass, wenn ich an Bord bliebe, ich

vom dritten Steward zum zweiten befördert werden

würde. Er meinte es gut, allein, ich lehnte ab, der Stress

war mir zuviel. Es gab Besatzungsmitglieder, die, obwohl

sie mehr verdienten als meine Wenigkeit, in Hamburg

noch auf Grund der Vorschüsse die sie unterwegs genommen hatten, an Bord bleiben mussten, um die Schulden

abzuarbeiten.

 

Ich hatte noch etwas Geld ausbezahlt bekommen.

 

Im Seemannsheim, es hieß "Stella Maris", konnte man in

einem Achtbettzimmer um fünf DM schlafen.

(Es gab auch Einzelzimmer, doch konnte ich mir diese

nicht leisten).

Den Rest der Heuer brachte ich, wie allgemein üblich,

auf der Reeperbahn oder deren Seitengassen durch.

 

Nach drei Tagen war ich gezwungen, mir einen neuen

Dampfer zu suchen. Zu diesem Behufe begab man sich

in den sogenannten Heuerstall, wo per Lautsprecher

ständig verschiedenste Positionen auf verschiedensten

Pötten (Schiffen) mit verschiedensten Fahrtgebieten

angeboten wurden.

 

Da ich schon so knapp bei Kasse war, blieb mir nichts

anderes übrig, als das nächstbeste Schiff zu nehmen.

 

Es hieß: MS Porto.

 

Es lief aus, der hamburger Himmel war so grau wie das Schiff,

und hätte ich gewusst, was mich erwartet, wäre ich noch in

der Elbe über Bord gesprungen.

Es war kein großes Schiff, eher ein Kümo (Küstenmotorschiff),

Fahrtgebiet "Mittlere Fahrt", doch sollte sich schon in

obgenannter Biskaya herausstellen, dass der Dampfer eigentlich

verschrottet gehört hätte.

 

Die Gummidichtungen, die bei den Bulleyes dafür sorgen sollten,

dass kein Wasser ins Schiff eindringt, waren derart verrottet,

dass schon wenige Minuten später das Wasser in meiner

Kabine fünf Zentimeter hoch stand. Außerdem war der Pott

so überladen, dass ich tatsächlich beim Bulleye Fische

vorbeischwimmen sah.

 

Die Mannschaft (abgesehen von den Offizieren), bestand nur

aus Spaniern, der Bootsmann war Portugiese.

 

Die Spanier konnten diesen Portugiesen nicht ausstehen,

das allerdings ist eine jahrhundertealte Feindschaft.

Als der Bootsmann sich lauthals beschwerte, wie mies doch

der Kaffee schmecke und mir die Schuld geben wollte, erhob

sich einer dieser Spanier und sagte dem Bootsmann glatt ins

Gesicht, dass er genau gesehen hätte, dass er in meiner

Abwesenheit Salz in den Kaffee geschüttet hätte.

 

Dann kam vom Bootsmann der Befehl: Alle Luken

dicht! Wir verschraubten alle unsere Bulleyes so gut es ging.

Hehe! Seine eigenen Bulleyes vergaß er zu verschrauben!

Als er dann die Türe zu seiner eigenen Kabine öffnete, kam

ihm ein riesiger Wasserschwall entgegen.

Alles was in den Schubladen unterhalb seiner Koje aufbewahrt

war, war Schrott. Dokumente, Kleidung usw. Jeder der weiß, wie aggressiv Salzwasser ist, kann das bestätigen.

ER wollte mir dann befehlen, seine Kabine wieder klar zu machen.

Ich lachte ihn aus. Auch dass er sich beim Käptn beschweren

würde, kostete mich nur ein Lächeln.

 

Im ersten Hafen Portugals, Porto, Hafenliegezeit drei Tage,

verschwand der "Dritte Ingenieur" und wurde nie wieder gesehen.

 

Im nächsten Hafen, (schon in Spanien), verschwand der Koch.

 

Dies allerdings hatte ernsthaftere Konsequenzen.

 

Zwischenbemerkung: Da die Reederei so knapp bei Kasse war,

wurde Bier an Bord genommen und auch Zigaretten, doch

wurde binnen weniger Minuten alles wieder an Land gebracht,

als sich herausstellte, dass kein Geld vorhanden war, um die

Lieferung zu bezahlen. Wir liefen dann noch fünf spanische

Häfen an und mussten uns, wenn wir noch Geld hatten, die

Zigaretten selbst kaufen. Wenn aber auch kein Bier mehr

vorrätig ist, führt dies unweigerlich zur Meuterei.

 

Es gab auch damals schon abenteuerlustige Zeitgenossen, die

keine kostspielige Pauschalreise buchen wollten, sondern

billig auf einem Frachter buchen.

 

Wir hatten zwei Ehepaare an Bord, die voll auf ihre Rechnung

kamen.

 

Als der Koch verschwunden war, setzte der Käptn auf meine

diplomatischen Fähigkeiten, um den Passagieren nahezulegen,

ob sie nicht für die Mannschaft kochen wollten.

 

Nach einem Gespräch von nicht einmal fünf Minuten, erklärten

sich beide Frauen (im Alter von etwa 30 Jahren) gerne bereit,

diese Aufgabe zu übernehmen. Auf meine Frage, ob sie das

nicht störend empfänden, meinten sie: Nein, nein, das ist

schon OK, wir wollten ja einen Abenteuerurlaub.

 

Als ich ihnen dann aber die "Speisekammer" vorführte, erstarb

ihr Lächeln. Es war kein Mehl mehr vorhanden, sondern nur

Hülsenfrüchte. Auf die Frage: "Ja, wie sollen wir denn da

kochen?", antwortete ich nur: "Genau das hat sich der Koch

auch gefragt".

 

Erschrocken waren sie,als sie mich auf der Back stehen sahen,

auf Seevögel schießend. Die Back war von der Kombüse nur

fünf Meter entfernt, ein kleines Schiff.

 

Erleichtert waren sie, als ich erklärte, dass es nur eine

Schreckschusspistole sei.

 

 

Gerne erzähle ich Euch, wie ich fast nach Japan fuhr und

mich ein Bootsmann umbringen wollte.

 

Jetzt bin ich aber schon ein wenig müde...

 

Gute Nacht,

 

Hans und Pepi

 

:wink: :wink:

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