
Cannondale Slice Ultegra Di2
20.10.15 07:41 36.5032015-10-20T07:41:00+00:00Text: GabriwaFotos: Forstus, Erwin Haiden, MichaelaCannondale stellt mit dem Slice ein Triathlonrad der Extraklasse. Auf den ersten Blick eher schlicht in seiner Erscheinung, hat es der Alleskönner jedoch faustdick hinter den Ohren. 20.10.15 07:41 36.5092015-10-20T07:41:00+00:00Cannondale Slice Ultegra Di2
20.10.15 07:41 36.5092015-10-20T07:41:00+00:0014 Kommentare Gabriwa Forstus, Erwin Haiden, MichaelaCannondale stellt mit dem Slice ein Triathlonrad der Extraklasse. Auf den ersten Blick eher schlicht in seiner Erscheinung, hat es der Alleskönner jedoch faustdick hinter den Ohren. 20.10.15 07:41 36.5092015-10-20T07:41:00+00:00"Ultra leicht, komfortabel, perfektes Fahrverhalten und leicht einzustellen." Mit diesen Eigenschaften glänzt das seit Anfang 2015 erhältliche Slice als Triathlon-Alternative zum Cannondale Slice RS, das sich wegen seiner technischen Komplexität und dem hohen Kaufpreis nicht am Markt durchzusetzen vermochte.
Seine Rahmengeometrie wurde exakt auf die Anforderungen der Triathleten zugeschnitten und ermöglicht eine zentrale, aber trotzdem aerodynamische Sitzposition. Der steile Lenkwinkel, kurze Kurbeln und die tiefe Front resultieren in einem offenen Hüftwinkel, optimierter Kraftübertragung und einem besseren Übergang fürs anschließende Laufen. Der nicht UCI-zugelassene Rahmen wird in sechs Größen angeboten und kostete komplett aufgebaut diese Saison zwischen € 2.499,- (Slice 105) und 8.999,- Euro (Slice Black Inc.).
Das Bikeboard-Testrad, ausgerüstet mit Shimano Ultegra Di2 Komponenten, einer Hollowgram Si Kurbel und Mavic CXR 60 Tubular Laufrädern, erhielten wir im Sommer und schickten damit unsere neue Redaktions-Geheimwaffe Gabriel Waringer zu zahlreichen Zeitfahren, inkl. dem King of the Lake als krönenden Abschluss.
Gabriwa: "Eigentlich konnte ich mit Tri- bzw. TT-Bikes bis vor kurzem gar nichts anfangen. Meine Sozialisierung mit dem Radsport fand im Dusika Stadion statt, und Bahnfahren hat mit Zeitfahren nicht wirklich viel zu tun - allerdings nur auf den ersten Blick. Denn wie so oft geht es da wie dort letztendlich um Geschwindigkeit, und so gesehen ist der Schritt von den Holzplanken im Winter auf die Zeitfahrstrecke im Sommer nur allzu logisch."
Mein Auftrag
Ich hatte also das Vergnügen, ein Slice in Rahmengröße 54 drei Monate lang ausgiebig zu testen. Neben der bereits erwähnten Ultegra Di2 Gruppe und anderen feinen Teilen war das Bike mit einem klassischen Alu-Vorbau samt Basislenker von Cannondale ausgestattet. Entgegen dem Projektziel der "Einfachheit" thronten Vision TriMax Carbon-Extensions am Cockpit, welche leider recht wenig Einstellmöglichkeiten boten: Das Kürzen ging nur durch brutales Absägen auf die gewünschte Länge.
Ein weiterer Wermutstropfen in puncto Ausstattung waren die fehlenden Shimano Ultegra Bremshebel mit integrierter Schaltfunktion, zum Wechseln der Gänge in den Drops. Jammern auf hohem Niveau - aber gut, die Bremshebel sind eine überschaubare Investition und ließen sich leicht nachrüsten, aber es geht ja auch ohne. Absolutes Neuland waren die Direct-Mount-Bremsen. Leider verfügte die hintere, unter dem Tretlager positionierte Bremse, über keine Stellschraube zum Adjustieren, was den Laufradwechsel zur Fummelei machte.
Großes Plus waren jedoch die beiden Flaschenhalter - wie vom Rennrad gewohnt, bietet das Slice die Möglichkeit, sowohl am Sitzrohr als auch am Unterrohr je eine Trinkflaschenhalter zu montieren. Auch wartungstechnisch war das Slice ein Traum: durch die recht traditionelle Konstruktion hatte ich keine gröberen Scherereien beim Wechseln von Bremsbelägen und dem Anpassen der Sattelposition und des Cockpits. Ich könnte mir sogar vorstellen, dieses Rad mit wenig Aufwand und ohne Funktionseinbußen zu einem Rennrad umzubauen - wenn auch mit einer recht eigenwilligen Geometrie; aber genug davon.
Slice Ultegra Di2
Rahmen | Slice, BallisTec Carbon, Aero Save, Di2 ready | Kurbel | Cannondale HollowGram Si, BB30A |
Größen | 44/48/51/54/57/60 cm | Kettenblätter | FSA Chainrings, 52/36 |
Steuersatz | Si, 25 mm carbon top cap, 5 mm hidden top cap | Tretlager | Cannondale Alloy PressFit30A |
Gabel | Slice, BallisTec Carbon, 1-1/8" | Kassette | Shimano Ultegra 6800, 11-28, 11s |
Vorbau | Cannondale C2, 6061 Alloy, 31.8, 6° | Kette | Shimano HG700, 11s |
Lenker | Cannondale C3 base bar, 31.8 | Schalthebel | Shimano Ultegra Di2 Aero |
Extensions | FSA Tri Max Team clip ons | Bremshebel | Tektro RX 5.0 Alu Aero Hebel |
Lenkerband | Cannondale Bar Tape w/Gel, 2.5mm | Schaltwerk | Shimano Ultegra Di2 6870 |
Sattelstütze | Slice Aero carbon | Umwerfer | Shimano Ultegra Di2 6870, Anlöt-Version |
Sattel | Fi'z:ik Arione TriTone, Mng Rails | Bremsen | Shimano Ultegra 6800, Direct Mount |
Laufräder | Mavic Cosmic CXR 60 C WTS | Reifen | Mavic Yksion CXR GripLink/PowerLink C 23 mm |
Gewicht | 8,3 kg (ohne Pedale) | Listenpreis | € 4.499,- (mit Vision T30 Laufrädern) |
Geometrie
Zur Bestimmung einer möglichst realitätsnahen Rahmengeometrie für Triathleten ließen Cannondales Radpositions-Analysten tausende Messdaten (Datenbank der Partnerfirma Guru Bike Fitters) in das Projekt miteinfließen. Ergebnis: eine eher zentrale aber trotzdem aerodynamische Sitzposition des Fahrers, um beste Fahrstabilität und hohe Fahrkontrolle zu gewährleisten. Sorry Pro Riders, diesmal seid ihr übergangen worden.
Technik
Ballistec Carbon Rahmen mit Aero Save
Beim leichten Triathlonrad kommt die gleiche "Ballistec Carbon Technik" zur Anwendung wie beim preisgekrönten SuperSix Evo.
Das Mikrofederungssystem "Aero Save" wird durch eine elegante Kombination aus direktionaler Rohrform und anspruchsvoller Carbon-Laminierung möglich, bei der die Hinterbaustreben und die Sitzstreben Impulse vertikal ableiten und Stöße samt Unebenheiten abfangen. Cannondale verwendet dazu bevorzugt unidirektional angeordnete Carbonfasern in den Rohrsätzen, um eine außergewöhnliche Steifigkeit zu erreichen und die gleichzeitige Schwingungsdämpfung zu realisieren.
Aerodynamik vs. Steifigkeit
Die abgeschnittenen Aeroprofile (TAP, Truncated Aero Profile) des Rahmens und der Gabel besitzen eine optimale Mischung aus bester Aerodynamik, effizienter Steifigkeit und federleichtem Gewicht. So werden die seitlichen Wind-Angriffsflächen geringer und es lassen sich auch bei schwierigen Bedingungen hohe Geschwindigkeiten realisieren. Das auffällige Sitzrohr führt die Luftströmung direkt über das Hinterrad und sein integrierter WindTunnel-Kanal reduziert den Druckwiderstand der Luft, die sich zwischen dem sich drehenden Rad und dem Rahmen staut.
Easy ist cheesy
Der normale Vorbau, die einfache Kabelführung, Shimanos Direct-Mount-Bremsen und vertikale Ausfallenden machen es einfach, das Slice aufzubauen, einzustellen und einzupacken. Das spart Nerven und Zeit vor dem Rennen und auf Reisen. Der neue Slice-Rahmen ist sowohl mit mechanischer als auch mit elektronischer Schaltung kompatibel. Die Batterie befindet sich im Rahmen.
Narrow is Aero
8 mm breite Sitzstreben, der klassische Steuersatz mit 1 1/8" und eine klingenförmige, 18 mm breite Sattelstütze sorgen für einen schmalen Querschnitt und reduzieren so den Luftwiderstand. Die spezielle Sattelstütze bietet außerdem die Möglichkeit, den Sitzwinkel je nach Einsatzzweck - Triathlon oder TT - zwischen 73 und 78 Grad einzustellen.
On the road
Das Slice ist kein Sience-Fiction-Superbike: Die reduzierte Schlichtheit des Rahmens, das Fehlen typischer TT-Merkmale wie etwa ein vollintegriertes Cockpit, in der Gabel integrierte Bremsen, im Vorbau versteckte Di2-Junctions, etc. machen das Rad sehr wartungsfreundlich und alltagstauglich. So entfallen beispielsweise das nervige Entlüften der Hydraulikbremsen, oder das stundenlange Herumbasteln an den Bremsbelägen beim Wechseln unterschiedlich breiter Laufräder.
Wie versprochen fuhr sich das Rad wunderbar - dank der Federwirkung des Rahmens sowie der Gabel. Selbst auf den nur 23 mm breiten Mavic Yksion Drahtreifen spürte man keine Unebenheiten. Trotz des spürbaren Komforts war die Steifigkeit, besonders die des Tretlagers, außergewöhnlich hoch. Selbst bei Bergaufpassagen im Wiegetritt ließ sich nichts beanstanden. Ich war begeistert. Aber nicht nur in Sachen Stabilität und Wendigkeit, auch auf klassischem Zeitfahrterrain, sprich "flach und geradeaus", ließ das Slice keine Wünsche offen. Einzig das ab Werk montierte 52T Kettenblatt kam mir manchmal eine Spur zu klein vor - besonders auf langen und schnellen Abfahrten.
Nach rund tausend Kilometern im Sattel (Fizit Tritone, ganz nebenbei der vermutlich angenehmste Zeitfahrsattel, auf dem ich je sitzen durfte) möchte ich behaupten, das Rad ziemlich gut zu kennen. Rahmen und Gabel machten bisher keine Probleme: kein Lager, das sich lautstark zu Wort meldete, kein Knarzen, kein Klicken, kein Nichts.
Eigentlich fast zu schön, um wahr zu sein; ein perfekt zwischen Performance und Komfort ausbalanciertes Rad - alltagstauglich und Rennmaschine zugleich. Doch obwohl das Slice wirklich auf beiden Gebieten punkten kann, fehlt mir persönlich etwas Entscheidendes: die Emotion.
Das Rad ist einfach zu brav, zu bieder. Es hat keine Ecken, keine Kanten, keinen Charakter. Das klingt vielleicht härter als es meine Absicht ist, aber wenn ich an andere Zeitfahrräder denke, kommen mir Hardcore Geräte wie etwa das BMC TM01, ein Scott Plasma 5 Tri, ein Cervelo P5 und noch viele andere in den Sinn. Aber kein Slice. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es schlechter wäre als die vorhin genannten, lediglich anders. Und nachdem ich kein Ironman werden will, weckt ein Fahrrad, welches speziell für Triathleten entwickelt wurde, keine Begehrlichkeiten in mir.
Fazit
Slice Ultegra Di2 | |
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Modelljahr: | 2015 |
Testdauer: | 3 Monate (TT Seibersdorf, ÖM Zeltweg, PZF Zwettl, King of the Lake) |
+ | komfortabel |
+ | universell einsetzbar |
+ | wartungsfreundlich |
+ | Preis/Leistung |
+ | sehr leicht (Rahmen 1.020 Gramm) |
o | Mavic CXR60-Laufräder |
- | FSA Tri Max Clip-Ons |
- | fehlende Feinjustierung der hinteren Direct-Mount Bremse |
BB-Urteil: | Komfort und Wartungsfreundlichkeit sprechen für sich; heiße Empfehlung für Triathleten. |
Das neue Slice-Triathlonrad ist sehr leicht und dank seines Speed-Save-Antivibrationssystems äußerst komfortabel. Zudem verwöhnt es den Piloten mit präzisem Fahrverhalten, ist generell leicht einzustellen und eignet sich auch als problemloser Reisepartner für weit entfernte Triathlons. Unter den reinrassigen Zeitfahrmaschinen ist es gewiss kein Superstar - denn diesen Status überlässt es seinem Cousin, dem Slice RS.
Es gibt zwar einige Verbesserungsvorschläge, wie etwa das Upgrade auf Shimano Di2 Bremshebel, Extensions mit flexibleren Einstellmöglichkeiten oder Kettenblätter mit mehr Zähnen - das Grundsetup ist allerdings durchwegs respektabel.
Einzig die Laufräder erwiesen sich im Zuge unseres Tests als Gräuel - ich vermute, es handelte sich um einen Montags-LRS. Während einer Testfahrt sprangen die "CX01-Aero-Blades" genannten Vorrichtungen zur Reduzierung des Luftwiderstandes einfach von der Felge und schmolzen auf dieser dahin. Ebenso lockerte sich ein Bestandteil im Inneren des Aluminiumteiles der Felge, welcher fortan zwischen zwei Speichennippeln hin- und herschlug. Abgesehen davon sehe ich die 60 mm hohen Laufräder ohnehin mehr als Trainings- bzw. Zweitgarnitur. Denn für schnelle Zeitfahren wäre ein Upgrade auf Scheibe und 80 mm Front stark zu empfehlen.