Sehr geehrte Frau Ernst, sehr geehrter Herr Christl,
ich möchte sie beide um je drei Dinge ersuchen.
Zuerst Sie, Frau Ernst:
– Lesen Sie das Weekend Magazin.
Ja, es ist nur ein Inseratefriedhof. Ja, der Zeitdruck ist enorm. Ja, die Redaktion ist nur Erfüllungsgehilfe der Anzeigenabteilung. Lesen Sie es trotzdem. Vor der Drucklegung.
– Nützen Sie die Wirtschaftskrise.
Es mag sein, dass Sie Ihren Redakteuren nur ein Butterbrot zahlen können. Aber da draußen warten hunderte arbeitslose Journalisten, die ihr Handwerk verstehen. Sie alle brennen darauf, sich für wenig Geld zu prostituieren. Stellen Sie sie ein, saugen Sie sie aus. Es besteht keine Notwendigkeit, 100.000e Leser von Amateuren betreuen zu lassen.
– Sind Sie nicht so verdammt sexistisch.
Männer, die sich für Autos interessieren, sind Dumpfgummis, glauben Sie. Lesen Sie doch mal eine alte Autorevue, oder eine Kolumne von David Staretz. Es gibt Motorjournalisten, die des Zündkerzenswechselns UND der Formulierung von Artikeln gewachsen sind. Suchen Sie sich einen.
Und Sie, Herr Christl, möchte ich auch um drei Dinge bitten:
– Nehmen Sie mal ein gutes Buch zur Hand. Probieren Sie Yoga. Schnackseln Sie wieder mal so richtig. Tun Sie jedenfalls was, das Ihren latenten Lebensstress vermindert. Man ist dann nicht mehr so aggressiv.
– Lesen Sie Tucholsky. Schauen Sie donnerstags ORF, googeln Sie Rainer Nikowitz oder kaufen Sie sich wenigstens eine Titanic oder ein MAD-Heft. Nicht zu wissen, was Satire ist, ist keine Schande. Aber es lässt sich ändern.
– Lernen Sie einen Beruf. Es gibt so viele schöne, und manche haben sogar mit Autos zu tun. Lassen Sie das mit den Buchstaben sein. Oder suchen Sie sich eine enger gesteckte Zielgruppe, die den feinen Esprit Ihrer Satiren nicht allein mit einem Blackout Ihres Vorgesetzten interpretiert: vielleicht eine Krankenstation voller Opfer aggressiver Autolenker?
Mit freundlichen Grüßen ...