
SQLab 612 Ergowave R Carbon
05.08.20 05:12 21.5882020-08-05T05:12:00+00:00Text: NoPainFotos: Erwin HaidenErste Fahreindrücke des biomechanisch optimierten Leichtgewichts für Rennrad und MTB (XC).05.08.20 05:12 22.0362020-08-05T05:12:00+00:00SQLab 612 Ergowave R Carbon
05.08.20 05:12 22.0362020-08-05T05:12:00+00:0020 Kommentare NoPain Erwin HaidenErste Fahreindrücke des biomechanisch optimierten Leichtgewichts für Rennrad und MTB (XC).05.08.20 05:12 22.0362020-08-05T05:12:00+00:00Der in drei Breiten erhältliche SQlab 612 Ergowave R richtet sich gleichermaßen an gewichtsbewusste Damen und Herren, die auf dem Rennrad oder dem XC-Mountainbike eine besonders sportliche Sitzposition einnehmen und einen gelungenen Mix aus Komfort und Ergonomie für leistungsorientertes Training und Rennen suchen.
"R" für küRzer, taillieRter, leichteR und schnelleR. So kurz und knapp ließen sich die markantesten Unterschiede des neuen Race-Sattels aus dem Hause SQLab gegenüber des ebenfalls sportlichen 612 Ergowave Carbon beschreiben. Wir haben den Sattel am Rennrad wie am Gravelbike getestet und mit dem weiterhin im Programm befindlichen 612 Ergowave "ohne R" verglichen.
612 Ergowave R Carbon
Der neue 612 R Ergowave zählt mit seinem Gewicht von nur 125 g mit Carbonstreben (plus 25 g für die Version mit S-Tube-Streben) zu den absoluten Leichtgewichten. Unser Testsattel in 13 cm Breite wog sogar um 5 g weniger und brachte reale 125 Gramm statt der versprochenen 130 g auf die Waage.
Durch seine wellenartige Form - Ergowave - und das hochgezogene Heck sorgen die Race-Sättel für verbesserten Halt nach hinten und eine optimale Druckverteilung bis in die tieferliegenden Strukturen des Beckens. Resultat des Konzeptes ist eine bessere Kraftübertragung aufs Pedal, wobei der Komfort nicht auf der Strecke bleiben soll. Nähere Details zum Ergowave-Konzept gibt's übrigens auch in einer früheren BB-Story.
Mit kürzerem und schmälerem Nasenteil sowie stärkerer Taillierung sorgt der 612 Ergowave R für mehr Beinfreiheit und spricht vor allem RennradfahrerInnen und XC-MountainbikerInnen an. Eine verlängerte Vertiefung in der Sitzfläche entlastet selbst bei stark gebeugter Oberkörperhaltung den Dammbereich effizient, ein nochmals erhöhtes Heck gibt zusätzlichen Halt für bessere Kraftübertragung - in der Ebene und ganz besonders bergauf. Dem Einsatzzweck und der Zielgruppe entsprechend ist das Leichtbaumodell in (nur) drei Breiten von 12 bis 14 cm erhältlich, das Gros der Racer sollte trotzdem den für sie passenden Untersatz finden.
Das Wort "Racer" wurde im Artikel mit Kalkül deshalb so oft verwendet, um den Unterschied zum 612 Ergowave ohne "R" zu verdeutlichen. Denn: Je leichter der Fahrer, umso mehr getretene Watt (pro Kilo) und umso größer die Sattel-Lenker-Überhöhung, umso mehr wird sich der Athlet auf dem 612 R wohlfühlen.
Schwerere Gewichtsfetischisten, die aufrechter sitzen, eher mit wenig Watt (pro Kilo) herumbummeln und auch gerne mal die Füße stillhalten, werden mit dem 612 R vermutlich keine so große Freude haben und wären mit dem normalen 612 Ergowave Carbon besser bedient. Denn mit seiner etwas "dickeren" Polsterung von durchgehend 6 Millimetern, einer weniger aggressiven Formgebung und in der passenden von vier (!) Breiten eignet sich der Nicht-R ideal für diese Klientel und wiegt er außerdem nur rund 20 Gramm mehr - bei einem um 40 Euro niedrigeren UVP.
Vergleich 612 R vs. 612
612 Ergowave R Carbon | 612 Ergowave Carbon | |
---|---|---|
Einsatzbereich | Road & MTB Race (XC) | Road & MTB & MTB Race (XC) |
Geschlecht | Damen & Herren | Damen & Herren |
Sitzposition | Sehr sportlich mit > 5 cm Sattelüberhöhung | Sportlich mit > 0 und < 5 cm Sattelüberhöhung |
Besondere Stärken | Minimiertes, straffes Polster mit maximaler Beinfreiheit für leistungsorientierte Ausfahrten und Rennen | Maximaler Komfort auf langen Distanzen |
Erhältliche Breiten | 12, 13, 14 cm | 12, 13, 14, 15 cm |
Gewicht | 125, 130 (125 g gewogen), 140 g | 147, 150 (145 g gewogen), 154, 158 g |
Länge | 252 mm | 275 mm |
Polsterung/Härte | 60 SQ-Shore | 60 SQ-Shore |
Entlastung Dammbereich | 63% | 65% |
Material Streben | Carbon (hochoval 7 x 9.6 mm) | Carbon (hochoval 7 x 9.6 mm) |
Material Schale | Carbonfaser verstärkt | Kunststoff |
Material Bezug | B78 | C84 |
Material Polster | Superlight Foam, Stärke Sitzbereich 4 mm, restlicher Schaum +/- 2 mm | Superlight Foam, Stärke Sitzbereich 6 mm |
max. Belastung | 90 kg | 90 kg |
Preis | 229,95 | 189,95 |
In der Praxis
Ob ihr mit dem SQlab Ergowave glücklich werdet oder nicht, hängt - abgesehen von eurer individuellen Morphologie und der Sitzposition bzw. Überhöhung - primär von der optimalen Sattelbreite sowie von der richtigen Einstellung ab. Die wichtigsten Schritte bzw. einige Tipps und Tricks zur Bestimmung der idealen Sattelbreite haben wir nochmals für euch zusammengefasst:
Sitzknochenabstand und Sattelbreite ermitteln
Vergleichbar mit Schuhen muss auch ein Sattel die richtige Breite aufweisen, um nicht zu drücken. Deshalb bietet SQlab bereits seit 2002 ein System zur Messung des Sitzknochenabstands an - samt Sätteln in unterschiedlichen Breiten.
Die billigste Variante, um den korrekten Sitzknochenabstand zu ermitteln, ist mittels der SQlab Messpappe, einem für 20 Cent erhältlichen Stück Karton mit spezieller Faltung auf einer Seite. Setzt man sich auf diese, lässt sich der Abstand der Sitzknochen anhand ihrer Abdrücke ermitteln. Die mitgelieferte Messlehre verfügt zusätzlich über eine Schritt-für-Schritt Anleitung.
Etwas professioneller und noch genauer erfolgt die Messung mittels eigenentwickelter Noppenplatte, über welche sich die Noppen an den Stellen der Sitzknochen in ein spezielles Papier drücken. Dieses System ist momentan aber eher Händlern und Partnern von SQlab vorbehalten.
Schritt für Schritt zur richtigen Sattelbreite:
1.) Messpappe mit den offenen Wellen nach oben - oder Noppenplatte mit zugehörigem Papier - auf einen Stuhl legen, der über eine möglichst flache Oberfläche verfügt. Die Sitzhöhe sollte so gewählt sein, dass ungefähr ein 90 Grad-Winkel der Beine zugelassen wird. Man kann sich auch mit einem Stockerl unter den Füßen helfen, um gewünschten Effekt zu erzielen.
2.) Mit geradem Rücken möglichst mittig auf die Messpappe setzen. Um die Sitzknochen stärker hervortreten zu lassen, ein Hohlkreuz machen und eventuell die Füße auf die Zehenspitzen stellen.
3.) Mit den Händen auf die Unterseite des Stuhls greifen und sich fest an die Sitzfläche ziehen, um einen deutlichen Abdruck auf dem Messinstrument zu erzeugen.
4.) Aufstehen und das Wunderwerk betrachten. Die Sitzknochen sollten sich jetzt in den Wellen der Pappe abgezeichnet haben, beziehungsweise sollten die Noppen sich an den Druckstellen durch das Papier gedrückt haben.
Mit einem Filzstift lassen sich die Abdrücke deutlich kennzeichnen. Den Mittelpunkt beider Abdrücke markieren und den Abstand von Mitte zu Mitte abmessen. Um die Mittelpunkte besser erkennen zu können, hilft es, die außenliegenden Ränder der Abdrücke vor der Bestimmung zu markieren.
5.) Dieser Wert bestimmt den Sitzknochenabstand, zu welchem noch die passende Sitzposition addiert werden muss. Liegt der Sitzknochenabstand genau zwischen zwei vollen Zentimetermaßen, wird mathematisch gerundet (z.B. 12,5 cm werden zu 13 cm).
Auf der Tabelle der Messlehre sind die verschiedenen Sitzpositionen mit zu addierenden Werten aufgezeichnet. Rennradfahrer sollen beispielsweise 1 cm hinzufügen, All-Mountain- und Enduro-Piloten 2 cm. Generell gilt, je aufrechter die Sitzposition, desto mehr wird zur Breite addiert.
6.) Addiere zum Wert des Sitzknochenabstandes (z.B. 12 cm) den Wert der Sitzposition (z.B. 1 cm) und die benötigte Sattelbreite ist ermittelt (in diesem Fall 13 cm).
Der Abstand der Sitzknochen hat nur wenig mit dem optischen Erscheinungsbild einer Person zu tun. Dies ist am Beispiel unserer Tester großartig zu erkennen: Während einer mit 168 cm Körpergröße und 54 kg Fliegengewicht einen Sattel mit 14 cm Breite benötigt (und dessen ihm eigentlich wie ein Ei dem anderen gleichender Bruder eine 12 cm Version sein eigen nennt), braucht ein 180 cm großer Kollege einen 13 cm breiten Sattel.
Zwar kann die Sattelbreite im eigenen Wohnzimmer mittels der oberhalb beschriebenen Messpappenmethode ermittelt werden, aber mehr Erfahrung und somit eine höhere Chance, gleich zum optimalen Modell zu greifen, besitzt der geschulte Fachhändler.
Ebenso wichtig wie die optimale Sattelbreite ist die korrekte Montage bzw. Einstellung. Ziel ist es, sich präzise auf die Sitzknochen zu setzen, wobei auf den korrekten Kniewinkel (Faustregel: Lot durch Kniegelenk und Pedalachse bei drei Uhr), eine ergonomische Beinstreckung bzw. Kniebeugung und auf die eher waagerechte Ausrichtung des Sattels zu achten ist. Eine Wasserwaage hilft wegen der prägnanten Stufe (bzw. des erhöhten Hecks) bei den Ergowave-Vertretern relativ wenig; vielmehr sollte der relevante Sitzbereich eher horizontal ausgerichtet sein. Als ich zur Kontrolle nach der ersten längeren Probefahrt die große Wasserwaage auf den kompletten Sattel (von Heck bis Spitze) legte, zeigte sie -0,5 Grad an, obwohl die Sitzfläche minimal nach oben geneigt war.
Wie beim normalen 612 Ergowave und bei allen anderen Ergowave Active-Vertretern tragen die Sitzknochen die Hauptlast, die Schambeine werden relativ gut, der Dammbereich und die Weichteile komplett entlastet. Aufgrund der dünneren Polsterung beim R-Modell werden sich die Sitzknochen von Neulingen an die punktuelle Belastung etwas länger gewöhnen müssen, als dies bei den früheren Ergowaves der Fall war. Mit der Zeit verdichtet sich dann automatisch das Knochengewebe im Sitzknochen, härtet sozusagen ab und das anfangs "unangenehme" Gefühl weicht einer neuen Erfahrung, die durchwegs positiv empfunden wird. Dank der härteren Satteldecke bleiben zudem die Scherkräfte gering und die Oberschenkel scheuern nicht an der erschlankten Sattelspitze.
Im direkten Vergleich zum normalen 612 Ergowave Carbon fühlt sich der "R" beim Ballern noch eine Spur knackiger, aber nicht minder komfortabel an. Das höhere Heck bietet vor allem bergauf mehr Halt und lässt im Flachen - nicht zuletzt wegen der kürzeren und schmäleren Nase - eine noch aggressivere Körperhaltung mit besserer Kraftübertragung zu.
Je leichter der Fahrer, je härter die Gangart und je exakter der Sattel für die Sitzposition eingestellt ist, umso besser funktioniert das R-Konzept. Erst bei gemäßigter Gangart, beispielsweise einer 2 W/kg-Regenerationsfahrt, machen sich die Gewichtsoptimierung und der schlanke Shape beim Komfort negativ bemerkbar.
Fazit
SQLab 612 Ergowave R Carbon | |
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Modelljahr: | 2020 |
Testdauer: | 4 Wochen |
Preis: | € 229,95 |
+ | Bewährtes Sattelkonzept |
+ | Bewegungsfreiheit |
+ | Kraftübertragung |
+ | Auf sportliche Sitzposition abgestimmtes Design |
+ | Gewicht |
+ | Generelle Optik |
o | UVP kein Schnäppchen, hält aber allen anderen Konzeptvergleichen stand |
BB-Urteil: | Sehr leichter, steifer und dennoch komfortabler Race-Sattel für gut trainierte SportlerInnen. |
Das Märchen vom gemütlichen, soft-gepolsterten Sattel hielt sich erstaunlich lange. Dass harte Sättel auf langer Strecke ihren vermeintlich bequemen, weichen Pendants in Theorie und Praxis aber tatsächlich überlegen sind, hat sich mittlerweile zumindest in sportiven Fahrradkreisen herumgesprochen. Nach ihrem äußerst erfolgreichen Ergowave-Sattelkonzept für sportliche Rennradfahrer und Mountainbiker geht nun SQlab einen Schritt weiter und nimmt sich mit dem Modell 612 Ergowave R auch den gewichtsbewussten Supersportlern an.
Das Schreiben dieses Reviews hat mir ebenso viel Freude bereitet wie das Fahren mit dem Sattel selbst. Denn abgesehen von dem langjährig bewährten Ergowave-Konzept besticht der 612 R mit seinem sensationellen Design, einer brillanten Farbgebung (schwarz) und dem Gewicht (125 g in 13 cm), mit dem auch jeder noch so abgespacte Weightweenie leben können sollte. Und es zahlt sich aus, denn der Sattel hält alles was er verspricht ("Kürzer - taillierter - leichter - schneller und mehr Leistung durch Ergonomie"). Darüber hinaus kostet jedes seiner hart ersparten Gramm umgerechnet nur zwei läppische Euros.
Für performanceorientierte, echte Racer oder sehr sportliche Hobbyfahrer, die seit jeher mit Taubheitsgefühlen, Druckschmerzen oder Problemen aufgrund von Scherkräften kämpfen, ist der 612 Ergowave R mehr als nur einen Versuch wert. Vor der Neuanschaffung bzw. selbstverständlich danach empfiehlt sich immer eine genaue Überprüfung der Sitzposition und der Satteleinstellung. Denn auch der beste Ergowave-Sattel kann seine Stärken nur dann ausspielen, wenn der Radsportler optimal mit seinen Sitzknochen darauf verweilt und so seine Weichteile entlastet.
612 Ergowave R Carbon |
Vergleich 612 R vs. 612 |
In der Praxis |
Sitzknochenabstand und Sattelbreite ermitteln |
Fazit |
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