Nach eurem Artikel im letzten Jahr mit den tollen Bildern des Rades in einer Farbe, die meines Erachtens die Freude am Fahren viel besser ausdrückt als diese matten superrace-Lackierungen, die wsl. viele wie bei Sportwagen zu Höchstleistungen animieren sollen, habe ich bei meinem ansässigen Händler dieses Rad gekauft. Vielen Dank an euch für die Inspiration
Ich habe ein Rad gesucht, dass meinen besonderen Anforderungen entspricht: Schauend durch unsere schöne Natur zu gondeln, mal auf den einen oder anderen Feld- oder sogar Waldweg einzubiegen, wenn man was Schönes entdeckt hat (ja, auch abzusteigen und das Bike in der Landschaft und nicht nur von oben zu betrachten). Extra dafür habe ich mir auch die 30er Schwalbe One draufziehen lassen - langsamer auf dem Asphalt wird's dadurch schon, aber ich brauche keinen hohen Luftdruck auf den Pneus, dann brauche ich auch kein "Schlauchlos" mit dem beschriebenen Folgen einer Panne... Stellt euch vor, die Soße auf einem neuen Rapha-Shirt... Trump würde twittern: SAD
Ehrlich gesagt, war ich beim ersten Anblick des Rades beim Abholen etwas enttäuscht, denn die blaue Farbe wirkt erst im Sonnenschein so strahlend schön. Im Schatten und in der Garage ist es eher ein "Petrol" - also leicht ins Grün gehend - nun gut, ich bin ja auch Schön-Wetter Radler, da fällt das nicht so auf. Was mich schon mehr irritiert hat, ist das meinem Fall doch sehr kurze Oberrohr. Da meine Arme im Bauch meiner Mutter leider 2 cm zu kurz gebastelt wurden, benötigte ich einen ziemlich kleinen Rahmen. Mein Händler musste es auch einsehen, dass ein 54er bei 177 cm Körpermaße doch zu groß ist - wer dieses Dinosaurier-Problem mit den Armen nicht hat, sollte bei ähnlicher Größe auf einen 54er gehen, da sonst auch die Sattelstütze sehr weit rauskommt. Nun, das Rad sieht also noch etwas weniger sportlich aus als auf den Bildern - aber hey, der liebe Gott hat's halt so gemacht und damit muss man leben.
Apropos Sattelstütze: auch nach einer Saison habe ich es nicht hinbekommen, das leidige Knacken zu eliminieren. Erst mit Paste wie von Simplon empfohlen, dann ohne, wie von einem Händler, dann mal die Schraube locker angezogen, dass sie mir beim Waldweg biken unterm Hintern reingerutscht ist, dann mal fest angezogen, dass ich Angst um den Brechpunkt hatte. Ich gehe davon aus, dass es einfach am größeren Hebel liegt, der durch den kleineren Rahmen zustande kommt. Sehr ärgerlich, da ich empfindlich auf ablenkende Geräusche bin. Gleiches Problem nun seit zwei Monaten am Lenker. Hier kann die Rahmengröße nichts dafür. Ich denke, es liegt vielleicht an den 3 cm Carbon-Spacern. Die werden bei der nächsten Inspektion mal gegen 1 Gramm "schwerere" Aludinger ausgetauscht .
Meine Einschätzung zum Preis: Ich glaube auch, dass dieser bewusst hoch angesetzt wurde, schließlich bekommt man für deutlich weniger Geld auch einen Lenker, einen Carbon-Rahmen, Scheibenbremsen, eine DI2 Ultegra etc. Aber fairerweise muss ich sagen, dass es sich bei Simplon um ein vergleichsweise kleines Unternehmen handelt, das bei uns in Europa Arbeitsplätze schafft und seine Steuern zahlt. Wenn man z.B. einen Wiesmann fahren möchte, dann bekommt man auch nur einen BMW Motor zum 4-fachen Preis. Für mich ist das grundsätzlich okay, denn ich hoffe, dass auch andere mein Unternehmen unterstützen und ein bisschen mehr Geld ausgeben, als für eine vergleichbare Leistung eines anderen Unternehmens, das eben nicht meinen Arbeitsplatz sichert. Es ist MEINE Sicht und muss auch hier nicht erschöpfend diskutiert werden. Damit hänge ich vielleicht auch etwas mehr als andere an ihrem Rad und werde es vielleicht auch etwas länger fahren als die, die 20 Räder in der Garage haben. Übrigens: Ich habe mein Rad über LeaseRad finanziert, so wird mir vom Brutto die Rate einbehalten und ich habe eine Ersparnis, die mir mein Händler nicht gewährt hätte. Nach drei Jahren kann ich es übernehmen oder dem Händler zurück geben. Ich merke das geringe Netto eigentlich nicht mehr.
Ob das Rad besonders steif ist, kann ich nicht einschätzen, da ich dafür nicht genug NM in den Oberschenkeln habe. Ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, dass ich auf Gummi trete. Ist es besonders komfortable? Naja, bei 30er Schlappen geht das wohl hauptsächlich auf dieses Feature. Die Sattelstütze flext natürlich auch etwas mehr (s. oben). Über die DI2 Ultegra braucht man nichts mehr schreiben - eine Dura Ace ist auch mir zu teuer für den Gewinn an Gewicht. Meines Erachtens sitzt das Gewichtsproblem in 99 % der Fälle eh auf dem Sattel als darunter... Die kleinen Scheibenbremsen sind top, auch bei 76 Kilo habe ich bei Abfahren nie Sorge, dass ich nicht rechtzeitig zum Stillstand komme. Ich habe ferner den Lenker etwas breiter gewählt, um auch auf neudeutsch Gravel-Pisten mehr Kontrolle zu haben, das funktioniert gut. Ein paar Gelpads unter das Band sind auch fein. Worüber ich als Genussradler echt glücklich bin ist die Oberlenker-Schaltung der DI2. Für schlappe 100 Euro kein Umgreifen mehr, das ist echter Komfortgewinn - keine Ahnung, warum so wenig damit fahren. Jetzt kommt noch der neue Shimano-Akku, der die Gänge selbständig synchonisiert, dann ist das Bike maximal möglich perfekt für mich.
Halt: Worüber ich mich sehr freuen würde, ist ein Tipp von euch zum Thema Laufräder. Da ich bereits beim Kauf wusste, das die angebotenen DT Swiss einen extrem lauten Freilauf haben, habe ich bewusst günstige Laufräder geordert, um sie zu Weihnachten gegen LEISE zu tauschen. Mann, was haben die sich dabei gedacht? Damit verscheuche ich ja sämtliche Tiere im Wald und muss mit Kopfhörern fahren, um nicht taub zu werden. Bitte, welche Laufräder soll ich kaufen, sie so leise sind, dass ich nur ein Schnurren höre, wenn ich den Berg runterrolle?
Und abschließend noch was zum Thema Berg: Das ist zwar keine Klettermaschine, aber trotzdem bin ich mit meinen dünnen Beinen auf den Mont Ventoux hochgefahren - also keine Sorge für die potenziellen Käufer. Bergpunkte nein, hochkommen aber sicher.
Ich liebe dieses Bike.