Notizen aus dem Spital:
Ich hab einen Skidaumen. Mitten im Sommer. Wie das geht? Ganz einfach: ca. 100 Meter vor der Weidlinger Furt voll antreten (unbedingt darauf achten, dass der Weidlingbach viel Wasser führt!) und mit einem 40er in den Bach krachen. Knapp vor dem anderen Ufer das Vorderrad von einem Stein wegschlagen lassen und eine ordentliche Brezn reissen. Dabei darauf achten, dass der rechte Daumen (Linkshänder natürlich der linke!) beim Aufschlag über den Griff schert und dabei hängen bleibt. Wenn ihr es richtig macht, werdet ihr mit einem satten Schnalzer belohnt und das Seitenband ist durch. Jetzt zwei Wochen lang so tun, als wär eh nix passiert und fest weiter radeln. Der Daumen ist zwar komplett instabil, aber die Radflasche kann ja auch mit der anderen Hand aus der Halterung gezogen werden. Wenn's nach 2 Wochen noch immer nicht besser wird (keine Sorge - es wird nicht!), einen Unfallchirurgen aufsuchen und einen OP-Termin vereinbaren.
So geschehen am 23. Mai. Jetzt, einen guten Monat später, liege ich im Rudolfinerhaus und sehe auf meinen völlig unbrauchbaren Arm, der schlaff und gefühllos auf meinem Bauch liegt. Zwar lässt die Wirkung der Plexusanästhesie schon etwas nach und ich kann die Finger ein wenig bewegen, ich habe aber doch einen ganz guten Eindruck erhalten, wie es sein muss, einen Querschnitt zu haben - ein Alptraum! Auch die vertauschte Rolle, einmal alles aus Sicht des Patienten zu sehen, ist eine interessante Erfahrung.
Auf dem Aufklärungsbogen habe ich, wie nicht anders gewohnt, an der Stelle für den Arzt unterschrieben. Ziemlich dämlich bin ich mir dann im Patientenkostüm vorgekommen: Stützstrümpfe, super sexy Netzhöschen und hinten offenes Hemd. Der nette Träger, der mich im Bett zum OP chauffiert, ist aus der Dominikanischen Republik und kennt sich mit Skidaumen echt gut aus. Schliesslich, berichtet er mir stolz, sei er begeisterter Skifahrer und fahre auf Fischer, vorzugsweise in Salzburg. Hätte die Dom Rep ein Skiteam - er wäre die Nummer Eins. Die Plexusanästhesie ist nicht weiter schlimm - sie wird vom Anästhesisten, Dr. Leo Adler, gekonnt unter Sonokontrolle in die rechte Axilla gesetzt. Bald darauf beginnen meine Finger zu kribbeln und werden gefühllos. Die Motorik bleibt mir vorerst noch erhalten. Bei der OP-Schleuse wird mein schräges Outfit noch mit einer rosa Haube komplettiert. Am Life-Ball könnte ich so ohne weiteres reüssieren.
Im OP erwartet mich schon mein Operateur, Dr. Georg Barisani, der schon vor 13 Jahren meiner Liebsten Knie so gut zusammengeflickt hat, dass sie heute beschwerdefreie Triathletin ist. Vom Hautschnitt bis zur Hautnaht vergehen keine 20 Minuten. Dazwischen erhalte ich einen Knochenanker im Daumengrundglied, an dem das gerissene Band fixiert wird. Hat auch gar nicht weh getan und die kleine Fentanyl-Dröhnung, die mir Dr. Adler spendiert hat, war auch ganz fein. Im Aufwachraum liege ich zwischen lauter reichen Russen, die grunzend und schnaufend aus der Narkose erwachen. Als ich nach einer dreiviertel Stunde noch immer keinen Atem- oder Herzstillstand biete, lassen mich die Anästhesieschwestern gnädig auf mein Zimmer bringen.
Ja, und hier liege ich jetzt also und betrachte traurig meinen tauben Arm, der da so nutzlos vor mir liegt. Zwei Wochen Gips, vier Wochen Schiene, macht 6 Wochen Radkarenz. Die Teilnahme an der Sella Ronda hab ich schon letzte Woche storniert. Wär ich gleich zum Arzt gegangen, hätte ich zwar auch nicht teilnehmen können, aber immerhin wäre ich vier Wochen früher wieder fit gewesen. Naja, beim nächsten Mal...
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