
Merida One-Forty 8000 im Test
01.12.22 06:54 2.7702022-12-01T06:54:00+00:00Text: NoPainFotos: Erwin HaidenDas neue One-Forty richtet sich an Trailbike-Allrounder und will die Fähigkeiten eines Allmountains mit der Leichtigkeit eines guten Kletterers in Einklang bringen. Out-of-the-box wartet es im reinen 29"-Setup mit 150 mm Federweg an der Front und 143 am Heck auf.Plus Info Spezial: "Wieso sind Fahrräder so teuer geworden?"01.12.22 06:54 2.8122022-12-01T06:54:00+00:00
Merida One-Forty 8000 im Test
01.12.22 06:54 2.8122022-12-01T06:54:00+00:0014 Kommentare NoPain Erwin HaidenDas neue One-Forty richtet sich an Trailbike-Allrounder und will die Fähigkeiten eines Allmountains mit der Leichtigkeit eines guten Kletterers in Einklang bringen. Out-of-the-box wartet es im reinen 29"-Setup mit 150 mm Federweg an der Front und 143 am Heck auf.Plus Info Spezial: "Wieso sind Fahrräder so teuer geworden?"01.12.22 06:54 2.8122022-12-01T06:54:00+00:00
Mein letzter Allmountain-Testbericht liegt dermaßen lange zurück, dass ich mich schon gar nicht mehr daran erinnern konnte und sogar die Suchfunktion bemühen musste, um mir auf die Sprünge zu helfen. Tatsächlich ist es über 12 Jahre her, als ich im August 2010 im Rahmen meiner "Ein Solist auf Reisen"-Erzählungen das Liteville 301 lieben lernte. Wenig verwunderlich also, dass sich seitdem einiges verändert hat.
12 Jahre MTB-Entwicklung
Liteville 301 "Custom" 2010 | Merida One-Forty "10K" 2022 | Abweichung | |
Laufradgröße | 26 Zoll | 29 Zoll | +11,5% |
Kassettenkapazität | 9-fach | 12-fach | +8% |
Gewicht | 12,5 kg | 14,0 kg | +12% |
Listenpreis | 7.000,- Euro | 11.999,- Euro* | +71% |
Zwar blieben Federwege und Reifenbreiten in den vergangenen zwölf Jahren in etwa gleich, jedoch ließ sich der vordere Umwerfer bei nahezu allen sportlichen Mountainbikes vollständig eliminieren und viele messbare Faktoren (Laufradgröße, die Zahl der Kassettenritzel sowie Gesamtgewicht) stiegen Daumen mal Pi um 12% an. Anders der Kaufpreis in unserem Beispiel - dieser peakte im gleichen Zeitraum mit einem Plus von 71 Prozent!
Selbst wenn die heutigen Topmodelle eine deutlich höhere Performance in puncto Kinematik, Komfort, Traktion und Langlebigkeit bieten als frühere Highend-Boliden und ihr technischer Produktionsaufwand (Entwicklungskosten, Manpower, Energiebedarf) in keinster Weise vergleichbar ist, so fragt man sich manchmal doch, ob die teils horrenden Listenpreise wirklich gerechtfertigt sind.
Aus diesem Anlass wollen wir uns hier nicht nur dem brandneuen Merida Fully, seiner radikalen Geometrie, der innovativen Kinematik und den vielen lässigen Detaillösungen widmen, sondern auch die Hintergründe und Problematiken der aktuellen Preisgestaltung beleuchten.
* Listenpreis Österreich, Stand 25.11.2022
Stolze 71 Prozent - um so viel ist der Preis für ein hochwertiges Allmountain laut unserer Milchmädchenrechnung seit 2010 gestiegen.
Liteville 301 "Custom" 2010 vs. Merida One-Forty "10K" (Stand 25.11.2022)Geometrie & Ergonomie
Normalerweise beginnen wir unsere Reviews mit entwicklungstechnischen Hintergründen, CFD-Studien und Windkanalmessungen - nicht so beim neuen One-Forty. Denn um das Wesentliche beim Trailbiken nicht aus den Augen zu verlieren - die Rede ist vom "perfekten Flow" - lag der Fokus der Entwickler bei Merida in erster Linie auf einer neuen, progressiven Geometrie und Fahrwerksplattform. Das sogenannte "Agilometer"-Größensystem soll zukünftigen Käufern die bestmögliche Freiheit bieten, um das individuell gewünschte Handling zu wählen, ohne dass die Körpergröße dabei die entscheidende Rolle spielt.
Egal, ob ein Bike mit langem Reach zum Drüberbügeln oder eines mit quirliger Agilität und kurzem Radstand gefordert sein sollte - dank Meridas radikaler Geometrie mit langem Reach, kurzen Stack- und ebenso geringen Überstandshöhen sowie der stufenlos einstellbaren Merida Team TR Vario-Sattelstütze mit 30-230 mm Hub in allen Rahmengrößen lässt sich jedes Bike beispielhaft nach den individuellen Bedürfnissen einstellen. Kombiniert wird das alles mit einem steilen Sitzrohrwinkel für ausdauernde Kletterperformance, einem flachen Lenkkopfwinkel für ein laufruhiges Fahrverhalten und einem kürzeren Steuerrohr in allen Größen zur Verbesserung der Position des Cockpits.
Geometrie One-Forty CF4 III
XShort | Short | Mid | Long | XLong | |
Laufradgröße | 29"/29" | 29"/29" | 29"/29" | 29"/29" | 29"/29" |
Sitzrohr (mm) | 400 | 410 | 425 | 445 | 470 |
Oberrohr (mm) | 532 | 559 | 586 | 618 | 649 |
Kettenstrebe (mm) | 437,5 | 437,5 | 437,5 | 437,5 | 437,5 |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel | 80° | 80° | 80° | 80° | 80° |
Tretlagerabsenkung (mm) | 35 | 35 | 35 | 35 | 35 |
Steuerrohrlänge (mm) | 95 | 95 | 95 | 105 | 120 |
Reach (mm) | 426 | 453 | 480 | 509 | 535 |
Stack (mm) | 607 | 607 | 607 | 616 | 629 |
Radstand (mm) | 1177 | 1204 | 1232 | 1265 | 1298 |
Überstandshöhe (mm) | 722 | 725 | 732 | 731 | 771 |
Agilometer Sizing
Die individuell optimale Geometrie für den perfekten Flow am TrailKinematik
Meridas neue "Flexstay-Adjustable-Size-Tuned"-Fahrwerkskinematik (kurz: FAST) besitzt mit 143 mm Federweg am Heck und 150 mm an der Front etwas mehr Federweg als der Vorgänger und läuft in Serie mit trailerprobten 29er-Laufrädern vom Band. Dabei griff man auf das bewährte, wartungsarme P-FLEX-System vom Ninety-Six zurück und adaptierte es an die neue Plattform. Nebenbei sorgt Meridas Flexstay-Design bekanntermaßen für eine hohe Steifigkeit, geringen Wartungsaufwand und ein niedriges Gewicht.
Mittels eines einstellbaren Adapters (Flip-Chip) im Rocker lässt sich jedoch jederzeit auf ein Mullet-Setup mit einem anderen Fahrverhalten wechseln, ohne dadurch die Geometrie zu verändern. Zudem wurden die kinematischen Eigenschaften (Rahmen-)größenoptimiert, um mit zunehmendem Federweg mehr Progression zu erzielen. Dies soll schwereren Fahrern oder bei härterer Gangart mehr Unterstützung bieten, während leichtere Fahrer tatsächlich den vollen Federweg nutzen können.
Merida Team TR Vario-Sattelstütze
Eine größere oder kleinere Rahmengröße zu wählen, um die gewünschten Fahreigenschaften zu erhalten, ist nicht unbedingt neu, war jedoch in der Vergangenheit meist mit Kompromissen an anderer Stelle verbunden. So mancher Besitzer eines "konventionellen" Bikes mit zu großem Rahmen hatte mit einem zu langen Sitzrohr oder einem zu hohen Lenker zu kämpfen. Auf der anderen Seite bedeutete ein zu kleiner Rahmen, dass die Vario-Sattelstütze, selbst wenn der volle Auszug möglich war, nicht weit genug versenkt werden konnte.
Den ersten beiden angesprochenen Punkten begegnete Merida mit ihrem Agilometer-Größensystem, das Problem mit dem kurzen Sitzrohr löste man mit einer neuartigen Vario-Sattelstütze. Die Merida Team TR Vario-Sattelstütze verfügt in jeder Rahmengröße über die maximalen 230 mm Hub, allerdings auch über die Möglichkeit, den Hub von dort aus stufenlos auf bis zu 30 mm anzupassen. Gepaart mit der äußerst niedrigen Überstandshöhe bietet diese Kombination eine optimale Manövrierfähigkeit und Sattelstützenabsenkung - sowohl für Kletterpassagen als auch für steile Abfahrten.
Zwei Lenkerhöhen
Für all jene, die es richtig krachen lassen wollen, ermöglicht der kurze Stack bei allen Rahmengrößen eine aggressive, niedrige Lenkerposition. Zudem bietet Merida zwei Lenker mit unterschiedlichem Rise für die verschiedenen Größen an. Dadurch lässt sich der Griffbereich des Lenkers bei Bedarf für mehr Kontrolle nach oben bringen. Zur weiteren Feinabstimmung von Reach und Stack gibt es die bewährte Möglichkeit, integrierte Spacer zu montieren oder zu entfernen.
In Zahlen sprechen wir von 780 mm breiten Lenkern für ausreichend Kontrolle bei gleichzeitig agilerem Handling als bei noch breiteren Exemplaren, sowie von einem 18 mm Rise bei XS und S bzw. einem enormen 30 mm Rise bei M/L/XL, der für eine komfortable Sitzposition auch im steilen Gefälle sorgt.
Untamed Evolution
Das neue Merida One-FortyRahmen und Ausstattung
In Sachen Rahmenmaterialien wird das One-Forty sowohl in einer Carbon- als auch in einer Alu-Version angeboten. Völlig unabhängig davon besitzen beide Varianten die gleiche Geometrie, Ausstattung und Technologie, unterscheiden sich jedoch in ihren Performance-Eigenschaften. So bietet beispielsweise das hier vorgestellte One-Forty 8000 aus Carbon ein geringeres Gewicht und eine höhere Steifigkeit als sein Aluminium-Pendant, ist aber natürlich wesentlich komplexer und zeitaufwändiger in der Herstellung und somit empfindlich teurer.
One-Forty 8000 Specs
Rahmen | ONE-FORTY CF4 III, Carbon, 143 mm Federweg, max. 29x2.5", 148x12 mm, BSA Bottom Bracket | Gabel | FOX 36 Float Performance Elite, 150 mm Federweg, Tapered, 44mm Gabel-Offset, max. 29x2.6" |
Kurbel | Sram GX | Kassette | Sram XG-1275 Eagle, 10-52Z, 12-fach |
Dämpfer | FOX Float DPS Performance Elite, Low speed compression, Plattform | Kette | Sram GX |
Bremse | Shimano XT, 4- Kolben, Shimano RT86, 203 mm | Reifen | Maxxis Minion DHF / Maxxis Dissector, 29x2.5", fold, TR EXO 3C MaxxTera, 29x2.4", fold, TR EXO+ MaxxTerra |
Lenker | MERIDA TEAM TR, Aluminium, 780 mm, XS/S 18 mm rise, M/L/XL 30 mm rise | Laufräder | Race Face Turbine R30 Alu, 110x15 mm vorne, 148x12 mm hinten, 28 mm innen, Centerlock, Sram XD, Tubeless ready, Lifetime warranty |
Vorbau | MERIDA EXPERT eTRII, Aluminium, 35 mm Durchmesser, 0° Winkel, 50 mm | Dropper | MERIDA TEAM TR, 34.9mm Durchmesser, 10 mm Setback, 30-230 mm Travel |
Griffe | MERIDA EXPERT EC | Sattel | MERIDA EXPERT SL, V-mount, inkl. MERIDA Minitool |
Schalthebel | Shimano SL -MT800-IL / Sram GX AXS Controller | Achsen | MERIDA EXPERT TR, inkl. abziehbarem Hebel mit 6/4 mm Inbus |
Schaltwerk | Sram GX Eagle AXS, wireless | Gewicht* | 14,83 kg (gewogen Medium) |
* Herstellerangabe 14,65 kg (Medium)
Weitere Carbon-Modelle
Günstigere Alu-Modelle
Hingegen bieten die Aluminium-Varianten grundsätzlich dieselben Hauptmerkmale, sind aber aufgrund des preiswerteren und einfacher zu produzierenden Materials günstiger.
* Alle Listenpreise MY 2023
Featuremania
Alle One-Forty Modelle teilen sich eine ganze Reihe wertvoller Features, welche Benutzerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit auf ein neues Niveau heben sollen. Beispielsweise das im Sattel integrierte Multitool, ein servicefreundliches BSA-Lager, die sogenannte "Tube Base Plate", mit der sich ein Ersatzschlauch sauber am Rahmen befestigen lässt, Boost-Nabenstandards und Meridas "Service Port" bei den Carbonmodellen. Dabei handelt es sich um eine Wartungsöffnung an der Unterseite des Unterrohrs, welche den Zugang zur internen Verkabelung erleichtert und Stauraum für spezielle Werkzeuge und eine Minipumpe bietet.
Alle Carbon-Modelle verfügen zudem über einen integrierten Fidlock-Flaschenhalter, mit dem sich selbst im kleinsten Rahmendreieck eine vollwertige 600-ml-Flasche unterbringen lässt.
Weiters: Flüsterleise dank des dreidimensional geformten Kettenstreben- sowie eines zusätzlichen Sitzstrebenschutzes, der geräuschreduzierten, durchgehenden Kabelverlegung bis zum Ende und der von Merida selbst entwickelten Kettenführung. Außerdem versprechen der extra lange Kettenstreben- und Sitzstrebenschutz, eine zusätzliche klare Schutzfolie am Carbon-Hinterbau, der lange Unterrohrschutz und größere Lager besonders lange Haltbarkeit.
Weitere Spezifikationen des One-Forty 8000
● Rahmengewicht (Carbon): 2460 g in Größe M +/- 5% (ohne Dämpfer, Achse, Rahmenprotektoren, Sattelklemme, Bügel, Steuersatzlager und Kabelführungen)
● 73 mm-BSA-Tretlager (inklusive ISCG05 Adapter)
● 34,9 mm-Sattelstütze
● Vollständig integrierter Steuersatz
● 148x12 mm-Boost
● Max. 2,5" breiter Hinterreifen
● 230x57 mm-Dämpfer
● SRAM UDH-Schaltauge
● Post-Mount-Hinterradbremse mit 180 mm
● Für 1fach-Antriebsstrang optimiert (mit 55 mm-Kettenlinie)
Info Spezial: Wieso werden Fahrräder immer teuer?
Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 ging es der Bike-Branche finanziell so blendend wie nie zuvor: Die Kombination aus der förmlich explodierten Nachfrage nach Fahrrädern aller Art und der Verknappung des Angebots aufgrund globaler Produktions- und Lieferengpässe resultierte in einem gigantischen Run. Zwei Jahre lang waren Bikes, Parts und Zubehör mehrheitlich ausverkauft und Rabatte kein Thema.
Es brauchte keinen Doktor in Wirtschaftswissenschaften, um sich auszurechnen, dass diese Umstände zu empfindlichen Preissteigerungen führen würden. Als größter Preistreiber (neben der menschlichen Gier) kristallisierten sich die Fracht- und Lieferkosten heraus, welche sich aufgrund der hohen Nachfrage und der angespannten Marktsituation vervielfacht hatten. Aber auch fehlende Rohstoffe, steigende Einkaufspreise, gähnend leere Lager, Personalmangel und Unterbrechungen in der Lieferkette verschärften zunehmend die Situation. Obendrein nutzten einige Bike-Hersteller oder Zulieferer die Gunst der Stunde für größere Investitionen in die eigene Organisation, um mit der aktuellen Dynamik mithalten zu können - andere wiederum erhöhten die Preise nachhaltig, ohne triftige Gründe zu nennen. All das ließ die Listenpreise steigen, obwohl mehr Fahrräder verkauft wurden als je zuvor.
99 Problems
Mitte dieser Saison sah es schon ganz danach aus, als ob sich die Nachfrage nach Bikes & Co. wieder auf ein "natürliches" Maß einpendeln und sich der Logistiksektor beruhigen würde, jedoch hatten Hersteller, Importeure und Händler immer noch mit einigen ihrer alten Sorgen (Rohstoffmangel und -kosten) sowie neuen Problemen zu kämpfen: Denn die Häfen hatten zu wenig Personal (Mangel, Streik, Krankenstand) für die Entladung der vielen Containerschiffe und die Frächter zu wenige LKWs bzw. Fahrer für den Weitertransport der Waren, was im Schnitt eine Verzögerung von 7 bis 10 Tagen inklusive höherer Kosten bedingte. Dazu gesellten sich ein überaus starker US-Dollar (+20% im Oktober gegenüber Jänner 2022), immer höhere Rohstoff-, Energie- und Treibstoffpreise sowie in Zusammenhang stehende Preissteigerungen in anderen Bereichen. Ein Teufelskreis, dessen langfristige Folgen für die Märkte noch nicht absehbar sind.
Schlimmer gings nicht immer
Aber nicht allen Herstellern und Importeuren gelang es, die gestiegenen Produktions- und Lieferkosten zur Gänze einzupreisen, da eine ausreichende Kundenakzeptanz bei noch höheren Preissprüngen nicht gegeben war. Jenen, die einen Teil der Krot selbst schlucken mussten, fällt es nun dementsprechend schwer, die Preise zeitnah zu senken, während manche Mitbewerber so langsam beginnen, aktuelle Einsparungen an ihre Kunden weiterzugeben.
Es bleibt spannend
Brancheninsider schätzen die kommende Saison 2023 als besonders schwierig ein. Einerseits wird eine tendenziell sinkende, aber immer noch recht hohe Nachfrage seitens der Konsumenten antizipiert, welche dank der marginal besseren Verfügbarkeit von Fahrrädern und dem üppig vorhandenen Zubehörangebot eigentlich zum größten Teil gestillt werden könnte und auch die Chancen stehen gut, dass Frachtraten, der US-Dollar sowie die €-Wechselkurse in Asien weiter fallen könnten; andererseits ist weder mit signifikant sinkenden Rohstoff- und Herstellungskosten noch mit gravierend sinkenden Preisen der Komponentenhersteller zu rechnen.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Auf Social Media und in diversen Presseaussendungen hat es bereits die Runde gemacht, dass vor allem Direktversender, welche Preisschwankungen schneller und einfacher auffangen können, bereits begonnen haben, ihre Verkaufspreise wieder zu senken. Dies soll auch auf den einen oder anderen Importeur zutreffen, der seine Hausaufgaben gemacht hat. Deshalb ist es uns eine Freude verkünden zu dürfen, dass auch Merida in Kürze seine Preise senken wird.
Allerdings darf beim Großteil der Marken von niedrigeren Fachhandels-Listenpreisen wohl erst ab Mitte 2023, bzw. Anfang 2024 ausgegangen werden.
Bei Merida wird in Kürze mit sinkenden Fachhandelspreisen zu rechnen sein.
Gernot Loidl, Sail & Surf ÖsterrreichMontage und Konfiguration: "Dropper-Post Challenge"
Unser Testbike kam wie gewohnt in einem großen Radkarton und vorassembliert geliefert: Räder rein, Lenker drauf, gerade gedreht, festgeschraubt und fertig. Naja, fast jedenfalls. Abgesehen von Sattelposition und Neigung musste auch noch die Sattelhöhe eingestellt werden. Allerdings funktionierte dies ein wenig komplizierter als sonst, da Meridas neue TR Dropper-Post generell immer bis zum Anschlag ins Sitzrohr geschoben werden möchte - außer man ist ein Riese und benötigt den maximalen Travel von 230 Millimetern.
In unserem Fall musste der Travel empfindlich reduziert werden, was uns zum damaligen Zeitpunkt in Ermangelung einer Online- oder Offline-Anleitung nicht auf Anhieb gelang. Wir fischten also im Trüben und irgendwann schafften wir es tatsächlich, ohne den Mechanismus in der Stütze zu ruinieren, was bei falscher Anwendung - selbst ohne rohe Gewalt - passieren könnte.
Nach dem Studium des Videos bzw. der Herstelleranleitung, welche uns nachgeschickt wurde, stellte sich die Justierung allerdings als deutlich einfacher und logischer heraus.
How we use...
*** ACHTUNG (8b): Sobald das orangefarbene Seil stillsteht, dürfen wir die Schraube keinesfalls zu lange weiterdrehen, da sonst der Mechanismus beschädigt wird.
In der Praxis
Ich will euch jetzt keinen BS erzählen, indem ich darübe schwärme, wie gut sich das One-Forty bei hohem Luftstand manövrieren ließ und wie sehr ich die Kinematik bei der Landung nach 2 Meter hohen Drops genießen konnte. Aber ganz auf der Nudelsuppe bin ich auch nicht dahergeschwommen und deshalb war es ein leichtes festzustellen, dass die Geometrie vom One-Forty etwas anders ist. Obwohl es laut Geometrietabelle einen mächtig langen Reach hat, fühlte es sich überraschend kurz an, sobald man drauf saß und pedallierte, was ich in erster Linie auf das steile Sitzrohr zurückführte. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen seiner radikalen Geometrie fand ich schnell eine angenehme Sitzposition, in der ich mich sowohl im Up- als auch im Downhill pudelwohl fühlte.
Bergauf
Das One-Forty ist bergauf eine absolute Maschine. Das steile Sitzrohr platzierte mich direkt über den Pedalen und verteilte das Gewicht zentral über dem Bike. Selbst an den steilsten und rutschigsten Anstiegen glänzte das One-Forty mit perfekter Traktion am Hinterrad und ausgezeichneter Kontrolle vorne - ganz ohne Turnübungen oder permanentem Herumrutschen am Sattel. Einfach nur sitzen, treten, schwitzen... genießen.
Auch der Dämpfer arbeitete so gut, dass ich immer öfter auf das Aktivieren der Plattform vergaß. Übermäßiges Wippen - Fehlanzeige, wenngleich sich die Effizienz des Hinterbaus mit aktivierter Plattform maßgeblich steigern ließ. Besonders gut gefielen mir die fehlerverzeihenden Maxxis Minion DHF / Maxxis Dissector mit ihrer ausgezeichneten Traktion und tollem Grip.
In der Ebene
Glücklicherweise beeinträchtigte das steile Sitzrohr keineswegs das Handling in flacheren Passagen, was sich wiederum auf den langen Reach zurückzuführen ließ. Das Bike ließ sich über das Vorderrad agil und präzise steuern und sogar der eine oder andere explosivere Bunnyhop gelang. Wer mich besser kennt, weiß: Das heißt was!
Bergab
Bei höheren Geschwindigkeiten spielte mir das Merida mit dem eher langen Radstand und seiner beeindruckenden Stabilität geradezu in die Karten. Aber auch an steileren Trails ließen sich bergab auch engste Kurven mit Bravour nehmen. Es reichte, einfach nur mehr Gewicht nach vorne zu verlagern und das Heck blind folgen zu lassen - großartig. Mit nahezu unerschütterlichem Selbstvertrauen stürzte ich mich in einer immer flotter werdenden Gangart von einer Abfahrt in die nächste, bis mich das Selbstvertrauen schlussendlich doch verließ. An der Kinematik, den breiten Reifen oder den fluffig ansprechenden Federelementen lag es jedoch nie. Über eines bin ich mir sicher: Das One-Forty ist auch bergab eine absolute Maschine.
Das One-Forty ist bergauf und bergab eine echte Maschine.
Und in der Ebene auch.Fazit
Merida One-Forty 8000 Carbon | |
---|---|
Modelljahr: | 2023 |
Testdauer: | 1 Monat |
Preis: | € 8.399,- UVP |
+ | Agilometer-Größensystem |
+ | Trail-optimierte Geometrie |
+ | Flip-chip |
+ | FAST-Kinematik |
+ | Viele Features für hohen Komfort und Langlebigkeit |
o | Geniale Dropper-Post, jedoch mit exponierter und wenig intuitiver Mechanik |
- | Teuer |
BB-Urteil: | SCHön, SCHnell und guSCH. |
Merida hat das One-Forty nicht nur auf den letzten Stand der Technik gebracht und um eine fünfte kompromisslose 29er-Rahmengröße erweitert, sondern ein echtes Statement unter den Trailbikes gesetzt. Aus ästhetischer Sicht sehen sowohl die Carbon- als auch die Alu-Bikes großartig aus und die Geometrie präsentiert sich erfrischend progressiv. Zudem investierte man eine Menge Hirnschmalz in die kinematischen Eigenschaften. Nicht umsonst sprechen seine Macher vom aufwändigsten Entwicklungs- und Testprogramm, das je ein Merida durchlaufen haben soll.
Ich persönlich kam mit dem Merida One-Forty 8000 in der Größe Medium auf Anhieb gut zurecht. Es lag bei höheren Geschwindigkeiten absolut stabil und laufruhig am Trail, gefiel aber trotz langem Reach und flachem Lenkkopfwinkel mit respektabler Wendigkeit. Eine (nahezu) einzigartige Geometrie und das solide Fahrwerk ergeben ein Fahrrad, mit dem man es garantiert brutal krachen lassen kann, aber auch bei Bummeltempo viel Spaß haben wird. Nebenbei war mir eine derart erstklassige und komfortable Uphill-Performance bisher unbekannt.
Echte Könner profitieren von Meridas neuer FAST-Fahrwerkskinematik, welche für eine größenspezifische Kinematik und Progression steht und die Rahmengröße nicht nur an der Körpergröße ausrichtet, sondern auch dezidiert den gewünschten Fahrstil in Betracht zieht. Wer aufgrund der neuen Geometrie bei der Größenfindung unschlüssig ist, findet auf der Merida-Homepage eine Hilfestellung, die verschiedenste Möglichkeiten für eine Körpergröße und die damit verbundenen Fahreigenschaften aufzeigt.
Das Bike kommt in Serie mit trailerprobten 29er-Laufrädern, bietet dank Flip-Chip im Rocker jedoch die Möglichkeit, auf ein Mullet-Setup mit anderem Fahrverhalten zu wechseln, ohne die Geometrie zu verändern. Eine lange Liste an cleveren Upgrades zur Verbesserung der Langlebigkeit und Wartungsfreundlichkeit, zur Geräuschreduzierung und zur Verbesserung der Nutzerexperience am Trail runden das gelungene Paket ab.
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