Mondraker Arid Carbon 2025

So beginnen wahre Abenteuer: „Reise für das erste nicht-motorisierte Gravelbike der Marke Mondraker bitte einmal um die halbe Welt.“
Bisher vorrangig bekannt für ihre robusten und leistungsstarken Mountainbikes und beim Schotterflitzen lediglich mit einem Mahle-befeuerten Light Support-Modell vertreten, haben die Spanier offensichtlich mit einer neuen Plattform namens Arid den Einstieg ins „echte“ Gravelbiken gewagt. Ihre Location der Wahl für den Presse-Launch: Arizona.
Beides, Rad und Ort, schürte Erwartungen. Wie hart sind dort die Testbedingungen, was bietet das Arid, und für wen ist es geeignet? Um das herauszufinden, machte ich mich auf den Weg in die raue Wüstenlandschaft im Südwesten der USA und bekam auf den dortigen, unbefestigten Straßen Gelegenheit, mir einen ersten Eindruck von dem Bike zu verschaffen.

Nach einer echten Odyssee über mehrere Flughäfen kam ich endlich im südlichen Arizona an. Die Landschaft erinnerte an den Wilden Westen: weite Ebenen, die von zerklüfteten Felsen und riesigen Kakteen durchzogen wird, während irgendwo am Horizont die alte Route 66 verläuft, die einst Abenteurer und Glückssucher in die Präriestaaten führte. Die Atmosphäre war fast mystisch, als könnte jederzeit Clint Eastwood aus einer Staubwolke auftauchen – perfekt, um das neue Mondraker Arid auf die Probe zu stellen.
Und laut Hersteller auch genau das Holz, aus dem ihr jüngster Wurf geschnitzt ist, denn: Mondraker Bikes werden in einer der (normalerweise) trockensten Gegenden Europas entwickelt und gebaut. „Wir lieben die Hitze, das trockene Klima und unser Terrain. Steine, Schotter, wenig Grip und der Kampf mit uns selbst in diesem Umfeld haben uns dazu bewegt, ein Gravelbike zu entwickeln, das allen Anforderungen dieser Disziplin gerecht wird“, so die Spanier im vor Ort verteilten Dossier.

Es standen zwei längere Touren auf dem Plan, und der erste Tag führte uns auf gut präparierten Sand- und Schotterwegen durch eine karge, faszinierende Wüstenlandschaft. Schon hier zeigte das Mondraker Arid seine Stärken: Die Fahrt verlief ausgesprochen ruhig und stabil, was nicht zuletzt am steifen Carbonrahmen und den hochwertigen Zipp-Laufrädern lag. Selbst auf einem kilometerlangen Anstieg in brütender Hitze ließ sich das Rad mühelos pedalieren und gab mir ein Gefühl der Leichtigkeit.
Oben auf dem Hochplateau angekommen, gönnte ich mir zur Erfrischung gleich zwei eisgekühlte Getränke, gefolgt von einem wohlverdienten Snack. Frisch gestärkt ging es weiter auf dem Schotterweg. Doch auf der Ebene verlor ich bald die Ausreißergruppe aus den Augen und war ganz auf mich allein gestellt. Nur das Arid und ich, inmitten dieser endlosen Mondlandschaft. Kurz fühlte ich mich wie ein einsamer Cowboy, der durch die Wildnis zieht, umgeben von nichts als Sand und Fels. Bald darauf aber traf ich wieder auf die Gruppe, die vor einer längeren Abfahrt auf mich gewartet hatte.

Es ging abwärts - ein Moment, auf den ich als Mountainbiker besonders hingefiebert hatte. Denn wenn ich etwas liebe, dann sind es Tiefenmeter. Und auf dem Arid konnte ich diese richtig genießen, denn bergab machte das Bike richtig Spaß.
Dank seiner exzellenten Stabilität und der präzisen Steuerung glitt das Bike souverän über den Schotter - ich spürt förmlich, wie zuverlässig die Reifen griffen. Eine etwas größere Übersetzung wäre jedoch wünschenswert gewesen: Ab 40 km/h fühlte ich mich wie ein Hamster im Laufrad und mühte mich mit einer Kadenz von gefühlten 140 Umdrehungen pro Minute.
Die neue Sram Red Schaltung erfüllte dabei jeden Wunsch, und mit den Blips-Knöpfen auf den Hoods ließen sich die Gänge jederzeit mühelos wechseln, egal, aus welcher Position.
Trotzdem war mir gemäß des Mondraker-Briefings klar, dass das Arid seine wahren Stärken erst am nächsten Tag so richtig unter Beweis stellen würde. Erschöpft vom Tag und dem Jetlag, fiel ich um 21 Uhr ins Bett - voller Vorfreude auf die zweite Tour.

Mondraker setzt auf ein klares, minimalistisches Design, das die DNA der Marke ausmacht. Die Entwicklung des Arid Carbon folgt dabei einem speziellen Herstellungsverfahren, dem sogenannten Stealth Air-Prozess. Dieser ermöglicht ein sehr eigenständiges Rahmen-Design, welches gezielt Steifigkeit bzw. Flexibilität an die jeweils nötigen Stellen bringt und so für maximale Performance und Komfort - Stichwort tief ansetzende Streben - sorgen will.
Außerdem bietet das Rad eine Reifenfreiheit von bis zu 50 mm, was nebst einer gehörigen Portion Geländetauglichkeit noch mehr Komfort und Stabilität auf unterschiedlichstem Terrain gewährleisten soll.

Der Flatmount-kompatible, nur für Einfach-Antriebe ausgelegte Rahmen verfügt über intern verlaufende Züge, ein UDH-Schaltauge und ist mit insgesamt sechs Montagepunkten ausgestattet, die flexibel für Trinkflaschen oder Zubehör genutzt werden können. Das maximale Systemgewicht beträgt 130 kg.
Eine clevere Besonderheit ist das integrierte Fach im Rahmen, direkt unter dem Flaschenhalter, zugänglich über eine wasser- und staubdichte Klappe: Hier lassen sich Multitool, Ersatzschlauch und weitere wichtige Utensilien verstauen. Für dieses sogenannte Carry-On System gibt es drei speziell designte Zipp-Taschen, die passgenau im Unterrohr Platz finden und dort klapperfrei sitzen.

Geometrie

Weiters erwähnenswert ist die Einführung einer zusätzlichen Rahmengröße. Das neue M/L soll letztlich zu einer besseren Passform für alle führen, macht es doch die Übergänge zwischen den Größen fließender und gestattet es, die Größe S kompakter zu gestalten, während die Größe XL mehr Raum für größere Fahrer bietet.
Auch bei den kürzlich vorgestellten Mountainbike-Modellen Sly und Crafty Carbon kam dieser Ansatz bereits zum Tragen.

In typischer Mondraker-Manier bietet auch das Arid Carbon einen großzügigen Reach und Vorbauten, die zwischen 60 und 90 mm variieren. Der Lenkwinkel von 70 Grad und die 425 mm langen Kettenstreben sorgen für eine komfortable Sitzposition, die im Gelände viel Vertrauen gibt, dabei aber gleichzeitig eine sehr sportliche Performance ermöglicht.
Abgerundet wird die Sitzgeometrie durch zwei neue, eigens entwickelte OnOff-Lenker, die in den Breiten 440 mm und 460 mm erhältlich sind.

Am nächsten Morgen ging es in eine Gegend, die nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern auch geschichtsträchtig war: Hier wurden schon zahlreiche Westernfilme gedreht, und man konnte sich die Cowboys und Outlaws in dieser Szenerie förmlich vorstellen.
Die Route führte uns über sandige, kaum befestigte Wege, durch eine hügelige Landschaft mit steinigen Abfahrten und losem Untergrund. Bei der Besprechung vor der Abfahrt wurden wir auf die tierischen Bewohner hingewiesen: Bären, Hyänen, giftige Schlangen und Spinnen wären hier nicht selten. Zum Glück bekamen wir nichts davon zu Gesicht, abgesehen von einer ausgetrockneten Schlangenhaut, die stumme Zeugin der wilden Natur war.
Unter einem wolkenlosen Himmel startete die Gruppe zur 50-Kilometer-Runde, die auch einige Flussdurchquerungen bereithielt.

Nach den ersten drei Kilometern wurde klar: Der Reifendruck musste runter, um den sandigen Pfaden und den beinahe Mountainbike-artigen Trails besser gerecht zu werden.
Mit dem optimalen Druck in den Pneus erwachte das Arid regelrecht zum Leben: Es fühlte sich leicht und agil an, besonders auf den Abfahrten, wo das Bike förmlich schneller werden wollte. Dabei gab es ein solides Feedback über den Untergrund, ohne unangenehm hart zu wirken - ein Pluspunkt, der für viele Gravelbikes keine Selbstverständlichkeit ist.
Die Sram-Bremsen leisteten perfekte Arbeit und brachten das Rad auch auf losem Terrain problemlos zum Stehen.
Diese Tour hat mir eine klare Vorstellung davon vermittelt, wie offroad-tauglich das Arid wirklich ist. Ich begann, mir Trails in meiner Heimatregion bei Wien vorzustellen und war mir sicher, dass dieses Bike dort eine ebenso gute Figur machen würde.

Das Arid ist in vier verschiedenen Ausstattungsvarianten ab € 3.199,- erhältlich: Arid Carbon, Arid Carbon R, Arid Carbon RR und Arid Carbon RR SL, letzteres auch als reines Frameset um 1.999 Euro.
Alle vier Modelle basieren auf dem gleichen Stealth Air Carbon Rahmen und der gleichen Stealth Air Carbon Gabel, die in jeder Variante für höchste Steifigkeit und Performance sorgen.

Mondraker Arid Carbon RR SL

Ich hatte bei meinen beiden Testrides die Gelegenheit, das 9.499 Euro kostende Topmodell zu fahren, und es hat sich, nicht zuletzt aufgrund seiner breiten (und noch breiter möglichen) Reifen, als ausgesprochen abenteuerlustiges Gravelbike erwiesen.
Das Rad fährt unglaublich stabil und ruhig, was vor allem bei langen Abfahrten deutlich zum Tragen kommt. Ich habe es bewusst in Größe L getestet, da ich bei Gravelbikes und Rennrädern einen langen Reach und Vorbau bevorzuge - schließlich ist Aero alles, das spiegelt sich ja auch in meiner Kleidungswahl wider. Trotz des langen Reach und der exzellenten Stabilität beim Bergabfahren blieb das Arid Carbon RR SL überraschend verspielt und schien förmlich darauf zu drängen, jeden kleinen Erdhaufen als Kickersprung zu nutzen.

Ich finde, das Rad ist ein wahrer Allrounder: Ob nach der Arbeit, um eine schnelle Runde zu drehen und den Alltagsstress zu vergessen, oder für zwei Wochen Bikepacking - Mondrakers erstes Geländerennrad ohne Motor meistert beides und wohl auch vieles dazwischen mit Bravour.
Der Rahmen des Arid Carbon mag nicht der leichteste auf dem Markt sein, aber das war auch nie das Ziel der Spanier. Mit dem Arid haben sie ein Bike geschaffen, das für jede Herausforderung gewappnet ist und in jeder Situation eine gute Figur macht - zumindest, so lange es trocken ist. Wie's bei Nässe und rutschigem Boden aussieht, kann ich mangels Erfahrungen mit den Goodyear-Gummis nicht sagen. Zur Not sind Reifen aber ja schnell getauscht.