
Pancho Rush 30 GFS
07.03.22 05:37 7.7172022-03-07T05:37:00+00:00Text: Gabriel WaringerFotos: Erwin HaidenDie Carbon-Clincher aus Bad Goisern im neuen Gravel-Tune. Schon gefahren - übrigens mit Michelins ebenfalls neuen Power Gravel Reifen - von Bikeboard.at07.03.22 05:37 7.7342022-03-07T05:37:00+00:00Pancho Rush 30 GFS
07.03.22 05:37 7.7342022-03-07T05:37:00+00:0022 Kommentare Gabriel Waringer Erwin HaidenDie Carbon-Clincher aus Bad Goisern im neuen Gravel-Tune. Schon gefahren - übrigens mit Michelins ebenfalls neuen Power Gravel Reifen - von Bikeboard.at07.03.22 05:37 7.7342022-03-07T05:37:00+00:00Mit Bikeboard-Testberichten ist es ja fast so, als hätte man Geburtstag - also die Redakteure in erster Linie, nicht die Leser. Es schwingt immer ein bisschen Vorfreude mit, und wenn dann der schwarze Transporter mit den getönten Scheiben vorfährt, werden die Hände schwitzig und der Puls steigt deutlich über 35 Schläge. Was wird der Schmerzlose wohl diesmal auspacken? Meint es das Schicksal gut mit mir und bekomme ich heute endlich meinen lange erwarteten Dülmener?
Ein halbwildes Kleinpferd aus der deutschen Bruch- und Moorlandschaft des Münsterlandes ist es auch dieses Mal nicht geworden. Aber wenigstens auch kein E-Bike. Naja, immerhin - was wären die großen Erfolge ohne die kleinen?
Dieses mal steht im Fond neben der Sporttasche mit gebündelten Hundert-Euro-Scheinen eine Schachtel mit bekanntem Logo eines österreichischen Laufradbauers aus Reitern. Gut - nehm ich auch gern entgegen.
Reitern bei Bad Goisern mag man kennen oder nicht, jedenfalls sitzen dort, eingepfercht zwischen Bergen im Dreiländereck S.O.S. (Salzburg - Oberösterreich - Steiermark) die Laufradspezialisten von “Pancho Wheels”. Wie und warum es zu diesem Namen gekommen ist, fasziniert mich fast mehr als das eigentliche Testobjekt, die brandneuen Pancho Rush 30 GFS.
Obgleich ich für die Recherche meines letzten Berichtes, damals ging es um die Rush 38, einiges über die Firma, den Laufradkonfigurator und die Produktpalette in Erfahrung bringen konnte, weiß ich bis heute nicht, was es mit dem Namen auf sich hat. Vielleicht hat es mit dem Mexikanischen Revolutionsführer Francisco “Pancho” Villa zu tun, der sich unter anderem als Gouverneur von Chihuahua verdient gemacht hat? Reine Spekulation, natürlich.
(Ein nerdiger Hinweis aus dem Headquater, der vielleicht zur Klärung beiträgt: MBR 2/09)
Pancho Rush 30 GFS
Felgen | Carbon Clincher, Disc, 30 mm Felgenhöhe, 21 mm Maulweite, Dimension 28x700c |
Naben | Pancho Road Centerlock Naben, doppelt gedichtet, Freilauf mit sechsfach Sperrklinkensystem |
Vorderrad | 24x Messerspeichen mit 2,3 mm, beidseitig doppelt gekreuzt, 100/12 Steckachse |
Hinterrad | 24x Messerspeichen mit 2,3 mm, beidseitig doppelt gekreuzt, 142/12 mm Steckachse, Shimano 11-fach Freilauf |
Nippel | DT Swiss Alu schwarz |
Gewicht | Vorderrad mit Pancho Nabe: 647 g (gewogen inkl. TLE Felgenband) Hinterrad mit Pancho Nabe: 744 g (gewogen inkl. TLE Felgenband) Total: 1.391 g (Herstellerangabe: 1.394 g) |
Systemgewicht | Max. 110 kg |
Lieferumfang | Tubeless Tape (23 mm x 11 m), Panchowheels Betriebsanleitung, Tutorials |
Preis | € 1.185,- (VR: € 545,- HR: € 640,-) |
Wenden wir uns der zweiten, vielleicht viel wichtigeren Frage zu, nämlich: Warum kommt jetzt noch ein Testbericht über die Rush? Leidet der Redakteur an Alzheimer? Handelt es sich hierbei eventuell um einen verfrühten Aprilscherz? Und vor allem: Leidet der Redakteur an Alzheimer?
Die "alten” Rush waren ja in erster Linie für den Einsatz am Rennrad gedacht. Leicht, steif, aerodynamisch lautete das Gebot der Stunde. Damals hatten ziemlich viele, man könnte auch sagen: die meisten, Rennräder noch sogenannte Felgenbremsen (für die Jüngeren: Felgenbremse), und dementsprechend waren die Felgen auch noch aufgebaut.
Jetzt, eine Trump-Präsidentschaft oder, auf Österreichisch, 14 BundeskanzlerInnen später, schaut die Welt ganz anders aus: Gravel hat sich letztendlich als der Sieger im Fahrrad-Business durchgesetzt, Beinhaare werden konsequent nicht oder schon - mal so, mal so - rasiert und Reifen sind nur mehr als Tanwall erhältlich.
Gerade noch rechtzeitig hat sich auch Pancho - die Firma, nicht der Mexikaner - ein Herz gefasst und der Rush-Serie eine Frischzellenkur gegönnt.
30, 45, 60 Millimeter
Tubelessfähig und in gefälligem Schwarz-Schwarz, sei es für jene, die mit dem Produktnamen Rush kein bestimmtes Material verbinden, der Vollständigkeit halber kurz erwähnt: Die Gravel-Clincher bestehen aus Carbon.
Drei neue Modelle mit 30 (Climbing), 45 (Allround) und 60 (Bikeboard Poser) Millimeter hohen Felgen stehen zur Auswahl. Aufgrund eines technischen Fehlers wurden mir die lediglich 30 Millimeter hohen Felgen zugeschickt. Ich konnte daher nur in der Nacht, bei sehr starkem Nebel oder in tiefstem Gatsch fahren gehen, um mich - hochwertige Verarbeitung hin, ansprechende Gesamtoptik her - nicht zum Gespött der Leute zu machen.
Ich erinnere mich noch recht gut an die Rush 38, damals war der besonders breite und U-förmige Querschnitt gerade recht modern.
Das hat sich bis heute nicht verändert. Die neuen Rush GFS sind noch ein bisschen breiter geworden und können mit einer Innenmaulweite von 21 Millimeter aufwarten. Merke: Je breiter der Felgenring, desto eher bist King. Darüber hinaus lassen sich breitere Reifen aufziehen, was ein Plus an Komfort bringt, wenn man lange unterwegs ist.
Das Gewicht bleibt bei alledem moderat. Auf der unbestechlichen BB-Waage kommt der Satz auf 1.291 Gramm - drei weniger als die Herstellerangabe. Jedes einzelne davon wollen die Goiserer mit rund 90 Cent entlohnt wissen: Der Setpreis beträgt 1.185 Euro.
So, wie eine Schwalbe noch lange keinen Sommer macht, ist auch eine Felge allein, ohne Naben und Speichen, eine halbfertige Sache. Dieses mal haben wir Pancho Road Centerlock Naben mitgeliefert bekommen, natürlich für Steckachsen. Etwas bescheidener als DT Swiss, und ein bisschen schwerer als die Tune Naben, die ansonsten zur Auswahl stehen, stellen die Pancho Naben die Budget Option dar.
Technisch gibt es in der Tat nichts an ihnen auszusetzen: Doppelt gedichtete Industrielager sorgen für geschmeidige Leichtläufigkeit, und auch der Freilauf kann sich dank sechsfachem Sperrklinkensystem kombiniert mit äußerst geringem Engagement sehen lassen. Ebenso sind hierfür alle gängigen Freilaufkörper erhältlich. Image-mäßig fehlt ihnen halt ein wenig Bling-Bling. Aber das wird doch echte Nur-du-und-dein-Bike-Abenteurer nicht stören, oder?
Exkurs: Michelin Power Gravel 47
Widerstandsfähigkeit, Performance und Grip auf Asphalt und im Gelände - das Versprechen der neuen Michelin Gravel Reifen klingt verlockend. Optisch erinnert der Power Gravel verdächtig an eine der unzähligen Iterationen des G-One von Schwalbe - relativ feingliedrige, gleichmäßig angeordnete Noppen zieren den Querschnitt des Reifens.
Auf einen schnell rollenden Mittelstreifen wird verzichtet, dennoch merkt man auch bei schnelleren Ausfahrten auf hartem Untergrund, dass der Reifen sauber dahinzischt. Ich vermute, es liegt an der relativ dünnen Karkasse in Kombination mit einer gut abgestimmten Gummimischung.
Bei entsprechendem Luftdruck kann man selbst lockere Rennradausfahrten im Peloton bestreiten. Für Startattaken bietet sich der Pneu hervorragend an, im Antritt krallt sich der Kautschuk gierig in den Asphalt. Und dank beiger weißer brauner mokkafarbener Seitenwand wirkt man locker nochmals bis zu 3 km/h schneller als die Konkurrenz.
Eher ungeeignet scheint mir der Michelin jedoch für Soloflucht, Sprintfinish oder Bergankunft.
Das präferierte Einsatzgebiet des Power Gravel ist aber ohnehin die Schotterpiste. Der “Bead 2 Bead Protek” Pannenschutz funktioniert eigentlich recht gut; seitdem ich die Reifen tubeless fahre, hatte ich keine Probleme.
Die vorhin angesprochenen Gummimischung hört auf den Namen “X-Miles Compound”, und tatsächlich bin ich bereits 10 Meilen damit unterwegs gewesen. Alles Top!
Der Power Gravel ist exklusiv für 700c erhältlich, dafür aber in zwei Farbvarianten und in vier Breiten: 33 (UCI/Cyclocross), 35, 40 und 47 Millimeter stehen zur Wahl, und so sollte sich für jeden Anwendungsfall das richtige Werkzeug finden lassen.
Bleiben auch bei starkem Seitenwind ruhig in der Spur
Hilfreich in stürmischen Zeiten wie diesen ...Aber zurück zu den Laufrädern selbst. Um sie zu komplettieren, fehlen last, but not least die Speichen. Bei den Rush GFS setzt man auf Messerspeichen. Erstens sehen diese dank ihrer 2.3 mm Breite sauber aus und sorgen zweitens für bessere aerodynamische Performance. Inwiefern Aero-Speichen mit 30 mm “hohen” Felgen Sinn machen, kann man gerne im Kommentarbereich diskutieren, muss man aber nicht.
Fakt ist, dass auch bei starkem Seitenwind die Laufräder ruhig in der Spur bleiben und man keine Angst haben muss vor der nächsten Böe. Definitiv ein Plus, gerade wenn man nach mehreren Stunden im Sattel ohnehin andere Sorgen hat!
Fazit
Pancho Rush 30 GFS | |
---|---|
Modelljahr: | 2022 |
Testdauer: | 3 Monate |
Preis: | € 1.185,- UVP |
+ | hochwertige Verarbeitung |
+ | Tubeless-fähig |
+ | schlichte Optik: schwarz in schwarz |
+ | laufruhig, kaum windanfällig |
+ | erhältlich in 3 Felgenhöhen |
- | Gewichtslimit 110 kg |
BB-Urteil: | Gutes Upgrade zu fairem Preis |
Optisch ergibt die Summe dieser Teile einen ansprechenden Laufradsatz ohne Allüren. Und auch im Handling ist die Gravel-Kombination alles andere als überspannt - perfekt für VielfahrerInnen.
Alles in allem sind die Rush GFS somit sicherlich eine gute Weiterentwicklung eines ohnehin hochwertigen Produktes. Wer das Ei des Columbus erwartet, wird jedoch etwas enttäuscht sein - u.a. wegen folgenden Wermutstropfens:
Das Systemgewicht für dieses Laufrad liegt bei 110 Kilogramm. Das mag, nackig betrachtet, genügen. Für Bikepacking-Abenteuer könnte es allerdings mitunter knapp werden, denn mit Packtaschen hier, einem Gepäckträger dort und einer Steige Bier kratzt so mancher doch schneller als gedacht am Limit.
Pancho Rush 30 GFS |
30, 45, 60 Millimeter |
Exkurs: Michelin Power Gravel 47 |
Fazit |
Weiterführende Links |
Kommentare |