
Salzkammergut Trophy 2015
13.07.15 13:04 54.5812015-07-13T13:04:00+00:00Text: Lisi HagerFotos: Erwin Haiden, martinbihounek.com (11), Marc Schwarz (3)Die Rekorde purzelten so schnell, wie die Temperaturen stiegen und das Gewitter kam. Unser Best-of vom Rennen der Rennen in Bad Goisern, das Milena Cesnakova und Andi Seewald mit jeweils neuer Bestzeit gewannen.13.07.15 13:04 54.5942015-07-13T13:04:00+00:00Salzkammergut Trophy 2015
13.07.15 13:04 54.5942015-07-13T13:04:00+00:0062 Kommentare Lisi Hager Erwin Haiden, martinbihounek.com (11), Marc Schwarz (3)Samstag, 11. Juli 2015, 5:00 Uhr früh. In einer ersten Welle entlud sich, was sich die Tage davor allmählich aufgebaut hatte: Bad Goisern im Ausnahmezustand. 655 FahrerInnen starteten bei Idealbedingungen zu einem der härtesten Marathons Europas, und 3.829 würden im Laufe des Tages auf sechs weiteren Strecken folgen – macht insgesamt 4.484 Marathonisti aus 45 Ländern, was einem neuen Teilnehmerrekord entspricht.
Ob 22 oder 211 Kilometer, 688 oder 7.119 Höhenmeter, ob Hardtail, Fully, Tandem, Einrad, Tretroller, Fatbike oder Waffenrad, ob Feuerwehr- oder Regionalwertung – bei der Salzkammergut gibt es für jeden die passende Herausforderung.
Die wahren Helden waren und blieben aber jene, die sich bereits im Morgengrauen Richtung Raschberg aufmachten und in weiterer Folge die gesamte UNESCO Welterberegion Salzkammergut unter ihre Räder nahmen: Wiederholungstäter wie Andreas Dollinger und Heinz Zörweg; ehemalige Sieger wie Wolfgang Krenn und Ondrej Fojtik; multisportive Frauen wie Sia Svendsen und Hana Bergh; oder Stammgäste wie René Reidinger, der kurzentschlossen zehnfaches A-Jubiläum feierte, weil die anderen für ihn interessanten Strecken schon ausgebucht waren.
Sie alle blieben in diesem Jahr aber chancenlos gegen ein Duo, das mit jeweils neuer Bestzeit die bisherigen Streckenrekorde knackte und nebenbei auch noch die Konkurrenz pulverisierte:
Vorjahres-B-Sieger Andi Seewald (Team Centurion Vaude) machte aus seiner Premiere auf der Extremdistanz schon nach wenigen Kilometern eine Solofahrt mit immer größerem Vorsprung, die schließlich nach nur 9:50:47 Stunden (also gut drei Minuten früher als 2013 Luis Leao Pinto) fulminant und mehr als 21 Minuten vor dem Tschechen Ondrej Fojtik und dem Tiroler Martin Ludwiczek endete. „Ich bin gestartet, wie sonst auch und dann ist es super gelaufen“, erklärte der 24 Jahre junge Deutsche, der zuvor noch kein Rennen über sechs Stunden bestritten hatte. Bemerkenswertes Detail am Rande: Die Nacht vor dem Rennen verbrachte der sympathische Bayer am Campingplatz statt im feinen Hotelzimmer …
Und auch Titelverteidigerin Milena Cesnakova ließ erneut nichts anbrennen und bewies nach der Regen- und Schlammschlacht 2014, dass sie auch mit Hitze und trockenem Boden hervorragend umzugehen weiß. Mehr noch: Die Tschechin nützte das Postkartenwetter, um Andrea Husers Streckenrekord aus dem Jahr 2006 um sagenhafte sieben Minuten zu unterbieten. Nach 12:49:03 Stunden erreichte sie das Ziel und führte damit einen tschechischen Dreifach-Triumph vor Jana Skrbkova und Lucie Vlásková an.
Leider nichts wurde angesichts der 14 A-Starterinnen aus dem erhofften weiblichen Rekord-Finish. Außer der Slowakin Barbara Skandikova erreichte nämlich keine weitere Frau das Ziel. Unter den Opfern von Hitze, Zeitlimits und technischen Defekten befand sich auch Local Hero Martina Deubler, die auf Rang vier liegend mit Magenproblemen aufgeben musste.
Sie befand sich damit allerdings in (teils prominenter) Gesellschaft. Bei den Herren blieb eine runde Zahl von 222 Teilnehmern auf der Strecke – unter ihnen auch Andreas Goldberger, der nach einem missglückten Überholmanöver am alten Rodelweg stürzte und sich Laufrad und Bremsscheibe demolierte.
Die letzten bissen, wie es fast schon Tradition gewordene Trophy-Gewohnheit ist, die Hunde bzw. ein heftiges Gewitter mit brutalen Sturmböen und Starkregen – was das bekannt euphorische Goiserer Moderatorenteam und Publikum aber nicht daran hinderte, sie lautstark willkommen zu heißen, so sie denn nicht, wie 18 noch im Zeitlimit befindliche A-FahrerInnen, in Gosau aufgrund des Hagels aus dem Rennen genommen werden mussten ...
Freitag, 10. Juli 2015, 23:30 Uhr nachts. In dem großen Saal herrscht geschäftiges Treiben, es riecht nach Jausenwurst, Weckerln und Stress. 1.100 Helfer braucht es, um einen Event wie das Salzkammergut Trophy-Wochenende zu stemmen. Etliche davon schnüren nun in einer letzten Nachtschicht insgesamt 900 Jausenpakete für jene Kollegen, die in wenigen Stunden auf die Strecke gehen werden - als Kontrollposten, Motorradfahrer, Labstationsbetreuer, Mechaniker uvm.
Andere haben bereits tausende Startsackerl befüllt, hunderte Meter Absperrgitter aufgestellt, unzählige Banner montiert, zig Schilder aufgehängt, Streckenmarkierungen eingeschlagen oder Tische und Bänke aufgestellt.
So, wie sich das Salzkammergut in der Woche vor dem großen Showdown allmählich mit Radfahrern füllt und spätestens am Freitag Nachmittag sprichwörtlich eingenommen wird, so leeren sich die Gemeindeämter, Geschäfte und Gärten. Für die reguläre Arbeit oder das normale Hobby bleibt in den Tagen um die Trophy keine Zeit. Da heißt es Presseaussendungen schreiben statt Parteienverkehr stemmen, Zelte aufbauen statt Haare schneiden, Fahrer einweisen statt Blumen zupfen.
Wenn das letzte Jausenpaket geschnürt ist, ist der erste von drei Event-Tagen geschlagen und etwa eine Stunde Zeit, bis der zweite beginnt.
Zum Trophy-Start am Freitag war der Luftraum über dem Goiserer Marktplatz für die jungen Wilden aus der Region reserviert. Sie zeigten bei Dirt- und Trialshows ihre besten Tricks und spektakuläre Sprungmanöver. Gleichzeitig öffnete die Expo mit ihren mittlerweile 90 Ausstellern erstmals ihre Pforten. Danach ging es Schlag auf Schlag: Hubschrauber-Rundflüge, Filmnachmittag, Fahrtechnik-Schulung, Einrad-Downhill-Training, Pasta-Party, Fahrerpräsentation, Radworkshop, Hüpfburg und Kinderschminken … Wem dann noch der Sinn nach gewissenhaftem Aufwärmen stand, der tanzte sich ihm Rahmen der Ö3-Disco mit DJ Phillip Kofler bis kurz vorm Morgengrauen warm. Gerüchten zufolge wählten u.a. Vertreter der später so rührigen Fanzonen Sagadlpass, Gschwandtnerpass und Sophienbrücke diese Methode.
12 Stationen, über 200 Mitarbeiter, 33.000 Trinkbecher, 15.000 Liter Iso-Getränke, 12.000 Stück Gebäck, 8.000 Bananen, 5.600 Würstl, 4.000 Keks-Packungen
Auszug aus der Labestellen-VerteilerlisteSamstag, 11. Juli 2015, 21:30 Uhr abends. Alle anderen MTB-Marathons dieses Landes wären schon längst beendet. Bei der Salzkammergut Trophy ging es noch immer rund. Im gerammelt vollen Festzelt vermischte sich der Brathendl-Duft mit den Ausdünstungen der regennassen Neuankömmlinge, eventuelle Beschwerden darüber verebbten zwischen donnerndem Applaus und fetziger Moderation.
Als es darum ging, die Sieger zu feiern und die Tombola-Gewinner auszulosen, schien die internationale Trophy-Gemeinde nicht minder engagiert als beim Bezwingen der Strecken A, B, C, D, E, F und G. Sogar zum Tanzen war manch eigentlich müdes Bein nach 18 Stunden Halligalli noch aufgelegt und zuckte im Rhythmus der Afterrace-Partybeats.
Erst ein ganzes Weilchen nach Mitternacht war die Salzkammergut Trophy 2015 dann endgültig Geschichte. Tröstlich, dass bereits der Termin 2016 steht: 8. - 10. Juli – see you there!
Übrigens: Im Rahmen des größten Mountainbike-Event Österreichs fand auch heuer wieder eine Spendenaktion zugunsten der „Schmetterlingskinder“ und des Vereins DEBRA Austria statt. Jede Starterin und jeder Starter konnte ua. bereits bei der Anmeldung einen Betrag an DEBRA Austria spenden. Auch Ö3-Lady Elke Lichtenegger war dabei und startete im Team für die Schmetterlingskinder. Andreas Engelhardt und das Team „Biking 4 Butterfly Children“ sammelten auf den sieben Trophy-Strecken so viele Kilometer wie nur möglich. Mit 54 Teilnehmern war das B4BC-Team wieder eines der größten und belegte in der „Slow Motion“ Wertung den 2. Platz.
Im Laufe der letzten acht Jahre ist ein beeindruckender Betrag von € 30.000,- zusammen gekommen. Heuer konnten die Trophy-Organisatoren knapp € 5.000,- an DEBRA Austria überreichen. Die Spendengelder werden auch 2015 direkt an das EB-Haus, einer Spezialklinik für „Schmetterlingskinder“ in Salzburg gehen. Die von der Krankheit Betroffenen werden als „Schmetterlingskinder“ bezeichnet, weil ihre Haut so verletzlich ist wie die Flügel eines Schmetterlings.