
Bildbericht Salzkammergut Trophy 2018
16.07.18 16:41 30.3992018-07-16T16:41:00+00:00Text: NoManFotos: Erwin Haiden, martinbihounek.comStreckenrekorde, Renn-Krimis und Bombenstimmung. Österreichs größter MTB-Marathon in Bad Goisern geriet zu einem wahren Fest - bei dem längst nicht nur Langstrecken-Fans feierten ...16.07.18 16:41 30.4342018-07-16T16:41:00+00:00Bildbericht Salzkammergut Trophy 2018
16.07.18 16:41 30.4342018-07-16T16:41:00+00:0018 Kommentare NoMan Erwin Haiden, martinbihounek.comStreckenrekorde, Renn-Krimis und Bombenstimmung. Österreichs größter MTB-Marathon in Bad Goisern geriet zu einem wahren Fest - bei dem längst nicht nur Langstrecken-Fans feierten ...16.07.18 16:41 30.4342018-07-16T16:41:00+00:00„Die Strecke müsst ihr selber finden. Direkt am Start werden wir Karten mit deren Verlauf aushändigen. Wir helfen euch aber ein bisschen: Immer wieder mal sind so gelbe Bändchen montiert.“ Rund hundert Augenpaare verfolgen aufmerksam die Hand des Rennleiters, die ein knallgelbes Absperrband mit Trek-Schriftzug hochhält. „Unterwegs gibt es zehn Orientierungspunkte, an denen ihr euch mit dem Transponder einloggen müsst. Wer einen auslässt, bekommt zehn Strafsekunden.“
Sechs Up- und Downhill-Sektionen mit Zeitnehmung wie beim Enduro. Darin blaue, also leichtere, und rote Linienführungen zur freien Wahl sowie Abschnitte, in denen es – ebenfalls bei Zeitstrafe – verboten ist, den Fuß abzusetzen … der Trial-Sport lässt grüßen. Und nun auch noch Orienteering auf den Transfer-Strecken, die in Summe einen Kurzstrecken-Marathon von rund 30 km/1.200 Hm ergeben. Serien-Veranstalter Bosch hat wahrlich nicht zuviel versprochen: Vielseitigkeit ist bei diesem Rennformat Programm.
Wir befinden uns bei der Wettkampfbesprechung der eMTB-Challenge in Bad Goisern im Salzkammergut. Tausende Mountainbiker sind bereits seit den frühesten Morgenstunden auf einer von insgesamt sieben Marathon-Strecken durch die Welterberegion unterwegs. Und nun werfen sich als letzte Abordnung auch noch die E-Biker ins Getümmel – paarweise im Minutenabstand, anstatt alle auf einmal wie beim Marathon.
E-Mountainbikes beim größten „Bio-Bike“-Marathon Österreichs? Für manch Langstrecken-Fan ein absolutes No-Go. Andererseits war die Salzkammergut Trophy schon immer Vorreiter in Sachen Wettkampfformaten und bietet seit jeher sogar Nischendisziplinen eine öffentlichkeitswirksame Bühne.
Tandemfahrer haben hier ebenso Aufnahme gefunden wie Gravel-Biker, Einrad-Fahrern wurde nebst eigener Marathon-Wertung mit dem Downhill vom Predigstuhl sogar ein separater Bewerb auf den Leib geschneidert. Dirtbiker zeigen ihre Künste im Rahmen einer spektakulären Show am Event-Gelände, und neuerdings kommt auch der Goiserer Pumptrack unter große und kleine Räder. Warum also nicht auch ein Event fürs momentan wachstumsstärkste Segment am Geländeradmarkt?
Fünzehn, zwanzig Biker stehen aufgereiht im Wald herum - Rückstau vor der ersten Schlüsselstelle. Was beim normalen Marathon für unruhiges Füßescharren und Unmutsäußerungen sorgen würde, ist bei der eMTB-Challenge willkommener Anlass für Socializing, Austausch von Insiderwissen zur Streckenbeschaffenheit oder allgemeine Blödeleien.
In die sogenannten Stages dürfen die Prüflinge nur mit vorgegebenem Respektabstand einfahren, um gegenseitige Behinderungen auf den für die Zeitnehmung maßgeblichen Passagen zu vermeiden. Und schon nach wenigen Metern zeigt sich, wie schlau diese Maßnahme ist. Eine schlammige, hängende Wurzelstufe folgt auf ein steiniges, tiefes Bachbeet. Danach wechseln runde, rutschige Felsbrocken mit nassen Längswurzeln und schmierigen Grashalmen, das ganze steil bergauf.
Der Motoreinsatz will in derlei technischem Geläuf gelernt sein und ist neben der Fahrtechnik an sich das entscheidende Kriterium für hop oder drop. Logisch, dass hier auch gleich eine No-Feet-Zone eingerichtet wurde. Und naheliegend, dass die Trillerpfeife, welche vom diesbezüglichen Versagen des jeweils Antretenden kündet, so gut wie jedesmal durch den Wald schallt.
Die Belohnung für die erste und auch schwierigste Stage folgt tretenden Fußes: Die Strecke führt weiter zur lieblich gelegenen Kriemoosalm mit Blick auf Dachstein und Hallstättersee. Motor sei Dank, haben sich Puls und Schweißproduktion nach der happigen Einstiegs-Sektion wieder beruhigt. Auch läuft jetzt keine Uhr. Hier nimmt man sich deshalb gerne Zeit für ein Päuschen und saugt das unglaubliche Panorama förmlich in sich auf. Den Helden der beiden Langstrecken-Marathons, die auf ihrem Weg zum Raschberg ebenfalls dieses Almgebiet passierten, war ein solcher Moment vermutlich nicht vergönnt.
Nur Augenblicke später werden die E-Bikes, gerade noch Segen und Erleichterung, zum Fluch. Es gilt, die gut 20 Kilo schweren Boliden auf eine brusthoch abgesperrte Holzbrücke zu hieven - Himmlherrgotsaggramentzefixmilextamarschscheissglumpfaregtz!
Advanced, Amateur, Explorer
Die drei Wertungskategorien der Bosch eMTB-Challenge powered by Trek, letztere ohne ZeitnehmungEine kurze Irrfahrt durch sumpfiges Moorgebiet und kollektive Wegsuche später wartet Sektion zwei - mit 1,2 Kilometern gleichzeitig die längste Prüfung des Tages. Wie alle Stages wird sie ohne vorheriges Training gefahren. Beim Start informiert eine schematische Darstellung über die wesentlichsten Punkte: Up- oder Downhill, No-Feet-Zonen und Kurz-Charakteristika à la "ab hier rutschig und steil".
Wer nicht bloß aus Spaß an der Freude dabei ist, muss mit diesen Angaben auskommen, um sich Kräfte, Akku-Reichweite und Motorstufe bestmöglich einzuteilen. Allen anderen, so scheint es, dient der Überblick als Hilfe auf ihrem Weg zu einem "hat sich bemüht".
Entsprechend entspannt ist die Stimmung im Feld. Zwar sind die Sonderprüfungen durchaus anspruchsvoll und auch manch Abschnitt dazwischen fordernd genug, dass Hoppalas und Stürze passieren. Aber der Modus bedingt, dass der Stresspegel - wenn überhaupt - immer nur kurz ansteigt. Auf den Transfers überwiegt der hormonelle Sonnenschein - zartes Anbandeln, Zusammenwarten und Plaudereien inklusive.
Einmal Hölle und zurück
Im Rest der Welterberegion dominiert derweilen das bekannte und bewährte Marathon-Geschehen. Unglaubliche 1.200 Helfer wuseln und wurrln, um den Langstreckenfans aus 39 Nationen (!) einen unvergesslichen Tag im Salzkammergut zu bereiten. Schon im Morgengrauen strömten hunderte Zuschauer aus allen Himmelsrichtungen ins Zentrum von Bad Goisern, um die 719 Biker, darunter elf Damen, der Extrem-Strecke zu verabschieden. Nochmal deutlich mehr begrüßen spätabends lautstark, ja, euphorisch, die Letzten zurück im Ziel.
Auf den unglaublichen 210 Kilometern und 7.119 Höhenmetern kommt es zum erwarteten Schlagabtausch der Vorjahressieger plus Herausforderer: Bis zum letzten Renndrittel ist das Führungstrio nie mehr als 1:30 Minuten voneinander getrennt. Beim Hallstätter Salzberg, wo innerhalb weniger Kilometer mit elf Kehren und teilweise über 30% Steigung 900 Höhenmeter zu bewältigen sind, fällt eine erste Vorentscheidung. Denn David Schöggl (AUT) muss seine Konkurrenten, die beiden Trophy-Sieger der letzten Jahre, Andreas Seewald (GER) und Konny Looser (SUI), ziehen lassen. Auf den letzten Kilometern kann der Schweizer auch den Deutschen abhängen und erzielt mit 9:29:54 einen neuen Streckenrekord.
Bei den Damen gestaltet sich das Rennen nicht weniger spannend. Zwar dominiert Barbara Mayer den Großteil der Strecke, wird gegen Ende jedoch von der zuvor über elf Minuten zurückliegenden Titelverteidigerin Sabine Sommer gestellt. Die beiden Österreicherinnen fahren den letzten Teil gemeinsam und überqueren die Ziellinie nach 11:29:51 Hand in Hand. Somit pulverisieren die Ladies die bestehende Rekordzeit von Sabine Sommer aus dem Jahr 2016 um 52 Minuten!
Die bestbesetzte Distanz 2018 ist mit 1.077 Startern die Strecke B, welche nach hartem Kampf der Stallkollegen in 5:08:06 Stunden an den Altausseer Manuel Pliem vor dem Schweizer Roger Jenny (beide KTM Pro Team) sowie den Österreichern Fabian Costa und Wolfgang Krenn (beide Bike Team Kaiser) geht. Vergleichsweise unbehelligt von ihren Konkurrentinnen kann Damen-Siegerin Hannah Kölling (GER) die 119 Kilometer und 3.848 Höhenmeter absolvieren. Mit einer Zeit von 06:55:40 bleibt sie als einzige unter der 7-Stunden-Marke.
Was anderswo als Teilnehmerrekord für einen ganzen Event gefeiert würde, ist bei der Salzkammergut Trophy jedoch nur eine Marathon-Option von sieben. Gemeinsam mit den fünf Side-Events (Einrad-Downhill, Gravel-Marathon, eMTB-Challenge, Pump the Trophy, Junior Trophy) zählen die Veranstalter bei der 21. Auflage des dreitägigen Events 5.263 Aktive.
Die E-Biker zählen währenddessen die Kontrollpunkte. 3, 4, 6, ... ups, wo war, verflixt nochmal, Nummer 5? Es braucht allzeit geschärfte Sinne, um die schematische Streckenkarte korrekt zu interpretieren, die helfenden Trek-Bänder zu entdecken und an keinem der von kleinen, weißen Zetteln markierten Checkpoints vorbeizurauschen; beziehungsweise, wenn's doch passiert, noch die Rufe der Nachkommenden, die besser aufgepasst haben, zu hören.
Bis zur Labestation bei der Halleralm hat sich für die meisten deshalb entsprechend viel Gesprächsstoff angesammelt. Wer sich nicht mit seinen Mitstreitern über Verpasstes, Vermurkstes oder auch Verhackertes - kredenzt nebst Speck- und Käsebroten sowie Kaffee und zweierlei Kuchen auf den fürstlich gedeckten Tischen - austauscht, beobachtet neugierig bis sorgenvoll das Treiben in Stage 3. Als mindestens so steil auf- wie abwärts führende Spitzkehren-Prüfung durch den Wiesenhang oberhalb der Einkehrstation gelegt, dient sie den Rastenden als ideale Kulisse und Studienobjekt, bis die Speicher aufgefüllt und die Kräfte wiederhergestellt sind.
Auch den E-Bikes frischen Saft zu geben (sprich: den Akku zu tauschen) ist erlaubt, und wer sich jetzt feixend fragt, warum bei ohnehin nur 30 Kilometern überhaupt irgendetwas aufgetankt werden muss, dem sei versichert: Der Wurzel-, Kurven-, Stufen- und Rutschanteil auf der Strecke war hoch genug, um Mensch und Material in durchaus überraschendem Ausmaß zu fordern.
Freilich haben die sanfte Müdigkeit und das dezente Schulterziehen nach zehn Orientierungspunkten, fünf Geländeprüfungen und einem abschließenden Geschicklichkeits-Parcours nichts mit der tiefgreifenden Erschöpfung eines A-Finishers gemein. Und das Brathendl, der Burger und all die anderen Ausschweifungen im Ziel stehen moralisch irgendwie nur den "echten" Marathonisti zu.
Aber einen lustigen und abwechslungsreichen Tag am Bike erkauft man sich mit der Teilnahme an diesem Rennformat allemal; manch Neuling zusätzlich geballten Adrenalin-Ausstoß, e-fahrtechnische Aha-Erlebnisse und gerechtfertigten Stolz. Und für die vielen weiteren Programmpunkte der Salzkammergut Trophy - von der Bike-Expo mit 80 Ausstellern über geführte Bike-Touren und Hubschrauberflüge bis zu Live-Konzert und After Race Party bleibt dank Motor-Unterstützung auch mehr Energie!
Der Bildbericht zu den Side-Events inkl. eMTB-Challenge ist unter diesem Link zu finden.
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5.362 Teilnehmer aus 39 Nationen bei 12 Bewerben
Die 21. Auflage der Salzkammergut Trophy in ZahlenIch konnte heute alles abverlangen, bin in der Form meines Lebens!
A-Sieger Konny Looser war ob seines zweiten Triumphs fast sprachlos.Welch geiler Zweikampf durch das Salzkammergut!
Der Zweitplatzierte Andi Seewald, erst auf den letzten Kilometern abgehängtSalzkammergut-Trophy Termin 2019: 12.-14. Juli
Am besten gleich vormerken - und anfangen, zu trainieren ...