
MTB-Wegenetz Wienerwald
12.03.19 13:33 34.3492019-03-12T13:33:00+00:00Text: NoManFotos: Erwin Haiden, C. Stifter, M. Kreiner, M. Wessig, Luke Biketalker, P. Gordebeke, NoManMit dem Frühling sprießen vielversprechende Neuheiten rund um das vermutlich meistbefahrene MTB-Wegenetz Österreichs aus dem Boden. Die Strecken in und um Wien werden technischer, vielseitiger und moderner - Asphalt raus, Singletrails rein!12.03.19 13:33 34.6082019-03-12T13:33:00+00:00MTB-Wegenetz Wienerwald
12.03.19 13:33 34.6082019-03-12T13:33:00+00:0056 Kommentare NoMan Erwin Haiden, C. Stifter, M. Kreiner, M. Wessig, Luke Biketalker, P. Gordebeke, NoManMit dem Frühling sprießen vielversprechende Neuheiten rund um das vermutlich meistbefahrene MTB-Wegenetz Österreichs aus dem Boden. Die Strecken in und um Wien werden technischer, vielseitiger und moderner - Asphalt raus, Singletrails rein!12.03.19 13:33 34.6082019-03-12T13:33:00+00:00Jetzt ist es fix: Das MTB-Streckennetz im Wienerwald wird von 2019 bis 2022 Schritt für Schritt aktualisiert. 1.100 Kilometer mit 40 % Asphaltanteil und 40 Kilometern Singletrails umfasst es momentan. Im Laufe des Jahres 2019 wird es auf 1.250 km ausgedehnt, der Asphaltanteil auf 32 % gesenkt und das Singeltrail-Angebot auf 80 km verdoppelt. Für die weiteren zwei bis drei Jahre ist ein Ausbau auf 1.400 km Gesamtumfang mit 100 km Singletrails und einem Asphaltanteil von unter 30 % vorgesehen.
"Die neuen Verträge mit den Grundstücksbesitzern sind größtenteils unter Dach und Fach. Die verifizierten Strecken sind online abrufbar und werden schrittweise ergänzt. Bis April soll die Aktualisierung abgeschlossen sein. Die Beschilderung wollen wir bis Sommer 2019 finalisieren", skizziert Matthäus Herout den Zeitplan für das Projekt.
Aktuell werde das bestehende Netz abgefahren und auf Fahrtauglichkeit geprüft. Nachdem die Streckenpfleger noch nicht überall nach dem Rechten sehen konnten, mahnt der Projektmanager der Tourismus Wienerwald GmbH die Mountainbiker zu besonderer Vorsicht. "Die Saison hat ja offiziell am 1. März begonnen. Aber es sind noch nicht alle Streckenabschnitte kontrolliert."
Zug um Zug mit dieser Tätigkeit läuft auch die Erst- und Neubeschilderung an. Denn überarbeitet wird nicht nur das Wegenetz an sich. Das zugehörige Leitsystem erhält ebenfalls ein Update.
Augenscheinlich geht jetzt also alles sehr schnell. Tatsächlich ist die nunmehrige Umsetzung das Ergebnis eines mehrjährigen Diskussionsprozesses und von verschiedenen Seiten herangetragenen Handlungsbedarfs ...
Rückblende
März 2018. Eine ganze Weile hing der Termin wie ein Damoklesschwert über den Mountainbikern Ostösterreichs - zumeist ohne, dass diese davon wussten. Denn im Herbst davor waren jene teils bis ins Jahr 1999 zurückreichenden Verträge mit den Grundeigentümern ausgelaufen, die hierzulande erlauben und abgelten, was anderswo dank Wegefreiheit gesetzlich sichergestellte Selbstverständlichkeit ist: legales Mountainbiken auf dafür geeigneten Strecken. Das Fahren auf den über 1.000 Kilometern und 20.000 Höhenmetern des offiziellen Streckennetzes im Wienerwald wäre somit 2018 auch nach dem 1. März, dem traditionellen Ende der jeweils im November beginnenden Wintersperre, verboten geblieben.
Der Konjunktiv gebietet sich deshalb, weil vorerst alles weiterlief wie gehabt. "Sämtliche Verträge wurden verlängert, das Wegenetz kann wie bisher von März bis Oktober innerhalb bestimmter Tageszeiten genutzt werden", beruhigte damals Andrea Buxbaumer vom Wienerwald Tourismus, seit jeher zuständig für die Vermarktung des Angebots.
"Wen interessiert's?" werden nun jene unken, welche die legalen Routen ohnehin höchstens als Zubringer zu nicht freigegebenen Trails nützen und die offiziellen Möglichkeiten als langweilige, artfremde Asphalt- und Forststraßenbolzerei abtun. Denn Mountainbiken heute hat mit dem gleichnamigen Sport des ausklingenden letzten Jahrtausends, als das ostösterreichische Streckennetz aus der Taufe gehoben wurde, nur mehr bedingt zu tun. Mit der technischen Entwicklung des Sportgeräts, der Diversifizierung der Disziplinen und dem wachsenden gesellschaftlichen Stellenwert des Mountainbikens als gesunde, naturnahe Bewegungsform haben sich auch die Fähigkeiten und Ansprüche der Ausübenden vervielfältigt. Als entsprechend unzeitgemäß empfinden nunmehr viele, was 20 Jahre zuvor absolut innovativ war - und fahren einfach ihrer eigenen, illegalen Wege.
Wir Bauern leben und arbeiten hier im Wienerwald. Die immer intensivere Nutzung als Erholungsraum stellt eine große Herausforderung dar, bei der wir uns einen respektvollen Umgang mit der Natur und fremdem Eigentum wünschen.
Hannes Schabbauer, Annahof LaabTatsächlich interessierte die vorläufige Beibehaltung des Regelwerks jedoch eine ganze Menge Leute. Neben einer gar nicht so kleinen Schar an Gelegenheits-Bikern, die mit dem gegenwärtigen Angebot durchaus ihr Auskommen finden auch etliche Menschen, die mit dem Mountainbiken per se gar nichts am Hut haben: Grundstücksbesitzer, Landesbedienstete, Waldarbeiter, Naturschützer, Landwirte, Hoteliers, Versicherungsmakler, Jäger, Bürgermeister, Wanderer, Magistratsbeamte, Touristiker ... Für sie alle schrieb die Vertragsverlängerung jenen Rahmen fort, innerhalb dessen ihre rechtlichen, wirtschaftlichen, ökologischen, rekreativen etc. Interessen gewahrt werden sollten.
Erneut gebietet sich der Konjunktiv. Denn die derzeit 1,8 Mio. Einwohner zählende Bundeshauptstadt wächst rasant (+ 27.000/Jahr), und mit ihr die Zahl der Mountainbiker (geschätzter Bevölkerungsanteil: 7% der 15- bis 65-Jährigen) bzw. sonstiger Erholungssuchender. Dementsprechend steigt der sogenannte Nutzungsdruck auf den über weite Teile als Biosphärenpark geschützten Wienerwald, was zu Konflikten zwischen den Nutzergruppen führt. Die Tatsache, dass immer mehr Biker das legale Streckennetz als unattraktiv empfinden und alternative Routen einschlagen, verschärft das Problem.
"Übergangslösung" ist insofern für die letztjährige Vertragsverlängerung ein großes Wort, löste sie doch wenig und prolongierte den unbefriedigenden Status quo. Und doch ist das Vokabel angebracht. Hinter den Kulissen war das Jahr 2017 mit seinen auslaufenden Verträgen nämlich schon vor einiger Zeit zum Synonym für Handlungsbedarf avanciert und Bewegung ins Geschehen gekommen. 2018 ging's an die Umsetzung der Ideen, und nunmehr sind eben die Verträge mit den Grundeigentümern auf neuer Basis fixiert.
Der Meinungsbildungsprozess
Aufmerksame Bikeboard.at-Leser sehen das neue Streckennetz im Wienerwald bereits seit gut fünf Jahren dräuen: Von der Gründung des Vereins Wienerwald Trails im Herbst 2013 sowie der Bildung der Plattform Mountainbiken im Wienerwald im Frühling 2014 über die Freigabe erster Singletrails gemäß shared-use-Prinzip in der Saison 2016 bis zur Realisierung erster Leuchtturmprojekte (Sommer 2016: Bau des Trail Parks Weidlingbach; Sommer 2017: Eröffnung des Trailcenter Hohe Wand Wiese; Frühjahr 2018: Trailbau-Finanzierung via Crowdfunding) haben wir hier schon einige Male über die aktuellen Entwicklungen in Ostösterreich berichtet.
Von Anfang an bestimmte dabei die Vision von einem zeitgemäßen, naturverträglichen und legalen Mountainbike-Streckennetz für sämtliche Alters- und Könnensstufen das Geschehen. Großen Wert legte man außerdem auf die Umsetzung im Konsens aller Interessensparteien - auch das ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Zeiten und Ansprüche geändert haben. Entstand das ursprüngliche Streckennetz Ende der 1990er in erstaunlich kurzer Zeit und kleinem Kreis (s.u., Infokasten), ist nun eine ganze Armada an Institutionen, Vereinen und Experten in einen "partizipativen Prozess" involviert - allen voran der für grenzüberschreitende Regionalentwicklungsprojekte zuständige Verein Niederösterreich-Wien - gemeinsame Entwicklungsräume, der wiederum die Agentur für innovative Natur- und Freizeitkonzepte (iNUF; gegründet von den Betreibern des Trailcenters Hohe Wand Wiese) mit der Erstellung des Grobkonzeptes beauftragt hatte.
Streckenerstellung damals und heute
Das heutige MTB-Streckennetz im Wienerwald bzw. Niederösterreich basiert im Wesentlichen auf dem Engagement eines einzelnen Menschen. Der Apotheker und begeisterte Biker Michael Kuhn arbeitete auf Anfrage des Mostviertel-Tourismus 1998 ein Angebot für den Südwesten Niederösterreichs aus. Kurz darauf folgte der Auftrag von der Landesregierung, für den Wienerwald (Realisierung 1999), das Waldviertel (2000) und NÖ Süd alpin (2001, heute Wiener Alpen in NÖ) Gleiches zu tun. "Ich habe mir die Streckenverläufe überlegt, bin zu den Bürgermeistern gegangen, habe mit den Grundstücksbesitzern verhandelt. Ein Netzwerk von 14 Leuten unterstützte mich mit Tipps zur Routenführung, der Wienerwald Tourismus half dort und da mit Kontakten weiter", erinnert sich der Pionier.
2002 wurde mit der ARGE Mountainbike NÖ ein Dachverband bzw. ein zentrales Projektmanagement für das 5.600 km und rund 130 Gemeinden umfassende Netz eingesetzt. Nach Auslaufen der Förderungen 2011 wurden dessen Agenden wieder regionalisiert.
Bei der nunmehrigen Modernisierung ist die Vorgehensweise eine gänzlich andere, hat sich doch in den letzten 20 Jahren ein komplexes Geflecht aus Zuständigkeiten, Notwendigkeiten und Befindlichkeiten rund um den MTB-Sport im Umland der Millionenstadt Wien gebildet.
Zu den anfänglichen Gesprächspartnern - ÖBF, Stift Klosterneuburg, Forstamt der Stadt Wien, Biosphärenpark Wienerwald, Wienerwald Tourismus und Wienerwald Trails Verein - gesellte sich als Koordinator das Stadt Umland Management Wien/Niederösterreich (SUM), verankert im Verein Niederösterreich-Wien - gemeinsame Entwicklungsräume. Aufgabe beider Institutionen ist eine abgestimmte Regionalentwicklung über die Gemeinde- und Ländergrenzen hinweg, u.a. im Schwerpunktgebiet Natur- und Erholungsräume. Auch diverse Fachabteilungen in Wien und Niederösterreich sowie die Klein- und Leader-Regionen im Wienerwald stießen hinzu. Weiters wurden sämtliche Gemeinden und Wiener Gemeindebezirke im Biosphärenpark-Gebiet eingeladen, sich einzubringen.
Innerhalb dieses großen Beteiligtenkreises mit vielschichtigen Anliegen bemüht man sich in einem bereits mehrjährigen Dialog um das Erreichen von Konsens.
Summa summarum trafen sich gemäß Schätzung von iNUF-Leiter Alexander Arpaci mehr als 120 "Entscheider" (Bürgermeister, Tourismusfachleute, Landespolitiker, Forstwirte uvm.) in den Gastgeber-Gemeinden Pressbaum, Alland und Breitenfurt sowie in Wien, um im Rahmen einer Workshop-Reihe ein gemeinsames Verständnis von modernem Mountainbiken zu erarbeiten, mittels SWOT-Analyse das bestehende MTB-Netz zu diskutieren, rechtliche sowie finanzielle Fragen zu erörtern und mögliche neue Streckenverläufe in Landkarten zu skizzieren.
Die Ergebnisse dieser Treffen und daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen fassten Arpaci und sein Team zusammen. Dieses Papier wurde bei einer weiteren Zusammenkunft im April 2018 von den Gemeinden unterzeichnet und diente als Basis für die mittlerweile beschlossene Modernisierung. Bikeboard.at erhielt exklusiv Einblick in die Studie. Sozusagen stellvertretend, bis das neue Streckennetz endgültig veröffentlicht ist, präsentieren wir im Folgenden ihre wichtigsten Eckpunkte:
Das Grobkonzept
Ziel ist, den MTB-Andrang dank eines modernen Gesamtangebotes nachhaltig zu lenken und dadurch einerseits die Nutzergruppen zu entzerren und Konflikte zu reduzieren, und andererseits neue Gästeschichten anzusprechen, sprich: die touristische Wertschöpfung zu heben. Das bestehende (Forststraßen-)Netz wird zu diesem Zweck entrümpelt, die zugehörige Beschilderung erneuert. Strecken mit allzu hohen Asphaltanteil werden künftig als MTB Trekkingrouten deklariert.
Der Fokus liegt auf Singletrails, die sich im Idealfall zu kompletten Runden kombinieren lassen. Basierend auf den Erfahrungen mit den schon 2016 auf Initiative von Wienerwald Trails freigegebenen Shared Trails sollen hierbei v.a. alte Steige revitalisiert werden, statt bereits markierte Wanderwege zu nutzen, um eine Entflechtung der Wegenutzer zu forcieren. Denn auch wenn konkrete Beschwerden bislang ausblieben: Wer die Strava-Bestenlisten verfolgt, kann sich ausmalen, dass manch KOM-Jagd früher oder später zu Kollateralschäden führt - und seien es nur Image-mäßige, Stichwort Rowdys.
Raumplanung
Drei Schwerpunkt-Regionen haben sich im Diskussionsprozess als mögliche "Trailareas" herauskristallisiert. Wienerwald Nord umfasst jene Gegend, in der sich in jüngster Zeit am meisten getan hat und die deshalb einen gewissen Entwicklungsvorsprung hat - von der Donau westwärts bis Königsstetten und südwärts bis Hütteldorf (vgl. Kartenansicht). Der Trailpark Weidlingbach und das Trailcenter Hohe Wand Wiese liegen ebenso in dessen Einzugsbereich wie sieben der acht bereits freigegebenen Singletrails (vgl. BPWW-Übersicht).
Wienerwald West erstreckt sich im Wesentlichen entlang der A1 von Purkersdorf über Pressbaum bis Neulengbach; Wienerwald Süd beinhaltet als Hotspot den Anninger, wo eine lokale Task Force bereits fleißig vorgearbeitet hat, umfasst mit den Hügeln nördlich und südlich der Außenringautobahn aber auch lohnende Alternativen.
"In jedem dieser drei Gebiete wurden von der iNUF mindestens 30 Kilometer Singletrails vorgeschlagen", umreißt Agentur-Leiter Arpaci die ursprünglich angedachte Größendimension. Deutlich mehr, nämlich fast 80 Kilometer verteilt auf 32 Trails, seien es im Entwicklungsgebiet Nord gewesen.
Rund 60 Kilometer Singletrails und Zubringer verteilt über alle drei Regionen wurden schließlich im Diskussionsprozess als gangbarer Kompromiss definiert. Ausgespart werden generell die Wege in den Biosphärenpark-Kernzonen, und auch aus anderen Gründen heikle Gebiete werden im Sinne eines gedeihlichen Miteinanders umfahren.
"Das iNUF-Konzept wird schrittweise umgesetzt. Priorität haben jene Bereiche, wo aufgrund eines gewissen Nutzerdrucks schon dringend Lösungen erforderlich waren, z.B. am Anninger oder in der Region Wienerwald Nord", erklärt WWT-Projektmanager Matthäus Herout.
Asphalt raus, Singletrails und Zubringer rein - rund 60 Kilometer im Endausbau. Zusätzlich ca. 20 Bauprojekte
Was das Grobkonzept, aufbauend auf den bereits existierenden 40 km Singletrails, für Österreichs wohl meistbefahrenes MTB-Netz vorsiehtErgänzend zur Legalisierung von Vorhandenem sollen gebaute Strecken das Angebot weiter attraktivieren. Zwar inkludiert der erste Modernisierungsschub 2019 gemäß Information des Wienerwald Tourismus mangels Betreibern, welche solche Anlagen errichten und verwalten müssten, nur geringe Bauvorhaben. Allerdings wurden in der Studie rund 20 Projekte angedacht.
Für derlei "Trailcenter" braucht es jedoch nebst geeigneten Spots (Parkplatz, Sanitäranlagen, Gastronomie etc.) und Know-how (rechtliche Voraussetzungen, Behördenwege etc. - diesbezüglich teilen der Verein Wienerwald Trails und das Trailcenter Hohe Wand Wiese gerne ihre mittlerweile erworbene Expertise) vor allem auch lokal engagierte Organisatoren plus Helfer, etwa in Form von MTB-Vereinen - und natürlich Geld. Das 2018 erfolgreich abgehaltene Crowdfunding zur vierten Line im Penzinger Trailcenter könnte eine Möglichkeit für künftige Finanzierungsmodelle sein. Andere wären öffentliche Förderungen, visionäre Kommunen oder spendable Sponsoren.
Finanzierung
Apropos Geld: Die Gesamtkosten exklusive Erstbeschilderung belaufen sich auf rund 200.000 Euro im Jahr. Die hierbei größten Budgetposten sind Wegentgelte, Trailmanagement und Beschilderung.
Um die Vermarktung kümmert sich, wie schon bisher, vorrangig der Wienerwald Tourismus, der auch die Vertragsverhandlungen mit den Grundeigentümern geführt hat. Die leidige Haftungsfrage wird, ebenfalls wie gehabt, über die Wegehaftpflichtversicherung des Landes NÖ gelöst. Für den in Österreich üblichen Obulus an die Grundbesitzer werden weiterhin die Stadt Wien und die knapp 50 beteiligten Umlandgemeinden aufkommen müssen, wobei die Verringerung des Forststraßenanteils die Mehrkosten der Shared Trails (kaum öffentliches Gut → mehr Wegentgelt) aufwiegen soll.
Die Initialkosten à la Beschilderung, Aktualisierung des Kartenmaterials etc. stemmt zu einem großen Teil die Tourismus-Destination, unterstützt von Stadt Wien, Land NÖ und den Gemeinden. Christoph Vielhaber, Geschäftsführer der Wienerwald Tourismus GmbH, beziffert diesen Posten mit insgesamt rund 60.000 Euro – abhängig von der finalen Anzahl tatsächlicher Schilderstandorte.
Geld, das gut angelegt sein könnte, gelten Mountainbiker in der Marktforschung doch grundsätzlich als Zielgruppe mit hoher Kaufkraft. "Die Tagesausgaben von Nächtigungsgästen betragen im Schnitt 110 Euro, bei Tagesgästen etwa die Hälfte. Beim derzeit wachsenden MTB-Markt ist dies eine Chance für die Region", so Vielhaber.
- ... Wachstumsmarkt, weiß Christoph Vielhaber. Ein attraktives, facettenreiches Wegenetz bietet demzufolge die Chance, neue Gästeschichten zu erschließen.... Wachstumsmarkt, weiß Christoph Vielhaber. Ein attraktives, facettenreiches Wegenetz bietet demzufolge die Chance, neue Gästeschichten zu erschließen.
Im jetzigen Ausmaß neu ist gemäß dringender Empfehlung der iNUF das Trailmanagement, wobei die Agentur sogar ein noch umfangreicheres Aufgabenfeld vorgeschlagen hatte: einerseits Trailpflege als saisonalen Fulltime-Job für zwei Personen, um Erosionsschäden hintanzuhalten und die Attraktivität des Wegenetzes zu erhalten; andererseits ein operatives Management, betraut mit der Organisation der Trailpflege, Unterstützung bei MTB-Projekten (z.B. Veranstaltungen) sowie dem regelmäßigen Kontakt mit allen Beteiligten (aka „Stakeholder“ und „Nutzergruppen“) samt Öffentlichkeitsarbeit und Außenkommunikation.
Tatsächlich realisiert wurde hier vorerst eine abgespeckte Version mit einem auf regelmäßige Kontrollfahrten (2-3/Jahr), die Trailpflege und die Erstbeschilderung reduzierten Aufgabenfeld. Den zugehörigen Budgetposten von 60.000 Euro jährlich teilen sich die teilnehmenden Gemeinden in Niederösterreich, die Stadt Wien und der Wienerwald Tourismus. Übertragen wurde diese Arbeit an einen Partner, der die Wartung bislang bereits im Rahmen einer Vereinstätigkeit durchgeführt hat und ab der Saison 2019 hauptberuflich übernimmt.
Ergänzend zur Finanzierung durch Kommunen, Länder und Tourismus-Destinationen rät das Grobkonzept, neue Geldquellen zu erschließen. Eventuelle Bautätigkeiten ließen sich z.B. über Fremdmittel, sprich: Sponsorengelder, finanzieren. Und auch die Kraft der Masse und Bereitschaft der Mountainbiker selbst dürfe man laut Arpaci nicht ignorieren.
Einmal jährlich via Crowdfunding Geld für Bauprojekte zu sammeln, hält er für einen gangbaren Weg. Außerdem stellt der Visionär ein Bezahlsystem zur Diskussion - ebenfalls auf freiwilliger Basis und ausschließlich für die Nutzung gebauter Strecken: pay per ride. "Es braucht ohnehin ein digitales Tool, das über Streckenzustand, Sperrungen, Veranstaltungen informiert, für die Vermarktung und Bewerbung genutzt werden kann und einen generellen Angebotsüberblick gibt. Warum nicht in Form einer App, über die Biker nach einem tollen Tag im Trailcenter auch ihrer Wertschätzung mittels einer kleinen Spende Ausdruck verleihen können?" so seine Überlegung.
Beschilderung

Parallel zum Wegenetz wurde auch das Leitsystem erneuert. Auftritt ein alter Hase der MTB-Streckenszene: Michael Gratz. Bereits in Vorgänger-Institutionen wie der ARGE Mountainbike Niederösterreich tätig, hat der Tourismus- und Regionalberater zusammen mit dem Verein Wienerwald Trails sowie Vertretern der Wexl Trails und des Bikepark Königsberg das neue MTB-Beschilderungssystem ausgearbeitet.
Orientiert habe man sich an diesbezüglich zuletzt federführenden Bundesländern wie Salzburg oder Tirol. Allerdings seien auch Niederösterreich-spezifische Details erkennbar - nicht zuletzt, weil das Land NÖ sowie deren Wirtschaftsagentur ecoplus die Auftraggeber waren. "Der Farbe Grün sind wir treu geblieben, weil diese schon sehr fix in den Köpfen der Leute verankert ist", erläutert Gratz. "Darüber hinaus war das Ziel, den Schwierigkeitsgrad einer Strecke besser zu verdeutlichen und eine stärkere Differenzierung zu erreichen." Touren mit hohem Asphaltanteil werden demzufolge künftig z.B. als MTB Trekkingrouten tituliert. Für Singletrails wird ebenfalls eine eigene Kennzeichnung eingeführt.
Die neuen Schilder sollen die alten Schritt für Schritt ersetzen und bis Sommer 2019 - bzw. in den Folgejahren laufend bei Streckenmodernisierungen - aufgestellt werden.
- So sieht der Entwurf für die neuen Richtungspfeile aus. In Zukunft wird zwischen drei Streckenarten (MTB, MTB Trekking, Singletrail) unterschieden, jede erhält ihr eigenes Icon. Die Farben blau (leicht), rot (mittel), schwarz (schwierig) informieren über den Schwierigkeitsgrad, bei den Singletrails wird zusätzlich gemäß Singletrailskala (S0-S5) differenziert.So sieht der Entwurf für die neuen Richtungspfeile aus. In Zukunft wird zwischen drei Streckenarten (MTB, MTB Trekking, Singletrail) unterschieden, jede erhält ihr eigenes Icon. Die Farben blau (leicht), rot (mittel), schwarz (schwierig) informieren über den Schwierigkeitsgrad, bei den Singletrails wird zusätzlich gemäß Singletrailskala (S0-S5) differenziert.
Das große Ganze
Wohin die Reise bis zum für 2022 anvisierten Endausbau gehen könnte, skizziert das Grobkonzept mit zwei Worten: Massa Marittima. Wenn Patrick Huber, iNUF-Mitglied und einer der Hohe Wand Wiese-Betreiber, vom Potenzial des Natur- und Kulturraumes Wienerwald als "zukunftsfähige, international anerkannte MTB-Destination" schwärmt, hat er u.a. die Vorzeige-Region in der Toskana als Role Model im Hinterkopf.
Dort verschränken sich ein mittlerweile beinahe legendäres Hotel, ein umfang- und abwechslungsreiches Trailnetz, vielfältige Service-Angebote und - zugegeben: Standortvorteil - ganzjährig angenehme Temperaturen zu einem MTB-Eldorado der Extraklasse.
Von diesem Vorbild ist der Wienerwald zwar in sämtlichen Belangen noch weit entfernt. Aber es wird - im Kleinen wie im Großen. Der Trailpark Weidlingbach mit seinen beiden Lines wird gut angenommen; das Trailcenter Hohe Wand Wiese, neuerdings nur mit Trail Ticket benutzbar, mausert sich nach seiner Eröffnung 2017 immer mehr zum Wiener MTB-Zentrum: Rund 20 Guides bieten dort im Rahmen der Bikeschule mittlerweile ihre Dienste an, mit dem Vienna Bike & Trail Testival von 12. bis 14. April startet die Anlage in eine termin- und ereignisreiche Saison, deren Highlight die Eröffnung einer zweiten Enduro Line wird. Dem Nachwuchs-Schwerpunkt verleiht man seit 2018 als offizieller Bildungspartner des Biosphärenpark Ausdruck, weitere Kooperationen mit der MA49/Umweltbildung und dem Wiener Schulsport werden angestrebt. Am weiteren Ausbau des Streckenangebots wird gearbeitet, außerdem will sich die Hohe Wand Wiese vermehrt touristisch positionieren - bis hin zu Rundum-sorglos-Paketen inkl. Leihrad, Guiding, Abhol- und Shuttleservice für Gäste aus Partnerhotels.
Und dann ist da noch die Einbindung in den nächstgrößeren Rahmen: Nicht nur das Wien-nahe, sondern das gesamte MTB-Angebot Niederösterreichs soll optimiert werden, wie der Strategie- und Destinationsmanager der offiziellen Tourismus- und Marketingorganisation des Landes erklärt.
"Bei der Niederösterreich-Werbung wurde im Frühjahr 2018 eine Koordinationsstelle im Sinne eines Projektmanagements zum Thema Mountainbike eingerichtet", erläutert Stefan Bauer. "Ziel ist es, das Thema landesweit besser zu strukturieren und den touristischen Nutzen zu steigern."
Mit Lisa Ribarich hat diese Stelle eine bekannte Vertreterin der hiesigen MTB-Szene angetreten. In jüngster Zeit gemeinsam mit ÖRV-MTB-Referatsleiter Herbert Ribarich sehr erfolgreich um die Neugestaltung des Wegenetzes am Anninger und in Mödling bemüht, ist die Downhillerin mit XC-Wurzeln zudem schon bestens ins Wienerwald-Projekt eingearbeitet.
Insofern können sich die Mountainbiker in Wien und Umgebung entspannt zurücklehnen und frohen Mutes der Dinge harren, die da in absehbarer Zeit kommen. Oder es den Mitgliedern des Vereins Wienerwald Trails gleichtun und sich aktiv einbringen - gerade in den Schwerpunktgebieten Wienerwald West und Süd ist für lokale Kräfte und Ideen noch Luft nach oben ...
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