
Nur wenige Monate nach der Vorstellung des Langstrecken-Renners Domane, der vor allem in Sachen Komfort auf langen Distanzen oder schlechtem Untergrund punkten soll, lässt Trek mit der Präsentation des neuen Madone die nächste Bombe platzen. "Bessere Aerodynamik, weniger Gewicht und keine Kompromisse" lautet das offizielle Statement des Unternehmens zum Pro-Tour-Renner, der in zwei Geometrien und unzähligen Ausstattungs- und Farbvarianten (Series 7 bis 2, sowie Project-One-Customs für Series 7 und 6) angeboten wird.
Es ist nie leicht, nach einem derart pompösen Event wie der Präsentation des neuen Madone im belgischen Abbaye de Stavelot mit Voigt, Klöden, Schleck und den Marketingprofis der Firma Trek nicht ins Schwärmen zu geraten. Dennoch versuchte ich, eine kritische Haltung einzunehmen und alle Erfolgsmeldungen und technischen Neuheiten so gut es ging zu hinterfragen. Das funktionierte allerdings nur so lange, bis ich den 750 g leichten 7-Series Madone Rahmen in Händen hielt. Ein Hauch von Nichts, wunderschön verarbeitet und mit einer 5-Gramm Lackierung (U5 Vapor Coat) edel verziert. Hammer!
Mit der brandneuen Gabel inklusive ihrer KVF-Gabelscheiden (Kammtail Virtual Foil: minimiert den Luftwiderstand durch ein abgeschnittenes Profil) gehört auch das Rahmenset zu den leichtesten auf dem Markt. Obwohl der Rahmen gegenüber den 915 Gramm des Vorgängers deutlich an Gewicht verloren hat, musste er laut Trek keinerlei Einbußen in Sachen Rahmensteifigkeit hinnehmen. Als Beweis dienten unzählige Tabellen und Grafiken, die auf Prüfständen und mit 3D-Simulations-Programmen ermittelt wurden. Lassen wir uns aber davon nicht blenden und widmen wir uns den sichtbaren Features wie den aerodynamischen Verbesserungen.
"Fast-is-everything" - Aerodynamische Verbesserungen
Grundlage des Madone-Aerokonzepts ist das oben bereits erwähnte KVF-Rohrprofil. Das "Kammtail Virtual Foil" minimiert den Luftwiderstand durch ein scharf abgeschnittenes Profil. Außerdem wurde sein virtuelles Hinterteil auf jene Strömungswinkel hin optimiert, die auf den Rennstrecken der Welt tatsächlich herrschen sollen. Das bedeutet in meinen Augen, dass ein Großteil des positiven Aero-Effekts erst bei höheren Geschwindigkeiten ausgenutzt werden kann. Durch das hinten abgeschnittene KVF-Profil kann allerdings eine Menge Material eingespart werden; dies macht das Rad insgesamt leichter. Also, hüft's nix, bringt's trotzdem was.
Selbstverständlich wurde auch die Gabel KVF-optimiert, sorgt für mehr vertikale Nachgiebigkeit und damit für mehr Komfort. Zur Senkung des Luftwiderstands wurde auch die vordere Bremse in die Gabel "integriert" - fehlende Befestigungsplatten und Halteschrauben verringern auch hier das Gewicht. Durch die Integration der Hinterbremse unter dem Tretlager konnten auch die Sitzstreben neu gestaltet werden. Auf den Bremssteg und Rahmenverstärkungen kann jetzt verzichtet und so das Gewicht ohne Leistungseinbußen gesenkt werden.
Trek spricht insgesamt von einem 25 Watt Leistungsschub gegenüber dem Vorgänger-Madone bei 10° Gierwinkel und 40 km/h. Sobald mir jemand erklärt, was mit dem Gierwinkel in diesem Zusammenhang gemeint ist, werden wir das selbstverständlich beim nächsten Schwechater Radmarathon überprüfen - so ziemlich das einzige Mal im Jahr, wo ich mit dem Rennrad (dank des Feldes) über einen längeren Zeitraum auf einen 40er komme.
Genug gescherzt, sehen wir uns einige der neuen Features im Detail an.
Geometrie - für jeden die optimale Sitzposition
Die richtige Rahmengröße zu finden ist ein enorm wichtiger Prozess, der direkten Einfluss auf die Fahrqualität und den Komfort eines Bikes hat. Trek bietet die Rahmengrößen in 2cm-Abstufungen und seine Topmodelle gar mit zwei unterschiedlichen Passformen an.
Während die sehr aggressive und aerodynamische H1-Passform für Athleten mit besonders großer Flexibilität im Beckenbereich entwickelt wurde (Wahl der meisten Profis), richtet sich die sogenannte H2-Passform an den ambitionierten Radsportler, der mit einem etwas längeren Steuerrohr seinen Rücken und Nacken entlasten kann. Das längere Steuerrohr sorgt dafür, dass die meisten Fahrer ihre optimale Sitzposition ohne steile Vorbauten oder hässliche Spacer-Türme einnehmen können.
Last but not least gibt's zwei unterschiedlich lange "unkürzbare" Ride Tuned-Sitztürme. Damit können auch größere Fahrer kleinere Rahmen mit ausreichendem Sattelauszug fahren oder umgekehrt.

Es fällt mir verdammt schwer, nach einer kurzen, wenn auch intensiven dreistündigen Probefahrt auf einem gänzlich neuen Rad ein Resümee abzugeben. Für einige Fahreindrücke reichte die Zeit dennoch.
Ich bekam ein Madone Series 6 in der Rahmengröße 54 mit aggressiver H1-Passform, einem langen Sitzturm, 11 cm Vorbau, Bontrager Aeolus 3 D3 Carbon Laufrädern und mit Bontrager R3 Drahtreifen. Da ich große Überhöhungen und eine gestreckte Haltung bevorzuge, fand ich auf Anhieb die optimale Position. Schnell war auch der eingebaute DuoTrap Sensor mittels ANT+ mit meinem Garmin Edge 500 verbunden und ich konnte die Geschwindigkeit und Kadenz am Computer empfangen. Bei 50 Testrädern und herumradelnden Journalisten war es allerdings nicht einfach, ein geeignetes Plätzchen zum Pairen zu finden, da dieser Sensor relativ weit und stark sendet.
Wir starteten die Probefahrt beim Hotel und arbeiteten uns über sehr hügeliges Terrain in den nächsten Ort vor. Schon auf den ersten Metern wurde mir klar, aus welchem Holz das Madone geschnitzt ist. Es fährt sich sehr straff, direkt und relativ hart - Rennfahrer werden das Fahrgefühl mögen. Laut Trek sind die Komfortwerte im "worst case" so hoch wie die des Vorgängers. Mit 23 mm breiten Reifen und 7.5 Bar vorne und hinten fand ich persönlich den Komfort für ein Race Bike ausgesprochen gut. Das Fahrverhalten des Rades würde ich als unauffällig bezeichnen, dies jedoch im positiven Sinne: es hat einen ausgesprochen ruhigen Geradeauslauf, läßt sich aber präzise und schnell einlenken und vermittelt in vielen aufeinander folgenden Kurven ein äußerst quirliges Gefühl. I like!
Obwohl ich natürlich nicht die Mega-Wattwerte in die Pedale hämmern kann, behaupte ich, dass die Steifigkeit des Rahmens und der Gabel über jeden Zweifel erhaben sei. In Bezug auf die Aero-Verbesserung kann ich leider überhaupt keine Aussage treffen. Ich hatte nie Gelegenheit, mit dem alten Madone zu fahren und wüßte auch nicht, wie man die beiden Räder in einem Feldtest messen bzw. vergleichen könnte.
Die Bremsleistung konnte mich - zumindest zu Beginn - nicht wirklich überzeugen. Ja, natürlich verzögerten die Bremsen ausreichend, aber die Kombi neuer Korkbelag + neue Aeolus 3 Carbon-Bremsflanke brachte das Hinterrad nur mit großer Handkraft zum Blockieren. Mit Fortdauer der Tour verbesserte sich die Bremsleistung deutlich, kam aber weit nicht an die Kombi gelber Swiss-Stop Belag + ZIPP/Xentis/Mavic-Carbon-Bremsflanke heran. Dafür lief die Bontrager-Felge auch nach harten Bremsmanövern nicht extrem heiß und brachte die Butyl-Schläuche nie in Gefahr, unter der Hitze zu platzen. Bei Carbon-Clinchern ist die Hitzeentwicklung sicher ein Punkt, der Beachtung verdient.
Das Gewicht meines Dura Ace-Testrades fiel mit 6.7 kg zwar recht leicht aus - aber eben deutlich schwerer als das vorgestellte Topmodell. Grund: Der 6er-Rahmen wiegt aufgrund seines günstigeren Carbonmaterials (OCLV 600) etwa 900 Gramm und ist damit um 150 g schwerer als der des Series 7. Für das restliche Mehrgewicht sind wohl die Standardlackierung, schwere Alu-Komponenten, der verbaute Cane Creek IS-2 Steuersatz und die Bontrager Speed Bremsen verantwortlich.
Genug geraunzt - ich hatte auf teilweise schlechten Straßen (Cobblestones) und steilen Anstiegen sehr großen Spaß mit dem Teil und freue mich schon auf einen weiteren Test mit dem Madone Series 7 in H1-Passform, Project One Lackierung black-on-black und 54cm Rahmengröße ;-).
Zu bewundern gibt es die High-End Version vom Series 7 aktuell bei den Fahrern Voigt, Klöden, Schleck & Co. bei der Tour de France. Fabian Cancellara fährt weiterhin mit dem von ihm mitentwickelten Langstreckenrenner Domane.
TTT - The Trek Trilogy
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