
Trek Supercaliber 9.8 XT
08.06.20 09:54 26.9632020-06-08T09:54:00+00:00Text: NoManFotos: Erwin HaidenDie Amerikaner haben das Racebike neu erfunden - und die Ösis haben's ausprobiert. Zwar ohne Rennbetrieb, aber mit Wettkämpfen gegen me & myself, fühlten wir dem spektakulären Hardfully zum Liebhaberpreis auf den Zahn.08.06.20 09:54 27.2042020-06-08T09:54:00+00:00Trek Supercaliber 9.8 XT
08.06.20 09:54 27.2042020-06-08T09:54:00+00:0058 Kommentare NoMan Erwin HaidenDie Amerikaner haben das Racebike neu erfunden - und die Ösis haben's ausprobiert. Zwar ohne Rennbetrieb, aber mit Wettkämpfen gegen me & myself, fühlten wir dem spektakulären Hardfully zum Liebhaberpreis auf den Zahn.08.06.20 09:54 27.2042020-06-08T09:54:00+00:00Spätestens, als Trek das zuvor reinrassige XC-Fully Top Fuel im Frühjahr 2019 Richtung Trailbike trimmte, war klar, dass für die Weekend Warrior dieser Welt und Weltcup-Profis des Trek Factory Racing Teams etwas Neues kommen würde. Prompt bestätigte Jolanda Neffs rollender Untersatz in Nove Mesto die Vermutung – wenngleich im Bereich des Oberrohrs noch geheimnisvoll umwickelt. Aber erst im Herbst 2019 wurde das Geheimnis endgültig gelüftet: Trek präsentierte das Supercaliber als neue Allzweckwaffe für Cross Country und Marathon.
Ein paar Lieferverzögerungen später kam es zu Saisonbeginn 2020 dann tatsächlich in die Läden und auf die Trails. Und sorgt dort, so weit sei diesem Testbericht vorgegriffen, für Furore nicht nur in sportlicher Hinsicht, sondern auch gesellschaftlich. Fast wähnt man sich auf Bundeskanzlers Spuren, wenn sich unvermittelt hochinteressiert fragende bis neidisch blickende Menschentrauben um das artgerecht ausgeführte Trek Supercaliber scharen …
Das ist insofern auch verständlich, als es an diesem Bike wirklich viel zu sehen gibt. Oder besser gesagt: Wenig bis nichts. Kein Umlenkhebel, kein Drehgelenk im Bereich des hinteren Ausfallendes, lediglich ein Umlenkpunkt oberhalb des Tretlagers. Dafür laufen auffällig langgezogene Sitzstreben bis weit ins vordere Rahmendreieck hinein, wo sie, pauz pardauz, etwas Federbeinähnliches umschließen, das linear unterm Oberrohr steckt.
Erst bei näherer Betrachtung wird klar, dass das Ding unter der rahmenfärbigen Ummantelung nicht nur aussieht wie ein kleiner Dämpfer, sondern tatsächlich einer ist. 60 mm Federweg liefert das Teil, hinzu kommen von Trek kolportierte 20 mm von den flexenden Sitzstreben. Die Front stellt 100 mm in Form einer ganz normalen Federgabel – diesfalls Fox Performance 32 SC – zur Verfügung. Also ein Nicht-ganz-Fully im Hardtail-Trimm, oder ein Mehr-als-Softtail mit Fullsuspension-Allüren. Ein Zwitter irgendwie, ein Mittelding; eine Kompromissantwort auf die ewige Racer-Glaubensfrage „Hardtail oder Fully?“, sagt der Verstand. Eine gänzlich neue Kategorie, sagt Trek, und natürlich: das Beste aus beiden Welten in einem Bike vereint.
Hardfully, Halfsuspension
Das Trek Supercaliber sprengt die gängigen KategoriengrenzenDie Innovation: IsoStrut
Herzstück des neuen Racebikes ist Treks exklusiver IsoStrut-Dämpfer. Entwickelt gemeinsam mit Fox und durchgängig aus Standardteilen der amerikanischen Federungsspezialisten gefertigt, ist dessen Körper auf beiden Seiten fix am Rahmen befestigt. Angesteuert wird er nicht, wie üblich, durch eine Umlenkung, sondern durch Verschieben der (verlängerten) Sitzstreben auf dem Kolben. Das einzige Drehgelenk der Konstruktion, platziert dort, wo die Kettenstreben den Hauptrahmen umschließen, ermöglicht, dass das Fahrwerk ein- und ausfedert. Hinzu kommen breite, flache Sitzstreben, die vertikal flexen - laut Hersteller äquivalent zu 20 mm Federweg.
Die Wartung dieses Systems soll vergleichbar sein mit Federgabeln: Dichtungen, Buchsen und Öl können laut Trek von einem geschulten Mechaniker leicht gewechselt werden. Und auch die Einstellung ist business as usual: Dämpferpumpe zur Anpassung ans Fahrergewicht, Drehrädchen für die Einstellung der Zugstufe. Außerdem gibt’s ein via Remote-Hebel bedienbares Lockout, gekoppelt mit jenem der Gabel. Darüber hinaus können großgewachsene XC-Piloten oder solche mit aggressivem Fahrstil per mitgelieferten IsoStrut Volumen-Spacern den Durchschlagwiderstand erhöhen – bei unverändertem Ansprechverhalten auf kleine Stöße, so Trek.
Tech Specs
Rahmen: | OCLV Mountain Carbon mit IsoStrut, Boost 148 | Laufräder: | Bontrager Kovee Elite 30 TLR 29", Boost 15/12 mm Steckachse |
Größen: | S/M/M-L/L/XL/XXL | Reifen: | Bontrager XR2 Team Issue TLR, 120 TPI, 29x2,2 |
Gabel: | Fox Performance 32 Step-Cast, Float Evol, Grip2, Dual Remote, Boost 110, 100 mm Federweg | Sattel: | Bontrager Montrose Elite, 138 mm |
Steuersatz: | integr. Steuersatz mit Knock Block, 58° Radius, konisch | Sattelstütze: | Bontrager Pro, 31,6 mm, 0 mm Versatz, 400 mm Länge |
Dämpfer: | Trek/Fox IsoStrut, Luftfeder, DPS-Dämpfung mit 2 Pos., Remote, 60 mm | Lenker: | Bontrager Kovee Pro, 35 mm, 5 mm Rise, 720 mm Breite |
Schalthebel: | Shimano XT M8100, 12-fach | Griffe: | ESI Chunky |
Schaltwerk: | Shimano XT M8100, langer Käfig | Vorbau: | Bontrager Kovee Pro, 35 mm, 13°, 70 mm Länge |
Kurbel: | Shimano XT M8100, 32 Z., 175 mm | Bremse: | Shimano Deore XT M8100 |
Tretlager: | Shimano MT500, 92 mm, Pressfit | Bremsscheibe: | Shimano RT76, 6-Loch, 180/160 mm |
Kassette: | Shimano XT M8100, 10-51 Z., 12-fach | Gewicht (o.P): | 11,03 kg |
Kette: | Shimano XT M8100, 12-fach | Preis: | € 5,999,- (schwarz und gelb/grün) € 6.599,- (rot) |
Neben dieser Innovation verblassen die übrigen Features des Rahmens beinahe. Dabei ist z.B. die Möglichkeit, sogar im kleinsten Rahmen zwei Flaschen unterzubringen, auf der Langstrecke mitunter ebenso viel Wert wie ein perfekt auf die Anforderungen moderner Rennkurse zugeschnittenes Fahrwerk.
Etliche andere Eigenheiten fallen unter „kennen wir schon“, sind deswegen aber nicht minder erwähnenswert – allen voran Treks langjähriges Carbon-Knowhow und patentiertes Carbonfaser-Verfahren, manifestiert im Kürzel OCLV (Optimum Compaction Low Void). Die elegant gelöste, klapperfrei intern verlegte Zugführung hört auf den Namen Control Freak, der Lenkeinschlagsbegrenzer, welcher den Rahmen im Falle eines Sturzes vor unerwünschtem Kontakt mit Lenker oder Gabelkrone bewahren soll, Knock Block. Im Off-Bike-Handling, also z.B. beim Manövrieren in Liftkabinen, aus Kellerabteilen oder durch Wohnungsengstellen, mutet dieser übrigens etwas strikt bemessen an. Im Fahrbetrieb löst sich diese Befürchtung jedoch als gegenstandslos auf.
Wenn alle Stricke reißen sollten, schützt zusätzlich eine Gummiabdeckung am Unterrohr; ähnlich massiv fällt der Kettenstrebenschutz antriebsseitig aus. Steinschlägen am Unterrohr wird mittels dicker Klebefolie Einhalt geboten.
Dass nach Jahren optischer Zurückhaltung wieder aus dem vollen Farbtopf geschöpft wird, freut Fotograf und Testpilotin und wurde auch von Außenstehenden wohlwollend bemerkt. Wer "Miami Green to Volt Fade" zuviel des Guten findet, ist vielleicht mit "Viper Red" (hier wird allerdings, da P1-Farbe statt Stangenware, der jeweils höhere Preis fällig) besser beraten. Und die Langeweiler werden mit Matte Carbon/Gloss Black natürlich weiterhin bedient.
Gemein ist allen drei (nicht für sämtliche Modelle verfügbaren) Lackierungen, dass sie einen wunderschön gearbeiteten Rahmen mit Boost-Standard, breiter Größenfächerung (sechs Abstufungen, von Körpergröße 153 -203 cm) und hochpreisig angesiedelten Ausstattungspaketen zieren.
Der Einstieg in die Komplettbikes gelingt nicht unter 3.999 Euro (9.7), nach oben offen ist ab den 9.8er-Modellen dank Project One Konfigurator ohnehin immer alles; aber mit € 10.499,- UVP hängt auch serienmäßig (9.9 AXS) die Latte schon sehr hoch ...
Das elf Kilo (Gr. M/17,5") wiegende Testmodell gibt's wahlweise mit Shimano XT oder Sram GX um 5.999 (gelb/grün, schwarz) oder 6.599 (rot) Euro. Die Bremsen steuern in beiden Fällen die Japaner bei, so gut wie alle anderen Anbauteile stammen von Bontrager.
Unterm Strich begeistert der Twentyniner weniger mit nackten Zahlen (laut Hersteller 1.900 Gramm Rahmengewicht inkl. Dämpfer - ein feiner Wert, aber nicht rekordverdächtig) denn als Gesamtpaket - spektakulärer Auftritt und hochwertige Ausführung inklusive.
Geometrie
Größe | S/15,5 | M/17,5 | M-L/18,5 | L/19,5 | XL/21,5 | XXL/23 |
Sitzrohrlänge (mm) | 394 | 419 | 445 | 470 | 508 | 546 |
Steuerrohrlänge (mm) | 90 | 90 | 90 | 90 | 105 | 120 |
Oberrohrlänge (mm) | 565 | 595 | 610 | 625 | 659 | 683 |
Kettenstrebenlänge (mm) | 430 | 430 | 430 | 430 | 430 | 430 |
Radstand (mm) | 1.079 | 1.106 | 1.121 | 1.136 | 1.172 | 1.197 |
Lenkwinkel | 69° | 69° | 69° | 69° | 69° | 69° |
Sitzwinkel | 74° | 74° | 74° | 74° | 74° | 74° |
Stack (mm) | 594 | 594 | 594 | 594 | 608 | 622 |
Reach (mm) | 395 | 425 | 440 | 455 | 485 | 505 |
Tretlagerabsenkung | 53 | 53 | 53 | 53 | 53 | 53 |
Offset (mm) | 44 | 44 | 44 | 44 | 44 | 44 |
Trail (mm) | 96 | 96 | 96 | 96 | 96 | 96 |
Überstandshöhe (mm) | 750 | 760 | 760 | 787 | 787 | 787 |
Analog zur Reihung im Lineup ordnet sich das Supercaliber auch mit seinen Abmessungen irgendwo zwischen Procaliber und Top Fuel ein – vorne steiler, hinten flacher und oben länger als das „echte“ Fully, bzw. genau andersrum, verglichen mit dem Softtail.
Insgesamt weist das Datenblatt den Hybrid mit 69° Lenk- und 74° Sitzwinkel, 1.106 mm Radstand bei 430 mm Kettenstreben und 425 mm Reach sowie 594 mm Stack (jeweils Größe M/17,5“) aber jedenfalls als Cross Country-Bike modernen Zuschnitts aus, das eher auf der kompakten Seite liegt. Speziell wer am oberen Spektrum von Treks Größenempfehlungen kratzt und Laufruhe für wichtig erachtet, sollte also ruhig auch den nächstgrößeren Rahmen probieren.
Im Gelände
Dämpfer und Gabel waren gemäß des Trek'schen Fahrwerkskalkulators rasch eingestellt, sodann folgte das erste Aufsitzen. Dies gestaltete sich für die Testpilotin insofern überraschend, als nicht ein Quäntchen des früheren, mit Twentyninern verbundenen Unwohlseins zu bemerken war.
Es ist keine fünf Jahre her, dass mich auf big wheels regelmäßig das Gefühl beschlich, Passagier statt Pilotin zu sein, weshalb ich privat auf 650B umsattelte. Am Supercaliber, meinem ersten 29“-Bike seit Schwangerschaft, Karenz und reduziertem Testbetrieb, war jedoch vom ersten Moment an klar, dass ich mit ihm fahre, und nicht umgekehrt: Sportlich ausgewogen und angenehm mittig die Grundposition, stimmig die Winkel im Sitzen und überzeugend das Gefühl, über den Vorbau zu kommen im Wiegetritt, nie aufkommend der Verdacht, einen Tandem-Hinterbau mit inaktivem Stoker zu manövrieren, jederzeit möglich der gewünschte Druck aufs Vorderrad.
Oder anders formuliert: Das Supercaliber ist ein Superspreader, der auch vom XC und Marathon Abgekommene sofort (wieder) mit den Rennvirus infiziert. Dumm nur, dass ausgerechnet jetzt keine Bewerbe stattfinden (Oder auch gut, denn das Ergebnis wäre vermutlich ernüchternd gewesen, gilt doch auch mit dem feinsten Untersatz der Leitspruch: im Wadl, nicht im Radl …). Allerdings boten die umliegenden Anstiege und Trails, allen voran der Anninger mit seinem frisch ausgeschilderten Streckennetz und rege frequentierten Hauptzubringer, fast schon ebenbürtigen Ersatz in Sachen Anspruch, Konkurrenz und Wettkampf-Feeling.
Eine Ausfahrt, drei KOMs
Ohne Stoppuhr, Windschatten oder Kondition. Dafür mit Trek SupercaliberGemütliches Einrollen spielt's mit diesem Hobel irgendwie nicht. Zu vehement fordert sein optischer Auftritt Action, zu laut rufen seine inneren Werte nach Bestätigung. Also angasen, sowie sich die Haustür schließt, anzupfen, sobald sich der Hügel erhebt … und draufbleiben, auch wenn der Berg sich wieder legt.
Vortrieb und Antrittsstärke sind überzeugend, die Kraftübertragung der eines Hardtails durchaus ebenbürtig – im gesperrten Modus sowieso, aber auch offen bleiben nicht viele Watt ungenützt. Dass sich Gabel und Dämpfer via Lenker-Remote nur gemeinsam sperren bzw. öffnen lassen, macht Sinn. Denn straff und progressiv abgestimmt, entpuppt sich das minimale Schaukeln am Hinterbau erst dort als störend, wo man auch an der Front null unerwünschte Bewegung haben will: in der Startphase, beim Zielsprint, auf langen, glatten Anstiegen u.ä.
Überall sonst liefert das Fahrwerk genau den Komfort, der auf der Langstrecke zwischen DNF oder Flow entscheiden kann, und exakt jene Traktion, die am XC-Kurs über Sieg oder Niederlage richtet. Rumpelige Wiesen dämpft es zu sanft rüttelnden Pisten, aus holpernden Passagen macht es spürbar abgemilderte Sektoren. Über Stufen, für die's mit dem Hardtail bereits Körpereinsatz benötigen würde, schmiert es ohne großes Zutun drüber, ja, sogar bei gelocktem Dämpfer verwandelt sich, Flexstreben sei Dank, ein erkleckliches Maß an Antriebskraft in Beschleunigung.
Und wer eigentlich überhaupt nicht vor hat, an einer Startlinie Aufstellung zu nehmen, sich aber trotzdem für effiziente, rückenschonende Konzepte mit eindeutig sportlichem Charakter erwärmen kann: Here you go!
Die gute Traktion macht natürlich auch steile Uphills zu einer wahren Freude, zudem erweist sich hier einmal mehr die Geometrie des Supercaliber als gut ausbalanciert. Allerdings ist es gerade beim Klettern legitim, sich um den doch saftigen Verkaufspreis von 6.000 bzw. sogar 6.600 Euro wenn nicht die leichtesten, dann zumindest die zweitleichtesten Carbonlaufräder zu wünschen. Mit den Kovee Elite 30, Gesamtgewicht 1.715 Gramm, kommt Trek diesem Ansinnen nicht entgegen - es gibt noch gut 200 bzw. 400 g leichtere Kovee-Varianten.
Die wenig profilierten Bontrager-Reifen wiederum sind, so lange es trocken bzw. höchstens ein bisschen feucht ist, passende Begleiter für das Supercaliber. Im tiefen Gatsch stoßen die XR2 vorhersehbar an ihre Grenzen; tückisch weil mit sehr schmalem Grenzbereich an den seitlichen Stollen behaftet wird's auf schmierig-lehmigen Böden. Maximal böte der Rahmen übrigens Platz für 2,4" breite Reifen. Die 2,2er auf Felgen mit 29 mm Innenweite scheinen jedoch sehr stimmig.
Eine wahre Entdeckung in hügeliger Topographie ist die Zwölffach-Shimano. Mit 32 Zähnen vorne und 10-51 hinten scheint mit ihr kein Weg zu steil ... aber auch keine Flachpassage zu langsam. Mit dieser Bandbreite machen Einfach-Schaltwerke endlich auch für schwächere Waden uneingeschränkt Sinn! Eine Freude außerdem, wie verlässlich und auch unter großer Belastung exakt die Schaltung werkt - selbst dann, wenn eine ordentliche Packung Dreck ihre filigran anmutenden Einzelteile bedeckt.
Hardtail-Effizienz, Fullsuspension-Kontrolle, Supercaliber-Speed
Treks Marketing-Claim hält der Praxis durchaus StandPositiv überrascht weiters die Agilität des Supercalibers. Passender Gabel-Offset bzw. Nachlauf, Kettenstrebenkürze, moderater Lenkwinkel ... es mag viele Gründe für die ob der Geometriedaten zwar erhoffte, aber nicht unbedingt garantierte Wendigkeit des Racebikes geben.
Fakt ist: Reaktion folgt zackig auf Aktion, das Trek kurvt willig durch Anlieger, Baumslaloms oder Steinhaufen und gestattet auch späte oder massive Korrekturen der Ideallinie.
Bergab behält dieser Befund ebenfalls seine Gültigkeit - gekoppelt mit der Tatsache, dass Twentyniner ja per se zum Drüber- und somit auch Runterbolzen einladen und oftmals auch ganz ohne Federweg noch Spaß zu machen vermögen, wo kleineren Rädern die Laufruhe und Sicherheitsvermittlung auszugehen beginnen.
Nichtsdestotrotz muss angemerkt werden, dass 60 plus eventuell 20 Millimeter nun mal nicht 100 Millimeter sind. So souverän die zurecht im XC weit verbreitete Fox-Gabel ihre Arbeit verrichtet, so ausgereizt wird der hintere Federweg bei höheren Stufen und Tempi, wie sie etwa auf einem Husarentrail vorkommen oder im Weltcup Gang und Gäbe sind. Es wäre allerdings unfair, dem Supercaliber mangelnde Downhill-Potenz vorzuwerfen. Ein vollwertiges Race-Fully will es ja genau nicht sein. Fahrfehler auszubügeln, Kräfte zu sparen, Sicherheit zu gewinnen und Hardtail-Konkurrenten bergab stehen zu lassen, erleichtert das Halffully allemal.
Anfangs einigermaßen ungewohnt und bis zum Schluss ungeliebt war die Bontrager Sattelstütze. Dropper-Posts hat die Testpilotin dermaßen zu schätzen gelernt, dass sie auch bei einem Marathon, Stichwort Erholung, nicht mehr darauf verzichten wollen würde, Mehrgewicht hin, Defektanfälligkeit her. Und das Stangl im Bauch bzw. der Hochsitz in Kurven gehört zu den Dingen, die sie bergab – je steiler, desto eindeutiger – definitiv nicht vermisst hat.
Ansonsten tat sich speziell bergab die Bremsanlage hervor. Ich bin ob ihrer Unkompliziertheit, Dosierbarkeit und Verlässlichkeit bekennender Shimano XT-Fan und wurde auch diesmal nicht enttäuscht. Große, schwerere Fahrer wünschen sich hinten vielleicht ebenfalls eine 180-mm-Disc. Für mein Gewicht und Anforderungsprofil war die 180/160er-Kombi völlig ausreichend.
XL- oder XXL-Racer könnten sich darüber hinaus nach einem etwas breiteren Lenker sehnen. Für mich waren die 720 mm bis auf einen „tree stuck“ fein, und sind es wohl auch für das Gros der Nutzer zwischen 160 und 185 cm Körpergröße.
Fazit
Trek Supercaliber 9.8 XT | |
---|---|
Modelljahr: | 2020 |
Testdauer: | 1 Monat/420 km |
Preis: | € 5.999/6.599,- UVP |
+ | innovatives Konzept |
+ | hochwertiger Rahmen für jeden Geschmack (black bis bunt) |
+ | breites Größenspektrum |
+ | Vortrieb und Effizienz |
+ | Komfort |
+ | agiles Handling |
+ | Platz für 2 Flaschen |
o | keine Dropperpost |
- | Preis angesichts Ausstattung/Gewicht |
BB-Urteil: | Die eine Waffe für fast alles im XC |
Innovativ, effizient, komfortabel und wunderschön … aber leider auch richtig teuer bzw. in Anbetracht des Preises mit glatten elf Kilo etwas zu schwer bestückt.
Die Pros und Contras des Trek Supercaliber bewegen sich weniger entlang der üblichen Hardtail-oder-Fully-Argumente, weil es sich in seiner Charakteristik doch spürbar auf die Seite der Vollgefederten schlägt – wenngleich mit Abstrichen bergab, dafür Bonuspunkten beim Beschleunigen und Übertragen der Kraft. Vielmehr muss sich der spektakuläre Hingucker die Frage gefallen lassen, wieviel die Entwicklung kosten darf, wenn nach Hinterlegung einer stolzen Summe erst wieder ein komponentenbedingter Gewichtsnachteil stehen bleibt.
Abseits der Kostenfrage, die letztlich immer auch eine persönlicher Dispositionen – Stichwort Emotion, Image, Prioritätensetzung – ist, präsentiert sich das Trek Supercaliber als absolut gelungener, formschöner und modern interpretierter Racer mit Kernklientel Marathon-Fahrer.
Die Gretchenfrage nach Hardtail oder Fully verschiebt es, in den noch leichter bestückten Ausstattungsvarianten vermutlich nochmal mehr, weit in Grenzbereiche à la Forststraßen-Hillclimb oder Trail Stage Race. Und in der Testpilotin hat das Beinahe-Fully die vergessen geglaubte Lust aufs Hinhalten, ein bisschen Quälen, Rennfahren wieder wachgekitzelt. Schade oder gottlob, dass es ausgerechnet im Frühsommer 2020, als das neuartige Coronavirus sämtlichen Sportveranstaltugnen den Garaus machte, in unserer Redaktion eingetrudelt ist ...