Da ich bei all dem, was ich im BB gelesen habe, nach wie vor nicht verstehe, warum uns so mancher Waldbesitzer wie Verbrecher behandeln und nicht radeln lassen, habe ich nun ein kleines Experiment gemacht und folgenden Brief an den Abt des Stiftes Rein (bei Graz) geschickt. Ich halte Euch am Laufenden, falls ich Antwort erhalte.
Grüße
Sonny
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Sehr geehrter Herr Abt Steigenberger!
Ich wende mich mit einem für Sie natürlich nicht prioritären Anliegen an Sie persönlich, in der Hoffnung, dass Sie sich doch Zeit nehmen, meinen gesamten Brief ausführlich zu lesen.
Ich bin begeisterter und ein naturliebender und –schonender Mountainbiker. Ich habe gesehen, dass die Forstwege in den Wäldern des Stiftes für Radfahrer gesperrt sind. In diversen Diskussionsforen im Internet wird auch darüber berichtet (und im gleichem Atemzug erwähnt, dass es dort natürlich wunderschöne Routen zur Mühlbacherhütte etc. gibt).
Nachdem eben in besagten Foren das Thema „Fahrverbot“ manchmal sehr konstruktiv, leider manches Mal auch emotionell diskutiert wird, habe ich mir ein Herz gefasst und mich zu diesem Brief an Sie entschlossen, um die Beweggründe für dieses rigorose Radfahrverbot kennen zu lernen.
Da ich nicht mit Argumenten – verzeihen Sie diesen Hinweis gleich zu Beginn des Briefes – wie „das Wild braucht Ruhe“ oder „wir haften für Verletzungen“, was letztlich einer genaueren Prüfung meines Wissens nicht Stand hält, „abgespeist“ werden möchte, lege ich hierzu ein paar Auszüge und Statements (von Förstern, die ebenso mountainbiken) bei.
Ich bin auch sehr gerne zu einem persönlichen Gespräch …durchaus mit einer Delegation von Mountainbikern…. bereit, um auch eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden.
Natürlich steht es dem Eigentümer eines Waldes (wenn das Forstgesetz nicht anderes vorschreibt) frei, was er mit seinem Wald macht und wem er „Zutritt“ gewährt. Das durchaus fortschrittliche Forstgesetz (ich glaube aus dem Jahr 1975) legt fest, dass Wanderer / Fußgänger den Wald jedenfalls für Freizeitgestaltung nutzen dürfen. Ich unterstelle, dass – wenn es damals schon Mountainbiken gegeben hätte – der Gesetzesgeber das Fahrverbot wohl auf motorisierte Fahrzeuge eingeschränkt hätte, Mountainbiker somit den Wanderern gleichgestellt wären und es zwischen Waldbesitzer und Radfahrer heute keine Probleme und Diskussionen geben würde. Leider lautet das Forstgesetz nun mal so wie es ist und eine Gesetzesänderung, die übrigens von allen Parteien (außer – wie immer – ÖVP) grundsätzlich begrüßt wird, wird aufgrund der anderwärtigen Probleme in unserem Land wohl noch ein wenig dauern.
Von Waldbesitzern, Förstern oder (ebenso zumeist eher unwissenden) Jägern werden am ehesten folgende Argumente für das Fahrverbot gebracht …andere, die einen objektiven Grund darstellen würden, fallen mir im Moment gar nicht ein:
1. Wildschutz
2. Flurschäden
3. Haftungsproblem
Ad 1. Wildschutz:
Dass das Wild von einem Radfahrer mehr gestört würde als von einem Wanderer oder „schwerem Gerät“, dass laufend massenweise (gerade nach Paula) oder die Fahrzeuge der Förster selbst, ist augenscheinlich unhaltbar. Wesentlich eindrucksvoller ist dieser Punkt von einem Förster beantwortet worden. Hier ein Auszug, den ich unzensiert weitergebe:
„….zum Thema Störung des Wildes habe ich aber als Förster meine eigene Sicht der Dinge und die will ich hier auch gerne einwerfen.
Grundsätzlich ist ein Jäger in der Diskussion so parteiisch wie ein Biker. Von den 115.000 Jagdscheinbesitzern Österreichs sind meiner Schätzung nach auch die Hälfte nicht viel wissender als der normale Durchschnittsbiker. Will heissen, dass nur die ungestörte (und natürlich auch legitime Forderung) Jagd das Ziel ist und die Natur und ihre komplexen Zusammenhänge nicht im geringsten von selbigen verstanden werden.
Jagd steht in vielen Fällen im Widerspruch zum Naturschutz. Hohe Wildbestände und falsche Bejagung verursachen im Wald Schäden, die selbst die wildeste Horde an Bikern nicht im Geringsten verursachen könnte. Nachzulesen im Wildschadensbericht des BMf.Umwelt (gem. FG§16).
Jagd ist aber auch ein wichtiger Bestandteil der NAturbewirtschaftung und auch ein wesentlicher Einkommensbestandteil eines jeden Eigentümers. Daher ist als nachrangiger Nutzer darauf Bedacht zu nehmen!
Echte Experten zum Thema Wild sind daher nicht die Jäger oder die Eigentümer sondern Wildbiologen. Diese sagen natürlich auch, dass jeder Mensch im Wald eine Beunruhigung für das Wild ist. Es ist aber auch zumutbar und das Wild gewöhnt sich an Menschen und Maschinen an Bewegungslininen (Wege, Trails) viel rascher, als das die Jäger tun .
Das Wild kann auch rasch zwischen Gefahr und Beunruhigung unterscheiden und es wird daher nicht reihenweise kollabieren. In ihren Ruheräumen (Einstände, Schlaf-und Brutplätze) sollten sie aber nicht gestört werden, denn das bedeutet Stress und verursacht Schäden am Wald durch Verbiss und Schälen.
Diese Beunruhigung geht aber primär vom Wanderer, Hundi, Schwammerlsucher oder Tourengeher im Dickicht aus, nicht aber vom Biker auf dem Trail/Forstweg.
In vielen Ländern hat man das erkannt und daher als unbedenklich eingestuft - bei uns ist das aber ein Mensch-Mensch-Problem im Wald und argumentiert wird, dass die Natur gefährdet ist! ...und das ist ausgemachter Blödsinn und wird auch nicht ernstgenommen. Richtig ist aber, dass dem Biker auch Informationen (statt Verbote) geliefert werden sollten, um auch eine Sensibilität zu entwickeln, die der Natur würdig ist. Denn nichts ist schöner, als in der Natur selbige zu genießen (statt blindlings durchzurasen)….“
Ad 2. Flurschäden:
Ich glaube, darauf muss man wirklich nicht genauer eingehen. Denn bei den Autobahnen, die in – auch Ihre – Wälder gerade in jüngster Zeit (natürlich auch gezwungener Maßen aufgrund des Sturms) gebaut wurden – ist jeder kleine Reifenabdruck eines Fahrrades nicht mal identifizierbar. Wiederum gilt, dass hier kein Unterschied zu Wanderern besteht.
Ad 3. Haftung:
Dieser Punkt erschien mir bisher als das verständlichste und nur durch eine Gesetzesänderung wohl zu behebendes Argument. Allerdings durfte ich bei meinen Erkundigungen folgende Auskunft lesen, die ich wiederum unzensiert weitergebe:
„…..es ist einfach falsch, dass waldbesitzer für bikerunfälle ungerechtfertigt herangezogen werden. vielmehr gilt bei unfällen im wald wie überall: derjenige, der einen schaden hat, hat ihn selbst zu tragen. ausnahmen (und damit schadenersatz) gibt es nur, wenn den schaden jemand anderer als der geschädigte schuldhaft verursacht hat. haftungsbegründendes verschulden beginnt üblicherweise bei leichter fahrlässigkeit (wenn also jemandem in einer situation ein versehen passiert, das einem sorgfältigen menschen in der gleichen situation nicht passieren würde).
wegehalter (und damit im bezug auf bikeunfälle auch alle waldbesitzer) haften daher nur, wenn sie am unfall ein verschulden tragen. im gegensatz zur allgemeinheit (die ja bereits bei leichter fahrlässigkeit haftet) haften wegehalter nach § 1319a ABGB übrigens nur, wenn sie schweresverschulden (also schwere fahrlässigkeit oder vorsatz) am schaden trifft.
entgegen dem dämlichen und unredlichen geseiere einzelner sind wegehalter (und damit waldbesitzer) haftungsmäßig sogar besonders gut gestellt und haften für bikeunfälle nur, wenn sie besonders grob geschlampt haben. dazu gibts übrigens ausreichend höchstgerichtliche judikatur, die von den stammtischpolemikern natürlich nicht erwähnt wird (sie würdens aber ohnehin nicht verstehen)….“
Von den scheinbar faktischen, objektivierbaren Gründen bleibt bei näherer Betrachtung anscheinend nichts über. Umso mehr habe ich Interesse an einer ausführlichen, ehrlichen Reaktion durch das Stift Rein.
Ich folge einer einfachen Logik:
- Im Zentrum der Kirche und des Christentums steht (wohl am besten durch das Gebot schlechthin ….liebe Deinen nächsten wie Dich selbst ….ausgedrückt) der Mensch, das friedvolle Miteinander (und somit auch mit Tier und Natur) im Mittelpunkt.
- Mountainbiker sind zu 99 % - eben weil sie sich bewusst sind, dass auch Fußgänger (= schwächere Verkehrsteilnehmer) im Wald unterwegs sind - außerordentlich rücksichtsvoll und höflich. Jeder Mountainbiker liebt die Natur und will sie unbeschadet erhalten …sonst würde und könnte er ja diesen Sport gar nicht ausüben.
- Wenn somit Mensch und Miteinander und Natur bei beiden Parteien (wenn natürlich aus ganz anderen Blickwinkeln) im Zentrum stehen, warum wird es uns Mountainbikern dann – im Gegensatz zu den Wanderern – verboten, auf den Forststraßen und „Wegerln“ des Waldes von Stift Rein zu fahren? Wir zerstören nicht, wir schaden niemanden ….somit können auch etwaige wirtschaftliche Gründe (irgendwelche wie auch immer geartete Einbußen) nicht entscheidend sein.
Da das Stift Rein vor ca. 10 Jahren kurz davor war – als Groß-Waldbesitzer!!! – im Zuge einer Erneuerung der Heizungsanlagen für das gesamte Stift eine Ölheizung !!!!! zu kaufen und dies nur durch provokante und eindringliche Beratung und Verkaufskunst eines mir bekannten Unternehmens verhindert wurde und man sich letztlich besonnen hat, dass man Mensch und Natur nicht mit unnötigen CO2-Ausstößen belastet darf/muss, wenn man im eigenen Wald genug Material für eine Hackschnitzelheizung hat ….genau aus dem Grund hoffe ich, dass auch in dieser ganz anders gearteten Angelegenheit des Mountainbikens in Ihrer Wäldern kein ein letztes Wort gesprochen ist.
Ich bin überzeugt, dass die Bikegemeinde viele konstruktive Vorschläge hat, die ein Umdenken erleichtern würden. Sei es, dass jeder einen geringen finanziellen finanziellen Beitrag leistet, etwas spendet oder gemeinnützige Arbeit im für oder um das Stift leistet. Die Gedanken sind frei, um Lösungen zu finden.
Ich hoffe, ich bekomme die Gelegenheit, Ihren Standpunkt ausführlich kennenzulernen und damit an weiteren Lösungsvorschlägen gemeinsam mit Förster Jauk arbeiten zu können.
Mit besten „naturverbundenen“ Grüßen
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