
Tourenplanung Deluxe mit komoot
28.10.19 07:08 28.0462019-10-28T07:08:00+00:00Text: Erwin HaidenFotos: Erwin Haiden, komoot (Screenshots)Wie aus der Idee, von Wien nach Triest zu radeln, im Handumdrehen ein reales Abenteuer wurde. Die finale Tourenplanung in Komoot dauerte 10 Minuten.28.10.19 07:08 28.1942019-10-28T07:08:00+00:00Tourenplanung Deluxe mit komoot
28.10.19 07:08 28.1942019-10-28T07:08:00+00:0072 Kommentare Erwin Haiden Erwin Haiden, komoot (Screenshots)Wie aus der Idee, von Wien nach Triest zu radeln, im Handumdrehen ein reales Abenteuer wurde. Die finale Tourenplanung in Komoot dauerte 10 Minuten.28.10.19 07:08 28.1942019-10-28T07:08:00+00:00Wien - Triest sollte es werden, ohne Support, mit dem Gepäck am Rad. Wer noch vor einigen Jahren solch ein Abenteuer geplant hat und nicht ins Blaue radeln und im Zelt übernachten wollte, der brauchte einige Erfahrung in der Tourenplanung und für die ideale Strecke auch ein wenig Insiderwissen. Heute erleichtern dabei diverse Werkzeuge und GPS-Geräte die Durchführung. Komoot ist für mich so etwas die Speerspitze der Planungssoftware - eines der mächtigsten Tools, das laufend durch eine wachsende Community verbessert wird, dank der zugrundeliegenden OpenMap hervorragendes Kartenmaterial als Basis hat und damit auch entsprechend kalkulieren kann.
Dank komoot wurde aus unserer vagen Idee im Handumdrehen ein reales Abenteuer. Ich möchte euch in diesem Erfahrungsbericht auf unsere Reise mitnehmen, von der ersten Bierdeckel-Skizze bis zur Ankunft im Hafen von Triest. Ich werde den Fokus auf die Vorbereitung und Planung legen, euch ein paar Tipps und Checklisten geben, auf die Möglichkeiten von komoot eingehen und euch erzählen, wie sich das dann am Asphalt in der Praxis gestaltet hat.
Eine lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt
sinngemäß lt. LaotseWarum komoot
Ich kannte komoot zuvor nur vom Hörensagen, wusste aber, dass Reini Hörmann unsere grenzgeniale Gravel-Tour von Schönberg am Kamp nach Slavonice damit geplant hatte. Selbst nutzte ich bis dato meistens Strava mit den Heatmaps, aber komoot ist dann für die Tourenplanung doch eine andere Liga.
Dabei ist das Interface größtenteils selbsterklärend; es funktioniert vom Grundprinzip wie die Routenplanung auf Google Maps, allerdings mit Fokus auf diverse Sportarten und den damit verbundenen Community-Inhalten. Die sogenannten Highlights können einzelne Wegpunkte oder auch Wegabschnitte sein, die man einfach der Route hinzufügt. Was so unscheinbar klingt, ist allerdings ein mächtiges Tool, denn hinter den Highlights verbergen sich wahre Schätze, die es zu entdecken gibt und die einen mit ein wenig Glück über wunderbare Strecken in sensationelle Landschaften führen.
- Als Start, Ziel und Zwischenpunkte kann man alles mögliche verwenden, von einer simplen Adresse über Sehenswürdigkeiten bis hin zu den hilfreichen "komoot-Highlights".Als Start, Ziel und Zwischenpunkte kann man alles mögliche verwenden, von einer simplen Adresse über Sehenswürdigkeiten bis hin zu den hilfreichen "komoot-Highlights".
komoot Maps vs. komoot Premium
Komoot bietet in der kostenfreien Version bereits einen ganzen Haufen an Möglichkeiten, die man so in aller Ruhe ausprobieren kann. Wer die Touren dann offline verwenden möchte, sei es am GPS-Gerät oder Handy, der muss die entsprechende Region (oder gleich alle Regionen) einmalig kaufen und freischalten.
Komoot Premium bietet darüber hinaus im Abo-Modell eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten für Poweruser, wie eben die Planung von Mehrtagestouren, Wettervorhersagen und vieles, vieles mehr. Hier ein kurzer Überblick:
Warum GPS-Planung
Die Vorteile einer ordentlichen Planung liegen auf der Hand, denn sobald die Route einmal steht, kann man sich unterwegs kaum mehr verirren, sich auf die Landschaft und das Radfahren konzentrieren und den Weg genießen.
Wir sind bei unserer Tour die letzten Kilometer in strömendem Regen, von Blitz und Donner begleitet, durch die nebelverhangenen Hügel im Hinterland von Triest gefahren. Da ist es ein beruhigendes Gefühl, zu wissen, dass der Track punktgenau vor der Hoteltür endet. Nicht zuletzt sind wir auf den über 500 km nach Triest teilweise wunderschöne Streckenabschnitte und Radwege gefahren, die wir ohne komoot und die entsprechende Planung nicht gefunden hätten.
Vorteile gegenüber Google Maps und Strava
- Fahrrad
- Fahrrad (mit Schotter)
- Mountainbike
- Mountainbike (alpin)
- Rennrad
Schritt 1: Grundlegende Übereinstimmungen in der Gruppe
- gemütliches Tempo, lange Etappen, dafür
- möglichst kurze Mittagspause (Supermarkt)
- alles Gepäck am Rad (oder Rucksack)
- Übernachtung in soliden vorab gebuchten Hotels
- Rückreise mit dem Zug
Schritt 2: Die grobe Route
Bei der Konkretisierung unseres Plans stieß ich auf diverse Bikeboard-Threads mit einem sehr hilfreichen Routentipp von Golo, der mir recht sympathisch erschien. Aus logistischen Gründen (niemand von uns wohnt in Wien) starten wir in Wiener Neustadt, nehmen aber nicht die kürzeste Route (Wien - Triest, 460km) über den Eurovelo 9, sondern den Weg durch's Murtal, über die Turracher Höhe und nach Villach durchs Soca-Tal.
Mit drei Mausklicks fixiere ich auf komoot die grobe Route und die Eckdaten stehen fest: 475 km und 5.400 hm vom Hauptplatz in Wiener Neustadt bis zum Savoia in Triest.
Schritt 3: Etappenplanung
Die Wahl für unser ambitioniertes erstes Etappenziel fiel auf das Hotel G’schössl im Murtal. Die etwas mehr als 160 km sind zwar knackig, aber mit dem Semmering steht zwischen Wiener Neustadt und Großlobming nur ein höherer Berg im Weg und unser Ziel lockt mit top Essen und einer wunderbaren Wellnesslandschaft. Tag 2 soll uns auf jeden Fall über die Turracher Höhe bringen und als gut machbares Ziel war Bad Kleinkirchheim meine Wahl. Im Nachhinein hätten wir Etappe noch etwas Richtung Villach verlängern können. Etappenziel 3 soll Bovec sein, das Outdoor-Dorf an der Soca, wo sich Kletterer, Canyoning-Fans, Mountainbiker, Wanderer und viele andere Sportler die Klinke in die Hand drücken. Somit stehen die Hotels und Etappenorte fest:
- Tag 1: Wiener Neustadt - Großlombing (ca. 159 km / 1420 hm)
- Tag 2: Großlobming - Bad Kleinkirchheim (ca. 128 km / 1 850 hm)
- Tag 3: Bad Kleinkirchheim - Bovec (120 km / 1760 hm via Tarvis und Vrsic)
- Tag 3 kurze Variante: Bad Kleinkirchheim - Bovec (91 km / 1120 hm via Tarvis und Predil)
- Tag 4: Bovec - Triest (124 km / 1180 hm)
Schritt 4: Der Teufel steckt im Detail
Nachdem jetzt die einzelnen Etappen fix sind, gehe ich noch einmal über jede Teilstrecke und suche Highlights entlang der Strecke, die wir sinnvollerweise mitnehmen könnten. Die Route würde prinzipiell auch ohne Detailplanung funktionieren, dennoch ist dieser Schritt meiner Meinung nach der Wichtigste, um das Gesamterlebnis zu optimieren. Hier findet man Hinweise auf schöne Streckenabschnitte, lohnenswerte Umwege, schöne Pässe, Seen oder auch wichtige Hinweise zur Umfahrung von Tunnelabschnitten.
Etappe 1:
Zu Hause kennt man die Wege, und so passe ich unsere erste Etappe minimal an, um die schnellste, aber verkehrsreiche Variante über die Neunkirchner Allee zu umfahren.
Etappe 2:
Am zweiten Tag folgen wir bis auf eine kleinen Abschneider am Murtal-Radweg dem Vorschlag von komoot. Rückblickend war auch diese Etappe eine sehr schöne Mischung aus effizientem Vorankommen auf Straßen und Radwegen.
Etappe 3:
Am dritten Tag entschieden wir uns gegen Wurzen- und Vrsicpass und wählten dir kürzere Variante Richtung Tarvis und über den Predilpass. Hier gab's auf komoot einen wichtigen Hinweis, den Tunnel zu vermeiden, was wir so auch in die Planung übernahmen.
Etappe 4:
Für den letzten Tag gab's einige Möglichkeiten via Cividale, so lange wie möglich in Slovenien zu beliben und über's Triester Hinterland zu kommen. Wir entschieden uns für die Variante über Kobarid, Nova Gorica und Doberdo. Hier gab's zwei Highlights "Toller Radweg" und eine Umfahrung, die sich als super Tipp herausstellten. Komoot hat uns von Aurisina weg standardmäßig über die höher gelegene Nebenstraße geführt, was sich in der Praxis bei Nebel und Unwetter samt Blitz und Donner, aber ohne viel Verkehr als gute Wahl herausstellte. So rollten wir dann von Prosecco kommend die letzten Meter runter ans Meer und zum Hotel.
- ... aber wunderschön und nahezu verkehrsfrei sind. Der Weg quert dann noch einmal die Hauptstraße und mündet in den schönen, neuen Radweg nach Nova Gorica.... aber wunderschön und nahezu verkehrsfrei sind. Der Weg quert dann noch einmal die Hauptstraße und mündet in den schönen, neuen Radweg nach Nova Gorica.
Rückreise:
Nachdem wir einen Erholungstag in Triest eingeplant haben, soll es mit dem Zug retour gehen. Tipp für alle Zugreisenden: Die italienischen Regionalbahnen in Triest und Umgebung sind perfekt auf Radfahrer eingestellt (Alpe-Adria-Radweg, Kanaltalradweg, etc.) Beim Railet der ÖBB muss man aber unbedingt reservieren, um einen der heiß begehrten und raren (5 Stück) Fahrradplätze zu ergattern.
Pre-Start: Checkliste für Mehrtagesreisen
Hier unsere Checkliste, mit der wir sehr gut gefahren sind. Bei anhaltend schlechtem Wetter hätten wir noch ein paar warme Sachen mehr eingepackt.
Alltag: 1 Paar Straßenschuhe, 1 Hose, 2-3 T-Shirts, leichte Weste / Pullover o.ä. Unterhosen, Socken, Ausweis od. Reisepass
Toilette: Sonnencreme, Zahnpasta, Zahnbürste, Medikamente, RAI in der Tube (1 für alle), Ladegerät f. Handy + Garmin
Bike: Radbrille, Helm, 2 Radhosen, 2 Jerseys, Langfinger-Handschuhe (für kalte Abfahrten), 2 lange Unterleiberl, 1 leichte Windjacke, 2 Paar Socken, Radschuhe (MTB-Schuhe empfohlen), evtl. noch wärmere Jacke + Beinlinge (Knielinge)
Material: Licht, Garmin GPS, Pulsgurt, 2 Trinkflaschen, Reifenheber, Schlauch, Flickzeug, Pumpe (1-2 für alle), Multitool (1-2 für alle), Werkzeug-Kit (Kettennieter, Kettenschloss, Cleat-Schrauben)
summa summarum
Fragezeichen
Trotz aller Vorbereitung blieben bis kurz vor Start viele Fragen unbeantwortet. Wie wird das Wetter? Werden uns Gegenwind, Kälte oder Regen zu schaffen machen? Was, wenn wir konditionell zu sehr am Limit kalkuliert haben? Auch, wenn man in allen Bereichen Reserven mit einkalkuliert, bleibt so eine Unternehmung am Ende immer ein kleines Abenteuer - was es ja auch sein soll. In unserem Fall war es super, zu wissen, dass am Ende der GPS-Linie, am Ende des Kilometer-Countdowns am Display immer ein nettes Hotel und feinstes Essen auf uns wartet. Ab drei Tagen vor Beginn der Tour bietet komoot Premium detaillierte Wetter-Infos entlang der Strecke samt Windstärke und Windrichtung. So konnten wir dank dieser modernen Tools die Fahrt noch mehr genießen, mussten uns nicht mit Karten oder Navigation herumschlagen und hatten unterwegs jederzeit einen guten Überblick über die weitere Route samt Wetterbedingungen.
Niemals die rote Linie am GPS-Display hinterfragen
1st rule of GPS-rideRealitätscheck
Ein paar wenige Male haben wir uns dennoch fragend angesehen, ob wir nun wirklich die gut rollende Straße verlassen sollten, um irgendwo ins Hinterland abzubiegen. Da wir uns anfangs vorgenommen hatten, den Track nicht in Frage zu stellen, blieben wir auch dabei und wurden tatsächlich nie enttäuscht, sondern im Gegenteil einige Male durch wunderschöne Streckenabschnitte belohnt.
Beginnend bei den Leitha-Auen folgten wir dem Schwarzatal-Radweg, dem Abschnitt über den Semmering mit seinem herrlichen Sommerfrische-Panorama, gefolgt von ein paar schnellen Landstraßenmeter entlang der Mur, die immer wieder mit wunderbaren Radweg-Passagen aufgelockert wurden.
Frühtau begleite uns am zweiten Tag weiter entlang der Mur nach Murau. Immer wieder wichen wir auf den Radweg aus, ehe wir bei Predlitz hinein in den sanften Anstieg Richtung Turracherhöhe fuhren, welcher am Ende dann doch noch recht knackig wird und mit dem Passübergang auf knapp 1800 m Seehöhe endete.
Locker rollten wir am dritten Tag Richtung Süden. Kurz nach Villach kam der einzige Moment auf der gesamten Strecke, der etwas unangenehm zu fahren war - für wenige hundert Meter landeten wir auf einer vierspurigen Straße kurz vor der Autobahn. Der Einstieg ins Kanaltal ist dafür umso netter: kurz vor Tarvis startet der neue Kanaltalradweg, ein echtes Highlight auf einer stillgelegten Bahntrasse. Wir verließen diesen jedoch nach wenigen Kilometern und begaben uns auf den geschmeidigen Anstieg zum Predilpass, der uns am Ende mit dem sensationellen Bergpanorama des Triglav-Nationalparks belohnte.
Am letzten Tag ging es die Soca entlang mit wunderschönen Tiefblicken auf das türkisblaue Wasser nach Kobarit, wo wir die Soca über jener Brücke querten, über die einst schon Napoleons Truppen Richtung Predel marschiert sind. Ein paar Kilometer entlang über einsame Straßen und Dörfer ging es wieder zurück auf die Bundestraße und nach wenigen Kilometern Richtung Nova Gorica, auf einem wunderschönen Streckenabschnitt mit kleinem Umweg über die Dörfer am anderen Soca-Ufer, gefolgt von einem neuen Rad-Highway, der auch am Rennrad Spaß macht. Am Weg nach Aurisina nahmen wir einen kleinen, einsamen Umweg via Doberdo in Kauf, eher wir uns bei Aurisina links hielten und in den Hügeln oberhalb des Meeres blieben, um dem Verkehr und Tunnel auf der Küstenstraße zu entgehen.
Erstes Fazit zu komoot
Die Tour von Wiener Neustadt nach Triest war die erste große, die ich über komoot geplant habe und meine Begleiter und ich waren begeistert. Nicht nur, dass die Planung selbst sehr einfach von der Hand geht und die mitgelieferten Parameter vom Höhenprofil, der Beschaffenheit des Untergrundes bis hin zur Wettervorhersage eine gute Übersicht bieten, auch die Algorithmen im Hintergrund arbeiten super. Je nach Aktivität werden bestimmte Wege bevorzugt und so war unsere Rennradtour eine super Mischung aus Straßen, Nebenstraßen, Radwegen und gelegentlich auch Bundesstraßen.
Ohne komoot wären uns etliche Highlights entlang des Weges entgangen, hätten wir oft der Einfachheit halber die Landestraße und den direkteren Weg genommen und uns womöglich sogar gelegentlich verfahren. Einige Male zweifelten wir zwar am komoot-Vorschlag, aber da wir uns vorgenommen hatten, die Linie am GPS nie zu hinterfragen, folgten wir ihr strikt - was wir letztlich nie bereuten. Sei es von der Routenwahl entlang der Leitha, über den Semmering, oder so mancher Abstecher über den Murtalradweg - die Mischung war sensationell. Ein Highlight war sicher auch die Wegführung durch das uns bis dato unbekannte Soca-Tal samt kleiner, landschaftlich sehr lohnenswerter Umwege sowie dem feinen neuen Rad-Highway nach Nova Gorica.
So haben wir mit minimalem Aufwand eine über 500 Kilometer lange Tour geplant, die in der Praxis nicht nur gut funktioniert, sondern unsere Erwartungen sogar übertroffen hat. Nach dieser Erfahrung werde ich komoot weiterhin verwenden noch einigen intensiven Tests, vor allem auch am Gravelbike und am Mountainbike, auf meinen Heimtrails und in der Umgebung, unterziehen und euch darüber an dieser Stelle bald mehr berichten.
Links
- Lesezeichen